Tel Aviv – Jaffa 01/2017

  • 16.01.2017
  • Hapoel Tel Aviv – Maccabi Tel Aviv 0:1
  • Ligat ha’Al (I)
  • HaMoshava Stadium (Att: 7.300)

Der erste Urlaub 2017 sollte mich einmal mehr in den sonnigen Süden führen. Allerdings schielte ich diesmal in Richtung Levante anstatt wie in den Vorjahren auf die Iberische Halbinsel. Israel stand schon sehr lange auf der Agenda und wurde jüngst erst wieder von geschmackssicheren Menschen mit Nachdruck empfohlen. Als Easyjet Flüge von Berlin nach Tel Aviv für 96 € return anbot, zögerte ich keine Sekunde zusammen mit Schirm, Ole und dem Abt die Reise ins Heilige Land anzutreten. 72 € pro Nacht (geteilt durch vier Personen) waren für ein Appartement in Tel Aviv am Strand auch ein Schnäppchen und der Rahmenspielplan der ersten israelischen Fußballliga hatte für unseren Reisezeitraum das Derby in Tel Aviv angesetzt. Also würde neben Geschichte, Religion, Architektur, Völlerei, Feierei, Strandlungerei usw. auch der Fußballsport nicht zu kurz kommen. Als dann der Spieltag fix terminiert wurde, stellte sich sogar heraus, dass das pickepackevolle Touri-Programm theoretisch jeden Tag um ein Spiel ergänzt werden könnte. Zumindest noch ein oder zwei weitere Erstligaspiele wären bei insgesamt sechs Tagen Urlaub vertretbar, ohne dass es gleich in Binge Groundhopping ausartet, dachten wir uns.

In der Nacht vom 11. auf den 12.Januar startete die Reise in El Abtos Automobil gen Berlin. Gereicht wurde ein kroatisches Bier (Ožujsko) und nach kurzweiliger Fahrt hatten wir den Flughafen BER erreicht. Ja, richtig, BER! Damit das Parkhaus da nicht wieder verrottet, bis der neue Flughafen irgendwann mal eröffnet, gibt es Stellplätze für sehr faire 39 € pro Woche. Inklusive Shuttlebussen zum nahen Flughafen Berlin-Schönefeld (SXF) rund um die Uhr. Dementsprechend waren wir pünktlich zur Eröffnung des Kilkenny Pubs gegen 5 Uhr im Abflugbereich des Terminals B und trafen auch noch auf zwei weitere Gesichter aus Hannover, die Ähnliches wie unser Quartett in Israel geplant hatten, aber deren Programm dennoch keine Überschneidungen mit unserem hatte. Nach einem reichhaltigen Frühstück auf Getreide- und Kräuterbasis ging es weiter zum Gate und anschließend über den Wolken ins Land der Träume. Der Schlummertrunk wirkte also.

Schlummertrunk

Mit schmerzendem Nacken (ich brauch so ein Nackenkissen!) endete die Schlafphase kurz vor Israel wieder und am Boden war die Einreise entspannter als erwartet. Im etwas langatmigen Frage- und Antwortspiel bei der Passkontrolle gingen uns nur den Grenzer zufrieden stellende Antworten über die Lippen. Schnell noch ein Zugticket für 13,50 Shekel (rund 3,33 €) in die Stadt gelöst und wenige Minuten später stiegen wir am Bahnhof HaShalom wieder aus der Bahn aus. Dort war mit dem Azrieli Center die erste Sehenswürdigkeit der Reise zu bestaunen. Es sind drei Hochhäuser im Norden der Innenstadt, die unterschiedliche Grundrisse haben (kreisrund, quadratisch und dreieckig). Natürlich auch mit einer großen Shopping Mall darin, wo wir die ersten Shekel am Geldautomaten ziehen konnten.

Azrieli Center

Beim weiteren Blick nach Norden sahen wir ein Meer von Hochhäusern. Hier schlug zweifelsfrei das wirtschaftliche Herz der Stadt. Doch die Gegend war natürlich nicht unser Ziel, denn wir waren, wie bereits erwähnt, im Stadtzentrum am Strand einquartiert. Also ging es vorbei an einer gut gesicherten Militärbasis und einem gut bestückten Outlet Center in Richtung Liber Sea Shore Suites. Auf halber Strecke stoppten wir nochmal nahe des Dizengoff Center (auch ’ne Shopping Mall), um uns kurz zu erfrischen. Ein Café reichte uns im Außenbereich Apfel-Zimt-Cocktails, Goldstar Beer und Limonaden. Konnten wir uns schon mal an die hiesigen Preise gewöhnen. Softdrinks in Tel Aviv liegen so bei roundabout 2,50 €, ein halber Liter Bier bei 6 bis 7 €.

