- 04.02.2023
- SPAL – SSC Bari 3:4
- Serie B (II)
- Stadio Paolo Mazza (Att: 8.773)
Am Samstagmorgen klingelte der Wecker um 7:30 Uhr und knapp 30 Minuten später saß ich am Frühstückstisch des Phi Hotel Canalgrande (****). Das Frühstück wurde im Gewölbekeller des Anwesens serviert und ließ keine Wünsche offen. Große Auswahl und qualitativ alles sehr hochwertig. Das hob sich mal wohltuend vom conveniencelastigen Frühstück in den Kettenhotels der Mittelklasse ab und ich freute mich am Ende bereits auf das Frühstück am kommenden Morgen.

Aber erstmal stand heute ein Ausflug ins rund 80 km entfernte Ferrara (Eisenstadt am Pfad)* an. Da sollte SPAL um 14 Uhr den SSC Bari im Rahmen der Serie B empfangen und vorher wollte ich mir natürlich ein paar Stunden für die Sehenswürdigkeiten der Stadt nehmen. Entsprechend war bereits um 8:58 Uhr Abfahrt am Hauptbahnhof von Modena und 90 Minuten später erreichte ich für 8 € Fahrpreis das von ca. 133.000 Menschen bewohnte und am Lauf des Po gelegene Ferrara.

Die Sonne ließ vorerst dem Frühnebel den Vortritt, aber das machte die Stadt beim ersten Spaziergang nicht weniger attraktiv. Ferner wollte ich zeitnah das Schloss und die Kathedrale besichtigen, so dass die Witterung eh sekundär war. Die Basilica Cattedrale di San Giorgio war allerdings nicht nur vom Nebel, sondern auch einem Baugerüst am Westwerk verhüllt. Im Inneren war sogar nahezu das ganze Bauwerk zwecks großflächiger Sanierungsarbeiten abgehangen. Nur eine bereits restaurierte Seitenkapelle war zugänglich und ansonsten musste der Besucher mit aufgestellten Schautafeln und einem kleinen Film vorliebnehmen. Erst zu Beginn des nächsten Heiligen Jahres (2025) soll die 1177 geweihte Kathedrale wieder in voller Pracht für Besucher offen stehen.

Nach dem kürzer als gedacht ausgefallenen Gang in die Kathedrale studierte ich noch wenig den äußeren Baukörper. Man erkennt schnell, dass die Großkirche zwar in der Romanik begonnen wurde, aber später noch viele Elemente der Gotik und der Renaissance einflossen. Besonders ins Auge fallen natürlich der Campanile (Glockenturm) aus der Renaissance und die Loggia dei Mercanti, eine vor die südliche Fassade der Kathedrale gesetzte mittelalterliche Ladenzeile (siehe rechts im Titelbild).

Als nächstes widmete ich mich dem Castello Estense, für dessen Besichtigung 12 € aufgerufen wurden. Hinter den mächtigen Mauern des ab 1385 errichteten Schlosses wurde mir einiges zur Geschichte Ferraras und des damit eng verbundenen Hauses Este vermittelt. Letztere sind eines der ältesten Adelsgeschlechter Italiens und im Stammbaum entsprechend weit verzweigt. So stammt beispielsweise die jüngere Linie der Welfen (Welf-Este) von den Estensi ab. Deren Stammvater Guelfo wurde nämlich um das Jahr 1030 herum als Sohn von Alberto Azzo II d’Este, dem damaligen Marchese di Milano (Markgraf von Mailand) geboren. 1070 wurde Guelfo wiederum als Welf I. neuer Herzog von Bayern und die Linie Welf-Este schaffte es dann später u. a. auf den hannoverschen und den britischen Königsthron (sowie an die türkische Pavillonwand).

Guelfos Halbbruder Fulco erbte unterdessen die italienischen Besitzungen seines Vaters und begründete die (jüngere) italienische Linie der Estensi, die später über u. a. Modena und Ferrara herrschen sollte. In Ferrara fasste diese Linie bereits im 12.Jahrhundert Fuß und stellte mehrfach den Podestà, sprich das vom Patriziat bestellte Stadtoberhaupt. Zwischen 1264 und 1597 bestimmten die Estensi die Geschicke der Stadt schließlich sogar erblich und somit ununterbrochen. Allerdings nicht immer ohne Widerstände im Volk, weshalb das Castello Estense besonders wehrhaft gebaut wurde und nicht nur als Wohnsitz, sondern auch als Zwingburg diente.

