Venezia (Venedig) 10/2023

  • 07.10.2023
  • Venezia FC – Parma Calcio 3:2
  • Serie B (II)
  • Stadio Pier Luigi Penzo (Att: 9.360)

Am sechsten Tag im zehnten Monats des achtzigsten Jahres nach (Tony) Christie Geburt sollte mich meine kleine Herbstreise von Ljubljana (Laibach) nach Venezia (Venedig) führen. Da die Weiterreise auf der Schiene zeitlich und preislich nicht ganz so attraktiv war, durfte mich FlixBus ausnahmsweise wieder als Kunden begrüßen. Das Ticket kostete 19,99 € und um 12:55 Uhr hatte ich mich am Busbahnhof der slowenischen Hauptstadt einzufinden. Wenige Minuten später ging es mit Cedevita im Arm und Burek lauwarm in die vier Busstunden entfernte Stadt der Canali e gondolieri.

So hätte ich mir eigentlich eine Dusche im Escape in Ljubljana vorgestellt

Die prä- und wahrscheinlich auch post-Corona mit über 30 Mio Touristen pro Jahr gesegnete, respektive verfluchte Stadt erreichte ich um 16:50 Uhr an der Stazione di Venezia Mestre. Mestre ist wiederum der eher unromantische Festlandteil der Metropole, der erst 1926 mit der Lagunenstadt vereinigt wurde. Wer sich für ein Hotel in Mestre statt in der historischen Altstadt entscheidet, kann selbst in der Mittelklasse oft einen dreistelligen Betrag pro Nacht sparen. Denn während ich auf den insgesamt 127 Altstadtinseln an diesem Wochenende kein Einzelzimmer für weniger als 200 € fand, gingen in Mestre die Preise bei ca. 75 € los. Die allerletzte Absteige musste es aber auch nicht werden und so bekam das Hotel Aaron (***) für 110 € pro Übernachtung mit Frühstück den Zuschlag. Die Bilder sahen gut aus, die Bewertungen waren soweit okay und das Hotel ist zugleich nur 500 m vom Bahnhof entfernt. Allerdings hatte ich ein kleines und ziemlich hellhöriges Zimmer neben Fahrstuhl und Rezeption im EG bekommen und das bescheidene Frühstücksangebot sollte auch noch für Unmut sorgen.

Die Einkaufspassage Galleria Matteotti (1912) in Mestre

Nebenbei wirkte das Hotelumfeld nach Einbruch der Dunkelheit etwas speziell. Aber ich war gewiss schon in unseriöseren Winkeln der Welt und die Rauschgiftkrämer an jeder Straßenecke agierten relativ unaufdringlich. Zunächst war es außerdem noch hell und ich schaute mir nach dem Check-in gern mal das kleine historische Zentrum von Mestre an, welches etwa 1.000 m entfernt von meiner Unterkunft zu finden war. Dazu muss ich anmerken, dass im Festlandteil heuer gut 175.000 Menschen und damit über 70 % der ca. 250.000 Gesamteinwohner Venezias gemeldet sind. Vor der Vereinigung lebten lediglich etwas über 20.000 Menschen in Mestre. Doch ab den 1920er Jahren wurden hier ein großer Hafen und jede Menge Industrie angesiedelt, was zehntausende Neubürger nach Mestre lockte. Entsprechend sind nur wenige Gebäude älter als 100 Jahre.

Die Piazza Ferretto im Herzen Mestres

In der jüngeren Vergangenheit trieb derweil die Gentrifizierung bzw. besser Touristifizierung der Lagune viele alteingesessene Venezianer in die Festlandstadtteile. Die sechs Quartiere (Sestieri) der historischen Altstadt sind seit den 1950er Jahren demografisch um etwa 125.000 Bewohner geschrumpft und fielen in diesem Jahr erstmals unter die Marke von 50.000 Einwohnern. Spötter bemerken, dass der Overtourism die Lagunenstadt wesentlich effizienter entvölkert hat, als es dereinst die großen Pestepidemien vermochten. Denn kaum ein Eigentümer will noch dauerhaft vermieten. Mit Ferienwohnungen an den romantischen Kanälen lässt sich ein Vielfaches an Einnahmen erzielen.

Der mittelalterliche Torre dell’Orologio (13.Jahrhundert) krönt die Piazza Ferretto

In Mestre, wo kein Denkmalschutz oder Welterbestatus gigantischen Bettenburgen im Wege steht, kommen natürlich ebenfalls Millionen Übernachtungsgäste pro Jahr unter. Doch abseits der Nachtruhe verbringen die Touristen in der Regel wenig Zeit auf dem Festland. So war Mestres zentraler Piazza Ferretto an diesem Freitagabend überschaubar besucht. An jenem von etlichen Bars, Cafés und Restaurants gesäumten Platz herrscht deshalb wahrscheinlich auch nur bedingt Abzockgefahr. Nichtsdestotrotz landete ich zum Abendessen in einer Seitengasse. Das Bistrot 55 wirkte irgendwie einladend und öffnete just, als ich gegen 19 Uhr daran vorbei spazierte. Nach kurzem Studium der Speisekarte bestellte ich mir dort Asado di manzo biancostato, sprich sorgsam gegarte und danach kurz auf dem Grill geworfene Rinderrippe. Die Kellnerin wies gleich darauf, dass die Zubereitung etwas Zeit in Anspruch nimmt, aber ich wartete gern. Denn das Ergebnis war superzartes Fleisch, dass sich quasi schon beim Angucken vom Knochen löste. Zusammen mit den würzigen Grillkartoffeln nach Art des Hauses und einer Sauce kostete der Genuss 20,50 € und wurde begleitet von 0,2 l Montepulciano d’Abruzzo (6,50 €).

