Hercegovina (Herzegowina) 03/2022

  • 04.03.2022
  • HŠK Zrinjski Mostar – FK Radnik Bijeljina 4:1
  • Premijer Liga (I)
  • Stadion pod Bijelim Brijegom (Att: 1.500)

Teil 2 unserer Balkanreise sollte uns in die Herzegowina führen. Dafür hatten Abto, Ole und ich einen Flug von Belgrad nach Tivat mit Air Serbia gebucht, der 60 € pro Kopf kostete und die einzige sinnvolle Anreiseoption war. Bis zu unserem Zielort Trebinje wäre man sonst circa 12 Stunden im Bus unterwegs gewesen. Privattransfer im PKW hätte alternativ 250 € gekostet und mindestens 8 Stunden gedauert. So nun 45 Minuten Flug und 1,5 Stunden Taxifahrt (für nochmal 20 € pro Mitfahrer). Wobei Abto den Transfer bereits im Vorfeld bei unserer Vermieterin organisiert hatte und unser Fahrer extra sein Taxischild abgeschraubt hatte.

Anflug auf Tivat über den Bergen Montenegros

Nachdem wir im Land der Zigarettenschmuggler die Zollkontrolle überstanden hatten (war irgendwie klar, dass wir als einzige rausgezogen werden), durfte uns der Chauffeur nun vom montenegrinischen in den serbischen Teil der Herzegowina transportieren. Dazu durchquerten wir zunächst die wunderschöne Bucht von Kotor per Fähre und dann ging es durch die Berge weiter in die Republika Srpska. Während es unten am Meer schon nach Frühling ausschaute, schneite es auf dem Bergpass in knapp 900 Metern über Normalnull. Nichtsdestotrotz war der von mehr Katzen als Grenzern überwachte Übergang fix erreicht und passiert. Zwischen Ein- und Ausreisestempel in Montenegro lagen gerade mal 60 Minuten. Neuer Rekord 😉

Das Wohnzimmer unseres Apartments

Nun ging es wieder bergab und nach weiteren 45 Minuten hatten wir das malerisch gelegene Trebinje erreicht. Wir wurden von unserer Vermieterin in einem erst im Vorjahr bezugsfertigen Neubau am Rande der Altstadt empfangen. 68 € für zwei Nächte bekam die gute Frau und wir spekulierten, was die wunderschöne Eigentumswohnung wohl gekostet hat. Die Herzegowina wäre schließlich auch ein schöner Altersruhesitz. Wenn ich mein Renteneintrittsalter erreicht habe, ist Bosnien-Herzegowina vielleicht sogar endlich Mitglied der Europäischen Union. Der Aufnahmeantrag ist mittlerweile auch schon sechs Jahre her und seit 22 Jahren befindet sich das Land bereits in einem Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess mit der EU. Also liebe Ukrainer, habt ein bißchen Geduld.

Wandbild von Trebinjes berühmtem Sohn Jovan Dučić

Doch zurück in die Gegenwart, wo wir nach dem Bezug unserer Zimmer (jeder hatte wieder sein eigenes Schlafgemach) sogleich eine erste Erkundung der Altstadt anpeilten. Das Wetter war allerdings garstig, so dass wir doch schneller als gedacht in einem Café am von Plantanen gesäumten Hauptplatz einkehrten. Auf Kaffeespezialitäten folgten die ersten Biere des Tages und nach 1,5 Stunden trieb uns der Hunger weiter. Kurz noch eine Altstadtrunde bei Dunkelheit gedreht, ehe wir im Gewölbekeller eines der historischen Häuser saßen. In der Pivnica Humsko sollte die erste Fleischplatte des Urlaubs fällig sein. Wir waren doch tatsächlich schon seit drei Tagen auf dem Balkan, aber hatten noch nicht einmal richtig üppig geschlemmt. In Belgrad war zwischen all den Terminen einfach keine Zeit gewesen.

Die nächtliche Altstadt am Ufer der Trebišnjica

„Dreimal die Platte für 2 bitte“ sorgte kurz für Irritation beim Kellner. Aber es war schnell aufgeklärt, dass wir uns die Platte für 2 nicht zu dritt teilen wollten. Bei gerade mal 19,50 KM (knapp 10 €) pro Platte und großem Hunger, konnten und wollten wir uns nicht mit kleinen Portionen aufhalten. Schnell noch eine Runde Pivo i rakija vorweg und circa 30 Minuten nach der Bestellung kamen die Platten auf den Tisch. Megagut und auch ein bisschen anders als die Standardplatte der Region. Die hausgemachte Wurst war schön in Scheiben angebraten und dazu gesellten sich Steaks vom Huhn, Schwein und Rind, sowie ein Spieß mit Hähnchenfilet in Speckmantel und ein Spieß marinierter Schweinekamm. Die ca. 0,6 kg Fleisch wurden von einer Kugel Kajmak, einer Kugel Pestoreis, gerösteten Kartoffelecken und Grillgemüse begleitet.

Nach drei Tagen Balkan endlich mal eine Fleischplatte

Am Ende standen für drei Fleischplatten, einen Brotkorb, zwei Runden von dem leckeren unfiltrierten Hausbier und zwei Rutschen Rakija dunja 100,50 KM (51 €) auf der Rechnung. Jetzt weiß ich endlich wie Schweizer sich in Deutschland fühlen. In Deutschland hätten wir für das Geld drei Pizzas, drei Glas Rotwein und drei Grappa beim Italiener bekommen. In der Schweiz drei Dönertaschen und drei große Cola beim türkischen Schnellimbiß 😉

Pivo in der Pivnica Humsko

Mittlerweile war es 21 Uhr und wir gedachten noch irgendwo auf ein, zwei weitere Biere einzukehren. Als erstes setzten wir uns ins Azzaro. War gut gefüllt der Laden, aber da trank fast jeder nur Kaffee. Wir fühlten uns mit unserer Runde großer Biere vom Zapfhahn (3 KM / 1,50 € pro Hunken) beinahe deplatziert. Dazu lief, wie schon im Restaurant zuvor, nur Kuschelrock aus den 1980er Jahren. Wie gut, dass von nebenan die Balkan Beats rüber dröhnten. Der nächste Stop hieß also Čitaonica und dort eskalierte es nochmal richtig am Glas.

Pivo, pivo, pivo…

Das Nikšićko vom Fass für 1,50 € pro 0,5 l schmeckte vorzüglich und an Rakija sollte es uns am Tisch auch nicht mangeln. Das Karussell drehte sich ganz schön heftig und irgendwann, als der Schuppen eigentlich langsam leerer wurde, setzten sich zwei Neuzugänge an den Nachbartisch. Die beiden jungen Damen waren noch durstiger als wir und bestellten sich immer gleich vier Rakija anstatt zwei. Als eine ihr Smartphone zückte, um in der App ihres Wettanbieters ihre Scheine zu prüfen, war es um mich geschehen. Die zwei Singles aus unserem Trio mussten da angreifen und wenig später tanzten wir mit den beiden zu serbischen Gassenhauern.