Einer der ersten Bewohner von Castello Estense war der 1383 geborene Markgraf Niccolò III d’Este. Außer über Ferrara, herrschte er auch über Modena und Reggio und außerdem war er sexuell unheimlich umtriebig. Mit drei Ehefrauen und noch mehr Geliebten war er mindestens 24 mal für das Wunder der Geburt (mit)verantwortlich (aber wahrscheinlich ist die Zahl seiner Bastarde deutlich höher). Ehebruch war für ihn allerdings nur eine Einbahnstraße. Im Schloss wird deshalb prominent auf ein Familiendrama hingewiesen. Denn Niccolòs zweite Ehefrau Parisina begann eine Affäre mit ihrem gleichaltrigen Stiefsohn Ugo. Als Niccolò das zugetragen wurde und er die beiden offenbar in flagranti erwischte, kannte er keine Gnade und ließ sowohl Parisina, als auch seinen als Thronfolger vorgesehenen Sproß im Jahre 1425 hinrichten.
Di qua e di là dal Po son tutti figli di Niccolò (an beiden Ufern des Po sind überall Kinder von Niccolò)
Zeitgenössischer Spottreim über Niccolò III d’Este
Stattdessen erbte Niccolòs unehelicher Sohn Leonello 1441 die Markgrafschaft und als dieser ohne legitimen Erben 1450 dahinschied, wurde mit Borso ein weiterer Bastard von Niccolò zum Markgrafen von Ferrara, Modena und Reggio. Wie im vorigen Bericht aus Modena bereits erwähnt (Vgl. Modena 02/2023), wurde Borso d’Este 1452 vom Kaiser zum Herzog von Modena (und Reggio) erhoben. 1471 bekam er außerdem Ferrara als päpstliches Lehen (Modena und Reggio lagen in Reichsitalien und waren damit kaiserliche Lehen, während Ferrara zum Kirchenstaat gehörte). Diese Zementierung der Macht des Hauses Este in der heutigen Region Emilia-Romagna konnte Borso jedoch nur kurz genießen. Denn 1471 markiert gleichsam sein Todesjahr.

Weil Borso außerdem ohne Nachkommen geblieben war, erbte mit Ercole ein dritter Sohn von Niccolò III die Titel und Territorien. Ercole I d’Este hob die bereits von seinen Vorgängern gepflegte Förderung von Bildung, Kunst und Kultur nochmal auf ein neues Level. Er lockte unzählige Maler, Bildhauer, Musiker und Schauspieler an seinen Hof und gründete Theater und Konservatorien. Auch widmete er sich dem Ausbau der Stadt Ferrara, was als erstes großes städtebauliches Projekt der Renaissance gilt. Die UNESCO spricht gar von der Geburtsstunde der modernen Stadtplanung und hat Ferrara daher 1995 ins Welterbe aufgenommen.

Die architektonischen Erbstücke aus dieser Zeit sind in der Tat zahlreich und machten meinen Spaziergang durch den historischen Stadtkern zu einem großartigen Erlebnis. Besonders fallen natürlich die herrschaftlichen Palazzi ins Auge. Allen voran der Palazzo dei Diamanti mit seiner Fassade aus über 12.500 pyramidenförmigen Marmorblöcken, die an geschliffene Diamanten erinnern und im richtigen Licht auch ähnlich funkeln. Wahrscheinlich ganz im Sinne des Auftraggebers Ercole I d’Este, beheimatet der 1567 vollendete Palazzo heute eine große Kunstsammlung mit herausragenden Werken der Scuola ferrarese (Schule von Ferrara).

Für einen zweiten Museumsbesuch fehlte mir leider die Zeit, aber auch im Castello Estense gab es zuvor schon jede Menge Kunst für mich zu sehen. Im Rahmen der ständig wechselnden Ausstellungen war mir beispielsweise ein Einblick ins Œuvre des zeitgenössischen Künstlers Carlo Guarienti erlaubt. Gekommen war ich allerdings ehrlicherweise für die Meisterwerke der Renaissance, insbesondere die prächtigen Deckenmalereien im Schloss. Zwar nahmen sie bei einem Erdbeben im Jahr 2012 erheblichen Schaden und die Restauration dauert noch an (viele Risse sind gegenwärtig abgeklebt), aber die Kunstfertigkeit ihrer Schöpfer kommt dennoch ausreichend zur Geltung.

