Athína (Athen) 02/2019 (II)

  • 25.02.2019
  • Olympiakos FC – OFI 5:1
  • Super League (I)
  • Stadion Georgios Karaiskakis (Att: 12.012)

Nach einer immerhin siebenstündigen Nachtruhe, ging es um 7:04 Uhr mit einem InterCity zurück nach Athen. Wir klopften uns morgens nochmal dafür auf die Schulter, dass wir ein Hotel am Bahnhof gebucht hatten und somit weder Zeit, noch Geld für einen Transfer zum Bahnhof aufwenden mussten. Bewaffnet mit Getränken, Sandwiches und Süßkram wurde die rund fünfstündige Bahnfahrt angetreten. Mit den üblichen seriösen und völlig humorbefreiten Gesprächsthemen, verging die Zeit wie im Fluge.

Süßkram

Für Athen 2.0 hatte der Abt uns ein Apartment gebucht und die Bude hielt, was die Fotos im Internet versprachen. Aus dem 6.Stock eines Hochhauses an der Markthalle, hatten wir eine excellente Aussicht auf die Akropolis und auf der entsprechenden Wohnungsseite auch noch eine ungefähr 10 Meter lange Fensterfront. Die breite und durchgehende Fensterbank taugte prima als Theke und Barhocker standen da auch genug rum. Das roch schon jetzt nach einem Barabend im Apartment.

Ausblick in der neuen Bude

Doch zunächst standen andere Programmpunkte auf der Agenda. Zum Beispiel Mittagessen. Es war jetzt 14 Uhr und wir waren alle hungrig. Unweit des Apartments gab es Restaurants und Imbisse en masse. Wir marschierten nun in eine nahe Gyrosbude, die Abto und Olbert bereits von bisherigen Athen-Aufenthalten kannten. Just Pita durfte uns mit Gyrospitas und Fleischspießen versorgen. Wirklich alles sehr lecker dort, sowie preiswert. Bei 2,50 € pro Pita und 7 € für einen bunten Fleischteller konnte man nicht meckern.

Spießiges zum Mittag

Nach dem Essen hatten wir noch zweieinhalb Stunden bis zum Anpfiff des heutigen Fußballspiels in Piräus. Da lohnte es sich nicht, noch irgend einen Tourikram anzugehen, sondern wir nahmen die nächstbeste Metro in Athens Hafenvorstadt. Dort wiederum machten wir eine Graffititour im Stadionumfeld und ließen uns dann in einer von Gate 7 frequentierten Pinte nieder. Wenn man keinen Bezug zu Olympiakos (oder dem FK Crvena zvezda) hat, würde ich das jedoch keinem normalen Stadiontouristen empfehlen. Angelungert werden ist für tapsige Groundhopper aus unseren Breitengraden vorprogrammiert.

Eines von unzähligen Graffiti in Stadionnähe

Nach ein paar Runden des griechischen Bieres Fix, ging es rund 30 Minuten vor Anpfiff rüber ins Stadion. Hier hatte unser Journalistenzirkel diesmal fristgerecht eine Akkreditierung beantragt und die entsprechenden Arbeitskarten lagen am Presseeingang für uns bereit. Weil Kyrill und Method sich im 9.Jahrhundert bei der Kreation des Kyrillischen Alphabets stark am griechischen Alphabet orientierten, konnte ich sogar das an meinem Platz bereit liegende Programmheft lesen. Aber lesen war nicht gleich verstehen. Denn die griechische Sprache ist mir, bis auf die vielen Lehn- und Fremdwörter aus von mir beherrschten Sprachen, weitgehend unbekannt. Um es als alter Lateiner zu sagen: „Graecum est, non legitur.“

Nicht viel los bei Olympiakos

17:15 Uhr rollte endlich der Ball und wir waren schon etwas enttäuscht von der Kulisse. Kretische Gästefans waren nicht auszumachen und insgesamt sollen nur rund 12.000 Zuschauer die Ränge gefüllt haben. Sah allerdings nach noch weniger Besuchern aus. Wahrscheinlich ist sogar die eine oder andere Saisonkarte ungenutzt geblieben. Aber gut, der Termin war kacke, gerade für auswärtige Fans von Olympiakos, und der Gegner war auch kacke. OFI kam nämlich nicht nur ohne Fans, sondern auch als Kellerkind nach Piräus (Vorletzter mit 17 Punkten aus 21 Spielen), während die Hausherren zur Zeit Zweiter sind (mit 48 Punkten).

