Regensburg 04/2023

  • 09.04.2023
  • SSV Jahn Regensburg – 1.FC Magdeburg 2:2
  • 2.Bundesliga (II)
  • Jahnstadion (Att: 10.011)

Am Ostersonntag ging es um 6:30 Uhr in Nürnberg aus den Federn und 35 Minuten später per RegionalExpress weiter nach Regensburg. Kurz nach 8 Uhr erreichte ich die 150.000-Einwohner-Stadt an Donau und Regen, deren Geschichte bis in die Antike zurückreicht. Im Jahre 179 n. Chr. ließ der römische Kaiser Mark Aurel hier das Militärlager Castra Regina für eine komplette Legion (6.000 Mann) errichten. Deren Aufgabe war die Sicherung der Donaugrenze des Römischen Reiches gegen die germanischen Stämme nördlich des Flusses. Neben dem Lager entwickelte sich auch eine Zivilsiedlung städtischen Charakters, in der seinerzeit ebenfalls mehrere tausend Menschen lebten.

Diese Mauer ist fast so alt wie die biblische Ostergeschichte

Auf architektonische Zeugnisse aus der Römerzeit stieß ich heute sogleich gegenüber vom Hauptbahnhof. Man findet dort Überreste der einstigen Umfassungsmauer von Castra Regina. Ferner sollte ich später noch auf das einstige römische Nordtor Porta Praetoria stoßen, welches man 1885 beim Abriss einer Brauerei wiederentdeckte und restaurierte. Neben der Porta Nigra in Trier die einzige, zumindest teilweise erhaltene römische Toranlage auf deutschem Boden.

Das mittelalterliche Ostentor

Mein historischer Stadtspaziergang führte mich jedoch zunächst einmal zu einer Toranlage aus dem Mittelalter. Das ab 1284 entstandene Ostentor am Ostrand der Altstadt war einer von sechs Tortürmen der ehemaligen Stadtbefestigung und zählt heute zu den besterhaltenen gotischen Stadttoren Deutschlands. Das fünfgeschossige Bauwerk entstand über der östlich nach Wien führenden mittelalterlichen Straße und war somit das Stadttor, durch das die meist aus Wien kommenden Kaiser zum Immerwährender Reichstag zu Regensburg jahrhundertelang in die Stadt einzogen.

Unterwegs in den Gassen der Regensburger Altstadt

Nachdem ich das Ostentor durchschritten hatte, spazierte ich ein wenig durch die Altstadt und dann zog es mich ans Ufer der Donau. Dort überschritt ich via Eiserner Brücke und Grieser Steg erstmals am heutigen Tage den Fluss. Mein Etappenziel war dabei der Bezirk Stadtamhof. Die kleinste Gemarkung der Regensburger Stadtgliederung war bis 1924 eine selbstständige Stadt. Diese wurde 1050 erstmals urkundlich erwähnt und während Regensburg erst 1810 an das Königreich Bayern fiel (bis dahin war es Freie Reichsstadt), war Stadtamhof schon seit dem Mittelalter bayrisch.

Regensburg-Stadtamhof

Eine gewisse folkloristische Abneigung zwischen den alteingesessenen Regensburgern südlich der Donau und den Stadtamhofern am Nordufer des Flusses soll sich bis heute erhalten haben. Entsprechend möchte ich an dieser Stelle betonen, dass der Regensburger Eintrag ins Welterbe der UNESCO „Altstadt von Regensburg mit Stadtamhof“ lautet. Denn Stadtamhof kann durchaus auch mit einigen Sehenswürdigkeiten beeindrucken, zuvorderst mit der Rokokokirche der einstigen Klosteranlage St. Mang.