Unser verwaister Tisch nachdem die Tanzfläche rief

Es waren zwei Touristinnen aus Belgrad, die gerade einen Ex-Jugoslawien-Roadtrip machten und entsprechend ebenfalls in gelöster Urlaubsstimmung waren. Bis 3 Uhr ließen wir noch die Puppen in der Bar Čitaonica tanzen (das ist zumindest auf Fotos so dokumentiert) und dann wurde die Rechnung beglichen. Irgendwas mit 130 KM, ergo mit Trinkgeld für jeden 50 KM, was für ca. 20 alkoholhaltige Getränke pro Person natürlich ein Witz war. Aber ein paar Runden waren noch auf’s Haus gegangen, weil der Wirt zur Delije in Trebinje gehört und natürlich schnell Fan vom Abt wurde (am nächsten Tag fand der Abt sogar noch einen neuen Schlüsselanhänger der Delije Trebinje in der Hosentasche).

Trebinjes Altstadt bei Nacht

Dienstagmorgen herrschte Katerstimmung. Unsere Damenbekanntschaft vom Vorabend war weiter nach Dubrovnik gereist (konnten die uns also nicht nochmal unter den Tisch saufen ;-)) und wir hatten den großen Touritag in Trebinje im Kalender stehen. Ich hatte zum Glück einen guten Chemiebaukasten als Reiseapotheke dabei und Ole ist noch jung. Abto half wiederum ein fettiges Stück Pizza, um ab 13 Uhr zurück im Leben zu sein. Bei Cappuccino in der Mittagssonne (heute war das Wetter super!) rekapitulierten wir die wilde Nacht noch einmal. Unglaublich, was auf einem Montagabend in Trebinje abgehen kann.

Die Sultan-Ahmed-Moschee von 1719

Heute musste die 30.000-Einwohner-Stadt umfangreich touristisch erschlossen werden, schließlich sollte es bereits am kommenden Vormittag weiter nach Mostar gehen. Als erstes inspizierten wir natürlich die immer noch gut befestigte historische Altstadt am Ufer des Flusses Trebišnjica. Hier stand im Mittelalter bereits die Festung Ban Vir, als Trebinje noch Tervunia hieß und Hauptstadt des Herzogtums Travunien war. Dieses gehörte seit dem 9.Jahrhundert zu Serbien, welches sich damals noch unter byzantinischer Oberherrschaft befand. Dabei war Trebinje ein wichtiges Zentrum des serbischen Adels. Die Familie von Mihailo Vojislavljević, der 1077 vom Papst zum ersten serbischen König gekrönt wurde, stammt u. a. aus Trebinje.

Historisches Tor zur Altstadt

Als das serbische König- bzw. Zarenreich im späten 14.Jahrhundert zerfiel, konnte sich der bosnische Fürst Tvrtko Kotromanić im Jahre 1373 die Kontrolle über Travunien sichern. Tvrtko wurde 1377 zum ersten bosnischen König gekrönt und Travunien mit Trebinje Teil seines Reiches. Doch schon als sein Sohn Tvrtko II. 1443 starb, zerfiel das Königreich wieder. Denn Stjepan Tomaš, Bosniens dritter mittelalterlicher König, wurde vom Fürsten Stjepan Vukčić Kosača nicht anerkannt. Dieser Stjepan Vukčić Kosača herrschte im Wesentlichen über das Gebiet der heutigen Herzegowina (damals als Hum bekannt) und verlieh sich 1448 den Titel Herzog von Hum und der Küste. Auf seinen Herzogstitel wiederum geht die bis heute geläufige Bezeichnung Herzegowina zurück.

Die Arslanagića ćuprija

Doch auch dem Reich des Herzogs war keine lange Blüte beschieden. Im Jahr 1465 wurde die Herzegowina größtenteils durch das Osmanische Reich erobert und ab 1470 war auch Trebinje osmanisch. Die Spuren dieser bis 1878 andauernden Epoche prägen das Altstadtbild besonders. Zwar wurden im Bosnienkrieg (1992 – 1995) alle zehn Moscheen Trebinjes von den Serben zerstört, doch die historisch besonders wertvollen in der Altstadt, die Resulbegović-Moschee und die Osman-pašina-Moschee, wurden im frühen 21.Jahrhundert restauriert. Neben den Moscheen ist die Arslanagića ćuprija (Arslanagić-Brücke) ein bedeutendes architektonisches Erbe der Osmanen in Trebinje. Die Brücke wurde 1574 im Auftrag des türkischen Großwesirs Mehmed Paša Sokolović errichtet und war Teil der Handelsstraße(n) von Wien und Venedig via Dubrovnik nach Istanbul.

Das Kloster Hercegovačka Gračanica

Für einen weiteren Höhepunkt Trebinjes mussten wir den 405 Meter hohen Berg Crkvina erklimmen. Dort befindet sich das prächtige Kloster Hercegovačka Gračanica der serbisch-orthodoxen Kirche. Es handelt sich äußerlich um einen Nachbau des berühmten mittelalterlichen Klosters Gračanica in Kosovo-Metochien, während die Ikonostase im Inneren von jener des serbisch-orthodoxen Klosters Hilandar auf dem Berg Athos in Griechenland inspiriert ist. Im Jahr 2000 wurde das Bauwerk fertiggestellt und ist nebenbei die letzte Ruhestätte von Trebinjes berühmtem Sohn Jovan Dučić geworden (* 17.Februar 1871; † 7. April 1943). Einem der bedeutendsten serbischen Dichter, der zugleich glühender Patriot und außerdem Diplomat der Königreiche Serbien und Jugoslawien war.

Das prächtige Innere der Klosterkirche

Dučić war 1941 in die USA emigriert, nachdem das nationalsozialistische Deutsche Reich das Königreich Jugoslawien überfallen und okkupiert hatte. Er starb dann zwei Jahre später in der Fremde, wünschte jedoch testamentarisch die Überführung seiner Gebeine nach Trebinje. In den rund 4,5 Jahrzehnten Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (SFRJ) wurde das nicht realisiert und in den 1990er Jahren tobte bekanntlich zunächst ein Krieg in der Heimat des Dichters. Doch 2000 war es möglich und auch politisch gewollt Dučić seinen Sehnsuchtswunsch zu erfüllen. Wer ihm hier oben die letzte Ehre erweisen will, wird mit einer tollen Aussicht belohnt.

Die formidable Aussicht vom 405 Meter hohen Berg Crkvina

Die genossen wir eine Weile und entdeckten von oben außerdem das Stadion Police des FK Leotar Trebinje. Ein Fußballspiel war uns bei unserem Abstecher nach Trebinje leider nicht vergönnt, aber das Stadion suchten wir dennoch als nächstes auf. Zumal es viele Graffiti im Umfeld zu entdecken gab. Allerdings eher von Fans der beiden großen Belgrader Clubs oder serbisch-patriotische Motive. In Trebinje leben heutzutage fast nur Serben. 1991 stellten sie mit rund 70 % der Bevölkerung zwar auch schon eine deutliche Mehrheit und Trebinje nebst Umland war seit dem Mittelalter durchgängig mehrheitlich orthodox respektive serbisch geprägt, jedoch wurden im Bosnienkrieg die rund 30 % Bosniaken, Kroaten und sonstigen Nicht-Serben fast vollständig vertrieben, während wiederum von Kroaten oder Bosniaken vertriebene Serben in Trebinje eine neue Heimat fanden (u. a. aus Mostar und Umgebung).