Auch die Heimkurve hatte ihre Lücken

Nichtsdestotrotz begann der Omilos Filathlon Irakleiou (Verein der Sportfreunde von Iraklio) keck und hatte in den ersten 70 Sekunden gleich zwei Torchancen. Mit einem Distanzschuss und einem Kopfball aus kurzer Entfernung machten sie auf sich aufmerksam und rüttelten Olympiakos sodann doppelt wach. Die bereits 1979 aus dem 1925 gegründeten Gesamtverein Olympiakos ausgegliederten Fußballer nahmen nach den Warnschüssen das Zepter in die Hand und gingen folgerichtig in der 15.Minute mit 1:0 in Führung (durch Giorgos Masouras).

Die Haupttribüne

Weitere Tore von Ahmed Hassan (36.Minute) und Konstantinos Fortournis (40.Minute) brachten mich meinem Ergebnistipp von 5:0 noch vor dem Seitenwechsel recht nah. Und wer glaubte, es könne noch etwas anbrennen, wurde gleich nach dem Wiederanpfiff widerlegt. Der Ägypter Hassan schnürte schon in der 46.Minute seinen Doppelpack. Immerhin gelang OFI durch ein starkes Fernschusstor des pakistanischstämmigen Engländers Adil Nabi zehn Minuten später der Anschlusstreffer, bzw. eher der Ehrentreffer.

Stadion Georgios Karaiskakis

Die kretische Ergebniskosmetik gefiel Hassan anscheinend nicht und er besorgte in der 60.Minute noch das 5:1 für den griechischen Rekordmeister (44 Titel). Danach fuhr Olympiakos zwei Gänge runter und verwaltete die deutliche Führung für die letzten 30 Minuten. Eine Viertelstunde vor Schluss mussten wir Sportjournalisten schon den Man of the Match wählen und es gewann wenig überraschend der dreifache Torschütze Hassan.

Nochmal die Heimkurve

Gegen 19:20 Uhr endete schließlich ein Kick der Kategorie „Kann man machen, wird aber garantiert nicht nachhaltig in Erinnerung bleiben“. Stimmungsmäßig gab es 08/15-Kost, das Spiel war nicht spannend und das Stadion ist auch nichts Besonderes. Immerhin bleibt der Club, dem ich in Griechenland gewogen bin, mit dem heutigen Heimsieg mit acht Punkten Vorsprung auf Verfolger AEK Tabellenzweiter. Auf Tabellenführer PAOK fehlen jedoch auch stolze sieben Punkte, so dass das Meisterschaftsrennen vorentschieden wirkt. Und apropos PAOK; es war auch klar, dass das gestrige Derby in Saloniki heute nicht getoppt werden kann. Ich hoffe in der Zukunft nochmal zu einem Attischen Derby oder dem Hassduell gegen PAOK nach Piräus zurückzukehren. Dann serviert Gate 7 sicher ganz andere Kost.

Stadion von außen

Nach dem Spiel wollten wir nicht mit den überfüllten ersten Bahnen ins Stadtzentrum fahren und ließen uns noch für diverse Biere im Modello Café an der Bahnstation nieder. Hier konnten wir die 2.Halbzeit der zweiten Erstligapartie des Tages gucken (Panaitolikos vs. PAS Giannina) und irgendwann tauchte noch ein vollbeladenes Pizzataxi auf und die Bardamen spendierten allen Gästen ein Stück Pizza. Feiner Zug, der sich natürlich im Trinkgeld niederschlug.

