Ljubljana (Laibach) 07/2019

  • 25.07.2019
  • NK Domžale – Malmö FF 2:2
  • UEFA Europa League (Qualifying, 2nd Round)
  • Športni Park Domžale (Att: 2.043)

Am Donnerstag den 25.Juli splittete sich unsere Reisegruppe wieder. Es gab mal die Ursprungsplanung an diesem Tag Radnicki Niš gegen Eintracht Frankfurt zu besuchen, doch für den serbischen Vizemeister aus Niš entpuppte sich Estlands Vorjahresdritter Flora Tallinn in der ersten Qualirunde zur UEFA Europa League als eine Nummer zu groß. Also konnten wir diese Option streichen. In der Verlosung waren nun noch Budućnost Podgorica gegen Sorja Luhansk (in Podgorica), das ungarisch-rumänische Duell Honved FC gegen CS Universitatea Craiova (in Budapest) und das Gastspiel von Malmö FF im slowenischen Domžale. Ole und Abto entschieden sich für Ersteres, da es für sie mehr oder mehr weniger auf dem Weg zu ihrem Endziel Mostar lag. Milano und mich zog es jedoch schließlich via Domžale (und Wien) zurück in die Bundesrepublik Deutschland.

Kurze Pause am Busbahnhof Mačvanska Mitrovica

Nach Domžale, bzw. in die nahe slowenische Hauptstadt Ljubljana (Laibach), ging es von Beograd (Belgrad) mit Flixbus für 9,99 € pro Person. Prinzipiell ein Schnapper, jedoch teilte uns das Unternehmen einen Tag vorher mit, dass der Direktbus ausfällt und wir auf eine Alternative mit Umstieg in Zagreb umgebucht sind. Tja, klappte zwar alles reibungslos, jedoch waren wir nun erst 16:45 Uhr anstatt 14 Uhr in der größten Stadt Sloweniens (ca. 280.000 Einwohner). Zum Glück lag das gebuchte Hotel Park – Urban & Green für 43 € p. P. (inklusive Frühstück) gleich in der Nähe des Busbahnhofs und von der Unterkunft war es wiederum nur noch ein Katzensprung zur Altstadt. Die touristische Erkundung Ljubljanas musste somit trotz Reiseplanänderung nicht gänzlich ausfallen.

Die Drachenbrücke erinnert an den Gründungsmythos

Als erstes zog es uns zur Zmajski most (Drachenbrücke), die seit 1901 einerseits den Fluss Ljubljanica (Laibach) überspannt und andererseits auf den Gründungsmythos der Stadt verweist. Der Legende nach sollen Jason und die Argonauten hier in grauer Vorzeit vorbei gekommen sein. Jason tötete einen im Ljubljansko barje (Laibacher Moor) ansässigen Drachen und gründete anschließend die Stadt. Entsprechend ist ein Drache auch das Wappentier Ljubljanas, wenngleich die tatsächliche Gründungsgeschichte der Stadt ohne mythologische Helden und Fabelwesen auskommen muss. Die Römer hatten ungefähr um 50 v. Chr. ein Militärlager auf hiesigem Boden errichtet und 14 v. Chr. folgte eine zivile Siedlung namens Iulia Aemona.

Die Franziskanerkirche Mariä-Verkündigung (1646 bis 1660 erbaut)

Römischen Spuren kann man bei Bedarf in einem archäologischen Park nachgehen. Wir widmeten uns jedoch heute in der Kürze der Zeit nur intakteren Bauwerken in der Innenstadt. Deren Herz und Mittelpunkt ist wahrscheinlich der Prešernov trg (Prešerenplatz), der seinen Namen zu Ehren des slowenischen Dichters France Prešeren trägt (Prešeren ist u. a. der Urheber des Textes der slowenischen Nationalhymne). Der Platz ist gesäumt von der zwischen 1646 und 1660 erbauten barocken Frančiškanska cerkev Marijinega oznanenja (Franziskanerkirche Mariä Verkündigung) und vielen prächtigen Bürgerhäusern, die wiederum um das 1900 errichtet wurden (nach dem schweren Erdbeben von 1895).

Der Laibach a.k.a. die Ljubljanica durchfließt die Stadt

Südlich wird der Prešernov trg von der Ljubljanica begrenzt, die hier von der Tromostovje überspannt wird. Tromostovje heißt schlicht Drei Brücken und beschreibt das Bauwerk schon ganz gut. Hier existierte bereits im Mittelalter eine Holzbrücke über den Fluss. 1842 folgte eine Steinbogenbrücke, die jedoch zu Beginn des 20.Jahrhunderts verkehrstechnisch an ihre Belastungsgrenze kam. 1929 wurden deshalb auf beiden Seiten des Bauwerks Fußgängerbrücken ergänzt und die Brücke somit zur Tromostovje. Mittlerweile sind übrigens alle drei Brückenteile ausschließlich Fußgängern vorbehalten und der motorisierte Individualverkehr wird in Ljubljana sowieso weitgehend aus der Altstadt ferngehalten.

