Praha (Prag) 04/2022

  • 02.04.2022
  • AC Sparta Praha – FC Baník Ostrava 2:1
  • 1.česká fotbalová liga (I)
  • Stadion Letná (Att: 15.205)

Mein April sollte unbedingt mit einer Fußballtour starten. Ich studierte fleißig die Spielpläne von Deutschlands Anrainerstaaten und letztlich lachte mich die Ansetzung AC Sparta Praha vs. FC Baník Ostrava am meisten an. Ich hatte nämlich noch Koruna česká von Olberts JGA im März übrig (seinerzeit ging es nach Pilsen) und die Bahnpreise waren auch annehmbar. Hin und zurück mit meinem Mobility Partner für 60 € und ein gutes Hotel in der Nähe des Hauptbahnhofs sollte 41 € inklusive Frühstück kosten. Obendrein spielte Sparta erst um 19 Uhr gegen Baník, so dass zuvor noch ein Abstecher zu Dukla drin war. Auf dem Rückweg am Sonntag würde ich wiederum Germania Halberstadt gegen Lok Leipzig mitnehmen.

Berlin Hauptbahnhof

Da der FK Dukla jedoch bereits um 14:30 Uhr gegen den SK Líšeň kickte, musste ich tatsächlich schon um 5:55 Uhr in Hildesheim abfahren. Es folgten zwei unspektakuläre Umstiege in Wolfsburg und Berlin, wobei in Berlin natürlich die Ukrainisierung des Hauptbahnhofs ins Auge fiel. Überall Plakate in ukrainischer Sprache und mit den Vereinsfarben des TuS Celle FC unterlegt. Das Konzept wirkte gut strukturiert und über die Warnwestenfarbe der Volunteers waren sogar deren Sprachkenntnisse ersichtlich.

  • 02.04.2022
  • FK Dukla Praha – SK Líšeň 4:2
  • Fotbalová národní liga (II)
  • Stadion Juliska (Att: 602)

In Prag verließ ich den EuroCity bereits um 13:26 Uhr am Bahnhof Praha-Holešovice, da dieser verkehrsgünstiger zum Stadion Juliska als der Hauptbahnhof lag. Hier hatte ich direkt Anschluss an einen Regionalzug, der mich weiter nach Praha-Podbaba transportierte. Von dort war das Stadion des einstigen Armeesportklubs FK Dukla nur noch einen Steinwurf entfernt. Ich erreichte es gegen 14 Uhr und entrichtete 150 CZK (ca. 6 €) für eine Zugangsberechtigung zum heutigen Wettkampfspiel.

Netter Ausblick über Prag

Ich nahm am oberen Ende der imposanten Haupttribüne Platz und dank der Hanglage des Stadions genießt man von dort einen tollen Ausblick über Prag. Nachdem das Panorama ausreichend ausgekostet war, verkostete ich vor Anpfiff außerdem noch eine Klobasa vom Grillrost. Als ich nun in den 60 CZK (ca. 2,50 €) teuren Fettschlauch biss, entdeckte ich tatsächlich ein bekanntes Gesicht. Jojo aus Hannover war auch zugegen und hatte ebenfalls gerade die obligatorische Klobasa verspeist. Gemeinsam verquatschen wir nun die 1.Halbzeit und sahen dabei zunächst zwei Tore des SK Líšeň. Jaroslav Málek (6.Minute) und David Machalík (32.) waren für die aus Brno (Brünn) angereiste Gastmannschaft erfolgreich. Freute die 15 Gästefans hörbar, die aber ansonsten hauptsächlich am Bierstand kachelten.