Trebinjes Altstadt am Fluss Trebišnjica

Im Krieg trug sich in Trebinje auch ein besonderes Drama zu, welches 2013 unter dem Titel Krugovi sogar verfilmt wurde. Srđan Aleksić, ein 27jähriger Serbe und Soldat der Armee der Republika Srpska (VRS), war am 21.Januar 1993 in zivil in seiner Heimatstadt Trebinje unterwegs, als er beobachtete wie vier uniformierte Soldaten der VRS den Bosniaken Alen Glavović aus einem Café zerrten, schikanierten und verprügelten. Glavović und Aleksić waren Nachbarn gewesen und in einer Zeit wo aus Nachbarn aufgrund von Ethnie oder Religion Feinde werden sollten, sah Aleksić nicht weg, sondern griff ein. Die drei Soldaten ließen von Glavović ab und schlugen stattdessen mit ihren Gewehrkolben auf Aleksić ein. Dieser blieb schwerverletzt liegen und starb nach sechs Tagen im Koma am 27.Januar 1993.

An diesen Platz im Herzen Trebinjes wurde Srđan Aleksić 1993 totgeprügelt

Srđan sei bei der „Erfüllung seiner menschlichen Pflicht“ gestorben, schrieb sein Vater Rade in der Todesanzeige. Von den vier Tätern kam einer im Krieg um, die anderen wurden später zu je zwei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Sie leben genau wie die Familie Aleksić immer noch in Trebinje oder Umgebung. Auch Alen Glavović hat den Krieg überlebt und emigrierte mit seiner Familie nach Schweden. Doch regelmäßig kehrt er nach Trebinje zurück und besucht mit der Familie Aleksić das Grab von Srđan. In den Zeiten des Hasses war Srđan Aleksić einer von denen, die Courage zeigten und dies leider mit dem Leben bezahlen mussten. In einigen Städten in Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro sind mittlerweile Straßen nach Aleksić benannt. In Trebinje konnte man sich jedoch noch nicht zu dieser oder einer anderen posthumen Ehre wie einem Denkmal oder einer Gedenktafel durchringen.

An diesem Trafohäuschen in Trebinje wird die VRS geehrt

Allerdings konnten wir in der Altstadt bzw. im schönen und gepflegten Stadtpark ein anderes Denkmal mit quasi persönlichem Bezug aufsuchen. Ein Freund aus Belgrad erzählte uns am Vorwochenende, dass seine Familie väterlicherseits aus Trebinje stammt und ein direkter Vorfahre da ein Denkmal hat. Denn Manojlo Benderać war ein großer Held des Zweiten Weltkriegs. Er kämpfte ab 1941 als Freiwilliger gegen die deutschen Okkupanten und ihre italienischen und kroatischen Verbündeten. Er konnte zweimal aus Kriegsgefangenschaft fliehen. Ende Juni 1941 organisierte Benderać einen Aufstand gegen die Besatzer in der Ostherzegowina mit und war Kommandeur einer Partisanenkompanie, welche die Verbände der kroatischen und italienischen Faschisten attackierte. Nach etlichen wagemutigen Operationen stieg er 1942 zum Kommandeur des Partisanenbataillons Luka Vukalović auf und konnte mit diesem Verband ein großes Gebiet der Herzegowina unter die Kontrolle der Partisanen bringen.

Manojlo Benderać. Narodni heroj

In der Nacht vom 11. auf den 12.April 1942 ließ Manojlo Benderać jedoch sein Leben in den Bergen nördlich von Trebinje. Bei einem Angriff auf eine Stellung der kroatischen Faschisten (Ustaša) stand er an der Spitze seines Bataillons, als er von einer Maschinengewehrsalve niedergestreckt wurde. Per Dekret des Präsidiums der Nationalversammlung der SFRJ wurde er 1951 zum Narodni heroji Jugoslavije (Nationalhelden Jugoslawiens) erklärt. Übrigens kämpften auch Manojlos vier Brüder alle bei den Partisanen und ihr Vater organisierte bereits während des Ersten Weltkriegs einen Aufstand gegen die österreichisch-ungarischen Truppen in Trebinje und kämpfte später hochdekoriert für das Königreich Serbien an der Saloniki-Front gegen das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn. Bei der Familiengeschichte kannst du ja nur Fan vom FK Partizan werden… 😉

Die Fleischplatte im Restoran MG

Gegen 17 Uhr ging es an unserem Touritag reichlich verspätet zum Mittagessen. Das Restoran MG machte einen guten Eindruck und dort wurde wieder eine ganz klassische Fleischplatte serviert. Quasi so wie man sie auch oft beim „Jugo“ in Deutschland bekommt. Für bescheidene 14 KM machte man damit auf jeden Fall nichts verkehrt. Anschließend legten wir uns tatsächlich nochmal für ein, zwei Stündchen schlafen. Wir hatten heute schließlich gut Meter gemacht (ca. 20.000 Schritte) und auch wenn sich mittlerweile keiner mehr verkatert fühlte, der Exzess der letzten Nacht forderte trotzdem ein bißchen Tribut. Gegen 22 Uhr musste jedoch nochmal eine weitere „Kleinigkeit“ gegessen werden. Wir ließen uns je nach Gusto Pizza oder Pasta in der Pizzeria Garden servieren. Eine große Pizza mit extra Käse im Rand war zwar doch wieder eine ziemliche Völlerei, aber war ja auch erst die zweite (und letzte) Mahlzeit des Tages für mich.

Mein später „Carbo Load“

Am Mittwochmorgen musste Abto einen Wettgewinn abholen und frühstücken wollten wir natürlich auch noch, bevor es um 11 Uhr weiter nach Mostar gehen sollte. Der Garlik Gastro Pub offerierte herrliche Sandwichfladen. Meine beiden Freunde gönnten sich jeder einen mit Rumpsteak (8 KM), während ich den mit Pulled Pork probierte (7 KM). Mit Kaffee und Trinkgeld war dann jeder umgerechnet 5 € los und neben günstig war es obendrein saulecker. Kulturell und kulinarisch bekam Trebinje im Endfazit auf jeden Fall Höchstnoten. Der Reiseaufwand hatte sich gelohnt.

Sandwichfladen mit Pulled Pork

Nach Mostar hatte uns unsere Vermieterin aus Trebinje wieder einen Fahrer organisiert. Der sollte uns zum Fixpreis von 110 KM (55 €) die 120 Kilometer in die wohl bekannteste und bevölkerungsreichste Stadt der Herzegowina bringen (ca. 110.000 Einwohner). Da Trebinje zwar auch in der historischen Region Herzegowina liegt, jedoch zur Republika Srpska gehört, während Mostar Teil der Federacija Bosne i Hercegovine ist, lag abermals das Taxischild im Kofferraum. Allerdings kannte sich der gute Mann nicht in Mostar aus und die Passanten waren gegenüber einem an der Sprachfärbung erkennbaren Serben auch nicht alle hilfsbereit. Als er dann an einem Taxistand hielt, um auf die Hilfe eines kroatischen oder bosniakischen Taxler-Kollegen zu hoffen, wurde eine Polizeistreife auf uns aufmerksam.