Das Rathaus von Ljubljana

Dass vom Mittelalter bis ins Jahr 1918 die Habsburger über Ljubljana herrschten, sieht man der Altstadt übrigens an vielen Ecken an. Hier fühlt man sich irgendwie mehr in Österreich, denn auf dem Balkan bzw. in Ex-Jugoslawien. Manches Bauwerk könnte aber auch in Italien stehen. So wurde das ursprünglich gotische Ljubljanska mestna hiša (Laibacher Rathaus) aus dem 15.Jahrhundert zwischen 1717 und 1719 vom Architekten Carlo Martinuzzi zu einem barocken Prachtbau im venezianischen Stil umgestaltet. Davor steht seit 1751 wiederum ein barocker Brunnen des venezianischen Bildhauers Francesco Robba. Auch der hiesige Stolnica svetega Nikolaja (Dom St. Nikolaus) hat sein heutiges Antlitz einem italienischen Architekten verdanken. Andrea Pozzi gestaltete die Kathedrale des Nadškofija Ljubljana (Erzbistum Laibach) zwischen 1701 und 1706 im Barockstil um.

Dom St. Nikolaus (ursprünglich aus dem 13.Jahrhundert)

Sozusagen Jugoslawisch wird es dagegen am Trg republike (Platz der Republik). Hier hielt in den 1950er Jahren die sozialistische Moderne Einzug in Ljubljanas Stadtzentrum. Man findet dort das zwischen 1954 und 1959 nach Plänen des Architekten Vinko Glanz erbaute Parlamentsgebäude der Socialistična Republika Slovenija (Sozialistische Republik Slowenien), welches seit dem Ausscheiden aus der Federativna ljudska republika Jugoslavija (Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien) im Jahre 1991 der Sitz der slowenischen Nationalversammlung und des slowenischen Nationalrates ist. Weiterhin ist der Platz gesäumt von zwei zwölfstöckigen Hochhäusern namens TR2 und TR3 (1961 – 1974) und dem Kultur- und Kongresszentrums Cankarjev dom (1977 – 1982).

Straßenzug mit Bebauung aus dem späten 19.Jahrhundert

Auf unserem leider auf 120 Minuten begrenzten Spaziergang durch das Stadtzentrum hatten Milano Pete und ich Ljubljanas architektonische Einflüsse aus drei Kulturräumen und verschiedenen Epochen schon ganz gut erfassen können. Das über der Altstadt thronende Schloss (siehe Titelbild) musste allerdings aus Zeitgründen ausgeklammert werden. Das hatte seine Pforten leider schon kurz nach unserer Ankunft in Ljubljana geschlossen. Aber ich komme bestimmt irgendwann wieder und dann wird sich dem Stadtbild und der Stadtgeschichte hoffentlich nochmal vertiefend gewidmet.

Sarajevski čevapčiči

Da um 21 Uhr unsere heutige Fußballpartie im ca. 15 km von Ljubljana entfernten Domžale (Domschale) angepfiffen werden sollte und natürlich zuvor noch etwas in die Mägen mussten, kehrten wir gegen 19 Uhr ins Restaurant Sarajevo ’84 ein. Der Name verweist auf die Herkunft der Betreiber und erinnert zugleich an die dort ausgetragenen Olympischen Winterspiele von 1984. Die urige Gaststube in einem Kellergewölbe hat daher auch allerlei Devotionalien der bosnischen Hauptstadt und der Winterspiele an den Wänden. Ebenfalls ganz auf Heimatlinie ist natürlich die Spezialität des Hauses: Sarajevski čevapčiči. Wie in der Hauptstadt Bosniens traditionell im Brot (Lepinja) und mit Zwiebeln und Kajmak serviert. Wer mag, nimmt außerdem noch pikanten Ajvar dazu. Ging als kleine Portion für 4,80 € über’n Tresen und die große Portion gab es für 6,80 €.

Willkommen im Domschaler Sportpark

Im Anschluss an das Abendessen fuhren wir für 1,80 € pro Person mit dem Zug nach Domžale. Die 13.000-Einwohner-Gemeinde scheint außer dem örtlichen Fußballclub und der netten Natur drumherum nicht viel zu bieten, weshalb wir ohne Umwege das wenige hundert Meter vom Bahnhof entfernte Stadion ansteuerten und jenes eine gute Stunde vor Anpfiff erreichten. 15 € waren am Drehkreuz zu löhnen und leider war nur die Haupttribüne geöffnet. Die füllte sich jedoch bis Spielbeginn gut und die ca. 200 Gästefans aus Malmö fanden ebenfalls auf ihr Platz.

