Stralsund & Greifswald 06/2018

  • 09.06.2018
  • FC Pommern Stralsund – TSV Friedland 2:1
  • Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommern (VI)
  • Stadion der Freundschaft (Att: 205)

Am zweiten Juni-Wochenende war der deutsche Teil Pommerns unser Reiseziel. Max hatte bisher erfolgreich verheimlicht, dass sein Vater unter der Woche in Greifswald arbeitet und dort ’ne Zweitwohnung hat. Seriösen Typen wie Max, Ole und mir kann man die ruhig mal für’s Wochenende überlassen. Daher wurde der Plan gefasst am Samstag in aller Frühe nach Stralsund zu fahren, dort das historische Stadtbild zu genießen, ein Fußballspiel zu schauen, abends nach Greifswald weiterzufahren und am Sonntag auf dem Rückweg noch zwei Spiele in Berlin mitzunehmen.

In Uelzen den ersten wahren Fan des WM-Sommers gesehen

5:40 Uhr sollte eigentlich unsere Ochsentour mit Umstiegen in Uelzen, Lüneburg, Lübeck, Bad Kleinen und Rostock starten, doch der Mann mit der kürzesten Anfahrt zum hannoverschen Hauptbahnhof hatte verpennt. War jedoch kein Weltuntergang, denn so konnten Ole und ich noch Frühstücken und die neue Reiseroute ab 6:40 Uhr war auch wesentlich angenehmer. Es ging erstmal auch nach Uelzen, aber von dort mit einem InterRegioExpress weiter nach Berlin. Der Zug war im Prinzip ein InterRegio alter Prägung, allerdings zu Nahverkehrskonditionen (also WET-tauglich). Mit Halt lediglich in Salzwedel und Stendal war die Bundeshauptstadt nach nur 96 Minuten erreicht.

Moin West-Berlin

Am ehemaligen Lehrter Bahnhof, heute Hauptbahnhof, bestiegen wir nun den RegionalExpress nach Stralsund, der uns binnen 3,5 Stunden und ohne weitere Umstiege ans Ziel brachte. Dabei wurden wir auch Flasche um Flasche unser sperrigstes Gepäck los: Die in Uelzen – am südlichen Ende des Vertriebsgebiets dieser Bierspezialität – erstandene Kiste Holsten Edel.

Norddeutscher Edelstoff

Idealerweise musste man in Stralsund vom Hauptbahnhof zum örtlichen Stadion der Freundschaft einmal die Altstadt durchqueren (UNESCO Welterbe). So sahen wir in den 80 Minuten bis zum Anpfiff nochmal alle Highlights der historischen Hansestadt. Stralsund hatte mich bei einer kurzen Stippvisite vor 53 Wochen bereits überzeugt und war logischerweise seitdem nicht hässlicher geworden. Besonders hervorzuheben unter den ungefähr 1.000 Baudenkmälern der Stadt (davon über 500 in der Altstadt) sind natürlich die Großkirchen, das Rathaus und der Marktplatz.

Ein tolles Ensemble der Backsteingotik

Um der heutigen tropischen Hitze zu begegnen und den Marktplatz besser auf sich wirken zu lassen, musste außerdem noch ein Kaltgetränk her. Wir ließen uns deshalb für ein paar Minuten auf der Außenbestuhlung des Artushofes nieder. Der Artushof diente im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) übrigens dem schwedischen König Gustav II. Adolf als Quartier nach seiner Ankunft in Stralsund anno 1630. Quasi der Beginn der „Schwedenzeit“ in Stralsund bzw. Pommern.

Gotische Kirche St. Nikolai

Da am Vorabend der selbsternannte Schweden-Experte „Gustav Wasi“ (76 Grounds in Schweden zum Stichtag 08.06.2018) in einem Fußballkommunikationskanal erstaunliche Bildungslücken aufwies und dachte, dass z. B. die Stadt Schwerin oder zumindest Teile von Mecklenburg-Vorpommern dereinst Teil seines Lieblingkönigreiches Schweden waren, möchte ich auch nochmal für die Allgemeinheit meinem Bildungsauftrag (in Kurzform!) gerecht werden. Das geschichtliche Halbwissen, dass Mecklenburg-Vorpommern oder Teile davon schon mal zu Schweden gehörten, ist mir nämlich nicht zum ersten Mal untergekommen (jüngst behaupteten das u. a. auch ein paar AIK-Fans in Stockholm mir gegenüber).

