Wernigerode 07/2021

  • 10.07.2021
  • Germania Wernigerode – SV Stahl Thale 2:1
  • Friendly (VIII / VII)
  • Stadion im Sportforum Kohlgarten (Att: 70)

Kaum war die Saison 2020/21 mit einer ausgedehnten Polentour doch noch versöhnlich ausgeklungen, drängten sich schon wieder die ersten Vorbereitungsspiele der Saison 2021/22 auf. Mein Fokus rückte dabei auf interessante, aber noch bisher unbesuchte Stadien in einem Radius von ca. 131,2 Kilometer um meine Wohnstätte. Ebenso auf Stadien, die man gut mit einer Wandertour im Harz kombinieren kann. Für den 10.Juli erspähte ich eine Partie von Germania Wernigerode gegen Stahl Thale. Im ca. 5.000 Zuschauer fassenden Stadion des Sportforums Kohlgarten zu Wernigerode. Herz, was willst du mehr?

Die Frischeiwaffel unter den DB-Tarifen

Entsprechend meiner Wanderneigung bastelte ich mir eine schöne Tour, die knapp 18 km Wegstrecke, 510 Höhenmeter und drei Stempelstellen der Harzer Wandernadel vereinte. Mit einer Kombination aus Hin- und Rückfahrt Hildesheim-Goslar (17,50 € inklusive BC25-Rabatt) und dem Hopperticket zwischen Goslar und Wernigerode (9,40 € return) wurden An- und Abreise halbwegs bezahlbar gestaltet.

Die romanische St.-Johannis-Kirche zu Wernigerode

Gegen 9:40 Uhr betrat ich Wernigerode und hatte nun 5:20 h für die geplante Wanderung. Meine digitale Begleitapplikation Komoot warf 5:05h Wanderzeit in den Ring, sollte also passen. Ich kalkulierte dagegen nach meiner alten Trekkingfaustformel mit 5 km pro Stunde und eine Stunde obendrauf je 500 Höhenmeter. Da kam ich auf ungefähr 4,5 Stunden reine Wanderzeit. Da ich zu Selbstüberschätzung neige, würde die Wahrheit bestimmt in der Mitte liegen (also bei ca. 4:50h), womit aber auch ausreichende 30 Minuten Pausenzeit drin wären.

Der Westerntorturm

Aber erstmal losmarschieren, anstatt an Pause zu denken! Deshalb trödelte ich nicht und durchschritt sogleich die immer noch wunderschöne Altstadt von Wernigerode. Die Optimalroute führte auch tatsächlich quer durch das bunte Fachwerkmeer. Auch am historischen Marktplatz kam ich vorbei (siehe Titelbild) und passierte wenig später das Westerntor. Wer mehr zu den Sehenswürdigkeiten und der Geschichte der Bunten Stadt am Harz erfahren will, liest am besten mal den Bericht Wernigerode 09/2020.

Gasthaus Armeleuteberg

Nach dem Westerntor überquerte ich erstmals an diesem Tag den Zillierbach und nun ging es die Salzbergstrasse hinauf zu den bewaldeten Harzhängen. Erstes Etappenziel war der Armeleuteberg, bzw. das gleichnamige Gasthaus in der Nähe des 478 Meter hohen Gipfels. Dort gab es den ersten Stempel des Tages ins Buch und ich hatte exakt eine Stunde gebraucht. Das war für 4 km, aber auch schon 210 Höhenmeter ein guter Wert.

Vom Kalten Tal hinauf zum Hermann-Pohl-Weg

Weiter ging es nun ein kleines Stück über eine asphaltierte Straße, ehe ich mich auf Trampelpfaden durch das Kalte Tal bewegte und anschließend auf dem so genannten Hermann-Pohl-Weg zur Zillierbachtalsperre orientierte. Dort waren in letzter Zeit wirklich wenig Wanderer lang getrampelt, so dass ich mir manchmal eine Machete wünschte. Aber mit meinen Trekkingstöcken konnte ich Brennnesseln und dorniges Gestrüpp auch einigermaßen vom Körper fernhalten.

Mein zugewucherter Trampelpfad

Nichtsdestotrotz begegnete ich in diesem “Dschungel” sogar einer Schlange. Es handelte sich mit der Kreuzotter sogar eine Giftschlange, die arttypisch am Wegesrand auf Beute lauerte. Da ich nicht ins Beuteschema passe und der Biss für Erwachsene zu 99,9 % nicht tödlich ist, ging ich nochmal auf Tuchfühlung mit dem schuppigen Biest. Steve Irwin hat endlich einen würdigen Nachfolger.