Feinste Rinderrippchen

Das Hotelfrühstück am nächsten Morgen war dagegen verschwendete Lebenszeit. Es gab zwar relativ viel Auswahl, aber die Brötchen waren wirklich ungenießbar und auch ansonsten schien beim Einkauf immer nur ins günstigste Regal gegriffen worden zu sein. Hätte ich das gewusst, wäre ich zu einem Bäcker gegangen und schon ’ne Stunde früher in die Altstadt gefahren. So ging es leider erst um 8:49 Uhr binnen zehn Minuten zum Lagunenbahnhof Stazione di Venezia Santa Lucia (1,45 €). 7 oder 8 Uhr wäre besser gewesen, aber morgens um 9 Uhr waren die Tourimassen ebenfalls noch erträglich. Das Gros der Tagestouristen befand sich wahrscheinlich noch auf der Anreise, während die Übernachtungsgäste um diese Zeit größtenteils am Frühstückstisch gesessen haben könnten. Die verspeisten Lebensmittel dürften allerdings nur in wenigen Fällen in einem der sechs Altstadtquartiere gekauft worden sein. In den vergangenen Jahrzehnten sind ca. 96 % der klassischen Nahversorger den unzähligen Nippesläden mit Souvenirs Made in China gewichen. In solchen Läden kauft die breite Masse begierig ihre belanglosen Erinnerungsstücke an den Trip.

Der Canal Grande

Für den ebenfalls in Scharen nach Venezia strömenden Geldadel haben unterdessen viele Designer und Nobelmarken eigene Niederlassungen an den Kanälen eröffnet. Für betuchtes Klientel sind sogar größere Palazzi in zuvor öffentlicher Hand zu Luxushotels oder Nobelkaufhäusern umgewidmet worden (selten zum Nachteil beteiligter Politiker). Prominentes Beispiel ist der Fondaco dei Tedeschi (Warenkontor der Deutschen). Die ehemalige Niederlassung deutscher Händler am Canal Grande wurde 1228 erstmals urkundlich erwähnt und nach einem Brand im Jahre 1505 im Stile der Renaissance neu errichtet. Dieser Handelspalast diente schließlich von 1870 bis 2011 noch als Hauptpostamt, wurde jedoch bereits 2008 an die Benetton Group verkauft und nach Lockerung des Denkmalschutzes jüngst in eine luxuriöse Shopping Mall verwandelt.

Alte Handelspaläste am Canal Grande

Direkt neben dem Fondaco dei Tedeschi überspannt übrigens die Ponte di Rialto (Rialtobrücke) den Canal Grande. Sie verbindet seit 1591 die beiden geschäftigsten Sestieri San Polo und San Marco. Ausnahmslos jeder Tourist dürfte diese nach einem Entwurf von Antonio da Ponte errichtete Brücke überqueren, sofern er sich als Fußgänger durch die Altstadt bewegt. Sollte der Besucher sich auf dem Wasser transportieren lassen, verzichtet er hingegen kaum auf eine Unterquerung der Ponte di Rialto. Ein Schnappschuss des Bauwerks dürfte ebenfalls für jeden Touri ein Muss sein. Heute gegen 10:30 Uhr ging es an den entsprechenden Spots für das vermeintlich perfekte Foto sogar noch ohne Schlange stehen.

Die Ponte di Rialto

Jetzt sind wir mitten drin im Thema Sehenswürdigkeiten und ich möchte nicht unterschlagen, dass ich vor dem Besuch von Ponte di Rialto und Fondaco dei Tedeschi im Sestiere San Polo noch der Basilica di Santa Maria Gloriosa dei Frari meine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Gegen 5 € Entgelt durfte ich mir die vielleicht bedeutendste gotische Kirche der Stadt (14.Jahrhundert) auch von innen anschauen. Unter zahlreichen Kunstschätzen beglückten mich dabei zwei der Hauptwerke von Tiziano Vecellio (Tizian) besonders. Zum einem das zwischen 1516 und 1518 geschaffene Altargemälde Assunta (Mariä Himmelfahrt), welches mit einer Höhe von 6,90 m und einer Breite von 3,60 m zugleich das größte jemals von Tiziano gemalte Werk ist. Zum anderen die zwischen 1519 und 1526 gemalte Madonna di Ca‘ Pesaro (Madonna des Hauses Pesaro), die oft als der künstlerische Höhepunkt seines Schaffens bezeichnet wird. Ferner hat der Künstler in dieser venezianischen Basilika auch seine Grabstätte.

