Homburg & Saarbrücken 11/2022

  • 05.11.2022
  • FC 08 Homburg – SV Eintracht Trier 1:1
  • Regionalliga Südwest (IV)
  • Waldstadion (Att: 2.078)

Weil meine Reise am Samstag erst gegen 10 Uhr ihre Fortsetzung finden sollte, konnte ich schön im Darmstädter InterCityHotel ausschlafen. Das war auch notwendig, da die Anzahl der Biere am Vorabend die gegenwärtige Punktzahl von Arminia Bielefeld übertraf. Die einzig wahre Krise unserer Zeit, nämlich die Elotransknappheit, hatte wieder mal spürbare Auswirkungen auf mein Wohlbefinden erzeugt. Doch die Gewissheit, dass es meinem Darmstädter Zechbruder viel schlechter gehen dürfte, spendete Trost. Den Rest besorgte eine revitalisierende Dusche und die vom Hotel spendierte Flasche Mineralwasser.

Der Darmstädter Hauptbahnhof

Ausgestattet mit einem Glasgebinde voller koffeinhaltiger Limonade ging es nun um 10:05 Uhr von Darmstadt via Frankfurt und Kaiserslautern nach Homburg. Um kurz nach 13 Uhr erreichte ich die drittgrößte Stadt des Saarlands (ca. 41.000 Einwohner) und die wesentlichen Sehenswürdigkeiten konnten erfreulicherweise zwischen Bahnhof und Stadion en passant begutachtet werden. Hin ging es durch den historischen Stadtkern, retour nahm ich die etwas anstrengendere Route über den Schlossberg. Die dort im 12.Jahrhundert errichtete Hohenburg ist der Ursprung der 1180 erstmals urkundlich erwähnten Stadt. Dort residierten die Grafen von Homburg im Hochmittelalter, während sich am Fuße des Berges eine städtische Siedlung entwickelte, die 1330 die Stadtrechte verliehen bekam.

Homburg ist zwar keine römische Gründung, aber römische Siedlungsspuren existieren im Staddteil Steinacker

Als 1449 der letzte Graf von Homburg starb, fiel die Stadt an Nassau-Saarbrücken und im 16.Jahrhundert wurde die mittelalterliche Burg unter Graf Johann IV. von Nassau-Saarbrücken zu einem Schloss im Renaissancestil umgebaut. Im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) wurden Schloss und Stadt jedoch fast vollständig zerstört. Nach dem Krieg nutzte Frankreich die politische und militärische Schwäche der angrenzenden deutschen Territorien und annektierte große Teile des Elsasses, Luxemburgs, der Pfalz und des heutigen Saarlands. Homb(o)urg wurde Hauptstadt der französischen Saarprovinz und zwischen 1682 und 1692 errichteten die Franzosen nach den Plänen des berühmten Festungsbaumeisters Vauban eine zeitgemäße Festung auf dem Schlossberg.

Die Ruine auf dem Schlossberg

Doch mit dem Frieden von Rijswijk (1697) endete die Franzosenzeit an der Saar vorerst und die Festung wurde geschleift. Erst 1981 legte man die Überreste wieder frei und machte sie zu einem beliebten Ausflugsziel in der Region. Nachdem Homburg zunächst wieder an Nassau-Saarbrücken gefallen war, kam es durch einen Gebietstausch 1755 zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Zwischen 1778 und 1788 ließ nun Herzog Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken das prunkvolle Schloss Karlsberg auf dem Homburger Buchenberg errichten. Doch auch diesem Bauwerk war nur eine kurze Lebensdauer beschieden. 1793 wurde das Schloss von französischen Revolutionstruppen zerstört, welche die Saar überschritten hatten und auch beim Anrainer das Ancien Régime beseitigen wollten.

