Dresden und die Sächsische Schweiz 02/2017

  • 19.02.2017
  • SG Dynamo Dresden – HSV von 1896 1:2
  • 2.Bundesliga (II)
  • Rudolf-Harbig-Stadion (Att: 29.820)

Das Auswärtsspiel von Hannover 96 bei Dynamo Dresden konnte natürlich nicht konservativ mit „hinfahren, weghauen, heimfahren“ angegangen werden. Zumindest nicht für InterCityBerger und mich. Dafür ist Dresden zu sehr eine Reise wert, als dass man sich nur das Rudolf-Harbig-Stadion (für mich wird es immer die Glücksgas-Arena bleiben) genauer anschaut. Ferner ist nicht nur Dresden was für’s Touriherz, sondern auch das umliegende Elbsandsteingebirge lockt. So stand InterCityBerger am Samstagmorgen um 6 Uhr mit einem Begrüßungskaffee vor meinem Haus und anstatt mit dem ICE ging es ausnahmsweise mal mit seinem Betrüger-Diesel gen Sonnenaufgang. Mit den ebenfalls brühwarmen Urlaubsgeschichten aus Thailand – da war der Berger gerade erst für drei Wochen mit seiner Freundin – verging die Fahrt wie im Fluge. Dieses Thailand scheint ein fantastisches Ziel zu sein. Nur, dass er anstatt Fußball den Länderpunkt Thaiboxen gemacht hat, mißfiel meinen Ohren. Ich erzählte dann noch die unzensierten Details aus Israel und London (ja, bei Schneppe Tours landen tatsächlich nur die zensierten Versionen) und schon waren weniger fremdenfreundliche Gemarkungen wie Freital und Heidenau erreicht.

Moin Dresden

Wir stoppten nun kurz in Pirna. Dort im Lidl musste noch Wanderproviant erstanden werden. Die Wahl fiel auf die edlen Käseknacker aus der Wurstmanufaktur Dulano und feinste SB-Backwaren. An der Kasse merkten wir wieder einmal, dass die Leute sich im tiefsten Sachsen nicht mal selbst verstehen können. Vor uns eine Frau und ein Mann, beide indigen und sich mutmaßlich nicht bekannt. Als die Frau das Zug-um-Zug-Geschäft mittels Barzahlung abgeschlossen hatte und ihren etwas größeren Einkauf noch verstaute, bezahlte nun auch der nachfolgende Mann seinen klassenbewussten Kleineinkauf mit Alkoholika und Tabakwaren. Doch er schien Gefahr zu laufen, sein neues Einwegfeuerzeug liegen zu lassen. „Vergessen sie nicht ihr Feuer“ merkte der Kassierer im schriftlich schwer darstellbaren Idiom der Region an. „Nein, das ist doch nicht meine Betreuerin!“ entgegnete der Mann mit Blick zur Frau energisch. „Ich sagte, vergessen sich nicht ihr Feuer“ stellte der Kassierer nochmals klar und zeigte auf eben jenes Feuerzeug. „Ach so, ich hab ‚Ist das nicht ihr Betreuer‘ verstanden“. Bergers und meine Lippen bekamen Blutstau vom Zusammenpressen.

Moin Sächsische Schweiz

Nach dem heiteren Einkaufserlebnis schlängelten wir uns auf kurvenreichen Landstraßen von Pirna zum Kurort Rathen durch. Dabei warb unter anderem im Dorf Struppen die Faschingsgesellschaft für den heutigen Nachthemden-Ball im Gemeindehaus. Also sollten wir nichts besseres vorhaben, schon mal ’ne Option für die Abendgestaltung. Aber das war ja noch etwas hin, jetzt galt es erstmal in Oberrathen mit der historischen Gierseilfähre im Frühnebel die Elbe zu überqueren und dann die Wanderung auf den Lilienstein zu beginnen. Den ikonischen Berg der Sächsischen Schweiz, dessen Silhouette auch das Nationalpark-Logo ist.

Niederrathen

Im rechtselbischen und autofreien Ortsteil Niederrathen passierten wir zunächst den kleinen Grünbach und auf völlig vereisten Pfaden ging es von dort (112 Meter über NN) zunächst die Elbe entlang in Richtung des Tafelberges Lilienstein. Wir hofften einfach mal, dass es nur nahe des Flusslaufs so vereist ist und schlitterten die ersten Kilometer fröhlich auf dem so genannten Kottesteig und machten anschließend die ersten richtigen Höhenmeter zur leider saisonbedingt geschlossenen Gastwirtschaft Zum Alten Hansjörg.