Erstmal erfrischen

Beim Klönen während der Trinkpause stellte sich heraus, dass Schirm super vorbereitet war und viel Wissen über Israel angehäuft hatte. Ob Geschichte des Staates, Didaktik in israelischen Schulen, Embryonenforschung, ultraorthodoxes Judentum (die Charedim) oder die israelische Wehrpflicht; gerne teilte er seine Erkenntnisse mit der Gruppe. Wehrpflicht ist auch ein gutes Stichwort, denn die Stadt war voll mit jungen Soldaten und genauso vielen jungen Soldatinnen. Es schien als bestünde das Land zur Hälfte aus Bürgern in Uniform. Zumindest am Donnerstagnachmittag (im Prinzip Israels Wochenendbeginn und somit für viele Wehrdienstleistende und Berufssoldaten Heimreisezeit). In der einen Hand hatten viele ein Maschinengewehr und in der anderen Hand das Smartphone. Auch junge Soldaten auf Skateboards oder uniformierte Pärchen, händchenhaltend und mit geschulterten Maschinengewehren, waren nichts Ungewöhnliches in Tel Aviv.

Mein Schlafzimmer für fünf Nächte

Entsprechend der hohen Dichte an schönen Frauen (ob mit oder ohne Uniform) hatten meine Freunde bei Tinder binnen kurzer Zeit ihr Tageskontingent an Likes und Superlikes aufgebraucht. Grund genug, nun weiter zum Hotel zu ziehen und dort einzuchecken. In unserer Suite gab es fünf Betten, zwei Fernseher, eine Küche, ’ne Minibar, ein großes Badezimmer und einen Balkon. Gut, Möbel alle etwas älter und der Balkon war leider nicht zur Strandseite, aber top für nur 360 € Gesamtsumme. Dazu hatten wir den Jerusalem Beach direkt vor der Haustür. Der war zwar zur Zeit eine Baustelle, aber machte nichts, ging es halt 200 Meter links zum Banana Beach. Und von dort wiederum weiter zum Blue Bird Beach, wo der Name das Herz eines jeden Supporters von Cardiff City höher schlagen lässt und die lokale Surferszene sehr aktiv war.

Sonnenuntergang über dem Mittelmeer

Es sollte nun einfach mal bei Sonnenuntergang die Strände entlang nach Jaffa gehen. Denn Jaffa ist die (arabische) Altstadt von Tel Aviv. Sie liegt im Süden Tel Avivs und blickt auf über 5.000 Jahre bewegte Geschichte zurück. Kanaaniter, Phönizier, Makkabäer, Römer, Araber, Osmanen u. v. m. gaben sich hier schon die Klinke in die Hand. Im Mittelalter – während der Kreuzzüge – war es als Jerusalems nächstgelegener Seehafen besonders bedeutend und ergo hart umkämpft. Und selbst Napoleon trug sich 1799 nochmal in die lange Liste der Eroberer Jaffas ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg sah der UN-Teilungsplan Jaffa aufgrund der damaligen arabischen Bevölkerungsmehrheit eigentlich als Teil des Palästinenser-Staates vor, während das vor den Toren Jaffas entstandene Tel Aviv als fast ausschließlich jüdische Stadt zu Israel gehören sollte. Doch der frisch erklärte neue Staat Israel marschierte 1948 in Jaffa ein und schuf damit neue Fakten und 1950 wurden beide Orte zur Doppelstadt Tel Aviv-Jaffa vereinigt.

St. Peter in Jaffa bei Nacht

Die Bibel verortet in Jaffa übrigens die Geschichte von Jona(s) und dem Walfisch. Zumindest bestieg Jona in Jaffa sein Schiff, mit dem er sich Gottes Auftrag widersetzte. Und das JHWH bei Zuwiderhandlungen wenig Spaß versteht, sollte aufmerksamen Lesern des Alten Testaments bzw. der Tora bekannt sein. Daher schickte Gott einen Sturm und der schiffbrüchige Jona wurde von einem Wal verschluckt. In dessen Innereien betet er drei Tage und drei Nächte und wird dann wieder vom Walfisch ausgespuckt und als gottesfürchtiger Mann an Land gespült. An diese mit Sicherheit historisch absolut authentische Geschichte erinnert in Jaffa heute noch eine Walfisch-Plastik. Spektakulärer als dieses Kunstwerk sind aber die Franziskanerkirche Sankt Peter, die Al-Bahr Moschee und der osmanische Uhrturm. Auch der alte Hafen ist definitiv einen Blick wert.