Massive Haupttribüne

Dem FK Dukla gelang allerdings kurz vor’m Pausenpfiff noch der Anschlusstreffer (Lukáš Buchvaldek, 45.Minute) und im zweiten Durchgang kam der favorisierte SK Líšeň (gegenwärtig 2.Platz) tatsächlich noch unter die Räder. Duklas Daniel Souček avancierte zum Mann des Tages. Dem Spielführer der Gelb-Roten (zur Zeit Tabellensiebter) gelang ein lupenreiner Hattrick mit Toren in der 57., 64. (per Foulelfmeter) und 69.Minute. Danach waren die mährischen Gäste bedient und die auf der Tribüne versprengt sitzenden Heimfans im Freudentaumel (es hatten zwar einige Stadionbesucher Trikots oder Schals von Dukla am Leib, doch richtig in einem Fanblock haben die sich nicht gesammelt und großartige Anfeuerungen gab es auch nicht).

Ein Tschechenkracher ohne Klobasa ist möglich, aber sinnlos

Aber nun gut, der FK Dukla war nie das liebste Kind der Prager und in der jüngeren Vergangenheit gab es obendrein eine Spaltung des Clubs. Dukla wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Verteidigungsministerium gegründet und war fortan der Systemclub schlechthin in der Hauptstadt. Von den Kadern der Kommunistische Partei und vom mächtigen Verteidigungsministerium protegiert, bekam Dukla regelmäßig die besten Spieler des Landes delegiert und konnte etliche Erfolge feiern (elfmal Meister, achtmal Pokalsieger). Nichtsdestotrotz verzeichnete man einen der schlechtesten Zuschauerzusprüche in der 1.Liga der Tschechoslowakei. Zum einen gab es weiterhin die alten Traditionsvereine Sparta, Slavia und Bohemians (auch wenn diese sich etwas an das neue System anpassen mussten), zum anderen hatte das Regime natürlich nicht den Rückhalt der breiten Masse und Armeesportklub Dukla zog eher nur die linientreuen Genossen an.

Das Stadion Juliska wurde 1960 eröffnet

Nach der Wende 1989 fielen die Zuwendungen vom Verteidigungsministerium weg bzw. sanken drastisch. Maßgeblich für sportlichen Erfolg wurden im neuen kapitalistischen System Gönner und Sponsoren aus der Wirtschaft. Jene unterstützten in den 1990er Jahren vor allem Sparta und Slavia, während Dukla sportlich abschmierte. 1997 zog die professionelle Herrenmannschaft nach Příbram um und firmierte fortan als FC Dukla Příbram (heute 1.FK Příbram).

Der Sprecherturm auf der Gegengerade (im Hintergrund sind Häuser der Werkbundsiedlung zu sehen)

Die Jugendabteilung von Dukla verblieb allerdings in Prag und 2001 fusionierte diese mit dem Stadtteilclub Dukla Dejvice zu einem neuen FK Dukla Prag, der an alter Wirkungsstätte das historische Erbe des Traditionsclub reklamiert und zwischenzeitlich auch wieder bis in die 1.Liga vordringen konnte. Rechtsnachfolger des alten FK Dukla ist jedoch weiterhin der 1.FK Příbram, auch wenn dieser mittlerweile Namen, Wappen und Vereinsfarben von Dukla abgelegt hat.

Dukla-Legende Josef Masopust (1962 Europas Fußballer des Jahres)

Nach Abpfiff wollte ich eigentlich meiner Neigung für Architekturgeschichte nachgeben und mir die Werkbundsiedlung Výstavní kolonie na Babě oberhalb des Stadions aus der Nähe anschauen. Aber bei der Tagesplanung war ich von einem Solotrip ausgegangen und geselliges Biertrinken und Abendessen mit Jojo war nun die bessere Option. Nichtsdestotrotz hatten wir ein paar architektonische Schmankerl auf unserer Route von Stadion zu Stadion (das Juliska und das Letná liegen nur 3,3 km voneinander entfernt).