Die Piazza San Marco

Auf der anderen Seite der Ponte di Rialto steuerte ich im Sestiere San Marco dann zielstrebig die Piazza San Marco (Markusplatz) an. Diese Piazza ist mit einer Breite von 82 m und einer Länge von 175 m nicht nur Venezias größter, sondern wahrscheinlich auch der einer berühmtesten Plätze der Welt. Hier findet der Besucher die Basilica di San Marco (Markusdom) nebst 98,6 m hohen Campanile (Glockenturm), wie auch die einen Großteil des Platzes umschließenden Procuratie di San Marco (Prokuratien), in denen u. a. das Museo Correr und das Museo Archeologico Nazionale di Venezia zuhause sind. Am Nebenplatz Piazzetta San Marco befinden sich ferner die beiden den Stadtheiligen Marco (Markus) und Todaro (Theodorus) gewidmeten Säulen, sowie die Biblioteca Nazionale Marciana und der Palazzo Ducale (Dogenpalast).

Die Colonna di Marco, die Biblioteca Nazionale Marciana und der Campanile

Hier ist alles gewiss nicht nur einen Blick, sondern auch einen Besuch wert. Aber da ich mir frevelhaft nur einen Tag in Venezia erlaubte, mussten leider deutliche Abstriche beim Kulturprogramm gemacht werden. Die größte Priorität räumte ich heute dem Palazzo Ducale ein, für den ich mir bereits vor Reiseantritt ein Ticket gekauft hatte. 30 € kostete jene Eintrittskarte, welche mir zugleich Zutritt zum Museo Correr, Museo Archeologico Nazionale und zur Biblioteca Nazionale Marciana verschafft hätte. Da man als Tagestourist kaum alles vier an einem Tag besuchen kann, war es natürlich ärgerlich, dass es ausschließlich diese Kombitickets zu erstehen gibt. Aber opfer’n wir nun keine Zeilen dieses Berichts für Klagelieder. Die habe ich mir an diesem Urlaubstag ebenfalls gespart.

Die orientalisch anmutende Südfassade des Palazzo Ducale spiegelt Venezias Brückenfunktion zwischen Orient und Okzident gut wider

Stattdessen genoss ich ab 12 Uhr – man muss zwecks Steuerung der Besucherströme ein Time Slot buchen – diesen wunderbaren Palast, der mir neben seinen Kunstschätzen auch die bewegte Geschichte der Serenissima Repubblica di San Marco (Durchlauchtigste Republik des Heiligen Markus) von ihrem Anfang bis zu ihrem Ende näher brachte. Dabei ist zwar kein tatsächliches Gründungsjahr der Lagunenstadt auszumachen, allerdings sorgten Einfälle der Westgoten und Hunnen im 5.Jahrhundert für einen Flüchtlingsstrom vom nahen Festland auf die bereits zum Teil besiedelten Inseln der Lagune. Im 6.Jahrhundert kam die noch junge Stadt unter byzantinische Herrschaft, hatte jedoch gewisse Autonomie. Als die Byzantiner sich im 8.Jahrhundert aus der nördlichen Adria zurückzogen, stieg Venezia langsam zu einer regionalen Macht auf.

Im Innenhof bildet der Arco Foscari den prachtvollen Übergang vom Palazzo Ducale zur Basilica di San Marco

In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich die Stadt zu einer der wichtigsten Drehscheiben des internationalen Handels. Die venezianischen Kaufleute importierten u. a. Luxusgüter wie Seide und Gewürze aus dem Orient und veräußerten diese weiter in die Metropolen des Okzidents. Gleichwohl wurden in den Börsen Venezias allerhand Waren aus dem restlichen Europa feilgeboten. Durch den florierenden Handel und die daraus erzielten Erträge, konnten die Venezianer sich neben einer Handelsflotte auch eine große Kriegsflotte leisten, mit der sie im Hochmittelalter zur mächtigsten Seemacht des Mittelmeerraums aufstiegen. Schon bald nutzte die Serenissima ihre militärischen Möglichkeiten, um sich territorial deutlich auszudehnen. Im Golfo de Venezia (Golf von Venedig) hatte sich die Stadtrepublik bereits früh die Küste nebst Hinterland (die so genannten Domini di Terraferma) untertan gemacht. An der adriatischen Ostküste folgte sukzessive eine Ausdehnung von Istrien bis hinunter zum Peloponnes und teilweise darüber hinaus. Neben den wichtigen Hafenstädten an der Küste, eroberten die Venezianer auch etliche Mittelmeerinseln. Darunter Kreta (1204), Korfu (1383) und Zypern (1489).