Lammhack am Spieß mit 15 Fritten (nur 15€)

Am Meeresufer und in den alten Gassen der befestigten Hafenstadt zu flanieren, hatte nun auch das Hungergefühl geweckt. Das erste Essen auf israelischem Boden musste her und es wurde ein Shish Kebap im griechischen Lokal Onassis (Griechen leben auch einige in Jaffa). War lecker, aber wenig und überpreist (15 €). Scheint eine dieser Touristenfallen zu sein, wovon es in Jaffa mehrere gibt. Daher musste nun nach dem Rückmarsch von Jaffa nach Tel Aviv der Sparkurs eingeschlagen werden. Es sollte in die Cofix Bar gehen, wo alles nur fünf Shekel kostet (ca. 1,25 €). Leider hatte das nächstgelegene Exemplar in der Bograshov Street entgegen der Internetauskunft bereits geschlossen und die zahlreichen anderen Bars in der Straße sahen einladend aus, verlangten aber immer rund 25 Shekel für ein Bier. Um nicht gleich am ersten Abend mit dem Prassen anzufangen, gingen wir stattdessen zum Cofix Supermarkt, wo auch alles nur fünf Shekel kostet. Mit Goldstar Beer, Hummus und Fladenbrot bewaffnet, klang der Tag nun auf dem Balkon der Suite gemütlich aus.

Hummus als Sattmacher nach dem Abendessen

Der zweite Urlaubstag wurde mit einem Spaziergang am Mittelmeer begonnen und zunächst an den Stränden Frishman Beach und La Mer Beach nördlich von unserer Unterkunft gechillt. Gefrühstückt wurde dann kurz vor 12 Uhr im Shakshukia, wo uns die namensgebende Speise des Lokals (Shakshuka) serviert wurde. Ist wohl neben Falafel und Hummus so etwas wie das Nationalgericht Israels. Shakshuka besteht aus pochierten Eiern in einer würzigen und stückigen Tomatensauce. Dazu wird Brot zum Dippen gereicht und man kann die Speise natürlich auch noch mit Fleisch und / oder Gemüse ergänzt bekommen.

Chillen am Beach

Im mutmaßlich besten Shakshuka-Lokal der Stadt (Adresse: 94 Ben Yehuda Street) gönnte ich mir die Speise mit Lammhack (ca. 12,50 €) und wählte Schärfegrad 1 auf einer Skala von 1 bis 5. Stufe 5 soll wohl auch für Freunde des scharfen Essens (gehöre ich eigentlich dazu) ungenießbar sein und bei 3 (hatte der Abt) wurde man schon vom Kellner gewarnt, dass das wirklich very hot ist. 1 war beim Selbstversuch fruchtig und pikant, 2 (hatte Schirm) brannte schon dezent und 3 sorgte bereits für ordentlich Schweiß. Das nächste Mal nehme ich dann auch 2 oder 3, während 4 oder 5 wahrscheinlich nur was für die Spezialisten ist, die das eigentliche Essen am liebsten vor lauter Scoville gar nicht schmecken wollen.

Shakshuka mit Lammhack zum Frühstück

Nachdem die Nährwertgrundlage für die Aufgaben des Tages geschaffen war, gingen wir zum Gordon Beach. Dort konnten wir an den aufgestellten Fitnessgeräten weiter unsere edlen Körper aufpumpen. Dabei wurde uns der herrliche Anblick des in mehreren Blautönen schimmernden Mittelmeeres geboten (besser als so ’ne olle Fitnessstudiowand!). Im Wasser tummelten sich derweil einige Surfer, die auf die perfekte Welle warteten. Da kam schon ordentlich Urlaubsfeeling auf. Tel Aviv ist eben ein bißchen wie Venice Beach oder Miami Beach, nur halt im Orient anstatt in Nordamerika (sagen die Globetrotter).

Tiere aus Hannover am Pumperstrand

Der Sport hatte natürlich durstig gemacht und Bier ist bekanntermaßen ein isotonisches Getränk. Also schlenderten wir am Yachthafen vorbei weiter nach Norden zum Metzitzim Beach. An der Strandbar gab es den halben Liter gezapftes Bier für knapp unter 30 Shekel und es gab 0,3 l für knapp über 30 Shekel. Verwirrte uns nur so lange bis wir sahen, dass pro Person 30 Shekel Mindestverkehr vorgeschrieben waren. Also entweder muss man ein überteuertes kleines Bier für ca. 8 € konsumieren oder man nimmt zwei Halbe für je rund 7 €. Bei den Bierpreisen brauchen sie sich auch nicht wundern, dass der Messias sich immer noch nicht blicken lassen will, analysierte Schirm messerscharf. Plausibel, wenn der Messias genauso wie wir auf Gerstensaft steht.