Nach meinem Schlossbesuch zeigte sich ferner auch mal die Sonne, so dass buchstäblich alles nochmal in einem anderen Licht erschien. Zum Stadion machte ich außerdem einen Umweg durch das ehemalige jüdische Ghetto, wo Ferraras Straßen noch eng und verwinkelt wie im Mittelalter sind. Das einst blühende jüdische Leben ist ebenfalls eng mit der Herrschaft der für ihre Zeit sehr weltoffenen Estensi verbunden. Ercole I d’Este empfing ab 1492 aus Spanien vertriebene Juden mit offenen Armen, gab ihnen weitgehend die gleichen Rechte wie seinen christlichen Untertanen und die wachsende jüdische Gemeinde trug wiederum ökonomisch wie kulturell zu Ferraras Blüte in der Renaissance bei.

Als Ercoles Enkel Alfonso II d’Este 1597 jedoch kinderlos starb, fiel Ferrara zurück an den Papst und die Estensi mussten ihren Stammsitz verlassen. Die Juden wiederum verloren nun viele ihrer Freiheiten. 1627 wurden sie in besagtes Ghetto umgesiedelt und waren fortan auch räumlich segregiert. Allgemein sollten die kommenden Jahrhunderte kulturell und ökonomisch einen großen Rückschritt für Ferrara bedeuten. Selbst die Bevölkerungszahl sank zwischen 1600 und 1800 deutlich. Eine richtige Zeitenwende markiert erst das Jahr 1870, als der Kirchenstaat mitsamt Ferrara im italienischen Nationalstaat aufging.

In die Zeit der neuerlichen städtischen Blüte Ferraras fällt nun auch die Gründung des kirchlichen Kulturvereins Ars et Labor durch den Pater Pietro Acerbis im Jahre 1907. Schon bald begannen die Mitglieder gemeinsam Sport zu treiben und die Società Polisportiva Ars et Labor war geboren (1913). Eine Fußballabteilung gehört seitdem auch zum Verein und deren schön zentral gelegenes Stadio Paolo Mazza erreichte ich gegen 13:45 Uhr das zweite Mal am heutigen Tage. Es wurde 1928 eröffnet und fasst gegenwärtig rund 16.000 Besucher. Benannt ist es nach dem 1982 verstorbenen Ex-Trainer und Ex-Funktionär Paolo Mazza, unter dessen Präsidentschaft (1946 – 1976) die bisher erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte fällt. So war man von 1951 bis 1964 und von 1965 bis 1968 insgesamt 16 Spielzeiten in der Serie A unterwegs und brachte Spieler wie Fabio Capello hervor.

Erst nach 49 Jahren konnte man 2017 wieder in die Erstklassigkeit zurückkehren. Der Weg zurück dorthin war allerdings von besonders krisenreichen Jahren gepflastert. 2005 und 2012 musste SPAL jeweils Konkurs anmelden und Neustarts nach Zwangsabstiegen waren die Konsequenz. Doch mit der richtigen Mischung aus Kunst und Arbeit, sowie endlich wieder solidem Wirtschaften, gelang zunächst 2016 die Meisterschaft in der Gruppe B der drittklassigen Lega Pro und nur ein Jahr darauf schloss man die Serie B als Überraschungsmeister ab. Dass man mit kleinem Etat im Oberhaus auch noch zweimal die Klasse halten konnte, war dann mindestens genauso sensationell wie der Durchmarsch in die Serie A.

Seit dem Abstieg im Sommer 2020 ist man wieder in der Serie B unterwegs und mit dem SSC Bari gastierte heute ein interessanter Aufsteiger in Ferrara. Leider ohne Unterstützung weiter Teile der Fanszene, denn niemand aus Baris Provinz Apulien durfte Karten für dieses Auswärtsspiel kaufen. Grundsätzlich war der Gästesektor zwar geöffnet, jedoch konnten Tickets für dieses Spiel – egal welcher Sektor – ausschließlich in offiziellen Vorverkaufsstellen außerhalb Apuliens und gegen Vorlage des Ausweises erworben werden. Einen Onlineverkauf gab es aus Sicherheitsgründen gar nicht und ich hatte mein Ticket für die Haupttribüne (34 €) deshalb bereits am Dienstag in einer Tabaccheria in Milano (Mailand) erstanden.