After Match Beers

Zurück in Athen besorgten wir uns weitere Kannen Fix für’s Apartment und genossen den Ausblick auf die illuminierte Akropolis. Außerdem führte Ole die ältere Generation noch in die Wunderwelt Snapchat ein. Tinder und Lovoo sind wohl so langsam out und die Teens und Twens „snappen“ zur Anbahnung von Treffen mit Vertretern des anderen Geschlechts. Ich bin nur froh, das meine Tochter sich nicht auf solchen Plattformen rumtreibt. Ach halt, ich habe gar keine Tochter. Noch besser!

Auch nachts ein schöner Apartment-Ausblick

Der Dienstag sollte fast komplett touristischen Reisemotiven gewidmet werden. Da die Krake, Ole und ich das erste Mal in Athen waren (na gut, da wir zwischendurch in Thessaloniki waren, waren wir jetzt schon streng genommen das zweite Mal in Athen), zählten Akropolis und Co natürlich noch zum Pflichtprogramm. Der Abt und Olbert kannten die ganzen antiken Preziosen schon und machten daher lieber einen Bootsausflug auf die Insel Aegina. Auch schön.

Hadriansbibliothek am Morgen

Schon morgens nach dem Aufstehen trennten sich also die Wege und meine beiden Begleiter und ich marschierten via Monastiraki und Plaka rauf zur Athener Akropolis. Akropolis bedeutet übersetzt befestigte Oberstadt oder meinetwegen auch Burgberg und somit haben viele Städte der Hellenosphäre eine Akropolis. Die von Athen hat jedoch solch einen Status in der Welt, dass sie umgangssprachlich für viele „Die Akropolis“ ist, als gäbe es keine anderen Akropolen. Und manche sagen sogar zum Tempel Parthenon einfach Akropolis, weil sie es nicht besser wissen.

Römische Agora mit dem Turm der Winde

Entsprechend der kulturhistorischen Stellung dieses antiken Ensembles, wird auch ein stolzer Eintritt verlangt. 20 € zahlt man für ein Einzelticket in den Monaten April bis Oktober (10 € für Schüler und Studenten). Zum Glück befand sich der Planet Erde gerade im Februar und somit waren für Vollzahler nur 10 € fällig und Studenten kamen umsonst rein. Wer übrigens touristisch so richtig in Athen angreifen will, sollte sich für 30 € (Sommer) bzw. 20 € (Winter) ein fünf Tage gültiges Ticket für mehrere kostenpflichtige Sehenswürdigkeiten gönnen (ermäßigt jeweils die Hälfte). Das Bundle enthält neben der Akropolis u. a. auch die beiden Agorai, die Hadriansbibliothek und das Olympieion.

Auf dem Weg zur Akropolis

Bei bestem Wetter und überraschend wenig Andrang (es war allerdings auch erst 9 Uhr morgens) erkundeten wir nun die ganzen Bauwerke der Akropolis. Unserem Eingang am nächsten war der Niketempel (ca. 410 v. Chr. erbaut). Ja, es gab jetzt natürlich schlechte Witze, aber weiteren Sportartikelherstellern hatte der klamme griechische Staat keine Namensrechte an seinen Tempeln vermietet (es gab weder ein Adidasion, noch eine Jako-Säule).

Niketempel

Gleich neben dem Tempel der griechischen Siegesgöttin Nike waren die Propyläen zu finden. Diese altgriechische Vokabel heißt übersetzt Vorhalle und um nichts anderes handelt es sich auch. Es ist der repräsentive Torbau der Akropolis, durch den schon Perikles und Co vor fast 2.500 Jahren in den heiligen Bezirk der Stadt spazierten. Die Propyläen waren übrigens Vorbild für das Brandenburger Tor in Berlin und die Münchener Propyläen auf dem Königsplatz.

Propyläen

Nach dem Durchschreiten der Propyläen waren wir nun in der Akropolis und widmeten uns den mal mehr, mal weniger gut erhaltenen Tempeln des Geländes. Hauptattraktion ist natürlich der Parthenon (siehe auch Titelbild). Ein Tempel zu Ehren der Stadtgöttin Athene (in der griechischen Mythologie die Göttin der Weisheit, der Stragetie, des Kampfes, der Kunst u. v. m.). 490 v. Chr., nach dem Sieg über die Perser in der Schlacht von Marathon, wurde der erste Tempel, der so genannte Vorparthenon, gebaut. Allerdings überstand dieser, wie auch der Rest der damaligen Akropolis, nicht die persische Einnahme von Athen im Jahre 480 v. Chr..