Beer on the Beach

Aber war schon sehr geil mit frischgezapften Bieren am Strand im feinen Sand zu entspannen. Sommer, Sonne, Bikinis, Bier und blaues Meer. Was will man(n) mehr? Wir vergaßen dementsprechend ein wenig die Zeit und setzten den Stadtbummel später als geplant fort. Ziel war jetzt die Bauhaus-Architektur der Innenstadt und der bekannte zentrale Dizengoff Square. Tel Aviv ist die Stadt mit den meisten Bauhaus-Gebäuden auf der Welt, da ab 1933 sehr viele Architekten dieser Schule aufgrund der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus dem Deutschen Reich nach Israel emigrierten und dort maßgeblich am Bauboom in der aufblühenden Stadt Tel Aviv beteiligt waren.

Bauhaus Architektur

Die Weiße Stadt von Tel Aviv zählt daher zum Welterbe der UNESCO. Der berühmte Dizengoff Square war zur Zeit allerdings eine einzige große Baustelle und der Besuch somit überflüssig. Hatte uns wertvolle Zeit gekostet, ohne den erhofften touristischen Mehrwert zu bieten. Denn wir wollten rechtzeitig zum Sonnenuntergang in Jaffa und jenen von dort bewundern. Als nun um 16:30 Uhr keine Busse mehr fuhren (Freitagnachmittag beginnt der Sabbat), half nur noch ein Taxi (35 Shekel), um rechtzeitig vor 17 Uhr in Jaffa auf dem Berg zu stehen.

Dämmerung über Tel Aviv

Hat sich definitiv gelohnt und nach Einbruch der Dunkelheit waren, wie schon am Vorabend, die Busladungen von Tagestouristen fort. Dann ist Jaffas Altstadt eine Silent City wie Mdina auf Malta oder Perouges in Frankreich. Nach viel Knipserei schlenderten wir über die Wunschbrücke, wo man sich zu seinem Sternzeichen stellt und dann etwas wünschen darf. Man darf sein Ansuchen ja nicht verraten, aber dass sich jemand von uns etwas anderes als günstigere Bierpreise in Israel gewünscht hat, halte ich für ausgeschlossen. Danach setzten wir uns an die Kaimauer des alten Hafens, um ein bisschen die Beine baumeln zu lassen. Nachdem Katzenfreund Abt allerdings von einer Mülltonnenbewohnerin der Spezies Felis silvestris catus in die Hand gebissen wurde, verließen wir die Szenerie wieder. Gott sei dank hatte er Alkohol zum Desinfizieren dabei.

The Fat Man & The Sea

Zu Abend gegessen sollte nun eigentlich bei Abu Hassan im tourifreien Teil Jaffas. Aber der angeblich beste Hummusanbieter Israels hatte am Freitagabend geschlossen. Hätte man auch ahnen können. Obendrein gab es in dem arabisch geprägten Viertel auch keinen Alkohol beim Krämer. Also schnell wieder ein Stück Richtung Tel Aviv Downtown spaziert und an der Hauptverkehrsstrasse einen einladenden Platz mit Sitzgelegenheiten und Kiosk gefunden. Dort kauften wir ein paar Kannen Goldstar Beer (10 Shekel, also ca. 2,50 € für den Halben) und genossen dieses Bier einen Steinwurf vom Bloomfield Stadium entfernt, wo normal Tel Avivs Fußballmannschaften ihre Schlachten schlagen. Da es wie fast überall in Tel Aviv an diesem Platz offenes Wi-Fi gab, recherchierten wir, dass öffentliches Zechen verboten ist. Aber wenn Shabbes ist, arbeiten bestimmt weniger Polizisten und so ging es ohne Knöllchen weiter des Weges.

Zechen ist kein Verbrechen!

Eine Shisha Sportsbar am Wegesrand, mit diversen internationalen Fanschals an der Wand (aus Deutschland allerdings nur Dynamo Dresden) und Basketball Euroleague im TV (CSKA Moskau vs. EA7 Milan), konnte natürlich nicht ignoriert werden und so gab es vor’m Abendessen noch ein Goldstar UF (unfiltered) für 6 € als Aperitif. Danach hatte aber endlich auch der Letzte der Bande Hunger bekommen und wir gingen in ein prall gefülltes arabisches Restaurant (Name unbekannt). Außer uns waren hier nur Araber Gäste und das werteten wir natürlich als gute Referenz. Wir wurden nicht enttäuscht, das Shawarma hier war fantastisch. Das knusprige und geil gewürzte Fleisch gab es mit Salat, Hummus und Pommes für umgerechnet 10 € (Rolle) bzw. 15 € (Teller).