Die Scala dei Giganti (auf ihrem obersten Absatz wurden die Dogen inthronisiert)

Im 16.Jahrhundert begann der Stern der Serenissima Repubblica jedoch langsam wieder zu sinken. Die koloniale Expansion anderer europäischer Mächte nach Amerika, Afrika und teilweise gar Asien schuf völlig neue Handelsrouten, die den Anteil der Markusrepublik am Welthandel drastisch reduzierten. Dazu begannen die Habsburger und das Osmanische Reich ein Ringen um Südosteuropa, welches auch die Territorien der Venezianer einschloss. Die Stadtrepublik konnte sich an der Adriaküste zwar noch lange behaupten, verlor aber im 16. und 17.Jahrhundert einen Großteil seiner Küstenstädte und Inseln in der Levante. Eine schwere Pestepidemie zu Beginn der 1630er Jahre trug ebenfalls zum Niedergang bei. In der Lagunenstadt forderte dieser schlimmste aller Pestausbrüche mutmaßlich 50.000 Menschenleben, was damals ungefähr 35 % der Gesamtbevölkerung entsprach. Im ausgehenden 18.Jahrhundert war die Serenissima wieder zur regionalen Macht geschrumpft, die 1797 in den Koalitionskriegen (1792 – 1815) von Napoleon Bonaparte unterworfen wurde. Doch nachdem dessen kurzlebiges Imperium ebenfalls unterging, kam die einstige Republik 1815 zusammen mit der Lombardei als Regno Lombardo-Veneto (Lombardisch-Venezianisches Königreich) unter habsburgische Herrschaft und wurde 1866 letztlich Teil des erst fünf Jahre zuvor konstituierten italienischen Nationalstaats.

Il Bucintoro (die prunkvolle Staatsgaleere der Dogen)

Aber der Palazzo Ducale ist natürlich nicht Zeugnis des Niedergangs der Serenissima, sondern symbolisiert zuvorderst den Höhepunkt des venezianischen Reichtums und Machtanspruchs. Die hier bis 1797 residierenden Dogen hatten zunächst eine lokale Stellvertreterrolle der byzantinischen Herrscher. Doch mit der Loslösung vom Byzantinischen Reich stieg der Doge im späten 8.Jahrhundert gewissermaßen zum Staatsoberhaupt auf. Während die ersten Dogen ihre Amtsgeschäfte in einer hölzernen Zitadelle ausübten, entstand im 9.Jahrhundert der erste Vorgängerbau des heutigen Palazzo Ducale. Im 12. Jahrhundert wurde schließlich ein dreiflügeliger Palast mit Innenhof errichtet, der Mitte des 14. Jahrhunderts nochmal großzügig um- und ausgebaut wurde. Seinerzeit entstand der bis heute im Wesentlichen erhaltene Prunkbau, der zu den bedeutendsten Profanbauwerken der Gotik gezählt wird.

La Sala delle Quattro Porte (der Saal der vier Türen)

Die wichtigsten Innenräume des Palazzo Ducale sind wiederum Meisterwerke der Renaissance. Da wäre zum einen das Appartamento Ducale, wo sich das venezianische Staatsoberhaupt ins Private zurückziehen konnte. Stuck, Marmor und edel verzierte Holzdecken ließen den Dogen durchaus nobel logieren. Gegenüber den institutionellen Sälen dieses Regierungs- und Justizpalastes kommen die Gemächer jedoch beinahe bescheiden daher. Denn der Doge hatte in der Serenissima Repubblica nicht die absolute Macht. Der vom Adel gesteuerte Staat besaß mächtige Gremien, die ab dem Mittelalter das Amt des Dogen mehr und mehr beschnitten. Diese Gremien waren ebenfalls im Palazzo Ducale zuhause und tagten in großen Prunksälen, die wiederum von herausragenden Künstler wie Tiziano Vecellio, Jacopo Tintoretto, Vittore Carpaccio, Giovanni Bellini, Gianbattista und Giandomenico Tiepolo, Paolo Veronese und Antonio Rizzo ausgestaltet wurden.

Der Sala del Maggior Consiglio (an der Wand Tintorettos Meisterwerk Il Paradiso)

Sozusagen die politische Herzkammer der Serenissima war der Maggior Consiglio (Großer Rat), der von bis zu 2.000 Vertretern des lokalen Adels konstituiert wurde und im Sala del Maggior Consiglio tagte. Jener Rat wählte den Dogen in einem komplizierten Verfahren auf Lebenszeit, konnte ihn aber auch wieder absetzen. Darüber hinaus wurden in diesem Gremium nahezu alle anderen wichtigen Würden- und Funktionsträger der Republik gewählt (u. a. Richter, Minister, Heerführer und Botschafter). Mit 54 x 25 m ist der Sala del Maggior Consiglio deshalb wenig überraschend der größte Versammlungssaal im Palazzo Ducale. Nicht minder beeindruckend ist seine künstlerische Gestaltung. Nach einem Brand im Jahre 1577 machten sich u. a. Veronese und Tintoretto an die Neugestaltung des Saales. Die Wände wurden mit Episoden der venezianischen Geschichte dekoriert, während die Decke mit Allegorien verschiedener Tugenden gestaltet ist. Eine Kopfseite des Saals wird wiederum komplett von Tintorettos Monumentalgemälde Il Paradiso (Das Paradies) eingenommen.