Auf zum Lilienstein

Nach kurzer Rast querten wir die Napoleonstraße von 1813 und jetzt ging es relativ ebenerdig durch weniger rutschigen Schneematsch weiter zum Lilienstein, wo ein eigentlich nicht so anspruchsvoller, da mäßig steiler Wurzelweg den Beginn des Nordaufstiegs markierte. Doch durch wieder auftretende Vereisungen war der Weg unangenehmer als erhofft und während die Ausblicke immer schöner wurden, begann der richtige Aufstieg an der felsigen Nordwand. Hier sind eigentlich Stufen in den Felsen gehauen und teilweise auch Leitern vorhanden, aber durch die Glätte war das kein Zuckerschlecken heute. Erst recht an den Stellen, wo keine Geländer vorhanden waren. Aber mit Glück und Können meisterten wir den Aufstieg auf dieser heute wenig frequentierten Route unfallfrei und der Ausblick war die Mühen auf jeden Fall wert.

Rutschiger Aufstieg

In 415 Metern über NN bot sich trotz Bewölkung ein tolles Panorama in alle Himmelsrichtungen. Man hatte einen schönen Ausblick auf die Elbschleife, die anderen Berge des Elbsandsteingebirges, die riesige Festung Königstein und den gleichnamigen Ort. Auf dem Felsplateau gab es neben den Aussichtspunkten außerdem einen 16 Meter hohen Obelisk zu bewundern, der 1889 zum 800jährigen Bestehen des sächsischen Herrscherhauses Wettin errichtet wurde. Das Haus gibt es zwar schon länger (es gehört zu den wenigen Geschlechtern, die sich schon vor dem Jahr 1000 urkundlich nachweisen lassen), aber gefeiert wurde wohl der Tag im Jahre 1089, an dem Heinrich I. die Mark Meißen vom Kaiser als Lehen bekam.

Ausblick vom Lilienstein

Zu unserer Freude hatte auch das Wirtshaus auf dem Gipfel geöffnet (in der Wintersaison nur Samstag- und Sonntagnachmittag), wo wir noch auf einen Kaffee einkehrten, ehe der anspruchslose (eisfreie) Abstieg über die Südseite des Berges in Angriff genommen wurde. Auf dem Weg nach Königstein gab es zunächst weitere schöne An- und Ausblicke, bis der Wald dichter wurde.

Der Obelisk auf dem Gipfel

Am Fuße des Tafelberges (übrigens der einzige rechtselbische) marschiert man dann auf einem Feldweg weiter auf Königstein zu, ehe das Plateau kurz vor der Elbe nochmal steil abfällt. Unten am Ufer lösten wir nach 3:45 h Wanderung abermals ein Fährticket (inklusive Zugticket nach Rathen) und hatten perfektes Timing für den Zug um 13:19 Uhr. Das eröffnete uns noch fußballerische Optionen für den Restnachmittag. Warum nicht beim sechstklassigen Sachsenliga-Duell des VfL Pirna-Copitz gegen die BSG Stahl Riesa in Form einer ehrlichen Bratwurst einen Mittagssnack zu sich nehmen? Gesagt, getan.

Abstieg vom Lilienstein
  • 18.02.2017
  • VfL Pirna-Copitz 07 – BSG Stahl Riesa 2:3
  • Sachsenliga (VI)
  • Willy-Tröger-Stadion (Att: 210)

Pünktlich zum Anpfiff waren wir am Willy-Tröger-Stadion im Stadtteil Copitz der Barockstadt Pirna. Da es kostenneutral betreten werden konnte, wurden die gesparten 5 € sogleich in Bier (Feldschlößchen) und Bratwurst investiert (je 2,50 €). Das Stadion verfügt über einen Naturrasenplatz, der heute witterungsbedingt gesperrt war, und einen Kunstrasenplatz, auf dem daher gekickt wurde. Die Stehtribüne, die beide Plätze trennt, hatte praktischerweise Stufen zu zwei Seiten, so dass beide Plätze Stadioncharakter aufwiesen. Neben uns, den Offiziellen und zwei Ziegen, verfolgten auch 210 zahlende Zuschauer das Duell der beiden sächsischen Traditionsvereine. Der heimische VfL war mal als BSG Wismut Pirna-Copitz zweitklassig in der DDR gewesen und die BSG Stahl Riesa gar 16 Jahre lang erstklassig (Platz 17 in der Ewigen Tabelle der DDR-Oberliga).