Die Rathausfassade

Im Dreißigjährigen Krieg konnten kaiserliche (katholische) Truppen fast ganz Pommern besetzen. Nur die Hansestadt Stralsund hatte den schwedischen König rechtzeitig zur Hilfe gerufen und von dort begannen die Schweden in der ganzen Region Fuß zu fassen. Als der Krieg 1648 endete, war der letzte pommersche Herzog aus dem Greifengeschlecht (Bogislaw XIV.) bereits kinderlos verstorben († 1637) und das Herzogtum Pommern wurde im Westfälischen Frieden zwischen dem brandenburgischen Kurfürsten und dem schwedischen König aufgeteilt. Bis auf die Stadt Wismar kam jedoch kein nennenswertes Gebiet aus dem heutigen Landesteil Mecklenburg unter dauerhaften schwedischen Einfluss.

Altstadtspaziergang

Und ganz wichtig, dieser schwedische Teil Pommerns wurde nicht Teil des Königreichs Schweden, sondern verblieb im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (HRR). Die schwedischen Herrscher regierten fortan ihr Königreich und ihren Teil des Herzogtums Pommern (Schwedisch-Pommern) in Personalunion, das Herzogtum blieb jedoch staatsrechtlich ein deutsches Fürstentum und der schwedische König hatte nun den Platz des pommerschen Herzogs im Deutschen Reichstag inne.

Fein restauriertes Welterbe

Das sind schon feine Unterschiede. Das Königreich Hannover wurde während der Personalunion schließlich auch nicht Teil des Vereinigten Königreichs oder gar das Vereinigte Königreich Teil von Hannover. Während diese seit 1701 währende anglo-hannoversche Personalunion 1837 endete, weil in Hannover aufgrund des Salischen Gesetzes Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen waren und in England Victoria auf Platz 1 der Erbfolge war, hielt die schwedisch-pommersche Personalunion noch bis 1815. Auf dem Wiener Kongress, nach den Napoleonischen Kriegen, trat der schwedische König all seine verbliebenen Besitzungen auf deutschem Boden an Preußen ab und die Schwedenzeit endete nach fast zwei Jahrhunderten.

Stralsund – Am Wasser gebaut

Ganz so lange „herrscht“ der 1994 gegründete FC Pommern Stralsund noch nicht im Fußball der Stadt Stralsund. Und mehr noch, die Tage des Vereins, der sich auf das Erbe der 1952 gegründeten Sportvereinigung Sturmvogel beruft, welche als ASG Vorwärts Stralsund in den 1970er Jahren zwei Jahre in der DDR Oberliga und somit höchsten Spielklasse mitwirkte, sind auch schon wieder gezählt. Zur neuen Saison geht der aktuell höchstspielende Fußballverein der Stadt als Fußballsparte im Großverein TSV 1860 Stralsund auf. Da tat man schon zwischen 1990 und 1994 mit und hofft unter neuem alten Dach eine bessere Basis für die Zukunft zu haben.

Haupttribüne mit Spruchband

Vielen Fans des FC Pommern scheint das weniger gut zu gefallen und seit die Entscheidung im Vorjahr mit einer Stimme Mehrheit gefallen ist, boykottieren sie die Spiele des Vereins. Doch für das letzte Heimspiel als FC Pommern haben sie nochmal zum zahlreichen Erscheinen aufgerufen und forderten den Verein ein letztes Mal lautstark zu unterstützen. Da war ich dann fast schon etwas enttäuscht, dass neben uns drei Touristen nur etwas über 200 weitere Interessierte das Stadiontor passiert hatten. Aber gut, die kleine Szene soll auch vor ihrem Boykott mehr durch Treue und Kreativität, als durch schiere Masse aufgefallen sein. Das Thema Masse ist wahrscheinlich bei allen Vereinen im Bundesland M.-V. ein Problem. Außer beim omnipräsenten FC Hansa aus Rostock, der auch in Stralsund etliche Anhänger hat.

