2008/09

Gefangen im Mittelmaß

Dieter Hecking hatte es am Ende der Vorsaison vollmundig angekündigt, er wollte auch in seinem dritten Jahr eine Steigerung erreichen. „UEFA-Cup, diese Aussage steht“ entgegnete der Fussballlehrer in der Sommerpause den Medienvertretern auf die Frage nach dem Saisonziel. Motivierte Ziele, die nur mit weiteren Investitionen in den Kader realistisch waren. Martin Kind stattete nun Manager Hochstätter mit einem für 96-Verhältnisse hohen Transferbudget aus und der suchte passende Verstärkungen zu den Schwachstellen des Kaders. Der in der Vorsaison beim KSC überzeugende Schweizer Mario Eggimann sollte die Innenverteidigung stärken (56 Gegentore waren nicht europapokalwürdig) und der Finne Mikael Forssell eine qualitativ hochwertige Ergänzung zu Mike Hanke im Sturm werden. Doch als richtigen Kracher kaufte man dem FC Bayern Jan Schlaudraff ab. Shootingstar bei Alemannia Aachen vorletzte Saison, Nationalspieler, Hecking-Zögling und vor allem der technisch starke und torgefährliche Offensivallrounder, der noch fehlte. Damit hatte sich auch endlich das alljährliche Gerücht einer Simak-Rückkehr erledigt (hoffentlich beendet der Tscheche bald seine aktive Laufbahn, damit das mal aufhört).

Erster Härtetest war der diesjährige „Summer of Champions“ Kick im Niedersachsenstadion. Dass der FC Porto trotz beeindruckendem Trophäenschrank nicht so zog wie Real Madrid im Vorjahr, dürfte wohl kaum jemanden überraschen. Anstatt einer Gala gab es Sommerfussball und ein 1:1 vor rund 25.000 Zuschauern. Interessanter wurde da schon der „Mallorca Summer Cup“ mit 96, Hertha BSC, Newcastle United und RCD Mallorca. Mallorca, das ist doch da irgendwo auf Ballermann? Richtig. Und ausgerechnet an diesem Ballermann die beiden Zecherszenen von 96 und Hertha vereint. Böse Geschichte. Ein Turnier mit komischem Modus schloss 96 als Zweiter ab. Es wurde in Ligaform gespielt, aber jedes Team spielte nur zwei Spiele. 96 musste nicht gegen Newcastle ran, sondern spielte 2:4 gegen den Lokalmatador und 3:1 gegen Hertha. Es gab nun ganz normal 3 Punkte für einen Sieg, 1 Punkt für ein Unentschieden und für jedes im Turnier erzielte Tor einen weiteren Punkt. Machte bei 96 8 Punkte, bei RCD Mallorca 11 Punkte, bei Hertha BSC 5 Punkte und Newcastle United, die punkt- und torlos blieben, 0 Punkte. Aber interessierte wohl ehrlich gesagt auch keinen der Anwesenden. In der Suffhölle überleben war wichtiger.

Hertha & Hannoi am Ballermann
Hertha & Hannoi am Ballermann

Der DFB-Pokal hielt kurz vor Bundesligastart das nächste Schmankerl bereit. Der Hallesche FC bat zum Kräftemessen im Kurt-Wabbel-Stadion. Definitiv eins der besten Lose der letzten Jahre und knapp 1.300 Gästefans machten sich vorwiegend per WET auf nach Halle. Dort grüßte am Stadion das Graffito „Gästefens angreifen“ [sic], welches die Ronny-Module auch stilsicher kurz vor Spielende umsetzten. Da Hannover heute nicht nur mit Chorknaben aufwartete, war Gewalt keine Einbahnstraße und das souveräne 5:0 von 96 wurde von Szenen überschattet, die wirklich niemand sehen will, aber trotzdem immer gerne gezeigt werden.