Freigelegte Überreste der einstigen Festung Homburg

Die Franzosen fassten erneut Fuß in Pfalz und Saarland und von 1798 bis 1813 war Homburg Kantonsstadt im Département du Mont-Tonnerre (Donnersberg). Nach dem Ende der Koalitionskriege gegen Frankreich (1792 – 1815) wurde die Pfalz 1816 dem Königreich Bayern zugesprochen und in Homburg eines der insgesamt zwölf pfälzischen Landkommissariate eingerichtet. Erster bayrischer Kommissar in Homburg wurde der Jurist und Journalist Philipp Jakob Siebenpfeiffer, der sich in seiner Amtszeit liberalen und demokratischen Ideen zuwenden sollte. Er knüpfte Kontakt zum gleichgesinnten Münchner Journalisten Johann Georg August Wirth und bewegte diesen zur Übersiedlung nach Homburg. Dort konnte Wirth seine liberal-demokratische Zeitung Deutsche Tribüne drucken, die ab 1832 zur wichtigsten politischen Zeitung im Vormärz avancieren sollte. 1832 organisierten Wirth und Siebenpfeiffer außerdem zusammen das Hambacher Fest. Bei jener Versammlung forderten zehntausende Menschen Freiheits- und Bürgerrechte, sowie einen deutschen Nationalstaat.

Die 1841 geweihte Stadtpfarrkirche St. Michael

Das Hambacher Fest markierte spätestens den Beginn des Vormärz. Jener Epoche, die letztlich zur Märzrevolution 1848 führen sollte. Die Revolution scheiterte bekanntermaßen und Homburg blieb noch bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (1914 – 1918) dem Königreich Bayern zugehörig (wenngleich ab 1871 als Teil des Deutschen Kaiserreichs). Als Folge des verlorenen Ersten Weltkriegs wurde schließlich 1920 der Südzipfel der preußischen Rheinprovinz und der Westteil der bayerischen Pfalz als Saargebiet vom Deutschen Reich abgetrennt und unter Mandat des Völkerbunds (UN-Vorläufer) gestellt. Dabei bekam Frankreich als Kriegsreparation das Recht die reichen Kohlegruben an der Saar auszubeuten und das Saargebiet bildete mit Frankreich eine Zoll- und Währungsunion.

Der Homburger Freiheitsbrunnen mit Siebenpfeiffer und Wirth

1920 wurde allerdings auch festgelegt, dass nach 15 Jahren eine Volksabstimmung im Saargebiet stattfinden muss, bei der die Bürger über die drei Optionen Beibehaltung des Status quo, Vereinigung mit Frankreich oder Vereinigung mit dem Deutschen Reich abstimmen konnten. Über 90 % der Wählenden votierten am 13.Januar 1935 für’s Deutsche Reich und damit auch für die seit 1933 bestehende nationalsozialistische Diktatur unter Adolf Hitler. Der feierte den außenpolitischen Coup und freute sich zugleich über die für seine Kriegspläne wichtige Industrie des Saarlands. Jene kriegerischen Absichten bescherten den Homburgern auch lediglich noch 4,5 Friedensjahre, ehe der Zweite Weltkrieg vom Deutschen Reich entfesselt wurde. An dessen Ende war Homburg durch alliierte Bombardements schwer zerstört und kam abermals unter französische Kontrolle. Bis das Saarland 1957 nach einer neuerlichen Volksabstimmung als zehntes Bundesland der Bundesrepublik Deutschland beitrat.

Die 1987 auf der Rathaustreppe installierte Bronzeplastik „Der Lesende“

Entsprechend der skizzierten politischen Situation, waren die ersten 50 Jahre des heute von mir besuchten und 1908 gegründeten FC Homburg sehr bewegt. Aufgrund der damaligen Zugehörigkeit zum Königreich Bayern waren die Vereinsfarben sogar zunächst blau und weiß. Sein erstes Stadion errichtete der Verein 1909 auf dem Homburger Schlossberg und allein der Aufstieg dürfte vor den Spielen gutes Aufwärmtraining für die Kicker gewesen sein. Auf jeden Fall wurde man 1914 ungeschlagener Bezirksmeister, ehe der Erste Weltkrieg die erste Erfolgsmannschaft des Vereins auseinanderriss. Nach dem Krieg blieben die Fußballvereine des Saargebiets – trotz Sonderstatus ihrer Heimat – dem Süddeutschen Fußballverband und somit auch dem DFB angeschlossen. Die mittlerweile als FV Homburg und in grün und weiß auflaufenden Fußballer vom Schlossberg waren dabei zunächst auf Kreis- und Bezirksebene unterwegs.