Shawarmateller

Da die billige 5-Shekel-Bar (Cofix) wegen des Sabbats dicht hatte (es soll wohl einfach nicht sein!) und heute selbst für Tel Aviver Verhältnisse wenig los war in der Stadt, die niemals schläft, durfte uns ein Taxi zum 24-Stunden-Supermarkt nahe unseres Hotels bringen. Dort erwarben wir noch ein paar Halbe Goldstar (ca. 2,20 € pro Kanne) und ließen den Abend wieder auf dem heimischen Balkon ausklingen. Der nächste Tag in Haifa würde schließlich auch genug Programm haben und im Alter braucht man einfach mehr Schlaf.

Goldstar Beer

Für Freunde, die chronologisch bleiben wollen, geht es nun hier (in Haifa und Jerusalem) weiter.


Nachdem der Jerusalem-Ausflug vollendet war, mussten der Abt und Schirm natürlich noch was mit dem angebrochenen Abend anfangen, während Ole und ich einfach zu K.O. waren und im Gegensatz zur Partymetropole Tel Aviv mal etwas schliefen. Wir verpassten wohl ähnlich gutes Halligalli wie in der Nacht zuvor und in der 24h-Bar ist wirklich 24h was los.

Tel Aviv by night

Am Montagmorgen war nicht eine Wolke am Himmel (nur ein paar Chemtrails ;-)) und das Thermometer kletterte auf über 20° Celsius. Da konnte es zunächst keine Alternative zum Strand geben. Ole und ich waren diesbezüglich die Early Birds, während der Abt und Schirm nicht ganz so schnell aus den Federn kamen. Als wir sie dann für ein Frühstück bei Shakshukia begeistern wollten, saßen sie aber bereits in Mike’s Place vor einer Platte mit orientalischen und angloamerikanischen Frühstücksklassikern. Ging es also nur zu zweit Shakshuka essen (heute mal mit Merguez und Schärfegrad 2).

Sie verteidigen Israel und sehen dabei auch noch verdammt gut aus!

Danach füllten wir im Cofix unsere Hotel-Vorräte auf und packten die Badehosen ein. Denn der Shakshuka-Maestro meinte, dass nachmittags das Mittelmeer warm genug zum Planschen sein wird. Wir teilten die frohe Botschaft auch Anabolika-Abt und Softgainer-Schirm mit, die nun wieder Workout am Pumperstrand machen wollten (heute stilecht in Deutschland-Tanktop und 96-Shorts), während Ole und ich nochmal etwas Rumwandern wollten. Wir gingen dazu am Meer bis zum Hafen hoch und dann den Fluss HaYarkon entlang ins Landesinnere. Der Flusslauf ist dort beidseitig von Park- und Sportanlagen gesäumt. War ganz nett dort, inklusive Tiergehegen mit Ziegen, Emus, diversen Vögeln und anderem Getier. Ein tolles Naherholungsgebiet für den Tel Aviver und die Tel Aviverin.

Goat in jail

Nach zwei Stunden und rund 10 Kilometern erreichten wir die Universität von Tel Aviv und fuhren von dort mit dem Stadtbus zurück zum Strand. Kurz nach 3 Uhr gesellten wir uns zu den Pumpern, die sich bereits in den Strandliegen sonnten. Ole und ich entschieden uns nun auch für ein einstündiges Sonnenbad und dann ging es ab die Fluten des Mittelmeeres. Die Wales-Badehose durfte schließlich nicht ohne Einsatz bleiben. Es folgte Israels letzter Sonnenuntergang für uns und nach dessen Vollendung rief die 24h-Bar wieder lautstark unsere Namen. Wenigstens ein israelisches Herrengedeck (Pint Goldstar und Shot Arak) musste noch sein, bevor König Fußball uns temporär aus der Schankwirtschaft rauslockte.