Hotel International

Nachdem wir auf dem Stadionvorplatz von Dukla die Fußabdrücke diverser Vereinslegenden und eine Statue von Josef Masopust begutachtet hatten (knapp 400 Pflichtspiele für Dukla, 63 A-Länderspiele für die Tschechoslowakei und 1962 zu Europas Fußballer des Jahres gekürt), kamen wir am Hotel International vorbei. Dieses 1956 im Stile des Sozialistischen Realismus (Zuckerbäckerstil) fertiggestellte Hotel ist so’n richtiger Stalinstachel, der über 278 Gästezimmer verfügt und dessen roter Stern in 88 Metern Höhe über dem Bauwerk thront. Ursprünglich unter dem Namen Hotel Družba als Militärhotel vom Verteidigungsministerium projektiert, wurde es kurz nach der Eröffnung doch in ein öffentliches Luxushotel umfunktioniert und in Hotel International umbenannt.

Diese Prager Kirche heisst wie meine Taufkirche in Hildesheim

Vom Hotel International ging es nun durch die Gründerzeitstraßenzüge von Praha-Bubeneč zur Gastwirtschaft Na Slamníku. Bubeneč (Bubentsch) wurde übrigens 1197 das erste Mal urkundlich erwähnt und war bis 1922 selbstständige Stadt. Dann wurde es von Prag eingemeindet. Jedoch ist der alte Ortskern noch gut zu erkennen und direkt neben unserem gastronomischen Ziel waren u. a. das einstige Rathaus und die Kostel svatého Gotharda (Kirche St. Gotthard, 1313 geweiht und um 1800 barockisiert) zu finden. Dass ein Heiliger aus Hildesheim das Patronat dieses Gotteshauses inne hat, ließ bei mir natürlich Heimatgefühle aufkommen.

Mein Mährischer Spatz

Aber größer als das Heimat- war das Hungergefühl und deshalb kehrten Jojo und ich mit großer Vorfreude ins Na Slamníku ein. Wie bestellt war im gut besuchten Schankraum noch ein Zweiertisch für uns frei. Während Jojo sich Szegediner Gulasch mit Serviettenknödeln servieren ließ, gönnte ich mir den so genannten Mährischen Spatz (zartes Wildschweinragout mit Spinat und zweierlei Knödeln). Außerdem naschte jeder zwei halbe Liter Únětické pivo 10,7° vom Fass (Únětický ist eine kleine Privatbrauerei aus dem Prager Umland). Am Ende standen faire 622 CZK (25,50 €) auf der Gesamtrechnung.

Einer der Eingänge der russischen Botschaft

Vom Restaurant waren es noch 1,312 km bis zum Stadion Letná und weil Bubeneč in seinen alten Villen und Stadtpalais einige Auslandsvertretungen beheimatet, sahen wir wehende Flaggen von so Schurkenstaaten wie Saudi-Arabien und Russland. Aber wer wie diese beiden Autokratien die Rohstoffe für den relativen Wohlstand der breiten Masse in der EU und den absurden Reichtum von ein paar Wenigen liefert, dem muss man Morde an Oppositionspolitikern oder kritischen Journalisten, jedwede weitere Tyrannei und sogar ein Stück weit die Kriegstreiberei innerhalb ihrer selbst festgelegten Interessensphären zugestehen. Oder zwar alles schon irgendwie suboptimal finden, aber trotzdem unser verlogenes Mantra Wandel durch Handel rauf- und runterbeten.

Die russische Botschaft nimmt seit zwei Jahren extra die Adresse einer anderen Liegenschaft als Postanschrift

Okay, bei Russland bröckelt das Mantra gerade ein wenig. Vielleicht hat Vladimir Vladimirovich mittlerweile doch den Bogen überspannt? Sahen jedenfalls ein paar tschechische Bürger so und haben die Mauern der russischen Botschaft mit kritischen Parolen verziert. Auch hat die Botschaft einige Farbbeutel abbekommen und die Farben der Ukraine wurden prominent in die Nachbarschaft der russischen Diplomaten gepinselt.