Die Gegengerade mit St.Marien dahinter

Für heute hatte der harte Kern immerhin einige Spruchbänder vorbereitet und Folienfähnchen verteilt. Aber akustischen Support gab es dann leider doch nicht. Auf den Spruchbändern standen Parolen wie „In Stralsund nur wir“ und „Die Fans sind eine Macht. Wer keine hat – Gut Nacht“. Insgesamt eine gespenstische Atmosphäre, zumal die Zuschauer auch gar nicht irgendwo zusammengerottet standen, sondern es viele Kleingruppen gab. Ich vermute einfach mal ins Blaue, dass man sich doch nicht ganz einig war, wie man das heutige Spiel angehen soll und sich am Ende für stillen Protest anstatt ein letztes Mal Halligalli entschieden wurde.

Störtebeker am Hahn

Das Spiel vom bereits geretteten Vierzehnten (FC Pommern) gegen den bereits abgestiegenen Fünfzehnten (Friedland) war natürlich auch keine Augenweide und nach einem frühen Doppelpack von Kevin Kutz für die Hausherren (14. und 16.Minute) kehrte deutliche Langeweile ein. Daher schauten wir uns lieber jeden Winkel des wirklich coolen Stadions an, spotteten Hoppergesindel und bräunten uns letztlich die meiste Zeit auf den Stehtraversen. Dazu gab es diverse Störtebeker vom Faß gegen die Hitze.

Stadion der Freundschaft

Im zweiten Durchgang wurde das Spiel trotz des Anschlußtreffers in der 55.Minute nicht wirklich mitreißender. Es war einfach ein Amateurspiel um die goldene Ananas und unter tropischen Bedingungen. Spekulationen, dass die Fans gegen Spielende ein Feuerwerk zünden würden, bestätigten sich auch nicht und so endete das vorletzte Kapitel des FC Pommern Stralsund (ein Auswärtsspiel haben sie nächstes Wochenende noch) ohne großen Eklat, welcher im Vorfeld von den Lokalmedien befürchtet worden war.

Atlantic Ale

Für uns gab es jetzt nur ein Ziel und das war runter ans Ufer zum Strelasund. Dem Sund der Ostsee, an dem Stralsund liegt. Schön ans Wasser setzen, etwas Essen und noch ein paar weitere Biere trinken. Dafür ließen wir uns zunächst bei Fischermann’s Restaurant nieder. Allerdings war uns die gute Stube zu hochpreisig und so beließen wir es dort bei einem Atlantic Ale der Störtebeker Braumanufaktur auf der Terrasse.

Zechen am Pier

Stattdessen ging es nun rüber zu einem zum Imbiß umgebauten Fischkutter. Hier gab es preiswert Fischbrötchen und Flaschenbier. Als die Besitzerin gegen 19 Uhr schließen wollte, erlaubte sie uns sogar noch so lange sitzen zu bleiben wie wir wollen. Mehr noch, dazu verkaufte sie uns außerdem eine Kiste Bier knapp über Selbstkostenpreis, ehe sie sich nach Hause verabschiedete. So saßen wir nun bis nach Sonnenuntergang mit Bier am Pier und vergaßen ganz die Zeit.

Wo bitte geht es zum Bahnhof?

„Wann fährt eigentlich der letzte Zug nach Greifswald?“ „Oh scheisse! In 15 Minuten!“ Weil der Bahnhof ungefähr zwei Kilometer von unserem Standort entfernt war und wir in den Gassen der Altstadt nicht den schnellsten Weg gefunden haben, wurde der Zug natürlich um ein paar Minuten verpasst. Da blieb uns nur noch eine Taxifahrt als Option. Sollte ungefähr 60 € kosten (am Ende waren es 65 €) und damit war die Ersparnis für die Unterkunft doch wieder anderweitig aus dem Fenster geworfen. Na ja, einen Vorteil hatte unser Taxi-Trip. Wir mussten nun immerhin nicht noch die vier Kilometer vom Bahnhof Greifswald bis ins Ostseeviertel zur Wohnung absolvieren.