Sala del Collegio (hier tagte die Signoria)

Der Maggior Consiglio wählte aus seinen Reihen auch die Mitglieder des sechsköpfigen Consiglio Minore (Kleiner Rat), der ab dem 15.Jahrhundert zusammen mit dem Dogen und den drei Capi della Quarantia (Vorsitzende der Quarantia) sozusagen die als La Signoria bezeichnete Regierung der Republik bildete. Die Quarantia (Rat der Vierzig) war wiederum der ebenfalls vom Maggior Consiglio gewählte Oberste Gerichtshof. Diese Gewaltenteilung und der Umstand, dass jede noble Familie der Stadtrepublik im Maggior Consiglio gleichwertig repräsentiert war, sorgte für die weitgehende innenpolitische Stabilität der Serenissima Repubblica über all die Jahrhunderte hinweg. Der vielleicht prominenteste Umsturzversuch datiert dabei aus dem Jahr 1310, als der venezianische Edelmann Baiamonte Tiepolo die Macht an sich reißen wollte und die Adelsrepublik in eine Erbmonarchie umgewandelt werden sollte. Doch Tiepolo und seine Mitverschwörer wurden in letzter Minute selbst verraten. Zur Aufarbeitung des vereitelten Staatsstreichs wurde vom Maggior Consiglio der Consiglio dei dieci (Rat der Zehn) als eine Art Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich anschließend zur einer dauerhaften Staatsschutzbehörde entwickelte.

Sala dello Scrutinio (Abstimmungssaal)

Thematisch zu Verschwörungen passend, aber weitaus weniger prunkvoll ist der dem Palazzo Ducale angeschlossene Gefängnistrakt Prigioni nuove. Konnten von der Quarantia für schuldig befundene Verbrecher und Verräter aufgrund mildernder Umstände dem Schafott entgehen, geleitete man sie über die Ponte dei Sospiri (Seufzerbrücke) in die Kerker des Prigioni nuove (Neues Gefängnis). Die venezianischen Bürger malten sich aus, dass die Delinquenten beim Gang über die Brücke durch deren Gitterfenster einen letzten Blick auf die blau schimmernde Lagune geworfen haben und von Schwermut erfasst einen Seufzer ausstießen. So bekam die eigentlich namenlose Brücke im Laufe der Zeit die Bezeichnung Ponte dei Sospiri.

Die Ponte dei Sospiri (links der Palazzo Ducale, rechts die Prigioni nuove)

Ein weiterer Gefängnistrakt befand sich übrigens unter dem mit Blei gedeckten Dach des Palazzo Ducale. In diesen Piombi (Bleikammern), in denen es im Winter bitterkalt und im Sommer unerträglich heiß wurde, saß ab dem 26.Juli 1755 ein gewisser Giacomo Casanova ein. Der vergnügungssüchtige Freigeist war als 30jähriger ins Visier des Consiglio dei dieci geraten und die Spitzel jenes Staatsschutzes trugen allerhand belastende Anschuldigungen zusammen. Casanova sei Freimaurer, habe verbotene Kontakte zu Ausländern, betreibe Gotteslästerung, betrüge im Spiel und vieles mehr wurde an Vorwürfen postuliert. Schmähungen gegen die heilige Religion lautete der daraus konstruierte Vorwurf, für den der liebestolle Lebemann eigentlich 30 Jahre Haft verbüßen sollte. Doch in der Nacht vom 31.Oktober auf den 1.November 1756 gelang Casanova die für unmöglich gehaltene Flucht, die er später auch literarisch verarbeiten sollte. 1788 erschien sein in französischer Sprache verfasster Roman Histoire de ma fuite des prisons de la République de Venise qu’on appelle les Plombs (Geschichte meiner Flucht aus den Gefängnissen der Republik von Venedig, die man die Bleikammern nennt).

Ausblick von der Ponte dei Sospiri

Ich könnte auch noch ganze Romane über den Palazzo Ducale, sowie das komplexe Staatswesen und die bewegte Geschichte der Serenissima Repubblica verfassen. Im Nachgang meiner Reise habe ich mich da fast schon zu tief eingearbeitet und deshalb auch zunächst einmal das Schreiben dieses Berichts aufgeschoben. Doch ich war nicht nur aufgrund meiner Leidenschaft für Geschichte und Staatslehre in die Lagunenstadt gereist. Als ich den Palazzo Ducale gegen 14:30 Uhr wieder verließ, wurde ich prompt an das andere Motiv erinnert. Denn die Piazza San Marco war nicht nur deutlich voller an Menschen geworden, sondern vereinzelt waren bereits Trikots des Venezia FC an den Oberkörpern der Flaneure auszumachen. So ungefähr 105 Minuten verblieben mir noch bis zum Anpfiff der heutigen Partie, von denen ich ca. 45 Minuten für den Weg zum Stadion und das dortige Anstehen am Eingang abziehen musste. Wofür nutze ich also die verbliebene Stunde?

Blick von der Ponte de la Pietà auf den schiefen Turm der orthodoxen Chiesa di San Giorgio dei Greci

Die Basilica di San Marco und die in meinem Kombiticket enthaltene Biblioteca Nazionale Marciana standen auf meiner Liste noch ganz oben, glänzten heute jedoch mit geschlossenen Pforten für Besucher. Museo Correr und Museo Archeologico Nazionale hatten zwar geöffnet, aber für einen Museumsbesuch fand ich eine Stunde unzureichend. Vielleicht Kaffeepause auf der Piazza San Marco? Dass man einen Cappuccino für 13 € getrunken hat, wäre natürlich auch berichtenswert gewesen. Aber eigentlich wollte der Körper mehr als ein Heißgetränk. Ich beschloss mich vom Trubel zu entfernen und auf dem Weg zum Stadion Ausschau nach einer einladenden Gastwirtschaft zu halten. Im östlichsten Sestiere Castello fiel mir nun auf halber Strecke zum Stadion die Via Giuseppe Garibaldi ins Auge. In der einzigen wirklich breiten Straße der Altstadt reihen sich etliche Bars und Restaurants aneinander und heute stimmten sich hier zahlreiche Fans auf das bevorstehende Fußballspiel ein.