Hintergrund dieser Auflage war übrigens nicht das eher unbelastete Verhältnis zwischen Ferrara und Bari, sondern der Umstand, dass heute Lecce in Cremona antrat und die erbitterten Feinde aus Lecce und Bari nahezu deckungsgleiche An- und Abreisewege in den Norden gehabt hätten. Seit der jüngsten und schlagzeilenträchtigen Autobahnschlacht zwischen Napoli und Roma am 8.Januar 2023 scheint die GOS (Gruppo Operativo di Sicurezza) der italienischen Polizei die Anreisewege noch penibler im Blick zu haben und Auflagen werden entsprechend niedrigschwellig verhängt.

Da Bari natürlich auch Fans außerhalb Apuliens hat (allein schon aufgrund der Arbeitsmigration von Süd nach Nord in Italien), waren dennoch ein paar hundert Anhänger der Biancorossi im Gästeblock. Auf Beflaggung wurde allerdings verzichtet und einen organisierten Tifo gab es ohne den harten Kern aus Bari ebenfalls nicht. Die Heimkurve reagierte mit einer auf Tapete gepinselten Forderung nach Reisefreiheit für Fußballfans und erntete dafür auch von mir Applaus. Die Repression zur vermeintlichen Gewaltprävention nimmt in Bella Italia wirklich gerade wieder zu und wenn es ganz blöd läuft, sehen die Kurven bald erneut so trist wie nach der Einführung der Tessera del tifoso aus.

Zumindest auf der Heimseite durfte ich heute eine volle und sehr stimmungsvolle Kurve erleben. In der Curva Ovest hat die Ultrakultur auch bereits in den frühen 1970er Jahren Fuß gefasst und die Aufzählung aller Gruppen, die sich dort im Laufe der letzten 50 Jahre gebildet haben, wäre wohl abendfüllend. Aber prägende Gruppen aus den 1980er und 1990er Jahren wie Gioventù Estense, Gruppo d’Azione, Nutty Boys (später Vecchi Nutty) und Boys 1989 will ich nicht unerwähnt lassen. 2013 versammelten sich schließlich jüngere wie ältere Ultras hinter dem Banner Estensi Curva Ovest. Gemeinsam hatte man in Ferrara besonders vehement gegen die Tessera del tifoso gekämpft und auch sonst gilt Ferrara seit eh und je als fanpolitisch besonders engagiert.

Heute durfte diese respektierte Kurve ein Spiel ihrer Biancazzurri erleben, was irgendwie sehr gut zur turbulenten jüngeren Vereinsgeschichte passte. Tore von Folorunsho (20.Minute) und Esposito (26.) hatten den Baresi die Halbzeitführung beschert. SPAL kam jedoch energisch aus der Pause und in dieser Drangphase lag ein Treffer der Gastgeber mehrfach in der Luft. Als in der 55.Minute allerdings das 0:3 durch Cheddira fiel, schien alles vorentschieden. Der Anschlusstreffer von Moncini (62.) entfachte auch nur kurz Hoffnung, da Antenucci fünf Minuten später das vierte Tor für Bari besorgte. Doch ein Doppelschlag durch den prominenten Neuzugang Radja Nainggolan (81.) und Raffaele Celia (83.) drohte in der Schlussphase nochmal alles auf den Kopf zu stellen.

Entsprechend leidenschaftlich ging es die letzten Minuten auf dem Rasen und auf den Rängen zu. Interessant, wie nun das komplette Stadion im Spiel war und bei den Gästen die spätestens seit dem 1:4 vorherrschende Feierstimmung in pure Anspannung kippte. Leider konnten sich die Estensi sich nicht mehr belohnen und am Ende feierten die Galletti (Gockel) aus dem Süden einen Auswärtssieg. Der SSC Bari behauptet damit den 5.Platz in der Tabelle und mischt vielleicht bis zum Saisonende im Aufstiegsrennen mit. SPAL rutscht dagegen auf den 17.Platz und befindet sich in akuter Abstiegsgefahr.
- 04.02.2023
- US Sassuolo Calcio – Atalanta BC 1:0
- Serie A (I)
- Stadio Giglio (Att: 12.611)
Direkt nach Abpfiff ging es für mich zum nahen Bahnhof der Stadt Ferrara, um 16:18 Uhr weiter nach Reggio Emilia zu fahren. Denn dort sollte Sassuolo Calcio um 20:45 Uhr die Atalanta aus Bergamo zum Kräftemessen im Rahmen der Serie A empfangen. Zwar keine Ansetzung, die auf mich großartig Reiz ausgestrahlt hat. Aber wenn man eh in der Gegend ist und der Umweg über Reggio gerade mal 6,30 € mehr als die direkte Verbindung nach Modena kostet, warum nicht?