Parthenon und Zeus in Stiergestalt

Im zweiten Perserkrieg hatten die Invasoren unter Großkönig Xerxes das bereits evakuierte Athen besetzt und in Schutt und Asche gelegt. Doch nach den Siegen von Athen und seinen Verbündeten (dem Hellenenbund) über die Perser in den Jahren 480 und 479 v. Chr. (Schlachten von Salamis, Plataiai und Mykale), war die persische Gefahr gebannt und Athen wurde wieder aufgebaut. 438 v. Chr. war der neue Parthenon fertiggestellt, dessen Ruinen wir nun inspizieren durften. Übrigens hat auch dieser Tempel seinen deutschen Nachbau, nämlich die Walhalla (von 1842) bei Regensburg.

Seitenansicht Parthenon

Ein weiterer recht gut erhaltener Tempel auf dem Plateau der Akropolis ist das Erechtheion (Bauende 406 v. Chr.). Hier machten es sich die Athener einfach und widmeten den Tempel gleich 13 Gottheiten und mythischen Heldenfiguren auf einmal. Andere Tempel, wie das Brauroneion (der Göttin Artemis geweiht) und das Heiligtum des Zeus sind leider nur noch zu erahnen. Ansonsten ist hier oben noch die Aussicht in alle vier Himmelsrichtungen ein Traum. Gerade beim heutigen wolkenlosen Himmel hatte man beste Sicht auf die umliegende Stadt, das Meer und die Berge.

Erechtheion

Nachdem wir uns auf dem Plateau sattgesehen hatten, widmeten wir uns noch dem Südhang der Akropolis. Dort sind u. a. die Reste des Dionysostheaters zu finden. Das vielleicht bedeutenste Theater der Antike, sozusagen die Urbühne des Dramas. In der steinernen Form löste es ca. 330 v. Chr. einen hölzernen Vorgängerbau aus dem 5.Jahrhundert v. Chr. ab und bot damals rund 17.000 Besuchern Platz.

Ausblick von der Akropolis

Noch besser erhalten, bzw. in der Neuzeit rekonstruiert, ist das Odeon des Herodes Atticus. Ein weiteres Theater am Südhang, welches in der römischen Epoche Athens im 2.Jahrhundert n. Chr. entstanden ist. Gönner war der Politiker und Mäzen Herodes Atticus. Kenner können anhand des Dionysostheaters und des Odeons prima die Unterschiede zwischen antiken griechischen und römischen Theaterbauten erkennen. Ich ersparte meinen Begleitern jedoch Monologe meinerseits (und will den Leser jetzt ebenfalls nicht langweilen). Zumal ich zumindest bei der Krake mehr und mehr Unmut über die Kulturüberdosis spürte (O-Töne: „Wann können wir endlich in eine Kneipe gehen?“ und „Wäre ich mal mit auf diese Insel gefahren!„).

Odeon

Zurück am Fuße der Akropolis, war es 11:33 Uhr und wir schauten nochmal am Hadrianstor und dem Olympieion vorbei. Das Olympieion war dereinst der größte Tempel Athens und seine Ruinen liegen wenige hundert Meter östlich von der Akropolis. Begonnen wurde der Bau, der vermutlich ein Zeustempel werden sollte, bereits im 6.Jahrhundert vor Christus. Jedoch wurde der Bau irgendwann nicht mehr weiter verfolgt und Themistokles, ruhmreicher Sieger über die Perser in der Schlacht von Salamis 480 v. Chr., nutzte das Baumaterial für seine Schutzmauer um Athen.

Olympieion

Es war dann der bereits von mir im ersten Athen-Bericht gewürdigte hellonophile römische Kaiser Hadrian, der den Tempel im 2.Jahrhundert n. Chr. vollenden ließ. Für seine persönliche Würdigung ließ er als Zugang zum Tempelgelände das Hadrianstor errichten. Allerdings wurde der Tempel im Mittelalter durch ein Erdbeben zerstört und außer ein paar Säulen und Steinen ist nicht mehr viel von der Anlage übrig geblieben. Deshalb haute uns das Olympieion nach der Akropolis auch nicht mehr so wirklich um und überhaupt waren wir der Meinung erstmal wieder genug Tempelruinen gesehen zu haben.