Meine venezianische Vesper

Ich ließ mich nach ein paar Straßenmetern bei der Osteria Salvmeria nieder. Dieses kleine Lokal durfte mir eine üppige Platte mit Käse-, Wurst- und Schinkenspezialitäten servieren (30 €), die mutmaßlich für mehrere Personen gedacht war (aber mein Magen hatte genug Platz). Dazu genoss ich gut gehopfte 0,4 l Via Emilia aus dem Hause Birrificio del Ducato (7 €). Angeblich das international am meisten prämierte Pilsener aus Italien. Aber interessanter fand ich, dass es im Umland von Parma gebraut wird und dieses Bier somit nicht nur – wie auf der Homepage angepriesen – gut zu Salumi e Affettati, sondern auch perfekt zur heutigen Ansetzung Venezia FC vs. Parma Calcio passte.

Im Osten der Lagunenstadt wird es mitunter einsam

Die letzten 1,312 km zum Austragungsort besagter Ansetzung nahm ich gegen 15:30 Uhr in Angriff. Das Stadio Pier Luigi Penzo des Venezia FC befindet sich im äußersten Osten der Altstadt auf der Insel Sant’Elena und wurde bereits 1913 als Campo di Sant’Elena eingeweiht. Das macht es nach dem zwei Jahre früher eröffneten Stadio Luigi Ferraris in Genoa (Genua) zum zweitältesten Stadion im italienischen Profifußball. Dazu dürfte vielleicht einzigartig sein, dass man die Heimspielstätte des Venezia FC nicht per PKW ansteuern kann. Entweder kommt man per Boot oder wie ich zu Fuß. Da fragt man sich doch gleich, ob es an einem Pier gebaut wurde, der nach einem Ehrenmann namens Luigi Penzo benannt wurde. Aber nein; Pier ist in diesem Fall schon ein Vorname und Pier Luigi Penzo (* 1896) war seines Zeichens italienischer Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. Nach Penzos Tod († 1928) befanden die Faschisten, dass man doch posthum das Fußballstadion seiner Heimatstadt nach ihm benennen könnte.

Der Ehreneingang des Stadio Pier Luigi Penzo

Ich nahm in diesem altehrwürdigen Stadion auf der Gegengerade Platz (27 €), die seit 2016 zum Gedenken an eine bei den islamistischen Anschlägen vom 13.November 2015 in Paris getötete venezianische Studentin Tribuna Valeria Solesin heißt. Hier können 3.940 der insgesamt 11.150 im Stadion zugelassenen Besucher sitzen. Und heute blieb kaum eine Sitzschale leer. Es war schließlich das Spitzenspiel der Serie B an diesem 9.Spieltag. Der Dritte (15 Punkte) empfing den Tabellenführer (20 Punkte). Obendrein herrscht nach mehreren Zusammenstößen in den letzten Jahren zwischen beiden Fanszenen eine tiefe Abneigung. Deshalb war die Atmosphäre nicht nur aufgrund der sportlichen Ausgangslage besonders knisternd.

Die Curva Sud

Parma Calcio begann selbstbewusst und verzeichnete in der 8.Minute den ersten Torschuss der Partie. Doch Simon Sohm hob den Ball dabei ein Stück über die Latte. Vier Minuten später rettete die Venezianer gerade noch der Pfosten, als Parmas polnischer A-Nationalspieler Adrian Benedyczak aus kurzer Distanz zum Abschluss kommen durfte. Der Club aus der Emilia-Romagna, der zwar noch nie eine italienische Meisterschaft feiern durfte, aber in den 1990er Jahren stolze dreimal Europapokalsieger wurde, blieb fortan spielbestimmend und kam zu weiteren Strafraumszenen. Allerdings sollte der Pfostentreffer bis zum Pausenpfiff die größte Chance auf den Führungstreffer bleiben. Bei den Venezianern strahlte wiederum Joel Pohjanpalo ab Mitte der Halbzeit ein-, zweimal Torgefahr aus. Aber ein Treffer war den Leoni Alati (Geflügelte Löwen) zunächst ebenfalls nicht vergönnt.

Die mitgereisten Parmigiani

Doch der gastgebende italienische Pokalsieger von 1941 konnte optimal in den zweiten Durchgang starten. Gianluca Busio brachte die Arancioneroverdi in der 46.Minute nach Vorarbeit von Pohjanpalo in Führung. Dabei muss ich einfach mal anmerken, dass Arancioneroverdi (orange-schwarz-grün) eine fesche und mindestens seltene, wenn nicht gar einzigartige Farbkombi ist. Schuld daran ist die Fusion des schwarz-grünen Venezia Football Clubs (gegründet 1907) mit der orange-schwarzen Associazione Calcio Mestre (1927) vor über 35 Jahren. Beide Clubs dümpelten damals in der viertklassigen Serie C2 rum und waren nebenbei ziemlich verfeindet. Doch gegen alle Widerstände sorgte der Geschäftsmann Maurizio Zamparini 1987 für die Bündelung der Kräfte unter einem gemeinsamen Dach.