Auf ins Stadion Letná

Der Platz vor der russischen Botschaft heißt übrigens seit 2020 Náměstí Boris Němcova (Boris-Nemtsov-Platz). Boris Nemtsov war einer der schärfsten und prominentesten Kritiker Putins in Russland. Jedoch wurde er am 27.Februar 2015 unter ungeklärten Umständen in Moskau ermordet. Moment mal, war Putin etwa auch schon vor dem Überfall auf die Ukraine gar nicht so lupenreiner Demokrat und Menschenfreund, wie alle – insbesondere jene, denen er den Blick auf den eigenen Kontostand versüßt hat – dachten? Wie konnte er die deutschen und viele weitere europäische Spitzenpolitiker nur so lange erfolgreich täuschen? Mysteriös!

  • 02.04.2022
  • AC Sparta Praha – FC Baník Ostrava 2:1)
  • 1.česká fotbalová liga (I)
  • Stadion Letná (Att: 15.205)

Das Stadion Letná ist gleich um die Ecke von der russischen Botschaft, so dass man gar nicht genau wusste, ob das Großaufgebot an Polizei jetzt zum Schutz der Botschaft hier präsent war oder in erster Linie die An- und Abreise der Fanmassen beim heutigen Risikospiel absichern und überwachen sollte (Gästeeingang und Botschaftseingang für Konsularangelegenheiten sind tatsächlich nur 200 Meter voneinander entfernt).

Fahnenparade vor Spielbeginn

Am besagten Stadion realisierten Jojo und ich, dass wir nicht nur beide auf der Gegengerade im selben Block sitzen, sondern sogar in der selben Reihe. Wir hatten uns eben beide gedacht, dass die erste Reihe im Oberrang optimal für fankurvenfixierte Stadiontouristen ist und jene Plätze waren uns umgerechnet 19 € wert. Wir schafften es nun auch direkt nebeneinander zu sitzen und man hatte in der Tat auf beide Fanblöcke eine gute Sicht. Lediglich die unter’s Stadiondach montierten Heizstrahler nervten hart. Da packt man sich bei 5° C Außentemperatur (Tendenz in den Abendstunden natürlich fallend) extra dick ein und dann könnte man wegen der Strahler sogar im T-Shirt das Spiel verfolgen. Diese verdammte westliche Dekadenz!

Die Fans stimmen sich ein

19 Uhr war schließlich Anpfiff und wir freuten uns natürlich, dass auch ca. 1.000 mährisch-schlesische Schlachtenbummler den Weg in die Hauptstadt gefunden hatten. Bei Sparta dagegen sogar im Fanblock noch ein paar Lücken. Aber das war gewiss nicht der einzige Grund, warum uns die Fans im Gästeblock etwas lauter vorkamen. Der Anhang des FC Baník ist durch die Nähe zum Nachbarland Polen und die langjährige Freundschaft mit GKS Katowice (seit 25 Jahren) ziemlich polnisch geprägt. Brachial laut und geschlossen vorgetragen ist ergo ihr akustischer Support für den Herzensverein.

Solidaritätsminute für die Ukraine vor Anpfiff

Die Chachaři (schlesisch umgangssprachlich für Vagabund, Schurke o. ä.) hatten obendrein früh etwas zu feiern. Bereits in der 8.Minute ging der FC Baník durch ein Kopfballtor von Innenverteidiger Jaroslav Svozil in Führung. Sparta, als Tabellendritter noch mit Meisterambitionen, bemühte sich jedoch um eine schnelle Antwort und die gelang in der 16.Minute. Ein Kopfball von Tomáš Čvančara prallte gegen die Torlatte und sein Sturmpartner Adam Hložek konnte erfolgreich abstauben. Das ganze übrigens kurz nach der Choreographie der Ultras Sparta. Gab Folienbahnen, Tafeln und ein großes Banner in blau und rot. Auf dem Banner stand „Pražská Sparta“ (Prager Sparta) und unter den Folien wurden ein paar pyrotechnische Blinklichter entzündet. Die kamen jedoch kaum zur Geltung.