Halle im Pokal
Halle im Pokal

Damit wäre das obligatorische Skandalspiel eigentlich schon für diese Saison abgegolten, aber da die 96 Amateure nun mit diversen Ostgrößen in der Regionalliga Nord/Nordost spielen, ging es eine Woche später in Hannover weiter unruhig zu. Ich war nicht zur Saisonauftaktniederlage der Profis nach Gelsenkirchen gereist (0:3), sondern sah parallel Schlägereien zwischen Hannoveranern und Magdeburgern am Landtag vor der Partie von Hannover 96 II gegen den 1.FC Magdeburg (0:2). Die Woche darauf blieb es ostdeutsch, aber die Brisanz bei Vergleichen mit Energie Cottbus war deutlich abgeflacht, so dass 300 mitgereiste Cottbusser nichts beim tristen 0:0 in Hannover befürchten mussten. Stattdessen gab es eine schöne Choreographie zum 10.Geburtstag des Komplott Hannovera.

cb
10 Jahre Komplott Hannovera

Der 3.Spieltag führte 96 nach Stuttgart. Wie (fast) immer sonntags und wie (fast) immer nichts zu holen für den HSV von 1896. 0:2 hieß es am Ende aus 96-Sicht und der Saisonstart war verpatzt. Das wirklich überzeugende 5:1 am 4.Spieltag gegen die Elf vom Niederrhein (2x Huszti, 2x Schlaudraff, 1x Forssell) war leider nur ein Strohfeuer, denn auswärts bei Bayer 04 setzte es gleich wieder ein 0:4. Und in der zweiten Pokalrunde ging es wieder zu Schalke 04, wo obligatorisch Schluss war (0:2). Die Saison war also im Prinzip schon Ende September für die Tonne. Da half auch der Sensationssieg gegen Bayern München (1:0 dank Huszti) wenig. Diese Siege sind zwar nicht alltäglich, aber wenn sie keine Serie anstoßen, sind sie letztlich nur kleine Ausreißer aus dem Meer der Mittelmäßigkeit.

LEV away
LEV away

Ein bisschen sah es zwar nach Serie aus, als 96 in Dortmund durch ein Tor von Forssell einen Punkt mitnahm, aber das kommende 2:5 gegen den Emporkömmling TSG Hoffenheim riss einen wieder ins Tal der Tränen. Wenigstens wurde mit sarkastischen Spruchbändern wie „Gott schütze Hopp“ kreativ gegen den TSG-Mäzen protestiert, der im Gegensatz zu unserem Gernegroß Martin Kind wirklich viel Geld in seinen Verein steckt und zufrieden zuschauen darf wie sein frisch aufgestiegenes Projekt gerade die Liga aufmischt (Herbstmeister werden sie, verrät die Glaskugel).

Gott schütze Hopp
Gott schütze Hopp

Das Wochenende nach dem Debakel gegen die SAP-Millonarios wurde zum Glück interessanter. Freitag ging es mit einem Doppeldeckerbus nach Babelsberg, um dort die Amateure zu unterstützen. Zusammen mit Herthaner Freunden wurden dort diverse Rex Pils in einer Pinte genossen. Dort hätte man mal bleiben sollen, denn die Ordner und die Bereitschaftspolizei waren nicht so entspannt drauf wie die Hippie-Fanszene des SV Babelsberg. Gab nach Abpfiff (1:1) leider noch diverse Knüppelhiebe auf dem Weg zum Bus. Nach kurzer Nachtruhe wartete am kommenden Morgen bereits das Heimspiel gegen Werder. Bekanntermaßen auch eine brisante Angelegenheit. Aber heute blieb es ruhig und beide Mobs sahen sich nur aus sicherer Distanz im Stadion, wo man sich 1:1 trennte.

Daheim gegen Werder
Daheim gegen Werder

Danach setzte es in der englischen Woche ein 0:4 im Berliner Olympiastadion und die Achterbahnfahrt ging munter weiter. 3:0 gegen den Hamburger SV, 1:2 in Köln, 1:1 gegen den VfL Bochum (hier brüllte das Publikum lautstark „4-4-2“, damit dieser Hecking endlich mal mit zwei Spitzen spielen möge) und 0:4 in Frankfurt hießen die kommenden Ergebnisse.