Hier regiert der Platzwart

Folglich wurde der Gast auch von ca. 30 lautstarken Fans mit zwei Zaunfahnen, einer kleinen Schwenkfahne und einer Trommel angefeuert. Tradition verpflichtet! Es gab allerhand Gegröle von fiesen Fettsäcken mit tiefen Bassröhren. „Que sera, sera. Die Riesaer sind wieder da. Besoffen wie jedes Jahr…“ oder „Riesaaaa, Riesaaaa, Eisern Riesaaaa!“ sind Auszüge aus ihrem Repertoire klassischer Stadiongassenhauer. Immer schön, wenn es auch in den unteren Spielklassen etwas Stimmung gibt.

Mitgereiste Fans aus Riesa

Nichtsdestotrotz war die unsupportete Heimmannschaft zu Beginn besser. In einer überraschend temporeichen Partie gingen sie durch Jan Benes in der 21.Minute verdient in Führung. Doch die Freude hielt nur kurz, denn schon fünf Minuten später konnte die BSG mit dem Stahlträger im Wappen durch Philipp Schröter ausgleichen. Die Verhältnisse wieder gerade rücken musste nun abermals Pirnas Mittelfeldspieler Benes, der in 39.Minute die erneute Führung für die lila-weißen Akteure besorgte. Sein sehenswerter Treffer, nach einem Dribbling von der Strafraumkante ins Toreck geschlenzt, markierte auch den Pausenstand.

Der Ball rollt im Willy-Tröger-Stadion

Nun wurden wir vom DJ, anstatt von den Bier holenden Fans aus Riesa beschallt. Die Stadionmusik klang wie Modern Talking für Arme. Wahrscheinlich war es also wirklich Modern Talking. Das einzige was unsere Ohren in dem bunten Potpourri erkannten, war „Slice me nice“ von Fancy. Ein Song, der so schlecht ist, dass er schon wieder fast cool ist. Haben schließlich sogar schon Die Atzen in jüngerer Vergangenheit gesampelt („Florida Lady“ feat. Alexander Marcus). Da war man schon froh, dass pünktlich zur zweiten Hälfte erneut der Herrengesangsverein Dicke Bäuche aus Riesa die Beschallung übernahm.

Fanb(l)ock des VfL Pirna-Copitz

Auf dem Kunstrasen begann zwar wieder der Hausherr stärker, aber Stahl Riesa konterte gefährlich. So durfte der nun oberkörperfrei performende harte Kern aus der Nudelstadt in der 58.Minute jubeln. Norman Gründler konnte am zweiten Pfosten eine mustergültige Flanke zum 2:2 verwerten. Nach dem Ausgleich drückte der VfL vehement auf eine erneute Führung, aber etwas glücklich machte der Gast in der 78.Minute auch noch das 2:3 durch Marcel Fricke. „Kommt jetzt, alle nochmal“ brüllte Riesas Spielführer in der Jubeltraube und die BSG Stahl konnte die erstmalige Führung an diesem Nachmittag tatsächlich über die Zeit retten.

Stahl Riesa macht Power

Der Rückrundenauftakt der Tabellennachbarn (4. und 5.) war ein Duell auf Augenhöhe, in dem der Gast aus Riesa dank seiner Effizienz am Ende die Nase vorn hatte. Das wollten nun auch die übergewichtigen Halbnackten aus Riesa gebührend feiern, aber zu mehr als Abklatschen ließ sich die Mannschaft nicht hinreißen. Da half es auch nicht, dass der Vorsänger ihnen durch das Megafon „Ey, ran hier!“ hinterherbrüllte. Er musste bei seiner Uffta ohne sie auskommen. Und auch uns hielt nichts mehr auf der Anlage, denn wir wollten noch bei Tageslicht einen Blick auf Schloss Pillnitz werfen.