Willkommen im Waldstadion

Nachdem Homburg 1935 „Heim ins Reich“ gekommen war, forcierten die Nationalsozialisten eine Fusion der drei großen Homburger Sportvereine FV, SC Union und TV zum VfL Homburg. Obendrein wurde dem neuen polysportiven Großverein eine moderne Kampfbahn am Waldrand errichtet (das heutige Waldstadion), die 1937 mit einem Freundschaftsspiel des VfL Homburg gegen den SSV Jahn Regensburg eröffnet wurde. Zwei Jahre später herrschte wieder Krieg und an dessen Ende lösten die alliierten Siegermächte 1945 bekanntermaßen zunächst alle deutschen Vereine auf. Doch schon 1946 nahm man als SV Homburg den Spielbetrieb wieder auf und wurde in die von den französischen Besatzern geschaffene Ehrenklasse Saar eingegliedert. Diese höchste Spielklasse auf dem Gebiet des Saarlands schlossen die Homburger im zweiten Spieljahr (1947/48) sogar als Meister ab. Ferner nahm man zu Beginn der 1950er Jahre wieder den Traditionsnamen FC Homburg an. Im Jahr der Inkorporation des Saarlandes in die Bundesrepublik gewann der FCH die mittlerweile als Amateurliga Saarland firmierende höchste Spielklasse schließlich ein weiteres Mal. Lohn war die Eingruppierung in die bundesdeutsche II.Liga Südwest, wo man sich drei Saisons am Stück hielt.

Die Haupttribüne wurde 1986 eingeweiht (damals sank die Kapazität von 38.000 auf 21.813 Plätze)

Während die Nachbarn vom 1.FC Saarbrücken und Borussia Neunkirchen jedoch in die nationale Spitze der Bundesrepublik vorrücken sollten, verpasste Homburg den Sprung in den überregionalen Fußball und musste sich ab 1960 erstmal wieder mit der drittklassigen Amateurliga Saar zufrieden geben. Doch 1966 kehrte man in die Zweitklassigkeit zurück und läutete die erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte ein. Man blieb zunächst bis 1981 ununterbrochen zweitklassig und war somit 1974 auch eines der Gründungsmitglieder der 2.Bundesliga. Großer Achtungserfolg in den 1970er Jahren war außerdem das 3:1 gegen den FC Bayern München im DFB-Pokal am 15. Oktober 1977. Damals war Uwe Klimaschefski übrigens zum zweiten und nicht zum letzten Mal Cheftrainer in Homburg. Von dem sind zahlreiche Anekdoten überliefert, wovon der an einem Rosenmontag an den Torpfosten gefesselte Platzwart wohl die bekannteste ist (aber recherchiert und schmunzelt selbst).

Sein Flutlicht bekam das Waldstadion 1990 installiert

Nach einem dreijährigen Intermezzo in der drittklassigen Oberliga Südwest gelang 1984 die Rückkehr in die mittlerweile eingleisige 2.Bundesliga und zwei Jahre später sogar der ganz große Wurf. Der FC 08 Homburg feierte 1986 als Meister den Aufstieg in die 1.Bundesliga. Der Vorsitzende und Mäzen Udo Geitlinger schien damals kreativ bei der Mittelbeschaffung für seinen FCH gewesen zu sein und der vom ihm nach Homburg gelotste Ex-Leichtathlet Manfred Ommer (ab 1986 Präsident des Vereins) stand Geitlinger in Sachen Einfallsreichtum in nichts nach. Zum einen betrieb Ommer bereits Mitte der 1980er Jahre das, was heute als Third Party Ownership (TPO) im Fußballgeschäft offiziell verboten ist. Er sammelte von Fonds Geld für die Transferrechte von talentierten Spielern ein und diese Spieler wurden gegen Gebühr mehrfach an interessierte Clubs verliehen und irgendwann im Optimalfall mit Rendite weiterverkauft. So fanden auf Leihbasis auch einige hochkarätige Spieler den Weg nach Homburg. Beispielsweise die damaligen polnischen Nationalspieler Andrzej Buncol (später UEFA-Cup-Sieger mit Bayer Leverkusen) und Roman Wojcicki (später Pokalsieger mit Hannover 96) oder auch ein gewisses argentinisches Talent namens Rodolfo Esteban Car­doso.

Denkt Maskottchen Manni auch gerade über die bewegte Clubgeschichte nach?