Am 15.Spieltag spielte Hecking tatsächlich mal mit zwei Stürmern im 4-4-2 und sowohl Hanke als auch Forssell knipsten beim 3:2 gegen den KSC. Danach wurde mit ebenfalls 4-4-2 unglücklich 1:2 in Wolfsburg verloren (Tor und Eigentor von Stajner, Rote Karte für Fromlowitz und Feldspieler Rosenthal hält einen Elfmeter). Die bescheidene Hinrunde klang nun mit Morten Jensen im Tor (Enke verletzt und Fromlowitz gesperrt) und einem 1:1 gegen Arminia Bielefeld aus. Damit überwinterte 96 auf dem schon seit Wochen angestammten 13.Platz. Es war eine grottige Hinrunde. Klar, die Verletzungssorgen waren widerlich hoch. Tarnat fiel die ganze Hinrunde aus, Enke war seit Oktober verletzt, Ismael seit September und dazu eine eklatante Häufung kleinerer Verletzungspausen im Kader. Aber der Trainer selbst sagte vor der Saison, dass auch der zweite Anzug von 96 eine gute Rolle in der Bundesliga spielen könnte und er sehr zufrieden mit dem Kader sei. Da lag er ziemlich daneben und im Winter würde wohl nochmal der Transfermarkt abgegrast werden müssen.

Reisegruppe nach Ostniedersachsen
Reisegruppe nach Ostniedersachsen

Bevor der harte Kern der Fanszene sich in die Winterpause verabschieden konnte, wartete nochmal ein Härtetest für 70 wackere Amateure-Supporter. Der Europapokalsieger der Pokalsieger von 1974 empfing Hannover 96 II am 19.Dezember zum 18.Spieltag der Regionalliga. In Magdeburg erwartete die Fans aus Hannover neben einer 1:2 Niederlage vor fast 10.000 Zuschauern die hässliche Fratze des Fußballs in epischer Bandbreite. Angriff mit Leuchtspurmunition vor’m Stadion, Angriff mit Flaschen und Steinen auf die Straßenbahn der Gästefans und zu guter letzt noch ein Angriff auf den Zug Richtung Heimat von Menschen mit blau-gelben Sturmmasken in Vechelde. Passte so gar nicht in die besinnliche Weihnachtszeit. Daher gab es auch keine Geschenke für die Magdeburger und Braunschweiger in Form von 96-Fanutensilien und stattdessen teilweise die Rute.

Nach diesem aufregenden Ausflug war endgültig Winterpause und in Hannover konnte mit 17 Punkten keiner zufrieden sein. Als erstes zog Christian Hochstätter Konsequenzen. Seine Transferpolitik stand in der Kritik und Machtkämpfe gegen Hecking hatte er verloren (er durfte weder Teammanager Westphal entlassen, noch weiterhin an Teambesprechungen teilnehmen). Der Verein ließ eine Option zur Vertragsverlängerung verstreichen und der Ex-Gladbacher deutete die Zeichen der Zeit richtig und verkündete kurz nach Neujahr, dass er Hannover 96 über seine aktuelle Vertragsdauer hinaus (bis 30.06.2009) nicht zur Verfügung stehen würde. Konsequenterweise musste Hochstätter dann Ende Januar seinen Schreibtisch räumen. Hecking und Kind übernahmen die Aufgaben des scheidenden Sportdirektors mit und verkauften den abwanderungswilligen Star Szabolcs Huszti für 3,5 Mio Euro an Zenit St.Petersburg (wäre im Sommer ablösefrei gewesen). Das Geld wurde gleich reinvestiert in Jacek Krzynowek und Leon Andreasen.

Statement zur Winterpause
Statement zur Winterpause

Den fußballerischen Aufgalopp des neuen Kalenderjahres bot ein Testspiel beim VfL Osnabrück. Auch nicht so übel und dementsprechend tingelten über 300 Hannoveraner am 10.Januar in die Friedensstadt. Eine frühe Anreise mit der DB unter Zuhilfenahme des Niedersachsentickets oder anderer günstiger Optionen, ermöglichte noch einen Altstadtbummel, wo die etwas assige Altstadt-Hütte den Mob beherbergen durfte.