Die Steinerne Brücke und Stadtamhof

Über die Flussinsel Oberer Wöhrd führte mich meine Route anschließend zurück in die Regensburger Altstadt. Dabei wandelte ich nun auf der Steinernen Brücke, die bald ihren 900.Geburtstag feiern darf und somit eine der ältesten Brücken Deutschlands ist. Mit ihrer Länge von über 300 Metern gilt die zwischen 1135 und 1146 errichtete Steinerne Brücke als ein Meisterwerk mittelalterlicher Baukunst und ist neben dem Regensburger Dom das wohl bedeutendste Bauwerk der Stadt.

Die Steinerne Brücke und die Altstadtseite der Donau

Zugleich leistete die Steinerne Brücke einen großen Beitrag zum politischen und wirtschaftlichen Aufstieg Regensburgs im Hochmittelalter. Dieser zuverlässige Übergang über die Donau erhob die Stadt zu einem wichtigen Umschlagplatz auf den Handelsrouten von und nach u. a. Italien, Böhmen und Byzanz. Dies ermöglichte den Regensburgern nicht nur den transkontinentalen Austausch von Waren, sondern sorgte auch für verschiedenste kulturelle und architektonische Einflüsse, die das Stadtbild bis heute prägen.

Der Brückturm

Mein neuerlicher Zugang zur Altstadt wurde am Südende der Steinernen Brücke der Brückturm aus dem 13.Jahrhundert. Dieser bildet mit dem Salzstadel – zwischen 1616 und 1620 errichtet und heute Heimat des Besucherzentrums Welterbe Regensburg – und dem Amberger Stadl (1487) ein schönes Ensemble. Ferner findet man im Schatten des Brückturms die weltweit älteste Wurstbräterei. Die historische Wurstkuchl soll bereits im 12.Jahrhundert die Bauarbeiter der Steinernen Brücke mit den nötigen Kalorien versorgt haben.

Der Signature Dish der historischen Grillhütte im Hintergrund

Selbstverständlich kam ich nicht umhin, mir beim just um 10 Uhr öffnenden „Alpha der deutschen Imbisskultur“ drei Würstl, Sauerkraut und süßen Senf (alles hausgemacht) im backfrischen Kipferl reichen zu lassen (3,90 €). Die herzhaften kleinen Bratwürste aus dem Schweinehinterschinken, die krossen Kipferl mit ganzen Kümmelkörnern, die saure Note des Krauts und die Süße des Senfs machen gemeinsam auf dem Gaumen mächtig was los.

David vs. Goliath

Al nächstes lagen die wesentlichen Sehenswürdigkeiten der Altstadt vor mir. Den Anfang machte dabei das Goliathhaus (13.Jahrhundert). Zwar leitet sich der Name des Hauses nicht von der biblischen Figur des Goliath, sondern von den Goliarden ab (umherziehende Kleriker des Mittelalters, denen ein Vorgängerbau des Goliathhauses in Regensburg als Herberge diente), dennoch zeigt seine Schaufassade ein 1573 erstmals entworfenes und seitdem mehrfach erneuertes Fresko des Kampfes zwischen David und Goliath. Ab 1290 war das Goliathhaus Stammsitz der Patrizierfamilie Thundorfer, was die repräsentative Baugestalt dieser Stadtburg erklärt.

Die Überreste der Porta Praetoria

Anschließend war mir die bereits erwähnte Porta Praetoria einen kleinen Abstecher wert, ehe es weiter zum Regensburger Dom ging. Es ist nicht nur die einzige gotische Kathedrale Bayerns, sondern neben dem Kölner Dom wahrscheinlich auch die bedeutendste Kathedrale dieser Stilepoche in ganz Deutschland. Mit dem Kölner Pendant teilt man sich obendrein eine ähnliche Baugeschichte. Nachdem die Regensburger Dombauhütte 1275 ihre Arbeit aufnahm, sollte die Vollendung noch viele Jahrhunderte auf sich warten lassen. Im 15.Jahrhundert war der Regensburger Dom zwar weitgehend fertiggestellt und liturgisch nutzbar, doch in den 1520er Jahren wurden die Arbeiten vorläufig eingestellt. Erst 1859 gab der bayrische König Ludwig I. den Auftrag zum Weiterbau der unvollendeten Westfassade mit den zwei je 105 m hohen Türmen und 10 Jahre später waren diese Arbeiten abgeschlossen.