Schloss Pillnitz am Elbufer

Das schon zur Stadt Dresden gehörenden barocke Schloss aus dem 18.Jahrhundert lag auf halber Strecke zwischen Pirna und Dresdens Stadtzentrum und drängte sich somit förmlich als Etappenziel auf. Das Ensemble aus Wasserpalais, Bergpalais und Neuem Palais macht im Sommer mit blühendem Lustgarten und grünem Schlosspark bestimmt richtig was her. An einem trüben Wintertag gab es dagegen Abzüge in der B-Note. Dennoch architektonisch eine tolle Anlage, ergänzt mit Kleinodien im Umfeld, wie der künstlichen Burgruine oder der barocken Weinbergkirche.

Das Schloss und ihm sein Schlossherr

Durch die schönen Dresdner Elbhang-Stadtteile Niederpoyritz, Wachwitz und Loschwitz fuhren wir nach unseren Stopp in Pillnitz weiter nach Dresden rein. Wir überquerten die Elbe auf dem Blauen Wunder und hatten nun en passant das schöne Panorama der Albrechtsschlösser zum Genießen. Die Durchfahrt von Alt- und Neustadt rundete unsere kleine Stadtrundfahrt ab, ehe das Zwischenziel Ballhaus Watzke erreicht war. Da man in Zukunft Björn Höcke keine Plattform mehr bieten will und sich von dessen politischen Inhalten öffentlich distanzierte, war das ein gerade so vertretbarer Ort für ein Abendessen. Und der unpolitische Haxen-Liebhaber InterCityBerger wusste bis dato gar nicht, dass der Ruf des Ball- und Brauhauses jüngst durch den prominenten AfD-Hetzer so gelitten hatte.

Hausverbot für Björn Höcke!

Wir sahen nun die letzten Minuten der Bundesligakonferenz und Berger gönnte sich die in seinen Augen beste Haxe Deutschlands für 14,90 € (natürlich die ganze Haxe und keine halben Sachen), während ich meinen Hunger mit Altpieschner Pilzgulasch stillte (8,90 €). Und für den Durst war zunächst Watzkes Altbierbock zuständig (2,90 € der Halbe). Zur angeblich besten Haxe der Welt (wo außerhalb von Deutschland sollte es schon bessere Haxen geben?) kann ich natürlich nichts sagen, aber das Pilzgulasch überzeugte mit zartem Schweinefleisch, kräftiger Sauce mit Pilzen und Lorbeer und der gelungen Beilage in Form von Brezenknödeln, die in Scheiben geschnitten und angebraten waren. Lediglich die Temperatur war etwas zu niedrig, aber nach den Strapazen des Tages verschlang ich das Essen sowieso in Windeseile.

Pilzgulasch bei Watzke

Ich probierte noch das unfiltrierte zitronige Pils des Hauses (gut) und das karamellige Altpieschner Spezial (sehr gut), während der Fahrer mit Espresso Vorlieb nehmen musste. Um ihn von diesem harten Los zu erlösen, fuhren wir gegen 19 Uhr endlich ins Hotel. Die Wahl fiel diesmal auf das Art’otel (****) im Stadtzentrum. Während der Nebensaison sind in Dresden eigentlich immer gute Hotels für wenig Geld zu haben und so kostete dieses auch nur knapp unter 50 €.

Deko im Madness

Nach dem Bezug steuerten wir schnurtracks die Neustadt an, um uns dort mit zwei weiteren Hannoveranern auf ein paar Biere zu treffen. Im Madness gab es u. a. Newcastle Brown Ale und Murphy’s Stout vom Fass und bis 21:30 Uhr gewährte man 30 % auf alle Longdrinks und Cocktails. Für das Trainspotting-Plakat, die schönen Mod-Wandmalereien und die halbe Vespa an der Treppenhauswand, gab es Höchstnoten in der Kategorie Ambiente. Mit Björn und Fabo tauschten wir uns nun über Wandern, Fußball, das Partypotential von Braunlage, Hochzeitsreisen und subkulturelle Themen aus. War ein netter Abend, der bis Mitternacht keine Luftveränderung brauchte. Dann siegte die Disziplin und es ging zurück ins Hotel.

PIMM’S Nr.1 für die Pimps

Sonntag sollte der Wecker auch bereits um 6 Uhr klingeln und 30 Minuten später hatten wir bei der eifrigen Hotelfachfrau Trixi ausgecheckt. InterCityBerger musste nicht viel Überzeugungsarbeit leisten, um mir einen Sonnenaufgang an der Basteibrücke schmackhaft zu machen. Und Berger, der den Ground schon mal mit seiner Freundin gemacht hatte, versprach nicht zuviel. Das hier war mit Sicherheit eines der schönsten Plätzchen Deutschlands! Heute Morgen war über allen Wipfeln Ruh‘ und ins Elbtal hatte sich ein Schleier aus Frühnebel gelegt.