Der Alkohol zeigte spätestens im Stadion Wirkung, wo zunächst ein Vertreter der Sektion Hildesheim auf den Zaun kletterte und dort die Hüllen fallen ließ. Das ließ der geistige Führer des Movimento LS’04 nicht ohne Replik und kletterte ebenfalls auf den Zaun und zog sowohl oben, als auch untenrum blank. Als „Fanarsch“ dominierte er nun die Boulevardmedien und handelte sich unverständlicherweise eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses ein. Also im Block war keiner erregt oder verärgert, stattdessen waren wir gut amüsiert. Ach, und gewonnen wurde auch noch. 3:0 für den Noch-Erstligisten.

Der Fanarsch
Der Fanarsch

Nach dem Trainingslager in Portugal (wo Augsburg 2:1 geschlagen wurde), wartete ein „Winter of Champions“ Event auf das nach internationaler Klasse dürstende hannoversche Publikum. Der AC Milan gab sich vor 40.000 Zuschauern im Niedersachsenstadion die Ehre und gewann 3:2 gegen die Hecking-Schützlinge. Auch gegen den weniger klangvollen Gegner Alemannia Aachen wurde wenige Tage später mit 2:3 verloren. Generalprobe vergeigt, aber aus Fansicht war an diesem 24.Januar eh die Party zum 10.Geburtstag der Verrückten Meute wichtiger. Über 300 Gäste aus Hannover, Hamburg, Bielefeld, Berlin, Nürnberg und Wien rockten das Musikzentrum und soffen den Laden komplett leer, so dass mitten in der Nacht nochmal eingekauft werden musste. Wäre die Mannschaft doch nur so gut am Ball, wie ihre Fans am Glas…

Zum Rückrundenauftakt gab es wenigstens auch mal sportlich was zu feiern. Der viel geschmähte Sergio Pinto schoss 96 mit einem Sonntagsschuss zum 1:0 Heimsieg gegen Schalke 04. Natürlich läutete das Spiel keine Wende ein, denn schon am 18.Spieltag wurde beim akut abstiegsgefährdeten FC Energie mit 1:3 verloren. Hoffentlich steigen die trotzdem ab. Ich will da nie wieder hin.

Der nächste Spieltag hielt den VfB Stuttgart als Gegner parat. Eingeläutet wurde das Spiel mit einer Mischung aus Luftballons, Fahnen und Konfetti im Block und dem doppeldeutigen Banner „Chaostage Hannover“. Prophetisch, denn 31.000 Zuschauer sahen ein chaotisches Spiel, in dem 96 ein 0:2 in ein 3:2 drehte, aber sich kurz vor Schluss doch wieder den Ausgleich fing.

Intro gegen den VfB Stuttgart
Intro gegen den VfB Stuttgart

Der Achterbahnquatsch ging danach munter weiter. Auf ein 2:3 in Gladbach folgte ein 1:0 gegen Leverkusen. Dann gab es eine richtige Reise in München (1:5) und ein spektakuläres 4:4 daheim gegen den BVB (eingeläutet von einer hochwitzigen Kiosktour durch Linden). Danach wurde ein weiterer Punkt beim mittlerweile strauchelnden Herbstmeister TSG Hoffenheim entführt (2:2). Immer so im Schnitt etwas über ein Punkt pro Spiel und damit wurde Platz 13 fast die gesamte Saison nach oben und unten hin verteidigt.

Tour durch Linden
Tour durch Linden

Währenddessen hatten die Amateure weiterhin interessante Duelle mit alten DDR-Größen. Chemnitzer Faschos fielen dadurch auf, dass sie bei ihrem Gastspiel in Hannover Migranten in der Innenstadt jagten und Rostocks Anhang jagte eine Woche später teilweise den UH-Pöbel durch selbige City. Danach ging es mit den Profis nach Bremen. Es gab wieder einen schönen Fanmarsch, aber diesmal hatte dieser Umzug einiges an Dullies angezogen, die im Schutz der Masse andere mit sinnlosen Böllern gefährdeten. Ebenfalls waren die Proleten im hinteren Drittel des Marsches ganz groß mit Sachbeschädigungen an Autos, Mülltonnen usw.. Bei nächster Gelegenheit müsse mal wieder die viel zitierte Selbstreinigung der Szene greifen, war man sich einig, während Werders Elf Hannover 96 wie üblich demontierte (1:4 am Ende).