Der Regensburger Dom

Da ich nun letzte Kauarbeiten in Sachen Wurstkipferl abgeschlossen hatte, platzte ich um 10:15 Uhr in die Ostermesse von Bischof Rudolf Voderholzer. Die Regensburger Domspatzen trällerten gerade engelsgleich ein Liedchen und dann setzte der Bischof zu seiner Osterpredigt an. Hörte sich vernünftig an, wenngleich ich fürchte, dass ChatGPT etwas Ähnliches fabriziert hätte bei der Aufgabenstellung aus den schlimmsten Schlagzeilen der jüngsten Zeit, der aktuellen Kolumne von Heribert Prantl und den Osterbasics Jesus, Liebe, Glaube, Hoffnung eine Predigt zu zimmern. Props bekommt der Bischof aber von mir, weil er am Schluss seiner Predigt nochmal ausgiebig den vor exakt 78 Jahren von den Nazis hingerichteten Theologen Dietrich Bonhoeffer ins Gedächtnis gerufen hat. Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus kann man nicht oft genug würdigen.

In meinem Kopfkino skandierte die gläubige Menge nach der Osterpredigt „Ohne Jesus wär’n wir gar nicht hier“

Während ich mich unter die Gläubigen mischte, ließ ich meinen Blick natürlich ausgiebig durch das das Innere der Kathedrale schweifen. Besonders fallen einem die farbenprächtigen Glasfenster aus dem 13. und 14.Jahrhundert ins Auge. Aber auch wenn Ostern war, wollte ich während der Messe nicht wie ein Eiersuchender indezent durch die Kathedrale huschen und verzichtete darauf die Seitenaltäre zu inspizieren oder mir den silbernen Hochaltar mal aus der Nähe anzuschauen. Stattdessen verließ ich die Ostermesse noch vor der heiligen Kommunion. Ich hatte schließlich gerade erst gegessen.

Eines der mittelalterlichen Kathedralenfenster aus der Nähe

Mein nächstes Ziel war der Alte Kornmarkt im Schatten der Kathedrale, an dem u. a. der Römerturm und der Herzogshof ein schönes Ensemble bilden. Der Römerturm stammt allerdings nicht aus der Antike, sondern es handelt sich um einen mittelalterlichen Geschlechterturm, der mit dem Herzogshof – einstige mittelalterliche Königspfalz und später Residenz der bayrischen Herzöge – verbunden wurde. Ansonsten dominieren drei Kirchen die Silhouette des Platzes. Aus diesem Trio ist insbesondere Stiftskirche zur Alten Kapelle eine Visite wert. Ihre Mitte des 18.Jahrhunderts geschaffene Rokokoausstattung gilt als künstlerisch herausragend.

Die prächtige Stiftskirche zur Alten Kapelle

Da mir dieses Kleinod nicht entgehen lassen wollte, nahm ich ab 10:45 Uhr das Ende der dortigen Ostermesse mit und versuchte anschließend im von Weihrauch durchzogenen Kirchenraum halbwegs brauchbare Fotos der prächtigen Fresken zu knipsen. Bleibt die Frage, ob ich mir sowohl den Regensburger Dom, als auch die Stiftskirche zur Alten Kapelle in meine Worshiping App eintragen kann oder ob gar keiner der beiden göttlichen Grounds zählt, weil man der Liturgie über die gesamte Dauer beiwohnen muss, um ein Gotteshaus in seiner Statistik zählen zu dürfen. Aber da gibt es wahrscheinlich eh kein allgemeingültiges Regelwerk. Manche sagen, katholische Kirchen darf man nur zählen, wenn man eine Hostie darin empfangen hat. Andere behaupten, dass ein Gotteshaus noch vor Ende der Messe zählt, falls der Heilige Geist in einen fahren sollte. Ich trage mir also erstmal alles ein und ggf. muss mir Christus Pantokrator beim Jüngsten Gericht eben ein paar Grounds aberkennen.