Was in der Herzegowina halt so am Straßenrand rumsteht

Wir wussten nun zwar dank des Polizisten, dass unsere Bude gleich um die Ecke sein musste, allerdings wurde unser armer Fahrer meganervös und sah seine Bezahlung schwinden. Hätten wir ihm nun Geld gegeben, wäre es wahrscheinlich gleich in die Tasche des Uniformierten gewandert. Schließlich hatte unser Fahrer keine Lizenz in diesem Teil des Landes und in seinen Büchern würde die Fahrt wohl auch nicht auftauchen. Der Sheriff wurde jedoch etwas umgänglicher, als wir uns als Deutsche zu erkennen gaben. Er sprach auch gutes Deutsch und als Abto seine Kenntnisse der hiesigen Sprache mit einem Auslandseinsatz der Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina begründete, wurden wir Freunde. Erst Friedenssicherung, nun Wirtschaftsförderung als Tourist, da kann man auch mal Fünfe gerade sein lassen. Beim Abschied von unserem Transporteur per Handschlag hatte Abto dann ein abgezähltes Scheinbündel in der Hand und der Empfänger strahlte endlich wieder.

Am 1893 eröffneten Gymnasium stiegen wir in Mostar aus dem Taxi

Tja, gleich mit zwei der entitätsübergreifenden Problemen des Staates Bosnien-Herzegowina auf einmal konfrontiert worden. Schattenwirtschaft und Korruption. Über diese Probleme, sowie über die komplizierte politische Struktur und die leider blutige jüngere Vergangenheit, habe ich mich bereits im Bericht Sarajevo 03/2019 ausgeführlich geäußert. Bei Interesse gerne nochmal nachlesen. Da unser Polizeikumpel uns in Richtung Apartment begleitete, gehen wir allerdings davon aus, dass unser Fahrer die vollen 110 KM mit nach Trebinje nehmen konnte. Nichtsdestotrotz war das Auffinden unserer Unterkunft weiterhin kompliziert und erst eine erneute Kontaktaufnahme mit dem Vermieter löste das Problem. Wobei unser Vermieter gar nicht in der Stadt war und sein Kumpel Edin uns in Empfang nahm.

Die Kriva Ćuprija lag unweit unseres Apartments und gilt als Prototyp der Stari most

Die Bude war nicht so top in Schuss wie jene in Trebinje und das Internet funktionierte auch nicht, aber dafür kostete sie nur 10 € pro Nacht und Nase und abermals hatte jeder einen eigenen Schlafraum. Edin wollte nun natürlich wissen, was wir mit dem angebrochenen Tag vorhaben und ob wir noch irgendwelche Tipps benötigen. FK Velež Mostar vs. NK Široki Brijeg im Stadion Rođeni war unsere Antwort und Edin musste uns enttäuschen. Die Red Army aus Mostar hatte nach einem Auswärtsspiel in Banja Luka im Herbst den Schiedsrichter abgefangen, ihn aus dem Auto gezogen, verdroschen und seine Karre im Brand gesteckt. Drei Heimspiele ohne Zuschauer waren die Strafe und weil die Winterpause dazwischen kam, war das heute erst Geisterpiel Nr. 2.

Unterwegs in der Altstadt von Mostar

Wir hätten uns schon irgendwie ins Stadion reinzaubern können, aber auf ein Geisterspiel hatte keiner Bock. Entsprechend wurde heute lediglich Tourikram in der Altstadt gemacht. Diese war nur einen Steinwurf vom Apartment entfernt und so waren wir binnen fünf Minuten an der weltberühmten Brücke Stari most, welcher Mostar auch seinen Namen verdankt. Der schon erwähnte Herzog der Herzegowina (Stjepan Vukčić Kosača) kontrollierte hier bereits im Spätmittelalter einen befestigten Übergang über die Neretva. Die Osmanen eroberten diese strategisch wichtige Brücke 1466 und 100 Jahre später konnte die von Mimar Hajrudin entworfene Stari most das Ursprungsbauwerk ersetzen.

Stari Most und Altstadt von Süden

Um die Brücke herum entstand eine befestigte Stadt mit prächtigen Moscheen, Schulen, Bädern und natürlich einem Basarviertel. Mostar wurde dadurch im 16. und 17.Jahrhundert zum politischen und wirtschaftlichen Zentrum der Herzegowina. Zum Islam konvertierte Slawen lebten hier mehr oder weniger friedlich mit katholischen und orthodoxen Slawen zusammen, wobei die eigentliche Stadt sehr türkisch-islamisch geprägt war und die Christen mehr im Umland lebten. Vorwiegend westlich von Mostar die Katholiken und vorwiegend östlich der Stadt die Orthodoxen.

Der Halebija-Turm am Ostende der Stari most

Diese orthodoxe Bevölkerung der Herzegowina erhob sich 1875 sich gegen das Osmanische Reich. Das noch junge Fürstentum Serbien, welches durch Aufstände im 19.Jahrhundert seine Teilautonomie vom Osmanischen Reich erwirken konnte, unterstützte seine Glaubensbrüder in der Herzegowina. Zwar konnte das Osmanische Reich zunächst militärisch obsiegen, doch es drohte ein Eingreifen des Russischen Zarenreichs, welches sich mehr und mehr als Schutzmacht der orthodoxen Christen auf dem Balkan begriff. Um einen großen Krieg zwischen Russen und Osmanen zu verhindern, der wahrscheinlich auch weitere europäische Großmächte in den Krieg gezogen hätte (insbesondere Österreich-Ungarn), hielten die Mächtigen 1878 den Berliner Kongress ab. Auf diplomatischem Wege kam damals der größte Teil der Herzegowina (und Bosniens) unter österreichisch-ungarische Verwaltung, während der östlichste Teil der Herzegowina an das unabhängige Fürstentum Montenegro fiel.

Karađozbegova džamija (Moschee aus dem 16.Jahrhundert)

Bekanntermaßen schuf der Berliner Kongress keine stabile Staats- und Friedensordnung auf dem Balkan. Zum einen verschärfte sich der Konflikt von Russland und Österreich-Ungarn um Einfluss in der Region, zum anderen waren die Interessen der Völker des Balkans weitgehend außen vor geblieben. Weitere Aufstände und Kriege prägten die kommenden Jahrzehnte und der Erste Weltkrieg (1914 – 1918) wurde wie wir alle wissen auf dem Balkan ausgelöst. Im Ergebnis führte jener Weltkrieg allerdings dazu, dass die Herzegowina ab 1918 wieder in einem Staatsgebilde vereint war, nämlich dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (ab 1929 Königreich Jugoslawien).

Altstadtsilhouette am Ufer der Neretva

Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs folgte 1945 die Sozialistische Föderative Republik auf das Königreich Jugoslawien und die Mostar wurde wie fast die gesamte Herzegowina in die Teilrepublik Bosnien-Herzegowina eingegliedert. Der Zerfall Jugoslawiens 1991 und der Bosnienkrieg (1992 – 1995) trafen das multiethnische Mostar natürlich besonders schwer. Gemäß Volkszählung lebten 1991 in der Stadt 43.856 (34,63 %) Muslime (Bosniaken), 43.037 (33,98 %) Kroaten und 23.846 (18,83 %) Serben, während die restlichen 15.898 (12,56 %) Bürger sich als jugoslawisch definierten oder einer sonstigen Ethnie angehörten (z. B. Roma, Türken oder Albaner).