Party im Fanhaus
Party im Fanhaus

Nach so einem Debakel folgte natürlich wieder ein Sieg. Berlin war zu Gast und Herthas Fanszene wurde ab Freitagabend formidabel bewirtet. Es gab eine Party am und im Fanhaus, einen Steintorbummel und natürlich auch die übliche Zecherei rund um die 90 Minuten Fußball herum gebaut, in denen sich heute 96 mit 2:0 durchsetzte. Tore übrigens durch Mike Hanke und Arnold Bruggink, der seine dritte geniale Rückrunde in Serie spielte. Blöd, dass jeweils eine sehr schwache Hinserie vorangestellt wurde. Aber seine fünf bis sechs Tore pro Rückrunde und in etwa gleich viele Assists, waren schon sensationell. Dazu war er einer der sympathischsten Kerle in dieser Truppe.

Berlinern eine Kneipe von Welt zeigen
Berlinern eine Kneipe von Welt zeigen

Der 96-Rhythmus sah nun ein 1:2 in Hamburg und ein 2:1 gegen den Ersten Fußballclub Köln vor. Die Roten blieben damit stabil auf der 13 und der 1.Mai hatte die schöne Auswärtsfahrt nach Bochum parat. Weil in Hannover heute Fascho-Demo war, mied man den hannoverschen Hauptbahnhof und fuhr entspannt mit knapp 200 Leuten von einem Bahnhof in der Region los. Auch im Ruhrgebiet meinten Neonazis, dass der 1.Mai ihr großer Aktionstag sei und banden somit viele Polizeikräfte. Folglich konnte man in Bochum erleben wie ein Bundesligaspiel mit wenig Polizeipräsenz abläuft. Es war gelinde gesagt anders und fortan sollen wohl nie wieder Bundesligaspiele am 1.Mai stattfinden. Neben der wilden Reise in die 80er Jahre neben dem Stadion, wurde im Stadion endlich mal wieder überzeugender Fußball der Roten gesehen. War somit auch wie eine Zeitreise und am Ende führte ein überragender Arnold Bruggink (ein Tor, eine Vorlage) 96 zum ersten Auswärtssieg in dieser Saison und gleichzeitig zum endgültigen Klassenerhalt.

Im Ruhrstadion
Im Ruhrstadion

Dem kleinen Saisonhöhepunkt schloss sich ein reudiges 1:1 im Heimspiel gegen Frankfurt an, sowie ein den KSC so gut wie sicher in die 2.Liga katapultierendes 3:2 in Karlsruhe. Wow, zwei Auswärtssiege hintereinander. Wurde wieder Zeit für einen neuen Tiefpunkt und der kam im nächsten Heimspiel mit Ansage. Der VfL Wolfsburg hatte es mit einer Wahnsinnsserie von Platz 9 (Rückrundenbeginn) auf Platz 1 geschafft und gastierte nun am 33.Spieltag in Hannover. Wenn irgendwas uns noch halbwegs in dieser Saison versöhnt hätte, dann den Wolfsburgern die Meisterschaft zu versauen. Nein, Wolfsburg ist kein Hassderby, aber dass dieses VW-Marketinginstrument in Hannover mit einer Hand zur Schale greifen kann, geht dann doch zu weit. Geschlossen in rot wurde heute aufmarschiert und das sah sehr hübsch aus, aber die Hecking-Truppe ließ leider jegliche Geschlossenheit vermissen und wurde mit 0:5 deklassiert. Das war zu viel des Guten. Dieter Hecking raus!