Der Neupfarrplatz

Auf die Stiftskirche zur Alten Kapelle folgte auf meiner Route der Neupfarrplatz. Hier befand sich bis 1519 das jüdische Viertel Regensburgs. Regensburg verfügte seinerzeit über eine der größten und bedeutsamsten jüdischen Gemeinden im damaligen Reich. Doch nach dem Tod des Kaisers Maximilian I. (HRR) verlor die jüdische Gemeinde 1519 ihren Schutzherren und der Rat der Stadt nutzte die Gelegenheit, um nach rund 500 Jahren des Nebeneinanders alle Juden aus Regensburg zu vertreiben und ihr Wohnquartier niederzureißen. Nach dem Pogrom wurde binnen zehn Jahren die Neupfarrkirche anstelle der Synagoge errichtet, welche nach der Annahme der Reformation durch den Rat der Stadt Regensburg ab 1542 als erste evangelische Pfarrkirche genutzt wurde. An den Abbruch der Synagoge erinnert wiederum seit 2005 das von Dani Karavan entworfene begehbare Denkmal Misrach.

Der Goldene Turm in der Wahlenstraße

Nachdem ich den Neupfarrplatz begutachtet hatte, machte ich einen Spaziergang durch die Wahlenstraße. Hier findet man mit dem 50 m hohen Goldenen Turm (13.Jahrhundert) den höchsten Geschlechterturm nördlich der Alpen. Wie bereits im gestrigen Bericht aus Nürnberg erläutert (siehe Nürnberg 04/2023), bauten reiche Patrizierfamilien diese Türme als Statussymbol. Rund 100 Regensburger Patrizierfamilien waren im Mittelalter durch Fernhandel zu Reichtum und Einfluss gelangt. Die Oberhäupter dieser Familien bestimmten im Rat die Geschicke der Stadt und jede Familie hatte ihre eigene Stadtburg bzw. ihren eigenen Geschlechterturm. Da Regensburg seine Altstadt in den letzten Jahrhunderten städtebaulich relativ unangetastet ließ und auch der Zweite Weltkrieg die Bausubtanz weitgehend verschonte, sind übrigens noch stolze 20 mittelalterliche Geschlechtertürme in Regensburg erhalten.

Der spätmittelalterliche Rathausanbau mit dem Reichssaal

An ihrem nördlichen Ende mündet die Wahlenstraße in den Kohlenmarkt. Ich ließ dort den Blick nach links schweifen und erspähte das nur einen Steinwurf entfernte Alte Rathaus. Im dortigen Reichssaal kam von 1663 bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches (HRR) im Jahre 1806 der Immerwährende Reichstag als staatsrechtliche Vertretung der Reichsstände zusammen. Er bestand aus dem Kurfürstenkollegium, dem Reichsfürstenrat und dem Kollegium der Freien Reichsstädte. Bis 1663 war der Reichstag eine nur bei Bedarf vom Kaiser einberufene Versammlung gewesen, die jeweils wieder aufgelöst wurde. Dann entwickelte sich der Reichstag zu einem permanenten Gremium, in welchem Gesandte der drei Reichsstände neue Steuern, Gesetze oder auch außen- und verteidigungspolitische Beschlüsse verhandelten und letztlich mit dem Segen des Kaisers auch verabschieden konnten. Gewissermaßen der aristokratische Ahne unserer heutigen demokratischen Parlamente der Bundesrepublik.