Hadrianstor

Kneipe war natürlich trotzdem nicht in meinem Tagesplan vorgesehen, aber gegen 12 Uhr trieb uns der Hunger in ein Restaurant in der Nähe von Akropolis und Olympieion. Im Kalamaki gab es Spieße vom Rind, Schwein, Lamm, Kalb und Huhn. Da wir uns so schwer entscheiden konnten, bestellten wir jeder „Einmal alles, bitte“ und vorweg noch einen Pott Zaziki zum Teilen und Dippen (Pitabrot war natürlich obligatorisch).

Schon wieder spießig schlemmen

Gut gestärkt, wollten wir den touristischen Schwerpunkt jetzt von der Antike in die Neuzeit verlegen. Bestmöglicher Übergang war in meinen Augen das Olympiastadion von 1896. Nach dem Vorbild und auf den Ruinen des antiken Panathinaiko-Stadion wurde die hufeisenförmige Arena für die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit rekonstruiert. Sportveranstaltungen finden hier mittlerweile nur noch selten statt, aber das Stadion und das angeschlossene olympische Museum erfreuen sich bei Touristen großer Beliebtheit. Außerdem wurde es bei den Olympischen Spielen 2004 für die Wettbewerbe im Bogenschießen genutzt und diente als Ziel des Marathonlaufes.

Panathinaiko-Stadion

Vom Panathinaiko-Stadion ging es durch den schönen Athener Nationalgarten zum Syntagma-Platz (zu deutsch: Platz der Verfassung). Hier findet man das Griechische Parlament, welches im Athener Stadtschloss beheimatet ist. Der im ersten Athen-Bericht bereits erwähnte König Otto I. ließ 1836 den Grundstein seiner Residenz legen und das Stadtschloss blieb bis zur Abschaffung der Monarchie im Jahre 1924 der Sitz der königlichen Familie.

Unterwegs im Nationalgarten

Danach wurde es erstmal als Auffanglager für griechische Flüchtlinge aus Kleinasien während der Kleinasiatischen Katastrophe genutzt. Denn nach dem Ersten Weltkrieg, in dem das Osmanische Reich zu den Verlierern gehörte und Griechenland sich spät auf die Seite der Sieger schlug, kam es zum Griechisch-Türkischen Krieg (1919 – 1922). Das erst 1830 von den Osmanen unabhängig gewordene Griechenland wollte die Gunst der Stunde nutzen und sich alte griechische bzw. byzantinische Gebiete, mit bis dato hohem griechischen Bevölkerungsanteil, nach Hunderten von Jahren von den Osmanen (Türken) zurückerobern. Nachdem der Vormarsch der Griechen 1921 jedoch in Anatolien zum Erliegen kam, gingen die Jungtürken unter Mustafa Kemal (Atatürk) zur Gegenoffensive über. Sie verdrängten zunächst die griechischen Truppen wieder aus Kleinasien und vertrieben danach die alteingesessenen griechische Bevölkerung der Region.

Der Syntagma mit dem Parlamentsgebäude

Nachdem Mustafa Kemal, übrigens 1881 in Thessaloniki geboren, 1922 die wichtige Hafenstadt Smyrna (türkisch Izmir) zurückerobert hatte, begann die systematische Ermordung aller Nichttürken in der Stadt. Rund 40.000 Christen (vorwiegend Griechen, aber auch Armenier und weitere Christen anderer Nation) fielen dem Genozid zum Opfer. Aus ganz Kleinasien flohen die Griechen vor türkischer Verfolgung nach Griechenland. Im Vertrag von Lausanne beschlossen beide Regierungen schließlich ihre jeweiligen Minderheiten auszutauschen. Ungefähr 1,25 Millionen Griechen verloren ihre Heimat in Kleinasien und rund eine halbe Million Türken musste das griechische Hoheitsgebiet verlassen.