Schlangen sind giftig (Wenn Rap auf deutsch, dann richtig)

Kurz vor der Talsperre erreichte ich nach 6,7 km Wanderleistung den höchsten Punkt der Tour (520 Meter ü. NN). Von dort ging es erstmal bergab zur Staumauer und ich genoss das Panorama. Die Zillierbachtalsperre wurde zwischen 1934 und 1936 erbaut und ist mit ca. 24 ha Oberfläche und rund 2,63 Mio m³ Speicherraum einer der kleineren Stauseen im Harz. Nichtsdestotrotz leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Trinkwasserversorgung der Region.

Die Zillierbachtalsperre

Nach der Überquerung der Staumauer ging es hinauf auf den Peterstein, wo sich die nächste Stempelstelle auf meiner Route befand. Mit 8,1 km zurückgelegter Wegstrecke (binnen 2:10h) war noch nicht ganz Halbzeit und deshalb wollte ich eigentlich nur eine kurze Trinkpause am Peterstein einlegen. Allerdings verquatschte ich mich noch mit einem just am Rastplatz eintreffenden älteren Ehepaar aus Magdeburg und “verlor” dann doch eine gute Viertelstunde.

Der Zillierbach

Vom Peterstein stieg ich hinab ins Tal des Zillierbaches. Das waren erst einmal ein paar Kilometer bergab auf einem breiten Forstweg, ehe ich den Bach auf Wanderkilometer Nr. 11 und in einer Höhe von 340 Metern ü. NN überquerte. Nun sollte es hinauf auf den 475 Meter hohen Astberg gehen. Es erwartete mich ein schöner Hangweg mit moderater Steigung. Wobei ich dabei den Astberg eher halb umrundete, denn tatsächlich erklomm.

Der Scharfenstein

Eigentliches Etappenziel war der hinter dem Astberg liegende Scharfenstein und als dessen Schutzhütte auf 470 Metern erreicht war, gönnte ich mir meine große Pause. Es war nun kurz nach 13 Uhr und bis zum Stadion erwarteten mich nur noch gute 6 km Strecke. Da konnte ich mir locker 20 Minuten des Rastens erlauben. Mit Trockenfleisch aus väterlicher Produktion, Nüssen und Rosinen wurde mein Standardwandermahl aufgetischt. Ich schleppe einfach ungern kiloweise Obst und Brot o. ä. mit mir rum. Ca. 100 Gramm Trockennahrung tun es auch. Dazu optional nochmal ein Apfel oder Weintrauben. Aber ein ganzes Picknick kommt mir nicht in den Rucksack. Reicht schon, dass zwei Liter Wasser oder Tee immer so viel wiegen. Man will schließlich Meter machen und nicht sherpamäßig Lasten durch’s Gebirge transportieren 😉

Brockenblick vom Scharfenstein

Nach meiner brotlosen Brotzeit sackte ich an den Klippen des Scharfensteins meinen dritten und letzten Stempel des Tages ein und genoss noch kurz den dortigen Brockenblick. Dann sollte es hinunter nach Wernigerode gehen. Man hätte jetzt noch prima die Stempelstellen Christianental und Agnesberg ansteuern können, aber die hatte ich bereits im letzten Jahr besucht. Doch wer an fünf Stempeln auf einer Tour interessiert ist (die Gesamtstrecke erhöht sich minimal von 18 auf 20 km und die Höhenmeter steigen von 510 auf 560), dem sei das angeraten. Zumal der Agnesberg mit seinem Schlossblick eine der schönsten Stempelstellen überhaupt ist.

Der Zillierbach in Wernigerode

Mein Abstieg führte mich zunächst einmal über den Pisseckenweg und den Ernst-Moritz-Arndt-Weg zur Skipiste im Zwöfmorgental. Doch den sanften Skihügel ließ ich links liegen und stieg stattdessen über einen durchaus anspruchsvollen Wurzeltrail hinunter nach Wernigerode. Auf Wanderkilometer 15,5 erreichte ich schließlich die Jugendstilvillen am Jägerskopf und hatte damit wieder städtischen Asphalt unter den Sohlen.

An der Wernigeröder Stadtmauer entlang

Es ging nun durch den Ortsteil Nöschenrode wieder ein Stückchen am Zillierbach entlang, ehe ich die Altstadtgrenze erreichte. Nun musste ich längs der Überreste der historischen Stadtmauer zum Schlosspark. Diese schöne Parkanlage mit Orangerie und Lustgarten trennte mich noch von der Plattenbausiedlung Kohlgarten, in welcher sich das Sportforum der Stadt Wernigerode befindet.