Ruine im Ostteil Mostars

Zunächst rückten die Serben auf die Stadt vor und sorgten bei ihrer Belagerung und späteren Besetzung für erste Zerstörungen. Doch am 7.Juni 1992 begannen die Hrvatska vojska (reguläre kroatische Armee) und die Hrvatsko vijeće obrane (Armee der bosnischen Kroaten) eine gemeinsame Operation gegen die Vojska Republike Srpske (Armee der Republika Srpska) und konnten Mostar in schweren Kämpfen von den Serben zurückerobern. Dabei wurden bereits dutzende Bauwerke der Stadt zerstört. In der Folgezeit wuchsen die Spannungen zwischen den Kroaten und Bosniaken in der Herzegowina und 1993, als die Kroaten ihre eigene Republik Herceg-Bosna ausriefen, brachen die offenen Kämpfen zwischen den Volksgruppen aus. Es kam zu ethnischen Säuberungen und Mostar war fortan eine geteilte Stadt mit den Kroaten westlich der Neretva und den Bosniaken östlich des Flusses.

Im Westteil Mostars hängen auch heute noch Fahnen des kroatischen Para-Staats Republik Herceg-Bosna und der HVO

Bei diesen Kämpfen wurde auch die Stari most gezielt von den kroatischen Streitkräfte der HVO zerstört. 1994 kam es auf westlichen Druck jedoch zum Ende der innerbosnischen Kampfhandlungen zwischen Kroaten und Bosniaken und 1995 schwiegen durch den Vertrag von Dayton schließlich im gesamten Land wieder die Waffen. Dennoch ist Mostar de facto immer noch eine geteilte Stadt. Auch zweieinhalb Jahrzehnte nach Kriegsende sind noch etliche Einschusslöcher und zerstörte Gebäude zu finden. Bis auf in einer kleinen Altstadtexklave am westlichen Ufer der Neretva, leben kaum Bosniaken im Westteil der Stadt. Im Ostteil wiederum leben im Prinzip keine Kroaten. Und Serben sind bisher nur sehr wenige nach Mostar zurückgekehrt (heute leben circa. 20.000 Serben weniger in der Stadt als 1991).

2005 wurde eine Statue von Bruce Lee in Mostar aufgestellt, weil dieser von keiner der Volksgruppen vereinnahmt werden kann und er bei allen gleichermaßen beliebt ist

Zunächst blieben West- und Ost-Mostar formell sogar zwei Städte mit getrennten Verwaltungsstrukturen. Doch 2004 wurde nicht nur die rekonstruierte Stari most mit ihrer hohen Symbolkraft wiedereröffnet, sondern auf Druck der internationalen Gemeinschaft auch die Stadt wiedervereinigt. Die Bevölkerungsstruktur sorgte für eine politische Pattsituation auf kommunaler Ebene zwischen der SDA der Bosniaken und der HDZ BiH der Kroaten (beides nationalistische Parteien) und ab 2008 einigte man sich einfach darauf keine Kommunalwahlen mehr durchzuführen. De facto regierte die SDA im Ostteil und die HDZ BiH im Westteil weiter. Das Ganze natürlich völlig intransparent, kleptokratische Strukturen fördernd und ohne demokratische Legitierung oder Kontrollmechanismen. Irma Baralija, Vizepräsidentin der sozial-liberalen Partei Naša stranka, klagte dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und bekam Recht. 2020 wurde nach zwölf Jahren Unterbrechung wieder in Mostar gewählt. Die HDZ BiH kam auf ca. 40 % der Stimmen, die SDA (bzw. die von ihr dominierte Liste) auf 30 % und immerhin 30 % entfielen auf die Parteien und Bündnisse, die den bisherigen Filz durchbrechen wollen.

Bosnische Spezialitäten im Labirint

Unser ausgedehnter Streifzug durch die perfekt restaurierte Altstadt, der man das geteilte Mostar als Tourist auch nicht unbedingt anmerkt, endete abends auf der Terrasse des Restoran Labirint. Hier gab es bei herrlichem Blick auf die Stari most für 12 KM einen gemischten Teller mit bosnischen Spezialitäten. Punjena paprika (mit Hack gefüllte Paprika), Dolma (mit Hack gefüllte Weinblätter) und Ćufte (quasi nacktes Hack) teilten sich das Porzellan mit Kartoffelpüree und Salatbeilage. Dazu ein schöner frisch gepresster Multivitaminsaft und später auch ein Mostarsko Pivo in der Abendsonne. Herz, was willst du mehr?

Ehemaliges Einkaufszentrum im Ostteil der Stadt

Anschließend machten wir abseits der Touripfade einen langen Spaziergang durch den Osten und Westen der Stadt. Nun gab es beiderseits der Neretva Spuren des Krieges zu sehen (diverse Ruinen und Fassaden mit Einschusslöchern) und außerdem fiel die unterschiedliche Beflaggung auf. Im Osten hingen überall an den Straßenlaternen die Fahnen des Gesamtstaats Bosnien-Herzegowina (am 1.März ist Nationalfeiertag, der aber nur in der Entität Federacija Bosne i Hercegovine begannen wird), während im Westen jene des kroatischen Para-Staates Herceg-Bosna wehten.

Im Hinterhof der Red Army Mostar

Obendrein waren die Wohnquartiere mit unzähligen Fußballgraffiti versehen. Im Osten tobt sich die Red Army von Velež Mostar exzessiv mit der Sprühdose aus und im Westen sind es die Ultras Mostar vom HŠK Zrinjski. Bei den Jungs von der Red Army sind wir quasi sogar noch in ihre Räumlichkeiten gestolpert. Die wollten dort anscheinend mit voller Kapelle das Geisterspiel von ihrem geliebten FK Velež verfolgen. Sie interessierten sich für unser Tun auf ihrem Hinterhof jedoch nur kurz, da wir uns schnell als Touristen zu erkennen gaben und also doch nicht die Vorhut des Mobs von Široki Brijeg waren.

In Zapadni (West) Mostar domieren die kroatischen Farben

Im Westen kehrten wir nach Einbruch der Dunkelheit schließlich in einen Pub ein. Wir wollten wissen wie die Roten Riesen gegen RB Leipzig reüssieren und im Rebels Pub machte der Ante von der Theke gerne besagtes DFB-Pokal-Viertelfinalspiel für uns an. Tja, der Traum von Berlin war für 96 (und uns) leider schnell geplatzt, aber das Ožujsko vom Fass mundete und außerdem wurden uns im Laufe des Abends weitere wettscheinrelevante Spiele am TV-Gerät zugestanden. Deutsche Staatsbürgerschaft, aber glückspielsfreudig wie ein Einheimischer; die Mischung kam im kroatischen Teil der Stadt so gut an, dass wir sogar noch Freibier bekamen. Außerdem hatte der Laden ein wunderbares Ambiente und spielte gute Musik von Yu-Wave bis Punkrock. Da kann man schon mal sechs Stunden (und zehn Runden) bleiben.

Pivo im Rebels Pub

Immerhin ließen wir mal den Schnaps weg und deshalb wachte ich am Donnerstagmorgen gegen 7 Uhr doch recht fit auf. Nun wuchs von Minute zu Minute mein Appetit auf Burek. Also checkte ich ca. eine halbe Stunde später, ob meine Mitreisenden auch schon wach sind. Waren sie und nach der Körperpflege suchten wir uns einen Bäcker. Da das Burek ofenfrisch war, war es hinter der beschlagenen Scheibe gar nicht zu erkennen. Aber das Aroma zog über den Tresen hinweg in meine Nase und mir lief das Wasser im Munde zusammen. Wenige Sekunden später hielt ich ein warmes Meisterwerk der bosnischen Backkunst in den Händen. Für 3 KM hatte ich mir den perfekten kulinarischen Start in den Tag erkauft.