Kapnikarea-Kirche (11.Jahrhundert), unweit des Syntagma

All dem Leid auf beiden Seiten waren bereits während des Ersten Weltkriegs Pogrome an den Griechen im Osmanischen Reich vorausgegangen. Einhergehend mit dem Genozid an den Armeniern, sollen zwischen 1916 und 1923 auch schätzungsweise 350.000 Griechen systematisch ermordert worden sein. Die nach dem Bevölkerungsaustausch 1923 verbliebenen kleinen Minderheiten sind bis heute in beiden Staaten Diskriminierungen ausgesetzt. Trauriger Höhepunkt war 1955 das Pogrom an der damals noch in Istanbul lebenden griechischen Minderheit und natürlich ist der bis heute ungelöste Zypernkonflikt auch ein Produkt des griechisch-türkischen Gegensatzes.

Nerdige Systemkritik

DieTragödie formelhaft zusammengefasst: Nationalismus führt zum Traum ethnisch reiner Staatsgebiete und die Verwirklichung dieses Traumes führt zu unsäglichem Leid. Das lehrt uns die Geschichte in Deutschland, auf dem Balkan und an so vielen anderen Orten. Die Kultur einer Nation ist ein hohes Gut und die Liebe der eigenen kulturellen Identität ist nichts dessen man sich schämen muss. Aber dafür braucht es in meinen Augen keinen -ismus. Geht dieser Nationalstolz einher mit Weltoffenheit und der Bejahung von kultureller Vielfalt, auch im eigenen Staatsgebilde, gibt es wohl so etwas wie gesunden Nationalstolz. Gesunder Nationalismus ist für mich dagegen ein Oxymoron.

Nochmal Gyrospita snacken

Und wo wir gerade politisch sind; der Syntagma-Platz war natürlich in jüngerer Vergangenheit Schauplatz von etlichen Großdemonstrationen gegen die den Griechen von ihren „Rettern“ auferlegte Austeritätspolitik. Wenn ich an die Griechenhetze in Deutschlands Boulevardzeitung Nr.1 zurückdenke, die einer vielschichtigen Wirtschaftskrise natürlich nicht mal im Ansatz gerecht wurde, werde ich immer noch wütend! Da half nur Frustfressen und dazu ging es wieder zu Just Pita. Diesmal aber wirklich nur für je eine Pita à 2,50 € (Preis übrigens inklusive 24 % Mehrwertsteuer, womit wir wieder bei der Austeritätspolitik wären).

Kleines Gelage

Nach der zweiten Mahlzeit des Tages ging es kurz ins Apartment. Dort wurden, im doppelten Wortsinn, kurz die Akkus aufgeladen. Als Körper und Smartphones wieder bereit für die Öffentlichkeit waren, ging es abermals nach Piräus bzw. ins Viertel Agios Ioannis Rentis. Dort warteten bereits die Inselurlauber El Abto und Olbert bei einem kühlen Bier auf uns. In die nächste Rutsche Bier stiegen wir noch ein, aber dann mussten wir langsam zur Melina-Merkouri-Halle aufbrechen.

Mein erster Volleyball-Länderpunkt

Nach der Basketballpremiere, sollte Schneppe Tours auf dieser Balkanreise auch noch seine Volleyballpremiere feiern. Von den griechischen Kontaktpersonen wussten wir, dass heute die Halle beben wird und wir wurden nicht enttäuscht. Alle 1.800 Plätze waren besetzt und zum Glück stand ich wieder auf der Gästeliste. Mit griechischer Gelassenheit wurde auch das Problem gelöst, dass ich noch vier Freunde im Schlepptau hatte. „Oh, wir haben leider keine Plätze mehr frei. Aber kein Problem, deine Freunde können sich auf die Empore hinter die Fernsekameras stellen, wenn das okay ist.“

Gate 7

Der Andrang erklärte sich daraus, dass heute das Halbfinalhinspiel des CEV Cups stattfand. Das ist nach der CEV Champions League der zweithöchste europäische Wettbewerb im Vereinsvolleyball und zu Gast war der italienische Vertreter Trentino Volley. Den Norditalienern gelang 2011 als bisher einzigem Team in der Geschichte des Volleyballsports zugleich die nationale Meisterschaft, die europäische Champions League und die Clubweltmeisterschaft zu gewinnen. Auch 2018 gewannen sie die Clubweltmeisterschaft und gehören, trotz verpasster Qualifikation für die CEV Champions League, in dieser Saison sicher zumindest zur europäischen Spitze.