Auf dem Weg zum Abendspiel hatte ich nun außerdem knapp 40 Minuten Aufenthalt in Bologna. Da am dortigen Hauptbahnhof die italienische Pastakette Dispensa Emilia mit den üblichen Fast-Food-Verdächtigen um hungrige Reisende rang, gönnte ich mir meinen abendlichen Primo einfach schon mal auf der Durchreise. Ich bestellte Strozzapreti con crema di parmigiano, pancetta e pepe (9,90 €) und ließ die Pasta von einem Glas Rotwein begleiten (2,50 €). Durch den systemgastronomischen Ansatz stand der Teller schnell auf dem Tisch und die käsigen Nudeln mit Speck und Pfeffer waren auch echt gut.

Um 18:15 Uhr erreichte ich schließlich Reggio Emilia und den Umweg durch’s Stadtzentrum sparte ich mir nach Einbruch der Dunkelheit. Das Zeitfenster bis zum Anpfiff war nicht besonders üppig und das Fußballstadion der Città del Tricolore liegt nicht so schön zentral wie in Modena oder Ferrara. Wenigstens war mit der Trattoria del Buontempone ein gutes Restaurant am Wegesrand, welches um 19 Uhr seine Pforten öffnete. Zwar waren alle Tische reserviert, aber für höchstens 45 Minuten wäre noch was möglich. Ich konnte dem Oberkellner die Verlegenheit nehmen, denn das passte mir prima und ich wollte sowieso nur eine Pizza essen. Für eine leckere Pizza alle quattro stagioni, eine Flasche Wasser und Coperto wurden am Ende 14,50 € verlangt.

Gegen 19:45 Uhr schlenderte ich nun weiter zum Stadio di Reggio Emilia – Città del Tricolore, welches 1995 als Stadio Giglio eröffnet wurde und seit 2013 offiziell MAPEI Stadium – Città del Tricolore heisst. MAPEI (Materiali Ausiliari Per l’Edilizia e l’Industria) ist zugleich der Konzern, ohne den Sassuolo Calcio wohl nicht in den bezahlten Fußball gekommen wäre. Sassuolo spielte in den 1980er und 1990er Jahren lediglich der viertklassigen Serie C2 oder gar tiefer. Zwar engagierte sich MAPEI seit 1987 als Sponsor im Verein, aber Ambitionen die 40.000-Einwohner-Stadt auf der nationalen oder gar internationalen Fußballkarte zu etablieren, hegte man zunächst nicht. Erst als Giorgio Squinzi – der milliardenschwere Eigentümer von MAPEI – 2002 den Verein übernahm, wurde die finanzielle Förderung deutlich intensiviert.

2005 gelang erstmals der Aufstieg in die Serie C1 und nur zwei Jahre später schafften die Neroverdi den Sprung in die Serie B. 2013 glückte schließlich auch der Aufstieg in die Serie A. MAPEI erwarb derweil das ca. 21.500 Zuschauer fassende Stadio di Reggio Emilia, welches sich die US Sassuolo seitdem mit der AC Reggiana teilt. Zuvor war man in Modena im Exil, da das Heimatstadion in Sassuolo (ca. 4.000 Plätze) bereits für die Serie B nicht genügte. Das Stadion in Reggio, an welches seit 2004 auch eine Shopping Mall angeschlossen ist, bekam nun noch kleinere Modernisierungen von MAPEI verpasst. Dadurch genügte es auch der UEFA und war mittlerweile mehrfach Austragungsort von Länderspielen der Squadra Azzurra. 2021, während der COVID19-Pandemie, fanden sogar die Endspiele der Supercoppa Italiana und der Coppa Italia im Stadio di Reggio Emilia statt. Jedoch vor leeren Rängen (Supercoppa) bzw. vor lediglich 4.200 zugelassenen Zuschauern (Coppa).