Gut gefüllte Haupttribüne

Während die Schlachtenbummler aus Schweden ein bisschen Fankultur ausstrahlten, fehlte es den Gastgebern an organisierter Fanszene. Da half auch nicht, dass das biberartige Maskottchen wie von einer Tarantel gestochen durch die Sitzreihen flitzte und minderjährige Stadionbesucher zu Klatsch- und Gesangseinlagen animierte. Der zweifache slowenische Meister (2007 und 2008) und ebenfalls zweifache slowenische Pokalsieger (2011 und 2017) wird uns fantechnisch nicht in Erinnerung bleiben. Stattdessen bekam Milano Pete einen Ohrwurm der mehrfach abgespielten Vereinshymne. Der Ärmste!

Schwedische Schlachtenbummler

Slowenien ist eben ein kleines Land und wenig urbanisiert. Viele Erstligisten kommen aus kleinen Städten und es fehlt dort oft an ganz großer Fußballtradition (im jugoslawischen Fußball hatten Clubs vom Kaliber NK Domžale natürlich nichts zu melden). Zu den größten Traditionsvereinen NK Maribor und NK Olimpia Ljubljana gesellen sich daher immer wieder kleine Clubs in die nationale Spitzengruppe. Die Domžaler halten sich dort schon seit 1,5 Jahrzehnten und vertreten dementsprechend Slowenien seit 2005 fast ununterbrochen international. Für die Gruppenphase der Champions League oder Europa League reichte es zwar noch nie, aber 2017 schaltete man zum Beispiel den SC Freiburg in der Quali aus.

Die Slowenen freuen sich über ihre Führung

Auch mit dem schwedischen Rekordmeister (20 Titel) und Vorjahresdritten konnte man am heutigen Abend gut mithalten. Nicht unverdient brachte der jamaikanische Stürmer Shamar Nicholson den NKD in der 37.Minute in Führung. Bei einem Eckball konnte der Torjäger aus Kingston Town frei im Fünfmeterraum einköpfen. Doch der MFF glich noch vor der Pause aus. In der 42.Minute kam Malmös Rasmus Bengtsson – den Nerds vielleicht durch ein paar Kurzeinsätze für Hertha BSC anno 2010 bekannt – ebenfalls nach einem Eckstoß zum Kopfball aus kurzer Distanz.

Die Schweden feiern den Ausgleich

Nach dem Seitenwechsel ging es gleich munter weiter und der erst 20jährige Adam Čerin besorgte nach schönen Doppelpass in der 48.Minute die erneute Führung für die Hausherren. Doch Malmö FF zeigte sich abermals unbeeindruckt und stellte schon vier Minuten später wieder Gleichstand her. Stürmer Marcus Antonsson war erfolgreich für die vom Ex-DDR-Nationalspieler Uwe Rösler gecoachten Himmelblauen. Von mir aus hätte es natürlich fröhlich so weiter gehen können, doch die Partie flachte fortan zusehends ab. Sicher auch den Temperaturen von über 30° C und der hohen Luftfeuchtigkeit geschuldet.

Das motivierte Maskottchen

Übrigens herrschten am 31.Mai 1979 auf der anderen Seite der Alpen ähnliche klimatische Bedingungen, als Nottingham Forest und Malmö FF in München um Europas Fußballkrone stritten. Auch wenn sich die Engländer damals im Europapokalfinale der Landesmeister mit 1:0 durchsetzten, definitiv der größte internationale Erfolg der Malmöer. Ob Malmö FF (oder generell ein schwedisches Team) jemals wieder die Chance auf ein Europapokalfinale hat? Nach den Gesetzen des gegenwärtigen Fußballgeschäfts auf jeden Fall nicht.

Am Ende stand ein Remis

Gruppenphase ist für Clubs aus Schweden (oder auch Ex-Jugoslawien) in der Regel das höchste der europäischen Gefühle. Weil Malmös Schlussmann Johan Dahlin in der 73.Minute mit einem glänzenden Reflex das 3:2 verhinderte (der eingewechselte Matej Podlogar war frei im Strafraum zum Flugkopfball gekommen), gehen die Schweden mit leichten Vorteilen ins Rückspiel. Allerdings hat die Mannschaft von NK Domžale am heutigen Abend bewiesen, dass sie mithalten kann. Es wird also möglicherweise nächste Woche ein spannender Abend in Malmö. Wir freuten uns dagegen erstmal auf das klimatisierte Hotelzimmer und eine angenehme Nachtruhe, ehe am nächsten Morgen Österreichs Hauptstadt als letztes Reiseziel dieser Sommertour rief.

Song of the Tour: Die Band Laibach lag logischerweise auf dem Silbertablett