Heimspiel gegen Wolfsburg
Heimspiel gegen Wolfsburg

Auf dem Platz stand zwar die Mannschaft, aber die kann man nicht komplett austauschen und meiner Meinung kann sie auch mehr, als sie unter Hecking zeigte, dessen Training, zumindest immer wenn ich da war, dröge mit Gammeleck und anderen zeitlosen Klassikern der Trainingslehre daherkam. Dazu entpuppte er sich auch menschlich, zumindest punktuell, als Katastrophe. Routinier „Tanne“ Tarnat führte vor Wochen ein Gespräch mit Kind und Hecking und signalisierte, dass er gerne noch ein Jahr dranhängen würde und dabei auch ohne zu Murren auf der Bank Platz nimmt und dem jungen Nachfolger Kocka Rausch bei seiner Weiterentwicklung helfen will. Von den Gesprächspartnern kam danach nichts mehr und Hecking nahm Tarnat kurz vor’m Wolfsburg-Spiel zur Seite und sagte ihm beiläufig, dass sein Vertrag nicht verlängert würde. Und ein würdiger Abschied im Stadion war auch nicht vorgesehen. Nicht mal Blumen gab es, wie für Fahrenhorst oder Krebs, die auch gehen mussten. So können 19 Jahre Profi und 5 Jahre Knochen hinhalten für 96 ganz würdelos enden. Das kam weder bei der Mannschaft gut an, in der Hecking sowieso wenig Sympathien hatte, noch bei uns Fans und ließ das Fass überlaufen.

Nimm ihn, Dieter
Nimm ihn, Dieter

Weil es schon gegen Wolfsburg so schick aussah, reisten wir alle in rot nach Bielefeld zum letzten Spiel und hatten dazu diverse gemalte und reale Hüte dabei. Das Spruchband zu den ganzen Hüten: „Nimm ihn, Dieter!“. Auch die Mannschaft hatte sich was ausgedacht und bejubelte ihre beiden Tore mit einem Tarnat-Trikot. Das heute erkämpfte 2:2 bugsierte die Arminen übrigens abermals in Liga 2. Aber es ist eben eine Fan(gruppen)freundschaft und keine Vereins- oder Mannschaftsfreundschaft. Da wollen wir der Mannschaft nun wirklich keinen Strick draus drehen. Stattdessen wünschten wir den Arminen den baldigen Wiederaufstieg, verabschiedeten Tarnat so herzlich es ging und wünschten Dieter Hecking lautstark das Ende seiner Tätigkeit in Hannover.

Danke Tanne
Danke Tanne

Eine wirklich fürchterliche Saison des Rückschritts war endlich zu Ende. Kind, der Investitionen auch immer mit höheren Zielen verbindet, konnte nicht zufrieden sein. Dennoch hielt er an Hecking fest. Er träumte davon ein langfristiges Erfolgsduo wie Schaaf/Allofs auch in Hannover zu installieren. Mit Hecking/Hochstätter wähnte er sich bereits im Sommer 2008 am Ziel („Mit Hecking und Hochstätter habe ich erstmals zwei Verantwortliche für den sportlichen Bereich, die meiner Philosophie entsprechen, mit denen ich gut zusammenarbeiten kann und die mein volles Vertrauen haben“), aber das war jetzt schon wieder Schnee von gestern. Angeworben hatte der Alleinherrscher nun Jörg Schmadtke als neuen Sportdirektor. Er hoffte, dass Schmadkte und Hecking, die bereits in Aachen erfolgreich zusammengearbeitet hatten, sein Traumduo werden würden. Gleichwohl drückte er dem neuen Manager einen Sparkurs auf’s Auge, da Hochstätter die Kasse leeren durfte und Kind eben kein großzügiger Gönner, sondern ein sparsamer Investor mit Renditeabsicht ist. Ein weiteres Jahr zwischen Platz 11 und 15 drohte.

40 Punkte / Platz 11 / 10 Punkte auf Platz 16 / 21 Punkte auf Platz 5 / 49:69 Tore / Meiste Auflaufprämien kassiert: Christian Schulz (31x) / Meiste Torprämien kassiert: Jiri Stajner (8x) / Zuschauerschnitt: 41.919

Moin: Leon Balogun (Türkiyemspor Berlin), Mario Eggimann (Karlsruher SC), Mikael Forssell (Birmingham City), Florian Fromlowitz (1.FC Kaiserslautern), Jan Schlaudraff (Bayern München), Leon Andreasen (FC Fulham), Jacek Krzynowek (VfL Wolfsburg).

Tschüss: Richard Golz (Laufbahn beendet), Vahid Hashemian (VfL Bochum), Frank Juric (Perth Glory), Benjamin Lauth (1860 München), Dariusz Zuraw (Arka Gdynia), Chavdar Yankov (MSV Duisburg), Szabolcs Huszti (Zenit St. Petersburg).