Legnica (Liegnitz) 09/2018

  • 02.09.2018
  • Miedz Legnica – Zagłębie Lubin 2:0
  • Ekstraklasa (I)
  • Stadion Miejski im. Orla Bialego (Att: 5.868)

Derbytime in Dolny Śląsk (Niederschlesien) und ich hab immer noch einen Haufen polnische Devisen zuhause rumfliegen. Nach Legnica (Liegnitz) ist es außerdem keine Weltreise und daheim lag nichts Besonderes an. Also mal die Bahnverbindungen gecheckt und schockiert gewesen, dass die Deutsche Bahn für die Hinfahrt 82,30 € haben wollte. Deshalb wurde nur eine Verbindung bis Forst (Lausitz) für 22,40 € gebucht und ab dort auf die preiswerte polnische Bahn spekuliert.

Mein Kulturzugticket

Für die Rückfahrt fiel dann das so genannte Kulturzugticket ins Auge. An den Wochenenden der Sommersaison verkehren zur Zeit Sonderzüge zwischen Berlin und Wrocław (Breslau) für 19€ pro Strecke, mit Zwischenhalten in u. a. Legnica (Liegnitz). Da der Sonntagabendzug dieser Gattung rund 30 Minuten nach Abpfiff in Legnica halten sollte und die beste Option Richtung Bundeshauptstadt darstellte, wurde dieser gebucht (und ab Berlin nochmal ein ICE für 22,40 €).

Wolfsburg, voll die Fußballstadt

Diesmal startete die Bahnreise um 5:55 Uhr. Also im Gegensatz zum Vorwochenende fast schon zu einer christlichen Zeit. Den ersten Umstieg gab es in Wolfsburg und ich lief gleich mal den Ultras des VfL in die Arme, die anscheinend alsbald ihre heutige Tour nach Leverkusen starten wollten. Wolfsburg-Bashing macht ja jeder, weshalb ich den Haufen, dessen Bierflaschen heute so Plastik wie ihr Club waren, eigentlich gar nicht groß erwähnen wollte. Aber der adipöse Heranwachsende, der behauptete „Ey, das ist das erste Mal, dass ich für ein Wochenendticket bezahle!“, war schon putzig. Seine Mitreisenden widerlegten ihn sofort mit mehreren Beispielen und ein unausgesprochener Verdacht stand im Raum, den ich wahrscheinlich mit seinen Freunden teilte: War die Autostädter Naschkatze vielleicht gar nicht so superkrass, wie er dachte?

Berlin Hauptbahnhof

Mit dem ICE ging es weiter nach Berlin und 8:25 Uhr fuhr dieser in den Hauptbahnhof der Hauptstadt ein. Passend dazu interpretierten mir gerade drei Berliner Rapkünstler namens MC Bomber, Finch Asozial und King Orgasmus One ihre gestern veröffentlichte Kollaboration ins Ohr (Jacksons! Richtige Jacksons!). Kurz mal frische Luft geschnappt und 10 Minuten später setzte ich die Tour mit einem RegionalExpress nach Cottbus fort.

Fleischiges zum Frühstück

In Cottbus erlaubte ich mir nun eine gute Stunde Pause für die erste Mahlzeit des Tages. 10 Uhr war durch, da durfte mir die Schlachterei Danilo Dubau ruhig schon deftige Delikatessen in Form von ’nem Schnitzelbrötchen und ’ner Boulette servieren. Außerdem schaute ich, ob in Cottbus am Automaten schon ein Ticket nach Legnica lösbar war. Ja, wäre gegangen, sollte aber auch immer noch utopische 21,40 € kosten. Nein, danke! Im aktuellen Baustellenchaos am Cottbusser Hauptbahnhof (mit „Ausbau zum Verkehrsknoten“ haben sie es überschrieben) hätte ich dann trotz 66 Minuten Aufenthalt fast noch meinen Anschluss verpasst. Wie gesagt, fast…

Bahnhof Forst / Lausitz

Stattdessen war ich 11:25 Uhr in Forst / Lausitz und erfreute mich an der Wild-West-Romantik des Bahnhofs. Hier würde ich die Eröffnungsszene eines deutschen Remakes von Spiel mir das Lied vom Tod drehen. Als ich nun so ein bisschen wie bestellt und nicht abgeholt vor dem Bahnhofsgebäude rumstand, rief das auch passenderweise einen mutmaßlichen Kopfgeldjäger auf den Plan. Ein Auto hielt neben mir und der Fahrer fragte: „Sind sie Alexander M…..?“ „Nö.“ „Ah ha! Hamse auch nüschts mit zu tun mit dem?“ „Nee, ich bin nicht von hier und warte auf meinen Zug nach Polen.“ Ich weiß gar nicht mehr ob noch ein weiteres skeptisches „Ah ha!“ folgte oder ob er wortlos davonbrauste. Auf jeden Fall rate ich Alexander M. dazu im Untergrund zu bleiben! Oder es war einfach nur die Lausitzer Version von Uber? Man soll ja nicht immer gleich mit dem Schlimmsten rechnen.