  • 10.06.2018
  • TuS Makkabi Berlin – Berliner SC 0:1
  • Berlin-Liga (VI)
  • Julius-Hirsch-Sportanlage (Att: 43)

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker bereits um 5:30 Uhr, da wir eigentlich geplant hatten schon um 6:38 Uhr nach Berlin zu fahren (die Züge fuhren nur alle zwei Stunden). Doch so richtig gut kamen wir nicht aus den Federn und auf Hetzerei hatte keiner Bock. Also einigten wir doch auf 8:38 Uhr, auch wenn wir dadurch die ersten 15 Minuten des ersten Spiels in Berlin verpassen würden (12 Uhr war Anstoß bei Makkabi).

Looks a little bit Swedish

So gegen 6:30 Uhr waren wir startklar und spazierten am Fluss Ryck (der Greifswald mit der Ostsee bzw. dem Bodden verbindet) entlang in die Altstadt. Dabei wurde der Museumshafen geprüft und bunte Holzhäuser am anderen Ufer versprühten skandinavisches Flair. Erfreulicherweise hatte ein Bäcker mit Sitzgelegenheiten in der bald erreichten Altstadt schon geöffnet und wir konnten ganz gemütlich in der Sonne frühstücken. Gestärkt schauten wir uns dann in Ruhe noch die Altstadt an. Die war nicht ganz so herausragend wie die von Stralsund, jedoch auch sehr schön.

Frühstück in der Fußgängerzone

Es gab für uns einige Gebäude der Backsteingotik zu bewundern. Allen voran den Dom Sankt Nikolai und die beiden anderen mittelalterlichen Großkirchen Sankt Marien und Sankt Jacobi. Am Marktplatz sind außerdem schöne Giebelhäuser in diesem Architekturstil zu finden. Überhaupt ist der Marktplatz sehr interessant. Er ist wirklich riesengroß und das Rathaus ist zwar nicht im Zentrum platziert, aber dennoch freistehend.

Backsteingotik am Markt

Auch sind viele alte Gebäude der Greifswalder Universität (gegründet 1456 und damit viertälteste Universität Deutschlands) in der Altstadt zu finden. Über 10.000 Studierende sind dort eingeschrieben und während der Vorlesungszeiten prägen junge Leute sicher in besonderem Maße das Stadtbild von Greifswald. Darüberhinaus ist im Umfeld der Uni das lesenswerte bzw. eher sehenswerte Magazin Katapult entstanden, welches mit Karten und Grafiken versucht Politik- und Sozialwissenschaften zu veranschaulichen (kann ich jedem Geisteswissenschaftler und sonstigen Interessierten wärmstens empfehlen).

Markt mit St. Nikolai im Hintergrund

Am Vorabend muss im Uni-Umfeld außerdem irgend eine (Achtung, Klischee!) Technoparty gewesen sein. Mehrere junge Leute waren am heutigen Morgen jedenfalls auffällig gut drauf. Ein Typ glaubte zum Beispiel, dass er ein wilder Primat sei und imitierte die Laute und die Bewegungsabläufe von Menschenaffen. Wenig später lief neben uns eine junge Frau, die voll in Trance war, einen Laberflash hatte und das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekam. Wir konnten das einordnen, aber drei fernöstliche Touristen oder Austauschstudenten wirkten bei ihrer morgendlichen Fototour sehr verstört vom Affenmann.

St.Marien a.k.a die Dicke Marie

Dann rollte um 8:38 Uhr der RegionalExpress nach Berlin ein und wir fuhren wieder gute drei Stunden durch Pommern und Brandenburg, ehe die Hauptstadt der Republik erreicht war. Neben der Natur und schönen Stadtsilhouetten wie von z. B. Anklam, galt der Blick aus dem Fenster natürlich auch immer den Graffiti am Streckenrand. Lange Zeit fuhren wir grafisch noch durch Hansaland, während die Hauptstadt an den Schienenwegen natürlich komplett zugehackt war und die Fußballgraffiti von Hertha, Union & Co in der Masse etwas untergingen.