Gäste und Gastgeber interagierten leidenschaftlich auf den Rängen

Zunächst wurde übrigens in Mestre gekickt und während einige alte Fans von AC Mestre und Venezia FC dem Fusionsprodukt den Rücken kehrten, gründeten jüngere Enthusiasten 1987 sogleich die Ultras Unione. Eine dezidiert linke Gruppe, welche die Kurve fortan prägen sollte. Wenngleich man in der eigenen Fanszene mit der Vecchia Guardia einen großen Kontrahenten hatte. Diese Gruppe lehnte die Fusion mit Mestre ab und bestand weiter auf ein ausschließlich schwarz-grünes Erscheinungsbild. Während die Kurve nun ihre Richtungskämpfe auszutragen hatte, gelang dem Fusionsclub binnen vier Jahren immerhin der Sprung in die Serie B, der mit der Rückkehr nach Sant’Elena einherging. 1998 folgte der Aufstieg in die Serie A und das Stadio Pier Luigi Penzo sollte in der ersten Erstligasaison seit 1966/67 regelmäßig ausverkauft sein.

Die Gruppe Tredici Maggio existiert seit 2017 und stammt aus dem Festlandstadtteil Campalto

Trotz dieser Entwicklung standen der Kurve ab 1998 schwierige Zeiten bevor. Obschon die Vecchia Guardia seit 1995 Geschichte war, begannen die übrigens mittlerweile mit den Ultras Rapid aus Wien befreundeten Ultras Unione langsam zu zerbrechen. In den nächsten Jahren kam es zu mehreren Abspaltungen und ein politischer Richtungsstreit zwischen rechten und linken Ultras lähmte die Curva Sud. Ferner verloren die Ultras Unione ihren Capo und Mitgründer Bae (bürgerlich Francesco Romor) im Frühjahr 2001 nach schwerer Krankheit. 2006 zog die Gruppe schließlich nach 19 bewegten Jahren einen endgültigen Schlussstrich und neue Gruppen, mit teilweise alten Köpfen organisierten die Curva Sud von da an. Neue Dachgruppen scheiterten mehrmals und aktuell prägen kleine bis mittelgroße Zusammenschlüsse wie Ventisei Giugno 1987, Brigate Lagunari 1987 oder Tredici Maggio das Kurvenbild.

Die Boys Parma sind hingegen seit 1977 ununterbrochen an der Seite ihres Clubs

Sportlich entwickelten sich die Spielzeiten ab 1998 ebenfalls zu einer Achterbahnfahrt für die Lagunari. 1999 gelang zunächst der Klassenerhalt in der Serie A, aber bereits 2000 mussten die Arancioneroverdi wieder absteigen. Zwar glückte Ende der Saison 2000/01 der sofortige Wiederaufstieg, doch nach nur einer Spielzeit ging es im Sommer 2002 abermals zurück in die Serie B. Zamparini verkaufte den Club nun und engagierte sich ab der Saison 2002/03 lieber in Palermo. 2005 stieg der damals als AC Venezia firmierende Club letztlich nicht nur in die 3.Liga ab, sondern musste gar Konkurs anmelden. Der Nachfolgeverein SSC Venezia ging 2009 ebenfalls bankrott und als FBC Unione Venezia startete man in der 4.Liga neu. Zwei Jahre später übernahm eine russische Unternehmensgruppe den Club, aber die Versprechen aus Russland waren größer als die tatsächlichen finanziellen Zuwendungen. So musste man 2015 mal wieder einen Insolvenzantrag ausfüllen.

In Venezia prägen viele Fraktionen das Kurvenbild

Investoren aus den USA stiegen ein und als Venezia Football Club fing man nochmals in der 4.Liga neu an. Aber diesmal wurde wirklich vieles besser und 2016 und 2017 konnten jeweils Aufstiege gefeiert werden. Danach etablierte man sich vorerst in der Serie B und in der Saison 2020/21, als die Lagunenstadt – pandemisch bedingt – plötzlich von Delfinen anstatt Touristen besucht wurde, realisierten die Venezianer noch einen Aufstieg. Aber das neuerliche Gastspiel in der Serie A wurde ähnlich kurz, wie die Wiederkehr der niedlichen Meeressäuger in venezianischen Gewässern. Nun also seit 2022 wieder Serie B, doch eine dauerhafte Rückkehr ins Oberhaus bleibt das große Ziel der Clubführung.

Die Gäste zelebrieren den Ausgleichstreffer

Die Saison ist zwar noch jung, aber der gute Start nährt die Hoffnungen der Tifosi. Jetzt auch noch die Führung im Spitzenspiel, die Parmas pommerscher Penaltyspezialist Benedyczak allerdings schnell vom Punkt egalisieren konnte (54.Min). Die rund 500 mitgereisten Parmigiani im Settore ospiti gerieten in Ekstase und meine venezianischen Sitznachbarn in Rage. Man tauschte leidenschaftlich vorgetragene Spottverse und wilde Gesten aus. Schöne und mitreißende Folklore, aber eine wirklich wirksame Replik auf Parmas neue Euphorie musste selbstredend auf dem Platz folgen.