Nach dem Klassenerhalt in der Premierensaison gelang Ommer außerdem ein PR-Coup. Er zog für die Saison 1987/88 den Kondomhersteller London als Hauptsponsor an Land. Die konservativen alten Männer beim DFB waren außer sich und drohten mit Punktabzug, so dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kam und die Homburger den Schriftzug auf dem Trikot bis zum Urteil mit einem schwarzen Balken abdecken mussten. Das Landgericht Frankfurt am Main urteilte schließlich, dass die Kondomwerbung auf den Trikots weder gegen Sitte noch Moral verstoße und fortan liefen die Spieler im unzensierten Dress in der Bundesliga auf. In jener Saison waren London und der FCH in den Medien dauerpräsent und dürften das gewiss nicht als Nachteil angesehen haben. Allerdings lief es sportlich nicht rund und 1988 ging es zurück in die 2.Bundesliga.

Los geht’s

Den sofortigen Wiederaufstieg und eine dritte und letzte Saison in der 1.Bundesliga will ich auch nicht unterschlagen, weshalb die Homburger 1989 auch in einem meiner ersten Sammelalben von Panini ihren Platz hatten. Übrigens, wer sich fragt, warum Hannover 96 auf dem Weg zum Pokalsieg ’92 die Bayern als Gegner erspart geblieben sind, findet die Antwort in Homburg. In der 2.Runde gelang dem FCH nochmal eine Pokalsensation gegen den FC Bayern München (4:2 n. V.). Doch Mitte der 1990er Jahre war der sportliche Zenit überschritten und 1995 ging es zurück in den Amateurfußball. Im 21.Jahrhundert spielte man bisher die Mehrzahl der Saisons viertklassig, hegt aber durchaus Ambitionen nochmal in die 3.Liga und damit in den bundesweiten Profifußball zurückzukehren.

Merguezfrikadelle im Brötchen (4 €)

Diese Saison startete man hervorragend mit 22 Punkten aus den ersten 10 Spielen. Allerdings kamen in den nächsten fünf Partien nur vier weitere Punkte hinzu und man rutschte in der Tabelle von Platz 2 auf 4. Da war ein Heimsieg gegen den Aufsteiger und gegenwärtigen Sechzehnten aus der mutmaßlich ältesten Stadt Deutschlands natürlich Pflicht. Sehr zur Freude der ca. 500 aus Trier mitgereisten Fans wurde es jedoch ein Duell auf Augenhöhe. Derweil befand sich mein Presseplätzchen auf Höhe der Mittellinie, was für’s Spielgeschehen und die Sicht auf den Homburger Fanblock optimal, für den Gästeblock jedoch suboptimal war. Aber da Insane Ultra & Co auf ein besonderes optisches Intro verzichteten, war der Malus zunächst zu verschmerzen und ich schaute die ersten 45 Minuten mit knackiger Lyoner und würziger Merguezfrikadelle (je 4 €) auf meinem etatmäßigen Platz.

Zunächst mein Blickwinkel zum Gästeblock

Ich sah eine torlose und chancenarme 1.Halbzeit, was für den SV Eintracht aus Trier schon mal als Teilerfolg verbucht werden konnte. Schließlich hatte der DFB-Pokal-Halbfinalist von 1998 das letzte Spiel mit 1:6 bei der TSG Hoffenheim II verloren und wollte bei den ambitionierten Homburgern in erster Linie die nächste Packung vermeiden. Die Fanszenen von Homburg und Hoffenheim sind übrigens befreundet. Aber werter Leser, urteilen sie selbst, wie das zu bewerten ist. Die Ultras aus Trier hielten gewiss wenig von dieser Verbrüderung und ich glaube die mögen die Homburger oder Saarländer allgemein eh nicht besonders. Mehrfach wurde „Saarlandschweine“ skandiert und die Homburger konterten mit „SVE-Hurensöhne“.

Trier machte es den Homburgern überraschend schwer

In der Halbzeit beschloss ich auf die Stehränge zu wechseln, um mir im zweiten Durchgang den Gästeblock mal genauer anzuschauen. Ferner realisierte ich nun auch die massive Polizeipräsenz im und um das Stadion. Ich würde schätzen rund 300 Beamte sicherten dieses Spiel und dessen knapp über 2.000 Zuschauer ab. Aber gut, Trier hat natürlich ein gewisses Potential und in Homburg sollen auch immer noch ein paar Althauer aus den 80er und 90er Jahren unterwegs sein. Glück für die Polizei, dass die TSG parallel in der Bundesliga das El Plastico gegen RB Leipzig spielen musste. Sonst wären heute bestimmt auch 70 Relevante aus dem Kraichgau ins Saarland gereist und die Ordnungskräfte hätten möglicherweise die Kontrolle verloren.