Ich hab Bock auf Meer

Mit dem Taxi ging es raus nach Petah Tikva, wo Hapoel übergangsweise seine Heimspiele austrägt, solange das altehrwürdige Bloomfield Stadium renoviert wird (Maccabi weicht derweil nach Netanya aus). Für die Reise in die Trabantenstadt Tel Avivs gab es einen Fixpreis von 130 Shekel (ca. 33 €), der in einer Liste festgelegt ist und angemessen war. Dass wir über eine Stunde vor Anpfiff da waren, war auch mehr als sinnvoll, denn im Box Office war eine Karte zu wenig hinterlegt und bei den Offiziellen wurde das Problem hin und herdelegiert, ehe ich eine Autorität erwischte, die sofort eine weitere Karte rausrückte. Danach wusste aber irgendwie keiner wo wir sitzen sollen. Deshalb irrten wir auf eigene Faust durch die Haupttribüne, standen u. a. in der VIP-Loge des Präsidenten, im Spielertrakt, in einem Lagerraum für Baustoffe und schließlich auch im Gästeblock. Dort wurden gerade die ersten schon vor Anpfiff ausrastenden Maccabi-Hools von der Polizei abgeführt und die Ordner hier wollten uns nicht wieder zum neutralen Teil der Tribüne durchlassen. Also nochmal einen Menschen mit Autorität gesucht und drei Minuten vor Anpfiff saßen wir nach einer spannenden Stadiontour endlich an unseren Media Desks auf Höhe der Mittellinie.

Auf Tuchfühlung mit den Gästefans

Von hier hatten wir natürlich beste Sicht auf die Choreografie der Ultras Hapoel. Sie hatten große rote und weiße Folienfahnen vorbereitet und dazu ein Banner mit der Aufschrift „Never Surrender“ vor’m Block. Es folgten noch riesige Doppelhalter mit Hammer und Sichel (Hapoel besitzt die Linksaußenszene Israels), Vereinswappen und den Buchstaben des Vereinsnamens. War nett, mehr aber leider auch nicht. Genau wie der Gästeblock, der auch nur ein Meer von gelben und blauen Folienfähnchen vorbereitet hatte. Eine Internetrecherche ergab, dass früher mal mehr Lametta war. Aber natürlich ist man aus anderen Ländern (inklusive Deutschland) mittlerweile andere Maßstäbe gewohnt und daher vielleicht sowieso zu anspruchsvoll geworden.

Choreo Hapoel

Dafür überzeugten beide Fanszenen von Anfang an bei der Kernkompetenz Lautstärke. Die Stimmung war prächtig und jubeln durfte der Gästeblock bereits in der 8.Minute. Die Makkabäer ging durch ihren Toptorjäger Vidar Kjartansson per Kopfball (nach Zuspiel Ben Chaim) in Führung (8.Tor im 14.Spiel des Isländers, der schon bei Valerenga IF und Malmö FF reihenweise knipste). Der mutmaßliche Plan des abgeschlagenen Tabellenletzten – Hapoel hat erst 7 Punkte in 17 Spielen geholt, allerdings auch 9 Punkte wegen Lizenzverstößen abgezogen bekommen -, nämlich möglichst lange ohne Gegentor zu bleiben, war damit obsolet geworden. Ihr von der ersten Minute an aggressives Spiel behielten sie aber bei und in der 12.Minute gab es die erste Rudelbildung.

Torschütze Kjartansson

Maccabi hatte nun noch ein paar Chancen, um schnell auf 0:2 zu erhöhen, jedoch Abschlusspech. Hapoel dagegen gefiel sich weiter als Holzfällertruppe und die Partie verflachte etwas, bis in der 33.Minute Maccabis Ben Chaim drei rote Verteidiger im Strafraum ausdribbelte, aber sein Torschuss vom Hapoel-Keeper zur Ecke abgewehrt werden konnte. Der fahrig ausgeführte Eckstoß führte zu einem sehr schnellen Konter, den Shachar Hirsch mit Hapoels erstem Torschuss des Tages abschloss (allerdings mindestens einen Meter daneben). In der 38.Minute heizte der Stadionsprecher dann den Anhang der Roten nochmal mit „Hapoel, Hala, Hala“ an und Hapoels Mannschaft kam vom Mob angetrieben tatsächlich nochmal zu zwei Halbchancen. Die Fans von „Maccabi BS“, wie ich den Club „liebevoll“ ob seiner Vereinsfarben nannte, sangen sich derweil mit einer Melodie in einen kleinen Rausch. Im Gegensatz zu Fanblöcken in unseren Breitengeraden wurden sie aber immer lauter dabei und nicht einschläfernd.