Man greift förmlich nach dem Sieg…

Dort hatten wir durch den Ausgleich eine Situation, die erste Antworten auf die Frage nach der Aufstiegsreife der Venezianer liefern könnte. Dreht der Tabellenführer nun gar die Partie oder untermauert der Stolz der einstigen Serenissima Repubblica die eigenen Ansprüche auf einen Platz an der Sonne durch eine erneute Führung? Vertraut man der Methodik eines bekannten Portals, hat der Kader von Parma Calcio gegenwärtig nicht nur den höchsten Marktwert der Serie B, sondern ist auch doppelt so viel wert wie jener des Venezia FC. Aber der Fußball lebt bekanntlich davon, dass Marktwerte und statistische Wahrscheinlichkeiten regelmäßig gegenstandslos gemacht werden. So auch heute, als zunächst Tanner Tessmann (64.) und anschließend Mikael Ellertsson (78.) die Lagune zweimal beben ließen. Vielleicht war nicht gleich die ganze Stadt einsturzgefährdet, aber die Stahlrohrtribünen des Stadio Pier Luigi Penzo gerieten bei den Emotionsausbrüchen wirklich an ihre Belastungsgrenze.

…und erwartet nach Abpfiff sehnsüchtig die Mannschaft in der Kurve

Ich positionierte mich nun lieber von der obersten in die unterste Reihe um. Doch mangelndes Vertrauen in italienische Planer, Statiker und Facharbeiter weise ich an dieser Stelle entschieden von mir. Ich wollte einfach nur näher an der Curva Sud sein und hoffte, dass sich deren Gesänge so noch besser in meiner Ohrmuschel festsetzen können. Die Elf auf dem Platz verteidigte ihren Vorsprung unterdessen wacker und alle fieberten dem Abpfiff entgegen. Es gab nochmal sechs Minuten on top, aber Parmas zweiter Treffer durch den in Ludwigsburg geborenen Stürmer Antonio Čolak (90+3.) kam zu spät. Die Crociati (Kreuzfahrer) sollten heute ohne Punkte auf’s Festland zurückkehren.

Ein letzter Blick auf’s altehrwürdige Stadion

18:13 Uhr war endlich Abpfiff und die Venezianer lagen sich freudestrahlend in den Armen. Ob die Leoni Alati sich tatsächlich in der Spitzengruppe festsetzen, werden die nächsten Wochen zeigen. Sollte tatsächlich am Ende der Saison der ganz große Wurf gelingen, wird allerdings auch wieder die Stadionfrage akut. Schon Zamparini wollte es bauen, die Russen hatten es ebenfalls versprochen und auch die US-Amerikaner reden seit ihrem Einstieg davon: Ein neues und vor allem zeitgemäßes Stadion auf dem Festland.

Das Spiel endete pünktlich zum Sonnenuntergang

Ich überlegte nach Spielschluss, ob ich wie viele Fans per Vaporetto (Wasserbus) zur Stazione di Venezia Santa Lucia fahre oder während Sonnenuntergang und Blauer Stunde einen weiteren Spaziergang durch die Lagunenstadt mache. Weil ich insgeheim hoffte, dass die Touris größtenteils aus der Stadt oder wenigstens vom Straßenpflaster hinunter sind, entschied ich mich für den Fußmarsch. Aber weniger als am Nachmittag war leider nicht los. Kaum kam der Palazzo Ducale wieder in Sicht, wurde es erneut crowdy. Oft ging es nur im Gänsemarsch durch die Gassen, so dass ich 96 Minuten für die rund fünf Kilometer benötigte. Klar, kurze Stopps für Fotos, sowie einen knapp zehnminütigen Abstecher in einen Minimarkt zwecks Erfrischungsgetränken, müssen wir abziehen. Aber dennoch benötigte ich locker 20 Minuten mehr für die Distanz, als unter normalen Umständen.

Die Ponte di Rialto in der Blauen Stunde

Am Bahnhof kam ich also gegen 19:50 Uhr an und die nächstbeste Bahn nach Mestre fuhr 20:09 Uhr. Es wurde wieder in der App von Trenitalia ein Fahrschein für 1,45 € gelöst und ziemlich genau um 20:30 Uhr war ich zurück im Hotel. Ich setzte mich noch für zwei Stündchen an den Schreibtisch und tippte schon mal Notizen für diesen Reisebericht ab. Begleitet von Gedanken, dass man natürlich viel mehr in Venezia hätte sehen und machen können. Noch etliche Kirchen und Museen oder auch das Ghetto di Venezia wären garantiert einen Besuch wert gewesen. Ein Bootsausflug nach Murano oder Burano hätte bestimmt ebenfalls Vergnügen bereitet. Gibt es in Venezia so etwas wie eine Nebensaison? Dann kehre ich in jenem Zeitraum gerne nochmal wieder.

Song of the Tour: Die drei Dogen des deutschen Schlagers mit ihrer Ode an die Lagunenstadt