Das Goldene Kreuz

Durch die Neue-Waag-Gasse führte mich mein Stadtspaziergang anschließend zum Haidplatz. Hier findet man mit dem Goldenen Kreuz u. a. die einstige Herberge der Kaiser und Könige während der Regensburger Reichstage. Entsprechend prominent fällt die Gästeliste des Hauses aus und weil Potentaten sich oft ihrer Potenz vergewissern mussten, wurde in den Betten des Goldenen Kreuzes auch der ein oder andere Bastard gezeugt. Zuvorderst kommt mir da natürlich Don Juan de Austria in den Sinn. 1546 von Kaiser Karl V. mit der Regensburger Gürtlerstochter Barbara Blomberg gezeugt, sollte der Vater sich später zu seinem Bastard bekennen und ihm eine große Karriere ermöglichen. Don Juan genoss eine höfische Ausbildung in Spanien, wurde Befehlshaber der spanischen Flotte und stieg später zum königlichen Statthalter der habsburgischen Niederlande auf.

Die Obere Bachgasse im Süden der Altstadt

Nach meinem Abstecher zum Haidplatz, beschloss ich den Spaziergang in südlicher Richtung fortzusetzen. Denn im Süden der Regensburger Altstadt liegt Schloss St. Emmeram. Dieses Schloss kann zunächst auf eine über tausendjährige Geschichte als Benediktinerkloster zurückblicken (die ältesten Bauten stammen aus dem 8. Jahrhundert), ehe es 1810 zum Stammsitz der Fürsten von Thurn und Taxis avancierte. Dieses ursprünglich lombardische Adelsgeschlecht war 1490 vom bereits erwähnten Maximilian I. (HRR) mit dem Aufbau eines Postwesens im Reich betraut worden. Dabei ging der erbliche Titel des Generalpostmeisters an die Thurn und Taxis über und ab 1741 sollte dem jeweiligen Oberhaupt der Familie auch noch das Amt des Prinzipalkommissars, ergo des Vertreters des Kaisers beim Immerwährenden Reichstag übertragen werden. Entsprechend ließ sich die Familie dauerhaft in Regensburg nieder und quartierte sich zunächst im bischöflichen Freisinger Hof am Emmeramsplatz ein.

Basilika St. Emmeram

Das Jahr 1806 markierte bekanntlich das Ende des HRR und mit dem Immerwährenden Reichstag und der Kaiserlichen Reichspost war es nun natürlich auch vorbei. In Bayern verstaatlichte der König das Postwesen und die von Thurn und Taxis wurden 1810 vom Königreich Bayern u. a. mit dem durch die Säkularisation ebenfalls an den Staat gefallenen Kloster St. Emmeram entschädigt. Das Kloster wurde nun zum fürstlichen Schloss ausgebaut und ist heute mit über 500 Räumen das größte privat bewohnte Schloss Deutschlands. Gegenwärtige Hausherrin ist Gloria von Thurn und Taxis, die mittlerweile aus Kostengründen einen Teil der Anlage mit der Öffentlichkeit teilen muss. Die ganzen als Museum zugänglichen Prunkräume mit Schmuck- und Kunstsammlungen derer von Thurn und Taxis hätte ich mir schon gerne angesehen, aber dafür reichte die Zeit heute nicht.

Mittagessen im Marstall des Schlosses St. Emmeram

Stattdessen schaute ich mir die frei zugängliche Basilika St. Emmeram an. Die einstige und ursprünglich frühromanische Klosterkirche wurde im 18.Jahrhundert von den Brüdern Cosmas Damian und Egid Quirin Asam im Stile des Barock völlig neugestaltet und bewahrt in ihrer Krypta u. a. die Gebeine des Heiligen St. Emmeram auf. Außerdem fand ich im Marstall des Schlosses das Brauhaus am Schloss vor. Da es mittlerweile 12 Uhr war, kam mir dieser Untermieter von Frau von Thurn und Taxis ganz gelegen für ein Mittagessen. Drei Wildfleischpflanzerl vom Hirsch mit Waldpilzrahm, Eierspätzle und einem gemischten Salat (16,90 €) ließ ich mir zusammen mit einem halben Liter des hausgebrauten Bieres St. Emmeram Hell (4,50 €) auftischen.