Meine Gästeblockperspektive in der 2.Halbzeit

So gab es lediglich einen positiv motivierten Kontrollverlust im Gästeblock, als Maurice Roth die Blau-Schwarz-Weißen überraschend in Führung schoss (51.Minute). Bierbecher, Fahnenstangen und ich glaube sogar Gehhilfen flogen durch die Luft, als der Ball im Homburger Tornetz zappelte. Nach der Negativserie der letzten Wochen, wirkte das Heimpublikum sichtlich angepisst von diesem neuerlichen Tiefpunkt. Ergo wurde der bis dahin recht bemühte Fanblock auf der Gegengerade die nächsten Minuten ziemlich still und die Gäste quittieren es mit einem “Warum seid ihr Huren so leise?”. Okay, die Trierer bezeichnen die Homburger als Huren und die Homburger die Trierer als Hurensöhne. Mal angenommen keiner lügt und beide haben Recht. Muss man dann als Familie öffentlich so zerstritten und feindselig auftreten?

Die Gegengerade des Homburger Waldstadions

Die angeblichen Sexworker von der Saar sollten allerdings auch noch einmal kurz jubeln dürfen. Die intensivierten Offensivbemühungen ihrer Lieblingsmannschaft führten in der 77.Minute wenigstens noch zum Ausgleich durch Fabian Eisele. Aber mehr war am heutigen Nachmittag nicht drin. Stattdessen hatte der SVE in der 84.Minute sogar noch Pfostenpech bei einem Konter. Die Punkteteilung war also beinahe schmeichrlhaft für den FCH und die Fans wirkten ziemlich bedient. Teilweise gab es auch Pfiffe. Ich weiß nicht wie unruhig der Verein und sein Umfeld traditionell sind und welches Saisonziel offiziell ausgegeben wurde, doch bei dem Trend muss sich Chefcoach Timo Wenzel wohl trotz der noch milden Temperaturen warm anziehen, respektive sich ein dickes Fell zulegen.

Feiernde Moselstädter

Wie eingangs erwähnt, hatte ich mich für den Rückweg zum Bahnhof für die naturnahe Route entschieden und hörte beim Anstieg zum Schlossberg weiterhin feiernde Moselstädter. Oben in den Ruinen realisierte ich dann auch, dass die Gäste von Polizeikräften eskortiert den Fußweg zum Bahnhof angetreten hatten. Unten sah ich den Mob sogar nochmal aus der Nähe, aber die waren so gemütlich unterwegs, dass ich schon eine Verbindung früher als sie im Zug nach Saarbrücken saß (die Bahnverbindungen von Homburg nach Trier führten alle über Saarbrücken).

Der Saarbrücker St. Johanner Marktbrunnen von 1760

Gegen 17:30 Uhr erreichte ich das ca. 30 km entfernte Saarbrücken und machte nach der Ankunft gleich mal einen knapp 90minütigen Abendspaziergang. Ich war lediglich vor 20 Jahren einmal mit 96 zum Auswärtsspiel in der saarländischen Kapitale und damals im Fanbus angereist. Ergo hatte ich im Prinzip nur das Stadion und nicht wirklich etwas von der Stadt gesehen. Somit war die Neugier riesig. Kurios fand ich gleich mal, dass eine Autobahn parallel zur Saar mitten durch das Stadtzentrum führt. Die Brutalismusbauwerke am Ufer der Saar waren ebenfalls alles andere als pittoresk, aber ich fand auch schnell die schönen Ecken. Rechts der Saar ist beispielsweise das Quartier um den St. Johanner Markt ganz nett. Mitte des 18.Jahrhunderts entstanden rund um diesen Platz neue barocke Bürgerhäuser und bilden zusammen mit dem Marktbrunnen ein schönes Ensemble.