Die Orangerie

Es wurde eine formidable Punktlandung, bei der um exakt 15:00 Uhr das Ticket für 4 € erworben war und wenige Sekunden später der Anpfiff erfolgte. Ich ließ mich auf einer Sitzbank der Haupttribüne nieder und freute mich über das im Lieferumfang meines Wanderrucksacks enthaltene Sitzkissen. Abgesehen von der an einem der Verschlussclips integrierten Signalpfeife (mit der man prima Mitwandernde nerven kann), sicher das beste Feature.

Stadion im Sportforum Kohlgarten

Auch freute ich mich über den kleinen, aber feinen Zuschauerzuspruch heute. Zumal rund 15 der ca. 70 Zuschauer sich mit Bier aus dem Clubhaus versorgt hatten und 90 Minuten als kleiner Mob rumstanden. Aus ihrer Ecke kam der ein oder andere gute Spruch. Ganz so, wie man es sich beim Amateurfußball wünscht. Neben dem Gerstensaft, schmeckte ihnen sicher auch der Auftritt ihrer Germanen. Die waren dem eine Klasse höher spielenden SV Stahl aus Thale mindestens ebenbürtig und hätten eigentlich schon im ersten Durchgang in Führung gehen müssen. Stattdessen brachte Glebs Zavjalovs die Gäste aus dem Bodetal in der 30.Minute in Front.

Ballsport am Fuße des Schlosses

In der 2.Halbzeit bekamen die Hausherren jedoch noch Zählbares zustande. Zunächst einmal traf Christopher Seil, den alle nur Seilo riefen, in der 73.Minute per Strafstoß zum Ausgleich. Kurz darauf begannen die Wolken über dem Kohlgarten Regen hernieder zu schicken und jemand aus dem euphorisierten Anhang motivierte die Mannschaft mit dem Ausruf „Das ist Germanenwetter!“.

Und ihr, Engländer, nehmt euch mal ’n Beispiel am Seilo

War es anscheinend wirklich, denn während bei den Thalensern sichtbar die Kräfte nachließen, machte der Platzhirsch nochmal Power. Sie belohnten sich in der 87.Minute, als Sturmspitze Seil ein weiteres Mal den Stahl-Tormann überwinden konnte. Ich erwartete nun ein „Geilo, Seilo!“ aus dem Biertrinkerblock, stattdessen schmetterten sie jedoch ein lautes „Scha-Li! Scha-La! Ger-Ma-Nia!“. Auch nett.

Aufmerksames Publikum

Mit dem Abpfiff war ich sogleich verschwunden und besorgte mir im nahen NP-Markt noch neue Getränke für die Rückfahrt. 17:21 Uhr rollte mein Zug und gute 90 Minuten später war ich wieder in Hildesheim. Hier kam mir zupass, dass der PSV Hildesheim um 17 Uhr die SpVgg Hüddessum-Machtsum im Rahmen des Hildesheimer Corona Cups empfangen hatte. Der Kick endete quasi parallel mit meiner Ankunft in Hildesheim. Wie ich steuerten nun dort involvierte Spieler und Zuschauer aus meinem Freundeskreis die beliebte Schankwirtschaft Huckebein für Rakija, Bier und Pizza an.

Für die Energiebilanz des Tages

Mit Milano Pete (a. k. a. der Taxifahrer), Frauenmagnet Fat Lo, Schnapsmaschine El Abto und Familien-Ole, der seinen halben Stammbaum im Schlepptau hatte, wurde es ein äußerst lustiger Abend. Zumal zu später Stunde noch Languste dazu stieß und es außerdem ein virtuelles Zechduell zwischen Hildesheim und Harriehausen gab. Der Sieg ging mit freundlicher Unterstützung unseres Lieblingswirts an den Vertreter der Dom- und Rosenstadt. Aber mit dem ultimativen Tipp der anwesenden Balkan Bet Navijači Njemačka konnten dieses Wochenende sowieso noch alle Gewinner werden. “Beide treffen” war das todsichere Ding für’s EM-Endspiel, nachdem das in den Halbfinalpartien auch schon so prima geklappt hatte. Wie das Endspiel letztlich ausging, sollte sicher jedem Leser bekannt sein. Ich glaube der Southgate wünscht sich im Nachhinein, er hätte Seilo statt Sancho einwechseln können.

Song of the Tour: Gruß an die Kreuzotter