Die Hans-Jakob-Tribüne des neuen Jahnstadions

Nach dem Essen ging es vom Schloss zum wenige Meter entfernten Hauptbahnhof und von dort per Busshuttle zum rund 4 km südlich des Stadtkerns errichteten neuen Jahnstadion. Dies wurde am 18.Juli 2015 direkt an der A3 eröffnet und ersetzte seinerzeit das alte Jahnstadion von 1926, welches deutlich zentrumsnäher lag und fast 90 Jahre lang die Heimat der Jahn-Fußballer war. Allerdings waren die Ausbau- und Modernisierungsmöglichkeiten aufgrund der Lage in einem Wohngebiet begrenzt und deshalb musste ein Neubau auf der grünen Wiese her. Entstanden ist ein funktionaler Neubau für etwas über 15.000 Zuschauer, der auch den Anforderungen der 2.Bundesliga genügt (welcher der SSV Jahn seit 2017 wieder angehört). Für etwas Charme sorgen wenigstens Graffiti und ein Nachbau des charakteristischen Stadionturms des alten Jahnstadions.

Viele Fähnchen im Gästesektor

Das große Graffiti hinter der Hans-Jakob-Tribüne – auf welcher der harte Kern der Fanszene zuhause ist – wurde allerdings jüngst von Fans des SC Paderborn entstellt. Eine neue Eskalation der Rivalität zwischen den Ultras des SC Paderborn und des SSV Jahn Regensburg. Zum Glück war heute mit dem 1.FC Magdeburg ein aus Regensburger Sicht nicht ganz so brisanter Gegner angereist. Dazu sorgte die bayrische Polizei dafür, dass die 1.800 ostdeutschen Osterausflügler nicht zu viel Bewegungsfreiheit hatten. Auch die Einlasskontrollen waren wahrscheinlich penibel. Jedenfalls waren Block U & Co spät dran und schafften es nicht ihre kleine Choreographie pünktlich zum Anpfiff fertig vorzubereiten.

Nun erschließt sich das Fähnchenmotiv auch dem breiten Publikum

Irgendwann zwischen der 5. und 10.Spielminute waren schließlich alle kleinen Fähnchen verteilt. Zwar scheiterte ich sogar aus 18,96 Metern Entfernung daran das Motiv auf den Fähnchen zu erkennen, aber wenig später wurde es obendrein übergroß als Blockfahne über den Köpfen der Elbestädter ausgerollt. Es handelte sich um einen Arm mit geballter Faust, um den ein blau-weißer Fanschal geschlungen war. Dazu prangte am Zaun die Parole „Niemand kann uns aufhalten“. Da sprach neben den übersteigerten Egos der Magdeburger sicher auch die Zufriedenheit über die zuletzt ertragreichen Pflichtspielauftritte des Aufsteigers. In der Hinrunde mussten die Schützlinge von Christian Titz noch viel Lehrgeld auf dem Rasen zahlen und man überwinterte auf dem 17.Platz. In der Rückrunde hat sich der Punkteschnitt jedoch deutlich gesteigert und man hat sich auf den 11.Platz vorgearbeitet.

Die Besucher der Hans-Jakob-Tribüne präsentieren ihre Fanschals

Mit einem Auswärtssieg bei wesentlich akuter abstiegsgefährdeten Regensburgern (aktuell 16.Platz) könnte man weitere Big Points für den Klassenerhalt eintüten und entsprechend motiviert starteten die Blau-Weißen in die Partie. Kaum war die Choreo der Magdeburger Fans vollendet, belohnte Atik den mutig nach vorne spielenden 1.FCM mit einem Freistoßtor (11.Minute). Das sorgte natürlich für einen leidenschaftlichen Torjubel im Gästesektor und die selbsternannten „Größten der Welt“ sollten bis zur Pause weiterhin eine dominante Clubelf erleben. Während der SSV Jahn von 1889 komplett ohne ernsthafte Torchance im ersten Durchgang blieb, kamen die Magdeburger noch zu einigen weiteren Abschlüssen. War fast schon schmeichelhaft, dass es nur mit 0:1 in die Pause ging.