Burek am Morgen vertreibt Hunger und Sorgen

Wir genossen unsere Bureks auf einer der Neretvabrücken in der Morgensonne und dann ging es Wasser im Minimarkt kaufen. 9 Uhr sollte Edin auf der Matte stehen, um uns die Höhepunkte der Region zu zeigen. Abto hatte nach der Apartmentbuchung einfach mal angefragt, ob der Vermieter wen kennt, der uns ein bisschen durch die Herzegowina kutschieren kann und da dachte er bzw. sein Kumpel Edin sich, dass er die paar Mark gleich noch mitnehmen kann. Für 180 KM (respektive 200 KM inklusive Trinkgeld) sollte es nach Blagaj, Stolac, Počitelj und zum Kravica-Wasserfall gehen.

Derwisch-Tekke in Blagaj

Edin war zwar kein hauptberuflicher Fremdenführer, aber hatte das a) nicht zum ersten Mal gemacht und b) sprach er als Medizinstudent natürlich auch gutes Englisch. Als erstes brachte er uns nach Blagaj und wusste zu berichten, dass dies eine der ältesten Siedlungen in Bosnien-Herzegowina ist. Der illyrische Stamm der Daorsi errichtete bereits 3.Jahrhundert v. Chr. eine befestigte Siedlung oberhalb der Vrelo Bune (die Quelle des Flusses Buna). Später enstand an dieser Stelle eine mächtige Festung, die zunächst im Besitz der mittelalterlichen bosnischen Könige war und im 15.Jahrhundert an den Herzog Stjepan Vukčić Kosača fiel (daher heisst die heutige Ruine immer noch Stjepan grad). Im Jahr 1465 eroberten die Osmanen die Burg des Herzogs und bauten sie nochmal massiv aus.

Herrliche historische Architektur direkt an der Vrelo Bune

Unten an der Bunaquelle gründeten Derwische bereits im 16.Jahrhundert eine Tekke (vereinfacht und nicht ganz korrekt ein islamisches Kloster), die sehr gut erhalten ist und zu den meistfotografierten Motiven der Herzegowina gehört. Klar, dass auch wir die Smartphones zückten, ehe es weiter nach Stolac ging. Wobei wir noch kurz am Zufluss der Buna in die Neretva hielten. Die Buna hat dabei ein kleines Flussdelta ausgeprägt und fällt in einer sehr breiten Kaskade über einen Travertinfelsen in die Neretva ab. Ein beeindruckendes Naturschauspiel von wilder Schönheit.

Hier trifft die Buna auf die Neretva

Stolac wiederum ist reich an kulturellem Erbe. In der Pećina Badanj (Badanj-Höhle) gibt es ca. 15.000 Jahre alte in die Felswände geritzte Zeichnungen und da Stolac in der Antike als Daorson die Hauptstadt der Daorsi war, findet man auch illyrische Ruinen aus dem 3. bis 1.Jahrhundert v. Chr. im Stadtgebiet. Unser erster Stopp war jedoch ein mittelalterliches Gräberfeld mit Stećci namens Radimlja. Stećci (singular Stećak) sind mittelalterliche bosnische Grabsteine, die seit 2016 zum UNESCO Welterbe zählen und die Nekropole Radimlja umfasst 133 davon, von denen fast die Hälfte mit Ornamenten von hoher künstlerischer Qualität verziert ist.

Die Stećci von Radimlja

Kirchengeschichtlich ist es dabei besonders interessant, dass Bosnien im Spätmittelalter eine eigene Form des Christentums hatte, die weder zum Katholiszismus, noch zur Orthodoxie gezählt werden kann. Zwar hatte sich in Serbien und Montenegro der christlich-orthodoxe Glaube etabliert und an der dalmatinischen Küste die römisch-katholische Kirche, doch das schwer zugängliche Hinterland der Küste mieden die Missionäre der Ost- und Westkirche. So existierte vom 13. bis 15. Jahrhundert in Bosnien eine von Rom und Konstantinopel unabhängige christliche Gemeinschaft und Kirchenorganisation; die Crkva Bosanska (Bosnische Kirche).

Unterwegs in jahrhundertealten Gemäuern

Eine These in der Forschung ist, dass diese Crkva Bosanska nur lose Machtstrukturen entwickelt hatte und gesellschaftlich nicht so verankert war wie der Katholiszimus im heutigen Kroatien und Teilen der Herzegowina oder der christlich-orthodoxe Glaube im heutigen Serbien. Das begünstigte wahrscheinlich die hohe Anzahl von slawischen Konvertiten zum Islam in Bosnien (und der Herzegowina), nachdem die Osmanen das Reich erobert hatten. Obendrein war die Konversion zum Glauben der neuen Herren natürlich Voraussetzung für eine Karriere in den neuen Machtstrukturen. In den kommenden Jahrhunderten sollten jedenfalls viele Männer aus Bosnien und der Herzegowina zu Militärführern, Diplomaten und Großwesiren des Osmanischen Reiches aufsteigen.

Gut erhaltener Wehrturm der Vidoška

Nach den Stećci widmeten wir uns der netten, orientalischen Altstadt von Stolac und der Festung Vidoška, die auf einem Berg über der Altstadt thront und dem Besucher ein wunderschönes Panorama bietet. Gegründet wurde die Festung vom byzantinischen Kaiser Konstantin im 5.Jahrhundert und sowohl die mittelalterlichen Bosnier, als auch die Osmanen bauten die Festung weiter aus. So ist Vidoška bis heute die größte Zitadelle des Landes, wenn auch der größte Teil der Festung in Ruinen liegt. Leider hat die Stadt Stolac sehr im Bosnienkrieg gelitten. 1993, nachdem die Kroaten in der Herzegowina die international nie anerkannte Republik Herceg-Bosna ausgerufen hatten, eroberte ihre HVO Stolac und vertrieb alle Bosniaken und Serben aus der Stadt (bzw. deportierte die Männer in Internierungslager). Moscheen, weitere islamische Bauwerke und die serbisch-orthodoxe Kirche der Stadt wurden zerstört.

In der Ruine der Hauptburg von Stolac

Mittlerweile sind zumindest viele Bosniaken wieder zurück nach Stolac gekehrt, wenngleich sie von der Bevölkerungsmehrheit aus der Vorkriegszeit weit entfernt sind. Auch wurden fast alle zerstörten Bauwerke wieder rekonstruiert und Stolac bemüht sich aktuell um einen erweiterten Eintrag im UNESCO Welterbe. Die einstigen Serben von Stolac leben dagegen bis heute lieber in der Republika Srpska, die gleich hinter der Stadtgrenze beginnt und aus der bekanntermaßen im Krieg viele Bosniaken und Kroaten vertrieben wurden.

Willkommen in Počitelj

Der nächste besuchte Ort Počitelj wies viele historische Parallelen zu Stolac auf. Auch hier hatte das mittelalterliche bosnische Königreich eine wichtige Festung, die wie Stolac erst 1471 an die Osmanen fiel (ergo etwas später als Blagaj, Mostar und Trebinje). Nach der Eroberung von Počitelj wurde die Festungsstadt weiter ausgebaut. Sie war wichtig für die Kontrolle des Neretvatals und sollte als Bollwerk Angriffe fremder Mächte von der dalmatinischen Küste aus abwehren. Im 16. und 17.Jahrhundert wurden die typischen Bauwerke einer orientalischen Stadt errichtet, ergo Moscheen, eine Medrese (Koranschule), ein Han (Gasthaus) und ein Hamam (Badehaus). Später folgte noch ein osmanischer Uhrturm.