Der Gästeblock aus der Journalistenperspektive

In der 2.Hälfte hatte wieder Maccabi die erste Chance, aber Kjartansson köpfte diesmal aus wenigen Metern knapp am Tor vorbei (53.Min). Und Hapoel kam 12 Minuten später abermals durch Hirsch zu ihrem ersten guten Moment des zweiten Durchgangs. Doch der Schuss aus 13 Metern ging genau auf den Torwart. Ansonsten passierte nicht viel und einige Wechsel und Verletzungspausen zerstörten des letzten Rest Spielfluss. Schiedsrichter Roie Reinshreiber hatte weiterhin gut zu tun. 33 Fouls musste er bis Spielende pfeifen (66 % der Fouls von Hapoel begangen), aber er zückte nur fünf Gelbe Karten (H:3 / M:2). Ich denke mal mit der harten Gangart wollten Hapoels Kicker klar machen, dass sie sich nicht wie im Hinspiel 5:0 vorführen lassen werden (bzw. ein hoher Sieg diesmal weh tun wird). Der Plan ging auf, denn die Blau-Gelben schoben den Ball sehr uninspiriert hin und her und verwalteten die knappe, aber selten gefährdete Führung.

Eine der vielen Rudelbildungen

Im Laufe der Halbzeit ließ leider auch der gute Support bei Maccabi nach. Stattdessen gab es unüberhörbare Affenlaute bei Aktionen des eigenen dunkelhäutigen Spielers Elazar Dusa. Das wurde natürlich nicht besser, als Maccabis Interimstrainer Jordi Cruyff in der 82.Minute den Nigerianer Emmanuel Nosakhare Igiebor einwechselte. Maccabi Tel Avivs Szene scheint der von Beitar Jerusalem in der politischen Gesinnung unrühmliche Konkurrenz zu machen. Und wer glaubte, dass die St.-Pauli-Freunde auf der Tribüne gegenüber ein Hort der Political Correctness wären, befand sich auf dem Holzweg. Bei einem Gesang war ein israelischer Journalist außer sich. Auf Nachfrage sagte er uns, dass die Hapoel-Fans den Maccabi-Fans gerade den Holocaust gewünscht haben. Ob Deutschlands politisch korrekteste Kurve das Verhalten ihrer Freunde gutheißen kann? Ich weiß ja nicht. Aber ich denke, so lange die Maccabi-Fans bei dem Gesang von den Ultras Hapoel korrekt gegendert wurden, geht das für USP in Ordnung.

Hapoels Fanblock

In der Schlussviertelstunde wurde das Spiel leider nicht mehr besser, aber die Lautstärke wurde in beiden Blöcken nochmal aufgedreht und vor allem ging das nach dem Abpfiff nach ca. 96 Spielminuten noch weiter. Der Gästeblock zelebrierte den verdienten Derbysieg locker ’ne Viertelstunde mit der Mannschaft und auf der Heimseite ließ sich die unterlegene Mannschaft auch kurz feiern (gekämpft hatten sie ja, nur der Ball scheint halt ihr Feind zu sein). Als Maccabis Team nach dem letzten Hava-Nagila-Pogo in den Katakomben verschwunden war, machten wir so langsam den Abflug. Wir stoppten nur nochmal kurz im Bauch der Tribüne, als ein schwarzer Mob von Security verfolgt an uns vorbei zum Gästeblock stürmte und dort die Schutzwände einriss. Es handelte sich aber auch um Makkabäer, die no-border-mäßig mit ihren Brüdern feiern wollten.

Maccabi hatte heute was zu feiern

Das „Bayern München“ Israels (Rekordmeister mit 21 Titeln) blieb durch den glanzlosen Derbysieg weiter auf Tabellenplatz 2, allerdings zählt nur die Meisterschaft und die wird wohl wieder das Überraschungsteam von Hapoel Be’er Sheva holen. Die sind 8 Punkte und 18 Tore vor Maccabi Tel Aviv und wurden uns von den israelischen Kollegen als absoluter Pflichtbesuch angepriesen. Denn auch international sorgt der Überraschungsmeister von 2016 diese Saison für Furore und konnte in der UEFA Europa League den FC Internationale zweimal besiegen und dem Southamptom F.C. zwei Unentschieden abtrotzen. Am 16.Februar empfängt man nun Besiktas im heimischen Stadion (welches ein Mini-Westfalenstadion sein soll, O-Ton Sitznachbar) zum Hinspiel des EL-Sechzehntelfinales. Dieser interessante Club aus der Wüste Negev kommt für die nächsten Reise mit auf die Liste.

Auch Hapoels Fans blieben noch lange

Zurück in der Stadt hatte Ole mal wieder den Igel in der Tasche und der Abt gute Argumente ins Bett zu gehen, da er Morgen ja noch ein paar hundert Kilometer Auto fahren muss (bei eventuell mieser Witterung in Deutschland). Dennoch begleitete uns der Klostervorsteher wenigstens noch für einen Scheidebecher ins Gemeindezentrum der Arak-Konfession. Am Eingang hieß es gleich „Ah, welcome back“. Eine Begrüßung, die man gern in der Kneipe hört. „Three large Goldstar and three Arak?“ war die folgende rhetorische Frage der Bedienung. Hier muss man sich einfach zuhause fühlen. Heute lief übrigens Goa im HaMinzar und es roch obligatorisch nach pfanzlichen Drogen. Abto sagte nun pflichbewusst nach einem Herrengedeck Tschüss und Schirm und ich hatten schnell wieder unsere Araknophobia überwunden und verprassten in der Bar die letzten Shekel (bis auf die eiserne Reserve für’s Frühstück und den Flughafentransfer am nächsten Tag).