Formidabler Wurstsnack

Dort und im nahen Nauwieser Viertel scheint auch die höchste Dichte an Kneipen, Bars und Restaurants zu herrschen. Ideal, um meinen abendliches Hungergefühl zu stillen. Ich hatte im Zug schon mal ein paar Saarbrücker Speisekarten studiert und danach dem kroatischen Restaurant Dubrovnik meine Priorität eingeräumt. „Im Ganzen knusprig angebratenes Schweinefilet, gefüllt mit getrockneten Pflaumen, flambiert mit Slivovitz und gelöscht mit einem Schuss Sahne…“ Man, das klang verführerisch! Nur leider hatte dieses Lokal um 19:00 Uhr keinen Platz mehr frei für mich. Mein Plan B war der offenbar sehr angesagte Grillimbiss Kalinski. Auf deren Karte hatte mich die Kalbsbratwurst mit schmandiger Sauce, Zwiebeln und Speck gierig gemacht. Diese “Currywurst” à la Elsässer Flammkuchen kostete als große Portion mit Brötchen 8,30 € und schmeckte in der Tat vorzüglich.

Die Ludwigskirche im Mondschein

Nach dem kleinen Snack orientierte ich mich langsam zum gebuchten Ibis (***). Das Hotel lag am linken Ufer der Saar in Alt-Saarbrücken und auf dem Weg dorthin passierte ich am Schlossplatz und am Ludwigsplatz zwei weitere barocke Bauensemble unter Denkmalschutz. Insbesondere die Ludwigskirche, deren Grundstein am 4.Juni 1762 gelegt wurde, ist wohl noch vor dem Saarbrücker Schloss das architektonische Wahrzeichen der Stadt. Sie gilt als eines der bedeutendsten evangelischen Sakralbauwerke des Barocks in Deutschland. Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken war Mitte des 18.Jahrhunderts der Auftraggeber für die großflächige barocke Umgestaltung von Alt-Saarbrücken und St. Johann, welche bis heute das Stadtbild prägt. Aber ich will jetzt nicht zu tief in die Stadtgeschichte eintauchen. Das passiert mal an anderer Stelle, wenn ich mir in Saarbrücken einen längeren Besuch inklusive Spielbesuch beim FCS gönne.

Frühstück im Ibis

Nachdem gegen 20 Uhr mein Hotelzimmer bezogen war (ich hatte noch eine kostenlose Übernachtung bei der Accor Group gut, die bis 31.12.2022 eingelöst werden musste), merkte ich, dass die Wurst für so einen Kaventsmann wie mich doch nicht als Abendessen ausgereicht hatte. Glücklicherweise findet man das mexikanische Restaurant El Sombrero direkt neben dem Ibis. Unglücklicherweise war dort ebenfalls jeder Tisch besetzt. Wegen des Hotels nebenan seien sie an den Wochenenden fast immer bis auf den letzten Platz gefüllt, entschuldigte sich der Muchacho. “Jo, das Hotel, da bin ich auch Gast”, entgegnete ich kopfnickend. Nun schlug El jefe de sala vor, dass ich, falls mein Hunger es zulässt, um 21 Uhr nochmal rüber kommen könnte. Wäre schließlich ein kurzer Weg und ab 21 Uhr würde es sich in seinem Lokal erfahrungsgemäß langsam wieder leeren.

Die Ludwigskirche bei Tageslicht

Leider fielen mir kurz vor 21 Uhr die Äuglein zu, so dass es doch nichts mehr mit einem mexikanischen Abendmahl wurde. Schade drum, aber so konnte ich wenigstens gut schlafen – spätes deftiges Essen ist der Nachtruhe bekanntlich nicht gerade zuträglich – und morgens beim Frühstücksbuffet umso besser performen. Was Ibis servierte, war zwar nur so mittelgut und die spontan entrichteten 13 € nicht unbedingt wert, aber der Hunger ließ mich mehrmals zum Buffet traben. Satt kehrte ich um 7:30 Uhr zurück auf’s Saarbrücker Trottoir. Ich wollte den gestrigen Spaziergang auch nochmal bei Tageslicht nachholen, ehe ich um 8:47 Uhr einen Zug nach Mannheim bestieg, von wo es weiter ins hessische Hanau ging. Meinem letzten Stopp auf diesem dreitägigen südwestdeutschen Wochenendtrip.

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