Ausblick über Počitelj (Moschee, Hamam und Uhrturm sind gut zu erkennen)

Zwar wurde auch Počitelj im Bosnienkrieg angegriffen und zerstört (zunächst von serbischen Truppen der VRS, dann von der kroatischen HVO), aber in der jüngeren Vergangenheit wurden alle Bauwerke wieder erfolgreich rekonstruiert und Počitelj verzaubert mittlerweile wieder jeden Besucher. Übrigens, wer sich mal in die diffuse und bedrückende Situation der Herzegowina im Jahre 1992 zurückversetzen will, dem sei der verlinkte Artikel aus Der SPIEGEL 31/1992 empfohlen. Damals hat der Autor auch eine Art Road Trip durch die Herzegowina gemacht.

Wehrturm über der Neretva

Auf Kultur folgte dann schließlich noch Natur bei unserem Tagestrip. Mother Nature hatte es zwar schon den ganzen Tag gut mit uns gemeint, aber ihr regionaler Höhepunkt ist eindeutig der Vodopad Kravica (Kravica-Wasserfall). Der Fluss Trebižat stürzt hier über einen 120 m breiten Hang rund 30 Meter in die Tiefe (quasi das Iguazú des kleinen Mannes…). Am Fuße des Wasserfalls hat sich ein wunderschöner natürlicher Badesee gebildet, der in den langen und heißen Sommern der Herzegowina hochfrequentiert sein soll. Darauf, dass Touristen und Badefreunde hier saisonal in Scharen hinströmen, deutete der riesige Besucherparkplatz oberhalb des Wasserfalls hin. Heute stand dort jedoch temporär nur Edins Karre.

Das kleine Iguazú in der Herzegowina

War generell krass heute vier Orte mit riesigem touristischen Potential fast menschenleer bzw. tourifrei erlebt zu haben. Wer Mostar und Umgebung bei schönen Frühlingswetter, aber noch herrlich einsam erleben will, scheint Anfang März genau richtig zu sein. Für den Sommer wünschen wir Edin & Co allerdings eine bombastische Urlaubssaison mit Besucherrekorden. Die Region lebt größtenteils vom Tourismus und die letzten zwei Jahre waren bekanntlich diesbezüglich eine Katastrophe.

Einsam am Kravica-Wasserfall

Gegen 15 Uhr waren wir wieder in Mostar und ein verspätetes Mittagessen das Gebot der Stunde. Diesmal war Terrasse des Restaurants URBAN grill and gourmet unser Anlaufpunkt und von hier war der Blick auf die Stari most sogar noch fotogener (siehe Titelbild) als gestern von der Terrasse des Restoran Labirint. Neben leckerem Cappucino gönnten wir uns Šiš ćevap mit Brot und Kartoffelecken à 12 KM. Sozusagen nur was für den kleinen Hunger, da später noch groß getafelt werden sollte.

Šiš ćevap

Nach dem Essen starteten wir einen neuen Streifzug durch die Gemeinde und irgendwann durfte Ole dem Abt mal wieder zeigen wie man bei Book of Ra seine Urlaubskasse aufbessert. Höhepunkt des Abends war aber natürlich unser Besuch im Restaurant Del Rio. Eine der besten Adressen der Stadt, doch nichtsdestotrotz war das 60 Tage dry-aged gereifte 300 gr. Rumpsteak mit 40 KM für die deutsche Kaufkraft ein Schnapper. Das Schmuckstück wurde auf einer Scheibe geröstetem Brot serviert und mit einem Pilz-Gemüse-Pfännchen und einem Körbchen Kartoffelecken begleitet. Ach, und ein Šopska für den Vitaminhaushalt musste auch endlich mal sein. Zusammen mit einem Pivo war ich umgerechnet 25 € los.

Im Osten an jeder Ecke Velež oder die Red Army

Nach unserem Dinner ging es noch auf einen Absacker in den Rebels Pub. Allerdings steckten uns stolze 23.000 Schritte in den Beinen und wir wurden heute nicht so alt wie am Vorabend. Dennoch wurde goutiert, dass die Nemačka mašinas sich nochmal die Ehre gaben. Außerdem hingen im Kneipenumfeld mehrere Bettlaken der Ultras Mostar, die zum Besuch des morgigen Heimspiels gegen Radnik Bijeljina aufriefen. Wir prüften jetzt doch nochmal Optionen, ob wir nicht eine Nacht länger in Mostar bleiben oder irgendwie noch nach Abpfiff nach Sarajevo kommen würden. Nach dem Reinfall mit Velež fehlte irgendwie noch ein Fußballspiel, um den Reiseabschnitt Herzegowina abzurunden. Allerdings ging es gegen 22 Uhr vorerst ergebnislos ins Bett.

Steakgenuss im Del Rio

Am Freitagmorgen dann der Durchbruch! Da keine neuen Gäste kamen, konnten wir schon mal bis abends in der Bude bleiben und letztlich einigten wir uns mit unserem Vermieter darauf, dass er uns nach Spielende für 75 € nach Sarajevo fährt. Er wollte erst 100 €, aber 25 € weniger war für ihn okay, wenn dafür noch ein Kumpel von ihm als fünfter Mann mitfahren darf. Natürlich nema problema… Noch kurz noch den nächsten Herbergsvater informiert, dass wir anstatt 19 Uhr erst gegen 23 Uhr in Sarajevo sind und auch das war nema problema.

Im Westen an jeder Ecke Zrinjski oder die Ultras Mostar

Nun konnten wir entspannt frühstücken gehen. Nicht weit von unserem Domizil lockte das gut besuchte Café Aldi und servierte wirklich leckere Speisen. Während meine Freunde eher gesund unterwegs (Quark mit Obst oder irgend So’n anderer Käse…), gönnte ich mir das Aldi Sendvič. Quasi ein Schnitzelbaguette mit außerdem Schinken, Käse und Remoulade. War ein guter Deal für 8 KM. Dazu noch Cappucino für 3,50 KM und man konnte abermals nicht knurren. Nebenbei wurden gerade heftig lecker ausschauende Torten und Kuchenbleche angeliefert. Ich glaube wer mal Bock auf Kaffee und Kuchen in Mostar hat, kann ebenfalls bedenkenlos das Café Aldi aufsuchen.

Mein kleines Schnitzelbaguette zum Frühstück

Als nächstes ging es zur großen Partisanen-Nekropole im Westen der Stadt. Hier liegen die Gebeine von 810 Partisanen, die im Zweiten Weltkrieg im Kampf gegen die kroatische Ustaša und die deutschen und italienischen Besatzer ihr Leben ließen. Das 1965 eröffnete Denkmal besteht aus ca. 12.000 bearbeiteten Kalksteinen und nimmt eine Fläche von 5.200 Quadratmetern ein. Früher war die Anlage natürlich top gepflegt und Wasserspiele und Bassins sollen für ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk gesorgt haben. Im Bosnienkrieg wurde die Nekropole jedoch mutwillig beschädigt und wird seitdem weitgehend sich selbst überlassen. Für den kroatischen Otto-Normal-Nationalisten war Tito schließlich ein schrecklicher Unterdrücker des kroatischen Volkswillens und der faschistische Ustaša-Staat, den die Partisanen bekämpft hatten, war viel toller als das sozialistische „Völkergefängnis“ Jugoslawien.