I Am The Passenger

Nach unserem Umstieg am Hauptbahnhof erreichten wir die Julius-Hirsch-Sportanlage von Makkabi planmäßig zur 15.Spielminute. Verpasst hatten wir nichts, es stand noch 0:0. War wie am Vortag „nur“ 6.Liga und das Klima war gefühlt noch sportfeindlicher als gestern. Kann kein Geschenk gewesen sein hier in der Mittagshitze rumzulaufen und so sahen wir zusammen mit 40 weiteren Zuschauern ein sehr chancen- und tempoarmes Spiel.

Willkommen bei Makkabi

Die Sportanlage ist Teil des Charlottenburger Sport- und Erholungsgebietes rund um die Waldschulallee, wo sich auch das Mommsenstadion von TeBe Berlin befindet. Hier hat der 1970 gegründete TuS Makkabi ebenfalls seine Heimat gefunden. Er sieht sich in der Tradition jüdischer Berliner Sportvereine aus der Zeit vor der Shoah und verfügt heute über etwa 500 Mitglieder. In den 1980er Jahren spielte man vier Saisons in der damals noch drittklassigen Oberliga Berlin, während man heute zwar immer noch in der höchsten rein berlinerischen Spielklasse mit der 1.Mannschaft aktiv ist, dies jedoch wie bereits erwähnt nur mehr eine 6.Liga der deutschen Fußballpyramide ist.

Julius-Hirsch-Sportanlage

Der Namenspatron ihrer Sportstätte hat zwar nicht direkt mit der jüdischen Sportgeschichte Berlins zu tun, es handelt sich jedoch um einen der berühmtesten deutschen Fußballer jüdischen Glaubens. Julius Hirsch durfte zwei deutsche Meisterschaften feiern (1910 mit dem Karlsruher FV und 1914 mit der SpVgg Fürth), war deutscher Nationalspieler und im Ersten Weltkrieg ein mit dem Eisernen Kreuz dekorierter Soldat. Während der Shoah verlor auch er sein Leben. Seine Spur verliert sich nach der dokumentierten Deportation ins KZ Auschwitz. Heute wird ihm unter anderem auch vom DFB mit dem Julius-Hirsch-Preis für Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit gedacht.

Ohne Bier is‘ ja auch langweilig

Der heutige Gegner Berliner SC darf zwar nicht mit dem berühmten Hertha Berliner SC verwechselt werden, die Geschichte beider Vereine ist allerdings verwoben. Die Fußballabteilung des Berliner SC schloss sich nämlich 1923 mit Hertha 92 zusammen und als Hertha BSC erreichte man fünfmal in Folge (1926 bis 1930) das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft und gewann das fünfte davon auch endlich. Unmittelbar nach dem Titelgewinn trennte sich die Hertha aber wieder vom BSC, kaufte ihnen jedoch das Recht sich weiter Hertha BSC zu nennen und die Nutzungsrechte für das Stadion am Gesundbrunnen ab. Wer nach der Trennung weiterhin Berlins Aushängeschild blieb und wer nicht mehr an die gemeinsamen Erfolge anknüpfen konnte, dürfte wohl jedem Leser klar sein.

TuS Makkabi Berlins Emblem

Immerhin spielt der BSC dieses Jahr eine gute Saison in der Berlin-Liga. Man rangiert auf Platz 3 und wird diesen, nach dem heute spät eingetüteten Auswärtssieg bei Makkabi (0:1 in der 83.Minute durch Ulucay), am letzten Spieltag wohl selbst bei einer Niederlage nicht mehr räumen müssen. Makkabi wird dagegen als Neunter in das letzte Saisonspiel gehen und ist mit einem Mittelfeldplatz wahrscheinlich auch ganz zufrieden, nachdem man erst das zweite Jahr in dieser Liga mitmischt (Aufstieg 2016).