Es muss ja weiter gehen

Am Abreisetag stellten wir trotz komfortablem Zeitfenster den Wecker auf 8 Uhr. Denn wir wollten unbedingt nochmal zusammen im Mike’s Place frühstücken. Beim guten alten Mike ließ ich mir heute das Meat Lover’s Breakfast schmecken. Diese Kreation der israelisch-amerikanischen Fusion Cuisine bestand aus einer Bratwurst, Bacon, Spiegeleiern, Kartoffelecken in einer cremigen Barbecuesauce, Ciabatta, Oliven, Couscous, Frischkäse, Hummus und Tahina. Machte wie zu erwarten pappsatt und war mit 55 Shekel pro Person (inklusive Kaffee) sehr fair bepreist. Als Digestif gönnte ich mir nun ein Melon Shandy am Strand und sagte Tel Aviv auf diese Weise auf Wiedersehen.

Auseinandergehen ist schwer

Mit einem Taxi fuhren wir nun zum Flughafen und zahlten dem Freund der Hupe und Feind von Frauen am Steuer 60 Shekel und 20 €. Also circa 35 € total. War okay und sparte uns ’ne halbe Stunde, die an diesen Flughafen Gold wert sein kann. Heute allerdings hatten wir Glück. Es war wenig los und alle Sicherheitskontrollen waren nach 96 Minuten passiert. In Tel Aviv (und sicher auch in Eilat) ist es so, dass die Passagiere zunächst zum Interview gebeten werden. Es werden viele Fragen zum Aufenthalt gestellt, bzw. sehr viele, wenn man im Reisepass Stempel von Ländern der islamischen Welt hat. Danach gibt es einen Sticker mit Barcode auf den Pass. Der Code entscheidet nun über die Intensität der folgenden Kontrolle (es wird eingeschätzt, in wie weit man Gefährder ist). Wir bekamen wie eigentlich alle Touristen die zweithöchste Einstufung. D. h. das Gepäck wird erst durchleuchtet und schließlich nochmal komplett entpackt und einzeln gefilzt. Dass sich das stets freundliche und weibliche Kontrollpersonal seinen Teil bei der angebrochenen, aber noch gut gefüllten Kondompackung eines Mitreisenden dachte, war nicht zu übersehen.

Mach’s gut Israel!

Es folgt, nachdem man seinen Pass zurück hat und der Koffer wieder gepackt ist, die eigentliche Passkontrolle. Dort steht der Reisende nochmals an, zumindest wenn er über keinen biometrischen Pass verfügt, um seinen Ausreiseschein zu bekommen. Diesen scannt man nun an der letzten Sicherheitsschleuse und dann hat man endlich den Bereich der Departure Gates erreicht. Da hatten wir nun noch 30 Minuten Zeit für Toilettengänge und Arak-Käufe im Duty Free Shop. Israels bester Tropfen (der dreifach destillierte mit 53 % Vol.) kostete dank falscher Preisauszeichnung (und entsprechender Drohung ihn für den richtigen Preis stehen zu lassen) nur $29,90 statt $41,90. Außerdem gab es 20 % Rabatt auf die zweite Flasche und 30 % auf die dritte Flasche, so dass drei Flaschen nur knapp 75 US-Dollar kosteten. Mussten wir einfach machen.

Araknophobia für daheim

Auf dem vierstündigen Flug nach Berlin wurden Fotos gesichtet, wie immer viel Unsinn gelabert und natürlich auch bilanziert. Der Trip war gigantisch gut und verlangt eine baldige Neuauflage. Zum einem muss es dann auch in die Palästinensergebiete gehen, zum anderen ist Akko diesmal hinten runtergefallen und auch einen Besuch des Toten Meeres oder der Wüste Negev bereut man sicher nicht. Fußballerisch gäbe es ebenfalls noch einige lohnenswerte Konstellationen in Israel (plus Fußball in Palästina). Die Frage ist also nicht, ob es nochmal nach Israel geht, sondern lediglich wann es nochmal nach Israel geht!

Song of the Tour: Am Eis am Stiel Soundtrack führt natürlich kein Weg vorbei.