Der Gästebereich zu Beginn der 2.Halbzeit

Die 2.Halbzeit läuteten die mitgereisten Maggis optisch mit einer kleinen Gedächtnisaktion für den 2015 dramatisch und bis heute unter nebulösen Umständen tödlich verunglückten FCM-Fan Hannes ein, während die Ultras Regensburg mit Spruchbänder gegen die aktuellen Investorenpläne der DFL wetterten. Außerdem durften die Oberpfälzer bald nach Wiederanpfiff jubeln. Denn der SSV Jahn konnte in der 52.Minute dank eines Eigentores von Gnaka überraschend ausgleichen. Fortan wurden die Regensburger etwas forscher, aber Torchancen blieben weiter Mangelware. Als die Partie langsam langweilig wurde, musste es abermals ein Freistoß für die Magdeburger richten. Atik brachte den Ball scharf in den Strafraum und nachdem Jahn-Schlussmann Urbig zunächst einen Kopfball von Brünker parieren konnte, überwand Elfadli den Keeper im Nachschuss (81.).

Im Gästesektor freut man sich über das 1:2

Die Sangesfreudigen aus Sachsen-Anhalt gingen nun siegesgewiss in die Schlussphase und ihre Herzensmannschaft hatte in den letzten Minuten der regulären Spielzeit mehrfach das 1:3 auf dem Fuß. Wer beste Chancen liegen lässt, muss sich allerdings nicht wundern, wenn oberpfälzische Osterhasen einem noch ein dickes Ei ins Nest legen. Caliskaner kam in der 90.Minute frei im FCM-Strafraum zum Abschluss und plötzlich stand es 2:2. Mit diesem späten Comeback hatten wohl nur noch die wenigsten Jahn-Fans gerechnet. Um so größer die Freude beim Heimanhang.

Auch die Ultras Regensburg machten gefällig Stimmung am heutigen Ostersonntag

Nun stand uns rund 10.000 Stadionbesuchern eine hektische Nachspielzeit bevor, in jener Magdeburgs Heber noch per VAR der Notbremse kurz vor der Strafraumgrenze überführt wurde. Der fällige Freistoß aus aussichtsreicher Distanz konnte jedoch nicht zur völligen Umkehr des Spielverlaufs von den Regensburgern genutzt werden. So bleiben die ganz schlechten Ostermetaphern von der wundersamen Wiederauferstehung der bereits totgeglaubten Hausherren Gott sei Dank in der Schublade. Reicht auch, dass ich mir das mit den Eiern und den Osterhasen beim Ausgleich nicht verkneifen konnte.

Ein bisschen Nostalgie für die alteingesessenen Jahnfans

Während beide Fanlager sich halbwegs zufrieden von ihren Mannschaften verabschiedeten, zog es mich mit dem erstbesten Bus zurück zum Hauptbahnhof. 16:35 Uhr war Abfahrt nach Nürnberg und dort hatte ich noch eine Stunde in der DB Lounge zu überbrücken, ehe mich ICE 782 um 18:33 Uhr wieder nach Norden transportieren sollte. Gute vier Stunden später war ich daheim und ließ das lange Wochenende am nächsten Tag im Harz ausklingen. Fünf neue Wanderstempel im Südharz sollten das Osterfest für mich ideal abrunden. Aber dazu schreibe ich zu gegebener Zeit in der entsprechenden Rubrik etwas.

Song of the Tour: Spülte der Shuffle-Modus auf der Rückfahrt mal wieder in meinen Gehörgang unf Geisenhausen ist ja gar nicht so weit weg von Regensburg