Die Basteibrücke am Morgen

Aus den Nebeln heraus ragten die Spitzen der bizzaren Felslandschaft der Sächsischen Schweiz. Bilderbuchpanorama, soweit das Auge reichte! Dass manche Wege hier wegen Vereisung gesperrt waren, erschien uns nach der gestrigen Herausforderung am Lilienstein lächerlich und wurde daher ignoriert. So früh am Morgen hatte wahrscheinlich nur noch niemand die Wege wieder freigegeben. Daher spazierten wir durch das ganze Areal, immer wieder bezaubert von neuen Perspektiven, die sich auftaten. Berger machte mit Profikamera, Blende und Stativ herausragende Fotos und ich holte auch aus dem Iphone heraus, was möglich war. Dieser Ort machte es mir zum Glück so einfach wie möglich, ein Like-Feuerwerk bei Instagram zu erhaschen.

Einfach malerisch!

Diesen tagsüber zu jeder Saison überlaufenen Ort sollte man definitiv so früh wie möglich aufsuchen, will man ihn wirklich genießen. Als sich das Areal so langsam füllte, steuerten wir als nächsten Spot die Burg Stolpen an. Die lag ganz günstig auf unserem Rückweg nach Dresden und ist eine Höhenburg aus dem Mittelalter. Sie wurde auf einem Basaltfelsen errichtet und wirkt trotz Umbauten zu einem Schloss in der Renaissance noch sehr wehrhaft. Berühmt wurde die Burg später als Gefängnis der Gräfin von Cosel, der berühmtesten Mätresse Augusts des Starken. Die letzten 49 Jahre ihrer bis dahin hochspannenden Lebensgeschichte verbrachte die Gräfin auf Burg Stolpen. Ich kann nur jedem empfehlen sich mal in ihre Vita, sowie die von August einzulesen. An August dem Starken führt in Dresden und Sachsen für kulturbewusste Besucher sowieso kein Weg vorbei und die Gräfin Cosel spielte eine wichtige Rolle in seinem Leben.

Sächsische Schweiz, du Perle der Natur!

Rund um die Burg ist übrigens auch die Altstadt des Ortes Stolpen sehenswert, mit der spätgotischen Stadtkirche, dem historischen Marktplatz (der mich aufgrund der Hanglage und Bebauung an jenen in Auerbach erinnerte) und viel alter Bausubstanz. Hier war sonntags um 10 Uhr alles wie ausgestorben und außer uns nur ein Ostasiate unterwegs, der jedes Haus circa zehnmal fotografierte. An der Tankstelle des Ortes machten wir dann den Diesel voll und kontaktierten unsere erst heute anreisenden Freunde.

Schon schick da

Der Neuner mit geschätzten Weggefährten wie Milano Pete, Fat Lo und dem Abt sollte planmäßig gegen 12 Uhr Elbflorenz erreichen, so dass Berger und ich noch gute zwei Stunden zu überbrücken hatten. Daher steuerten wir nun wieder Dresden an und besuchten die Elbschlösser a. k. a. die Albrechtsschlösser (formerly known as UNESCO Welterbe). Wie das gestern besuchte Schloss Pillnitz, die Altstadt von Dresden und vieles mehr, gehörten die Elbschlösser zum UNESCO Welterbe „Kulturlandschaft Dresdner Elbtal“. Doch durch den Bau der vierspurigen Waldschlößchenbrücke, deren Name niedlicher klingt, als sie ausschaut, wurde der Titel 2009 von der UNESCO wieder aberkannt.

Burg Stolpen

Nichtsdestoweniger sind alle Kulturdenkmale des Dresdner Elbtals immer noch gigantisch gute Sehenswürdigkeiten, so partiell betrachtet. Dementsprechend auch die Elbschlösser, die in den 1850er Jahren im Auftrag vom preußischen Prinz Albrecht am Dresdner Elbhang gebaut wurden. Der Prinz war nach seiner Scheidung 1849 von Marianne von Oranien-Naussau nicht mehr am preußischen Hof erwünscht und wählte Dresden als Exil. Selbstredend musste der kleine Bruder der Preußenkönige Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. (der spätere Kaiser) auch in Sachsen standesgemäß wohnen. Die schinkelesken preußisch-klassizistischen drei Schlösser ergänzen die sonst so barocke Architektur der Region um einen weiteren interessanten Baustil.