Torfreude beim FCB-Anhang

Zwar hatte auch Baník im weiteren Verlauf der 1.Halbzeit Chancen auf ein zweites Tor, aber vergönnt war ein solches nur Sparta. Tomáš Wiesner brachte den 1893 gegründeten Athletic Club in der 41.Minute in Führung. Beim als Tormusik eingesetzten Instrumental von Daft Punks „One More Time“ wedelten fast alle Zuschauer mit ihrem Fanschal und zogen anschließend als fröhliche Karawane zu den Schank- und Grillbuden. Ich schloss mich durstig an. Jedoch waren die Warteschlangen bereits beim alsbald ertönten Halbzeitpfiff utopisch lang. Der Otto-Normal-Honza konsumiert halt gerne und reichlich im Stadion und spätestens in der Halbzeit muss der nochmal ordentlich nachladen. Da kann man nichts machen und nachdem ich in 13,12 Minuten kaum Meter gemacht hatte, kehrte ich mit leeren Händen in den Block zurück.

Choreographie der Ultras Sparta

Ich war natürlich so pünktlich zurück, weil ich zum Wiederanpfiff den Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen nicht ausschließen konnte. Aber die Fangruppen passten sich dem Konsumverhalten des Restpublikums an und warteten mit ihren Kurvenshows noch ein wenig. Zunächst einmal bereiteten die Chachaři in aller Seelenruhe etwas vor und präsentierten ab der 65.Minute, was sie sich in ihren mährischen Mietskasernen so ausgedacht haben. Es gab eine große Blockfahne über beide Ränge und links davon, in der oberen Stadionecke, wurde ordentlich gefackelt.

Schalparade bei den Chachaři

Die Blockfahne zeigte den Schauspieler Rudolf Hrušínský als Karel Kopfrkingl mit seiner Filmtochter Zina aus der tschechoslowakischen Horrorgroteske Spalovač mrtvol (Der Leichenverbrenner) von 1968. Der Film spielt in Prag zur Zeit der deutschen Okkupation (ab 1939) und Krematoriumseigentümer Kopfrkingl entwickelt sich im Film vom netten Familienvater zum Massenmörder. Beeinflusst von der mörderischen NS-Ideologie einerseits und buddhistischen Lehren andererseits, fängt Kopfrkingl an zu glauben, dass der Tod ein Geschenk für die Menschen ist. Je mehr Menschen er tötet, desto besser sei das für sein Karma. Kopfrkingl tötet nun seine Familie und viele weitere Menschen und gleitet dabei immer weiter in eine Wahnwelt ab. Am Ende sieht man ihn schließlich als Kommandanten eines Todeslagers und er spricht den Satz „Nikdo nebude trpět, spasím je všecky“ („Niemand wird leiden, ich werde sie alle retten“), der nun leicht abgeändert am Fuße der Blockfahne geschrieben stand.

Blockfahne und Pyro im Gästesektor

Die Chachaři würden also gerne die Letenští im Stile Kopfkringls „retten“. Doch so wie das kurz darauf im Heimsektor aussah, wollten die Prager Fußballfreunde eher aus Seenot gerettet werden. Jedenfalls gingen direkt nach der Aktion der Gästefans dutzende Signalfackeln im Fanblock der Ultras von Sparta an (siehe Titelbild). Dazu noch Rauchpulver und Funkenfeuerwerk. Das war definitiv ein schönes Bild (hier auch mal als kurzer Videoclip) und fast das ganze restliche Stadion applaudierte der Fankurve.

Die ersten Fackeln werden entzündet

Das Spiel auf dem Rasen probierte nun gar nicht mehr der Show auf den Rängen Konkurrenz zu machen. Lediglich Sparta hatte noch ein paar Möglichkeiten die Führung auszubauen, während Baník zunehmend passiv wurde. Ergo blieb es beim 2:1 und Sparta verteidigt damit Rang 3 im Tableau. Mit nun 60 Punkten bleiben sie auf Tuchfühlung mit Ligaprimus Viktoria Plzeň (65 Punkte) und dem Erzrivalen Slavia (64 Punkte). Baník hat als Fünfter mit 47 Punkten dagegen 13 Punkte Rückstand auf einen Europapokalstartplatz. Bei denen wird es im Jubiläumsjahr (100 Jahre Baník) wohl eher nicht mehr für den internationalen Wettbewerb reichen.