Heute hatten hingegen 12.611 Zuschauer die Drehkreuze passiert. Darunter auch über 3.000 der Atalanta zugeneigte Tifosi. Die kannten das Stadion bereits bestens aus der Saison 2017/18. Denn damals mussten sie für ihre internationalen Spiele in der UEFA Europa League ins rund 200 km entfernte Reggio Emilia ausweichen. Dadurch sah die Città del Tricolore ferner zwei Jahre in Folge Europapokalspiele. Denn auch das „Märchen“ der US Sassuolo ging nach dem Aufstieg in die Serie A noch weiter. Die Saison 2015/16 hatte man als Sechster abgeschlossen und in der Quali zur UEFA Europa League wurden der FC Luzern und der FK Crvena zvezda ausgeschaltet. In der Gruppe mit KRC Genk, Athletic Club de Bilbao und SK Rapid Wien war man jedoch das Schlusslicht. Dennoch zweifelsohne der bisherige Höhepunkt der rund 100jährigen Vereinsgeschichte.

Atalantas Anhang profitierte heute nicht nur von seiner Ortskenntnis. Auch gab es keine behördlichen Auflagen in Sachen Ticketverkauf oder Anreise, so dass die Szene – anders als am Dienstag in San Siro (Vgl. Milano 01/2023) – lautstark und mit wehenden Fahnen im Gästesektor präsent war. Gegen die konnte der wesentliche kleinere Stimmungskern aus dem lediglich 30 km entfernten Sassuolo nicht wirklich anstinken. Aber sie waren bemüht und ein bißchen gezündelt haben sie auch. Dazu kam ihnen der Spielverlauf entgegen. Zwar war Atalanta der klare Favorit, aber Joakim Maehle lassierte in der 30.Minute nach Foulspiel einen Platzverweis. Übrigens wollte der Schiedsrichter es bei einer Verwarnung belassen, aber der VAR hatte mehr gesehen und griff ein.

Nach der Pause schlugen die Neroverdi schließlich Kapital aus ihrer Überzahl und Armand Laurienté brachte seine Farben in der 55.Minute Führung. Natürlich wollte Atalanta ungern mit leeren Händen zurück in die Lombardei reisen, aber es ist eben auch für eine Topmannschaft schwer in Unterzahl richtigen Druck aufzubauen. Selbst wenn dein Anhang dir akustisch ein Heimspiel in der Ferne bereitet und dich permanent unterstützt. Die Zeit rannte der Dea davon und den passenden Schlusspunkt für einen gebrauchten Tag setzte Atalantas Angreifer Luis Muriel mit einem weiteren Platzverweis in der 90+6.Minute. Dann war Feierabend und das schadlos gebliebene Sasôl lag sich in den Armen. Der Abstand auf die Abstiegszone beträgt nun vorerst komfortable 10 Punkte. Atalanta rutscht dagegen für mindestens eine Woche aus den Top 4. Ist sowieso recht spannend in der Spitzengruppe. Der Scudetto wird Napoli mit bereits 53 Punkten nur noch schwer zu nehmen sein. Aber Inter (40), AS Roma (40), Lazio (38), Atalanta (38) und Milan (38) liefern sich bisher ein enges Rennen um die drei weiteren Startplätze in der UEFA Champions League.

Mit meinem Zug nach Modena wurde es dagegen überhaupt nicht eng. Der fuhr erst eine Stunde nach Abpfiff und setzte mich kurz nach Mitternacht in der Città dei Motori ab. 18,96 Minuten später lag ich im Bett und freute mich auf Firenze (Florenz) und Verona (Welsch-Bern) an den kommenden und leider auch letzten Reisetagen.
*Ich habe tatsächlich keine historische deutsche Bezeichnung für Ferrara gefunden. Aber es ist für mich auch völlig ausgeschlossen mit der Struktur der Titelzeilen auf der Italienreise zu brechen. Da der Stadtname sich vom lateinischen Ferrum ableiten dürfte, habe ich mich einfach für Eisenstadt entschieden. Respektive Eisenstadt am Pfad. Denn es muss natürlich von Eisenstadt im Burgenland unterscheidbar sein und Pfad ist die alte deutsche Bezeichnung des Flusses Po.