Villa Stockhausen (Lingnerschloss)

Wie auch schon Schloss Pillnitz, ist das Ensemble aus Schloss Albrechtsberg, der Villa Stockhausen (Lingnerschloss) und Schloss Eckberg bei blühender Vegetation sicher der Hit. Im Winter kann man sich aber „nur“ an der Architektur ergötzen und kann ggf. das Innere begutachten. So hielten wir uns dort nicht all zu lange auf, wenngleich heute wenigstens die Sonne strahlte. Wir schauten uns lediglich die drei Schlösser von außen an, spazierten zum Elbufer hinunter und schließlich den Weinberg wieder hinauf zu den Lingnerterassen, die im Sommer einer der besten Biergärten Dresdens sein dürften.

Den Weinberg hinauf

Auf dem Weg zum Treffpunkt mit den Jungs lag nun noch mehr oder weniger die Garnisonskirche St. Martin in der Albertstadt, dem militärischen Bezirk Dresdens. Diese historistische Kirche aus dem späten 19.Jahrhundert, die hauptsächlich die Romanik wieder aufleben lässt, ist eine so genannte Simultankirche. Sie hat einen katholischen und einen protestantischen Teil, so dass die Soldaten in Dresden trotz unterschiedlicher Konfession die gleiche Kirche zu getrennten Gottesdiensten besuchten. Der imposante Sakralbau war den kleinen Umweg auf jeden Fall wert.

Die Dresdner Garnisionskirche
  • 19.02.2017
  • SG Dynamo Dresden – HSV von 1896 1:2
  • 2.Bundesliga (II)
  • Rudolf-Harbig-Stadion (Att: 29.820)

Kurz vor 12 Uhr erreichten wir den P+R Parkplatz für Gästefans unweit der Yenidze-„Moschee“ (eine ehemalige Zigarettenfabrik im Stile einer orientalischen Moschee), wo die Shuttlebusse für 96-Fans zum Stadion starteten. Man bekam eine kostenlose kleine Stadtrundfahrt vorbei an Semperoper, Frauenkirche und Co, ehe man am gut bewachten Gästeeingang wieder freigelassen wurde. Dort gab es relativ penible Kontrollen und der Einlass fand immer nur kleckerweise statt. „ACHTUNG! Sprengstoffmittelspürhunde im Einsatz“, war zu lesen, aber den Böller, den irgend ein Asi vor Anpfiff im oberen Teil des Gästeblocks explodieren ließ, erschnüffelten die Vierbeiner leider nicht. Erster Aufreger im erstmals von mir nach dem Umbau besuchten Rudolf-Harbig-Stadion. Die XY-Arena, wie auch immer sie temporär offiziell heißen mag, sieht von außen zwar 08/15 aus, aber die Tribünen sind innen schön steil.

Stimmungsfreundliche Architektur

Die stimmungsfreundliche Architektur wussten die Dynamo-Fans gut zu nutzen. Die wahrscheinlich lauteste schwarz-gelbe Wand Deutschlands ließ heute Nachmittag immer wieder ihr Können aufblitzen. Als zu Spielbeginn die ganze Hintertortribüne eingehakt mit dem Rücken zum Spielfeld hüpfte, war klar, gegen wen heute schwer anzusingen war. Dennoch zeigte sich der Gästeanhang sehr motiviert. Die Zahl der Auswärtsfahrer war mit knapp 2.500 unerwartet hoch (im DFB-Pokal waren wir hier vor 10 Jahren mit 500 Mann auf einem Samstag) und die Mitmachquote bei den Gesängen war auch besser als gewohnt. Kurzum: Akustisch war es heute Nachmittag für jeden Besucher eine schöne Veranstaltung.

Es ist angerichtet

Sportlich dagegen war eigentlich nur die SG Dynamo in den ersten 45 Minuten tonangebend. 96 hatte einmal mehr eine teils vogelwilde Abwehrleistung zu bieten und daher mächtig Glück, dass Dynamo ihnen im ersten Durchgang keinen eingeschenkt hat. Ein halbes Dutzend an Großchancen ließen die Dresdner in der 1.Halbzeit liegen oder scheiterten am glänzend aufgelegten Philipp Tschauner im 96-Kasten. Wir Gäste aus Niedersachsen sahen dagegen ein schrecklich unstrukturiertes Hannover 96. Es wäre ein Treppenwitz gewesen, hätte Harnik die Stendel-Elf kurz vor’m Pausenpfiff bei der ersten richtigen 96-Chance in Führung geschossen.