Rauchwand bei Sparta

Nach Abpfiff regte Jojo zum Abschluss noch eine Klobasa an. Ich war eigentlich immer noch satt von meinem Mährischen Spatz, aber nein sagen konnte ich trotzdem nicht. Zusammen mit einer Pepsi war ich dann nochmal 115 CZK (ca. 4,70 €) los und immerhin die Pepsi wanderte komplett in meinen Magen. Dann trennten sich die Wege von Jojo und mir, da wir unterschiedliche Bahnen zu unseren Unterkünften nehmen mussten. Ich hoffe Jojo hatte mindestens genauso viele siegesgetrunkene Spartaner wie ich in seiner Tram. Mit Wechselgesängen und Hüpfeinlagen machten sie ersten 18 Minuten der Fahrt zur Passion Schneppi. Aber am Hauptbahnhof torkelten 96 % der Aerosol-Atzen aus der Tram. Wenn ich in den nächsten Tagen auch endlich dieses SARS-CoV-2 habe, ist der pummelige Teenager mit der feuchten Aussprache schuld, der mir ständig „Sparta!!!“ ins Gesicht brüllte.

Spartas Klobasa

Das gebuchte Hotel Olšanka (****) war nur drei Tramstationen vom Hauptbahnhof entfernt und da ich bereits online eingecheckt hatte, musste ich an der Rezeption lediglich meine Schlüsselkarte in Empfang nehmen. Mein großzügiges Zimmer war im 4.Stock des riesigen Hotelkomplexes, welcher u .a. über mehrere Restaurants, Sport- und Schwimmhallen, einen Wellnessbereich, Konferenzräume und sogar einen eigenen Souvenirshop verfügt. Letztlich lag ich dann kurz vor 23 Uhr im bequemen Bett und hatte somit acht Stunden Nachtruhe.

Frühstückszeit

Um 7:02 Uhr sprang ich am nächsten Morgen unter die Dusche und zwölf Minuten später packte ich mir am Frühstücksbuffet den ersten Teller voll. Mit Spiegeleiern, Baked Beans und einem Würstchen wurde eröffnet. Anschließend bastelte ich mir noch Stullen mit Salami, Schnittkäse und Spiegeleiern und packte mir außerdem ein bisschen Salat auf einen weiteren Teller. Pappsatt ging es gegen 8 Uhr per Tram zum Hauptbahnhof und 8:25 Uhr rollte EC 176 gen Dresden los. In jenem Dresden wechselte ich dann in den RE 50 nach Leipzig, um von dort via Halberstadt nach Hause zu reisen.

  • 03.04.2022
  • VfB Germania Halberstadt – 1.FC Lokomotive Leipzig 2:3
  • Regionalliga Nordost (IV)
  • Friedensstadion (Att: 703)

Ab Leipzig saß ich dann zwangsläufig mit der Fanszene des 1.FC Lok im selben Zug. Aber alle ganz locker drauf. Die Älteren haben geklönt und die Jungschen haben halt ein bisschen gezecht und lauthals bei den abgespielten Hits von Wolfgang Petry, Peter Wackel und Lorenz Büffel mitgegrölt. In Halberstadt kesselte die Polizei dann den Mob, während ich die 3,5 km zum Stadion zu Fuß absolvieren konnte.