The King of Europe is here

Olympiakos ist, trotz Fanbanner „THE KING OF EUROPE IS HERE“, zur Zeit nicht auf dem sportlichen Höhepunkt der Vereinsgeschichte. Das war man wahrscheinlich 1992, als man Zweiter in der Champions League und Dritter bei der Clubweltmeisterschaft wurde. Oder vielleicht 1995 oder 2005, als man den CEV Cup gewann. Wegen des gegenwärtigen sportlichen Qualitätsunterschiedes zwischen beiden Teams, gab es im Wettbüro auch nur die Quote von 1,06 auf einen Auswärtssieg und 8,00 auf einen Heimsieg.

It’s raining snippets

Ihrer Favoritenrolle wurden die Gäste bedauerlicherweise von Anfang an gerecht. Da half es auch nicht, dass Gate 7 erst einen Papierschnipselregen zauberte und dann das ganze Spiel über akustisch Vollgas gab. Der Support schepperte heute in der Halle ganz anders als gestern im Stadion. Dennoch war schon der erste Satz eine deutliche Angelegenheit. 25:17 für Trentino. Ebenso war im zweiten Satz nichts für das Team um den deutschen Mittelblocker Marcus Böhme (270 Länderspiele für Deutschland) zu holen. 25:19 für Trentino.

Böhme in Aktion

Der dritte Satz wurde dann endlich mal spannend, doch der griechische Rekordmeister im Volleyball (28 Meistertitel) konnte leider keinen vierten Satz mehr erzwingen und musste sich, trotz mehrmaliger Führung, auch hier mit 26:24 geschlagen geben. Am Ende also 3:0 für Trentino und es wird wohl leider nicht zum Traumfinale Olympiakos – Galatasaray kommen. Wenn im Rückspiel nichts ganz Verrücktes passiert, wird sich Trentino mit den Türken messen dürfen.

Fans mit Pauken und Trompeten

Die Fans applaudierten ihren Spielern trotzdem minutenlang (und auch sportlich fair den Gästen) und diese bedankten sich natürlich ihrerseits für den Support. Trentinos serbischer Star Uroš Kovačević, einer der besten Außenangreifer der Welt, hatte sogar noch das Bedürfnis gefühlt mit jedem griechischen Fan abzuklatschen. Denn dem bekennenden Fan vom FK Crvena zvezda (Roter Stern Belgrad) wurden zur Einstimmung auf das bevorstehende Belgrader Derby ein paar Fangesänge seiner serbischen Fußballliebschaft entgegen geschmettert.

Der Fanblock nach Spielschluss

Das ist jetzt eigentlich auch die perfekte Überleitung zu unserer morgigen Weiterreise nach Belgrad. Denn im Anschluß an das Volleyballspiel passierte nichts Weltbegewendes mehr und nach ein paar Bieren und ein bißchen Krökeln in einem Clubhaus unweit der Sporthalle, sowie einem Moussaka als Abendmahl in Piräus, ging es wieder ins Apartment und dort zeitnah ins Bett. Fit sein für Serbien!

Moussaka in Piräus

P.S.: Nicht dass mir von Mitreisenden vorgeworfen wird, ich unterschlage eine wichtige Anekdote. Ich habe am 26.02.2019 den ersten Wettschein meines Lebens gemacht und alle sieben Spiele waren, trotz Favoritentipps, falsch getippt (der israelische Pokal hat halt seine eigenen Gesetze!). Fünf Euro sinnlos verbrannt, aber dafür jetzt erst recht weit davon entfernt ins Fegefeuer der Spielsucht abzurutschen.

Song of the Tour: Am Mädchen aus Piräus komme ich natürlich nicht vorbei.