Gut was los bei Dynamo

So ging es vor 29.820 Zuschauer torlos in die Kabine und sollte Stendel nun zur lautstarken Kabinenpredigt angesetzt haben, eine Wirkung war zunächst nicht zu erkennen. Auch den zweiten Durchgang bestimmte am Beginn die SGD. Tschauner hier und ein Abseitspfiff da, verhinderten den längst überfälligen Rückstand. Der Treppenwitz kam nun mit Verzögerung, als Harnik die circa dritte 96-Chance des Spiels in der 64.Minute zum 0:1 nutzen konnte. Eine schmeichelhafte Führung, die nicht unbeantwortet blieb. So legte der eingewechselte Testroet seinem Sturmpartner Kutschke in der 78.Minute das verdiente 1:1 auf. Lange Gesichter bei uns. Doch anstatt, dass Dynamo nun das Momentum nutzen konnte, schlug 96 eiskalt im Stile einer Spitzenmannschaft zurück. Karaman schoss die Gäste in der 80.Minute mit einem sehr schön platzierten Torschuss aus 18,96 Metern erneut in Front. Dynamo rannte zwar nochmal 10 Minuten an, aber der niedersächsische Aufstiegsaspirant ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. 96 hat abermals nicht überzeugt, aber das Punktekonto wächst trotzdem weiter.

Grüße an die Eingeborenen

Die Sachsen im Stadion hatten natürlich nach Abpfiff (wie auch schon nach den Gegentoren) ordentlich Wut im Bauch. Sehr zur Freude unseres Anhangs, der sich das Sticheln nicht nehmen ließ. Sowohl links, als auch rechts des Gästebereichs waren einige Dresdner, die herrlich auf jede Provokation ansprangen. Nach Abpfiff tat sich dann nochmal eine Asi-Gruppe auf der benachbarten Hintertortribüne hervor, die einfach nicht zurück in die Platte wollte. Zwischen dem Ober-Ronny schlawinerten auch drei kleine Kinder herum, so dass der Mob zunächst die Vaterschaft infrage stellt und danach „Wirf das Kind! Wirf das Kind!“ skandierte, während der Bilderbuchvater seinen mutmaßlichen Sproß drohend in die Höhe reckte. Da bekam „Kind muss weg“ eine ganz andere Bedeutung und genau diese Parole wurde nochmal zur endgültigen Verabschiedung von Asi-Ronny intoniert.

Emotionaler Abschied

Als ich irgendwann erheitert den Block verließ, habe ich noch viele Bekannte getroffen, aber ausgerechnet InterCityBerger nicht wiedergefunden. Per mobiler Kommunikation stellten wir fest, dass wir beide in einem Shuttlebus saßen. Doch nur meiner fuhr zum P+R Parkplatz, während Berger sich über die Route seines Busses wunderte und schließlich am Hauptbahnhof landete. Dort erwartete ihn schon eine vermummte Horde mit „Scheiss Hannover“-Rufen. Aber gut, es ist halt InterCityBerger. Natürlich fährt der instinktiv zum Hauptbahnhof anstatt zu einem Autoparkplatz.

Treffpunkt Moschee

Vorbei an der Polizei und dem Mob, schnappte sich der kleine dicke Junge fix ein Taxi. „Na, verlaufen?“ „Bring mich schnell zu dieser Moschee. Yendice oder wie die heißt.“ „Hö hö, die Moschee. Steht die immer noch?“ „!?!“ „Nö, Spaß, ich fahr dich hin…“ Neben dem Blitzer auf dem Hinweg, die zweite außerplanmäßige Investition dieses Kurztrips für ihn, aber dieser Businessman hat’s ja. Die paar Taler konnten jedenfalls nicht die Stimmung am Ende dieses genialen Wochenendes trüben. Gut gelaunt ging es dem Sonnenuntergang entgegen gen Heimat, wo wir bereits 19 Uhr eintrafen. Haben auch ihre Vorteile, die frühen Anstoßzeiten in Liga 2.

Song of the Tour: The fancy stadium music of Pirna.