Sanierungsstau in Halberstadt

Sagen wir mal so, die schönsten Ecken von Halberstadt spart der kürzeste Weg vom Hauptbahnhof zum Friedensstadion aus. Aber ich war natürlich nicht zum Sightseing hier, sondern für König Fußball. Mein heimlicher Regent hatte mich zwar nicht zu einem wirklichen Kracherspiel geführt, aber das Halberstädter Friedensstadion kann man sicher auch schlechter machen, als mit Lok auswärts. Das war mir jedenfalls gerne 10 € für einen Stehplatz wert.

Das Friedensstadion (echt ein zeitloser Name)

Die ca. 400 Lokisten machten ganz gut Stimmung, während der Fanblock vom VfB Germania nur überschaubar gut gefüllt und selten zu vernehmen war. Lok (aktuell 4.Platz) machte auch auf dem Platz gut Attacke und schien sich bewusst darüber zu sein, dass bis Saisonende nur noch Siege zählen, so denn man noch ins Aufstiegsrennen eingreifen will. Allerdings war der Halberstädter Abstiegskandidat (gegenwärtig 15.Platz) bei seinen Kontern brandgefährlich und nutzte einen davon für das 1:0 durch Julian Weigel in der 12.Minute. Der Schock bei Blau-Gelb hielt sich jedoch in Grenzen und Djamal Ziane gab schon drei Minuten später die passende Antwort.

Schalparade im Gästeblock

Der 1.FC Lok blieb auch nach dem Ausgleich am Drücker, musste aber in der 35.Minute einen weiteren Nackenschlag hinnehmen. Diesmal war Steffen Korsch für die Germanen erfolgreich. Fünf Minuten später wollte ich mir dann schon mal vor dem Halbzeitansturm eine Wurst organisieren, doch irgendwie bin ich einmal falsch abgebogen und war plötzlich auf der Haupttribüne. Hier gab es zum Glück ebenfalls Harzer Schmorwurst à 3 € im Brötchen und weil es ein wenig zu regnen begann, blieb ich auf der überdachten Haupttribüne und sah von meinem neuen Premiumplatz gleich das nächste Tor. Sascha Pfeffer war für den Europapokalfinalisten von 1987 vom Elfmeterpunkt erfolgreich. Mit 2:2 ging es somit in die Kabinen.

Harzer Schmorwurst

Als die zweite Halbzeit mit Chancen hüben wie drüben an mir vorbeilief, redeten meine Sitznachbarn doch tatsächlich über die kommende Arbeitswoche. Das erinnerte mich daran, dass ich am kommenden Morgen zwecks Lohnarbeit ebenfalls früh raus muss. Wenn ich allerdings schon den Zug um 17:49 Uhr in Halberstadt-Spiegelsberge nehme, wäre ich eine Stunde früher als geplant daheim. 10 Minuten mehr Viertligafußball vs. 60 Minuten mehr Entspannungszeit auf dem heimischen Sofa. Ihr wisst alle was sich durchgesetzt hat und in der 80.Minute riskierte ich abermals eine Anzeige der Groundhoppingpolizei. Dass ich nun Loks Siegtreffer in der Nachspielzeit verpasst habe, war ein bisschen ärgerlich, aber zu verschmerzen.

Leipziger Lokisten in Partystimmung

Durften die Leipziger auf der Heimreise nochmal ein bisschen vom Aufstieg in die 3.Liga träumen. Wobei es weiterhin elf Punkte Rückstand auf Tabellenführer BFC Dynamo sind und selbst bei Siegen in den beiden ausstehenden Nachholspielen bliebe in der “bereinigten” Tabelle immer noch ein Delta von fünf Zählern. Aber Träumen ist dennoch ein gutes Stichwort; ich war nun bereits 19:42 Uhr zurück in Hildesheim und wenig später im Land der Träume. Da war der Montagswecker im Morgengrauen nicht ganz so schrecklich und außerdem sind die nächsten Touren auch schon geplant und gebucht. April / Mai geht einiges bei Schneppe Tours, so denn alles nach Plan läuft.

Song of the Tour: Ich freue mich endlich mal Daft Punk in die Playlist packen zu können