Lilaweiße…

Wir hatten uns nach Abpfiff noch ein Bier auf die Hand im Makkabi-Clubhaus geholt (2,10 € für 0,4 l Gezapftes) und wollten dann eigentlich mit dem SV Tasmania Berlin (gegen DJK Neukölln) oder Croatia Berlin (gegen Türkspor) weitere Mittelfeldteams der Berlin-Liga sehen. Doch ein Gewitter und Platzregen verleideten uns den Marsch zur S-Bahn-Station. Zuflucht fanden wir in der Tribüne des Mommsenstadions und dort herrschte Betriebsamkeit. Also den erstbesten Menschen gefragt „Sagen sie mal, findet hier etwa ein Fußballspiel statt?“ und dies bejaht bekommen. Die U17 von TeBe sollte jetzt um 14 Uhr die U17 des Chemnitzer FC empfangen.

Land unter in Berlin

Da wir uns eh immer noch nicht entschieden hatten ob Croatia (gutes Stadion und mutmaßlich Balkan Catering) oder Tasmania (auch gutes Stadion und der Mythos der schlechtesten Bundesligamanschaft aller Zeiten) den Zuschlag für das Nachmittagsspiel bekommen soll, wurde jetzt einfach dieses U17-Spiel zum lachenden Dritten erklärt. Lachend, weil wir dem Platzkassierer 10 % der heutigen Tageseinnahmen bescherten und für Bockwurst und Bier (hier unverschämte 3 € für 0,3 l) auch noch einiges an Geld im Mommsenstadion ließen.

Haupttribüne Mommsenstadion

Alsbald lachte auch die Sonne wieder und die Talente durften uns 80 Minuten vorspielen. Talent und Spielfreude hatten beide Nachwuchsteams zu bieten, nur klappte es mit dem Toreschießen heute nicht und so trennten sich der Dritte und der Vierte der Regionalliga Nordost (zweithöchste Spielklasse) nur 0:0. Der Star war damit heute das Stadion (von 1930) mit seiner markanten Haupttribüne. Als Historiker fragt man sich natürlich warum das Stadion ausgerechnet den Namen eines Historikers trägt. Die Recherche ergab, dass die Räume im Bauch der Haupttribüne in den 1930er Jahren an das Theodor-Mommsen-Gymnasium als Unterrichtsräume untervermietet waren. Dadurch bürgerte sich der Name Mommsenstadion ein.

Deshalb sind TeBe-Fans immer so leise

Als 96-Fan hat man das Stadion nicht unbedingt in bester Erinnerung. 1998 verlor Hannover 96 das Hinspiel der Aufstiegsspiele zur 2.Bundesliga gegen die Tennis-Borussen mit 0:2. Zum Glück lief das Rückspiel für die von der dubiosen Göttinger Gruppe mit Millionen DM vollgepumpten Berliner nicht so gut. Denn drei Tage später egalisierte 96 das Ergebnis im Niedersachstadion und setzte sich am Ende mit 3:1 im Elfmeterschießen durch. Das Traumtor von Vladan Milovanovic zum 2:0 per Fallrückzieher und die zwei gehaltenen Elfmeter von Jörg Sievers werde ich als Zeitzeuge wohl nie vergessen können.

Die Berliner Luft in der Flasche zum Mitnehmen

Durch das 14-Uhr-Jugendspiel anstatt des 15-Uhr-Herrenspiels, ging es nun auch eine Stunde früher zurück in die Heimatstadt des damaligen Aufsteigers Hannover 96. Wobei man der Vollständigkeit halber noch anmerken muss, dass TeBe in einer weiteren Aufstiegsrunde gegen die West- und Süd-Vizemeister (Sportfreunde Siegen und OFC Kickers) den noch zu vergebenden vierten Aufstiegplatz errang. Zur Tatort-Zeit waren wir alle wieder daheim und konnten uns schon mal Gedanken machen, ob wir am kommenden Wochenende nochmal die Sommerpause herauszögern. In Berlin, Brandenburg und weiteren neuen Bundesländern wird nämlich nochmals sechstklassig gekickt.

Song of the Tour: Ein Prosit auf die Stralsunder Braukunst!