Das Ehrenmal in der Partisanen-Nekropole

Aber an dieser Stelle kann auch mal erwähnt werden, dass in Titos Volksbefreiungsarmee die Kroaten mit ca. 30 % die zweitgrößte Volksgruppe nach den Serben (44 %) gestellt haben. Auch wenn gerade die westliche Herzegowina eine große Hochburg der Ustaša während der Jahre 1941 bis 1945 war, waren auch hier längst nicht alle Kroaten Faschisten. In Mostars Partisanen-Nekropole liegen etliche kroatische Partisanen. Einträchtig neben Serben und Bosniaken, mit denen man gemeinsam für die Befreiung der Heimat gekämpft hat. Aber wahrscheinlich haben die Nationalisten genau mit dieser Symbolkraft ein Riesenproblem.

Oberhalb vom Stadion pod Bijelim brijegom

Da das Stadion von Zrijnski gleich um die Ecke von der Nekropole ist, drängte sich nun eine Stadionrunde bei Tageslicht regelrecht auf. Zwar ist wie erwähnt der ganze Westen der Stadt voll von den Graffiti der Ultras Mostar, doch am Stadion sind natürlich ein paar besonders schicke Exemplare zu finden. Das Stadion pod Bijelim brijegom (Weißer-Hügel-Stadion) hat nebenbei echt eine schöne Hanglage. Die imposante Haupttribüne ist an den Hang gebaut, während die Gegengerade schön flach ist. So hat der Stadionbesucher auf der Haupttribüne wenigstens ein schönes Panaroma, wenn das Fußballspiel mal wieder bescheiden unterhaltsam sein sollte.

Unterwegs auf den Hinterhöfen der Wohnblöcke von Westmostar

Nach einer kleinen Bierpause im Caffe Dacko am Stadion waren schließlich die großen Wohnblöcke aus der sozialistischen Ära dran, die natürlich auch einiges an Graffiti zu bieten hatten. Das wurde eine richtig schöne Fotosafari, auf die eine Runde Ćevapčići in einem Imbiss gegenüber vom Rebels Pub folgte. Ach, und wenn wir schon mal hier sind, konnten wir auf der anderen Straßenseite natürlich noch ein paar Pivo naschen. Erst im Pub Mali Puž, dann im Rebels Pub. Es war schließlich Matchday!

Kleine Stärkung vor dem Fußballspiel

Gegen 17 Uhr leerten sich auch so langsam alle Gastwirtschaften in der Ulica kralja Tomislava und auch wir gedachten unsere Last Order zu platzieren. Zum Glück war das Stadion nur fünf Fußminuten vom Pub entfernt und ein Aufbruch 30 Minuten vor Anpfiff völlig ausreichend. 10 KM kosteten die Plätze auf der Haupttribüne, doch zwischen Südeingang und Tribüne lag ein Bierstand, so dass wir erstmal drei Pivo à 3 KM orderten. Da der Block der Ultras Mostar tatsächlich sehr gut gefüllt war (wer kann schon einer Botschaft auf einem Bettlaken widerstehen?), freuten wir uns auf einen schönen Fußballabend.

Die imposante Haupttribüne des Stadions

Kaum mit dem Pivo angestoßen, kamen jedoch auch Aleks, Sami und Vuko durch das Stadiontor. Da sie uns schon in Sarajevo wähnten, waren sie natürlich sehr überrascht unsere Visagen bei Zrinjski zu erblicken. Umso erfreuter stiegen sie in unsere Bierrunde ein. Kaum waren alle versorgt, betraten die Mannschaften das Feld und die Ultras ließen einen dezibelstarken Böller krachen. Das war wohl das Signal alle Fackeln im Block anzureißen und schon musste ich mein Bier stehen lassen und dieses Schauspiel mit meiner Kamera dokumentieren. Journalistenehre…

Na das geht doch gut los…

Zum Spiel brauchen wir natürlich nur wenige Worte verlieren. Der HŠK Zrinjski ist auf Meisterkurs in Bosnien-Herzegowina und führt die Tabelle gegenwärtig mit 14 Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten Tuzla City an. Radnik Bijeljina ziert dagegen mit bescheidenen 15 Punkten das Tabellenende. Niko Janković (7.), Nemanja Bilbija (9.), Ivan Bašić (18.) und Kerim Memija (27.) sorgten schon in der ersten halben Stunde für klare Verhältnisse und die Fans goutierten die Tore mit weiteren pyrotechnischen Erzeugnissen.

Ging auch gut weiter

Ich sah schon die Chance auf ein zweistelliges Ergebnis, aber zweistellig wurde dann doch nur die Anzahl unserer Getränkerunden. Das gefiel auch dem alten Ante hinter der Theke und er holte irgendwann einen Kanister mit selbstgebrannten Rakija šljiva unter dem Tresen hervor. Davon gingen jetzt mehrere Runden auf ihn. Entsprechend hatten wir zu Beginn der 2.Halbzeit genau wie die Ultras Mostar alle Lichter an. Da im zweiten Durchgang außer dem Ehrentreffer durch Anes Vazda (86.) nichts protokollwürdiges mehr auf dem Rasen oder den Rängen passierte, war die Kachelei aber auch einfach der sinnvollste Zeitvertreib.

Nochmal alle Lichter an bei den Ultras Mostar

Ich muss lediglich nochmal anbringen, dass dieses 1958 eröffnete Stadion ursprünglich die Heimat von Velež Mostar war. Hier konnte der FK Velež einige Achtungserfolge im jugoslawischen Fußball feiern (drei Vizemeisterschaften und zwei Pokalsiege) und 14 Heimspiele im Europapokal wurden ebenfalls im Stadion pod Bijelim Brijegom ausgetragen (u. a. 1987 im UEFA Cup gegen Borussia Dortmund). Mit der Teilung Mostars im Bosnienkrieg, lag das Stadion fortan im für Bosniaken nicht mehr zugänglichen Westteil der Stadt. Neuer Nutzer wurde der 1992 wiederbelebte HŠK Zrinjski Mostar. Zrinjski wurde eigentlich bereits 1905 gegründet, jedoch 1945 wegen der nationalen Symbolik verboten.

Pivo i rakija na stadionu

Der FK Velež spielt seit dem Krieg in einem Vorort Mostars und schuf sich dort peu à peu ein kleines neues Stadion. Der Stachel des „Stadionraubs“ sitzt jedoch bis heute tief und neben der ethnischen Komponente ist diese Geschichte die zweite goße Säule des Hasses zwischen den Fanlagern von Velež und Zrinjski (wobei Velež zu jugoslawischen Zeiten Fans in allen Ethnien Mostars hatte und erst nach dem Krieg zwangsläufig zum Club der Bosniaken wurde). Unsere Kenntnisse über die hiesigen Verhältnisse konnten wir nach Spielende noch vertiefen. Denn wie das Schicksal es so wollte, fuhren uns zwei Mitglieder der Red Army vom FK Velež nach Sarajevo. Aber die waren ja selbst Schuld, dass wir ihren Herzensverein nicht wie geplant besuchen konnten und deshalb Zrinjski auf die Agenda kam.

Song of the Tour: Ein echter Ohrwurm von der Tour