Stadion am Wasserturm

In Forst hatte ich auch wieder ein Stündchen Zeit und die Satellitenaufnahmen der Stadt verrieten mir ein Stadion in der Nähe. Also wurde das dank seines Namensgebers leicht zu findende Stadion am Wasserturm mal kurz besucht. Auf jeden Fall eine sehr schöne Anlage mit viel Patina, die gerne nochmal für ein Fußballspiel aufgesucht werden darf.

Im Forster Villenviertel

12:30 Uhr saß ich schließlich in einem pünktlich abfahrenden polnischen Nahverkehrszug und für umgerechnet 5,50 € ging es weiter von Forst bis Legnica. Dort erwartete mich ein abgerockter großer Bahnhof der Marke Duisburg oder Bytom, was schon mal ganz charmant war. Zumal die Bahnhofshalle im Kontrast dazu recht frisch renoviert wirkte. Jedoch ohne das mindestens 100 Jahre alt ausschauende Interieur mit modernem Schnickschnack ersetzt zu haben (wäre ergo ebenfalls ’ne gute Filmkulisse).

Bahnhof Legnica

Außerhalb des sicheren Bahnhofs versank die Stadt leider gerade im Regen. Zum Glück war das Hotel nur 1,5 km von der Station entfernt, sonst hätte ich mir tatsächlich mal ein Taxi gegönnt. Wären es doch nur zwei oder drei Kilometer Distanz gewesen, damit ich wirklich über meinen Schatten gesprungen wäre! Denn auch 1.500 Meter reichten aus, um ordentlich durchnässt am Sky Business Hotel bzw. dem Hotel Gwarna anzukommen.

Die Bahnhofshalle

Mein Hotel war als abgespeckte 3-Sterne-Etage Teil eines 4-Sterne-Hotels. Richtet sich, wie der Name schon suggeriert, an Geschäftsreisende, die Spa & Pool nicht brauchen oder deren Arbeitgeber zu preisbewusst dafür sind (meine Buchung kostete mich umgerechnet 35 € inklusive Frühstück). Ich würde aber eine meiner Balkantaschen darauf verwetten, dass gewiefte Sky-Business-Kunden es trotzdem in den Wellnessbereich schaffen. Hätte ich mal probieren sollen. An Stelle des Programms, welches ich mir nach dem Check-In angetan habe.

  • 01.09.2018
  • Miedz Legnica II – Stal Brzeg 5:0
  • III Liga Grupa III (IV)
  • Stadion w Parku Miejskim (Att: 26)

War gar nicht so einfach sich zu motivieren wieder in den Regen herauszutreten. Aber die Alternative „Erschleichung von Wellness-Leistungen“ fiel mir leider zu spät ein und was soll ich jetzt den Nachmittag im Hotelzimmer verbringen? Also wurden die Klamotten gewechselt und 10 Minuten nach Anpfiff (15:10 Uhr) der Nebenplatz von Miedz Legnica betreten.

Das Stadion von Miedz

Zwei Hoppergrüppchen waren sofort auszumachen. Klar, schwarze Windbreaker und Cargoshorts waren schon verräterisch genug. Dass sie allerdings alle ohne Regenschirm da waren, überführte sie endgültig. Alle anderen Stadionbesucher hatten logischerweise Schirme dabei, weil man bei so einem Wetter nicht ohne aus dem Haus geht. Hier hatte es bereits seit Stunden geregnet. Die zwei Grüppchen mussten also bei anderen Wetterverhältnissen ihre Quartiere verlassen haben, ergo von weiter weg sein, kombinierte Sneplock Holmes. Ein nähere Observation ergab zweimal Deutsch als Muttersprache. Rechts von mir ostdeutsche und links von mir süddeutsche Sprachfärbung.

Der Nebenplatz

Mein polnischer Nebenmann erzählte mir, dass ich trotz Überlegenheit der Heimmannschaft nichts verpasst habe und es noch 0:0 steht. Das änderte sich auch erst kurz vor dem Pausenpfiff, als ein 19jähriger namens Patryk Makuch die Blauen in Führung schoss (45.Min). Zeit für die Hopper links von mir diesen Sinnlos-Kick zu verlassen. Die rechte Gruppe blieb komischerweise bis zwei Minuten nach Wiederanpfiff der 2.Halbzeit und sah somit noch ein weiteres Tor von Makuch (46.Min). Seltsam! Vielleicht haben die den Kodex, dass man immer mindestens 45+1 Minuten gucken muss (wobei die Nachspielzeit einer Halbzeit nicht zählt), damit ein Ground eingetragen werden darf? Auch nach Jahren der Beobachtung sind mir bestimmte Muster dieser Subkultur immer noch ein Rätsel.

Das Tribünchen

Da widmete ich mich lieber weniger komplexen Vorgängen, wie dem aktuellen Fußballspiel. In der 2.Halbzeit sahen die Jungs aus Brzeg (zu deutsch Brieg) nämlich endgültig keinen Stich mehr und gingen analog zur Landschaft unter. Michal Pojasek (56.Minute), Marcin Garuch (67.) und Przemysław Porębski (76.) schraubten den Spielstand auf 5:0 hoch. Mit Garuch traf übrigens der wahrscheinlich kleinste Fußballspieler, den ich je (im Herrenbereich) gesehen habe. Ich schätzte ihn auf circa 1,50 m und lag nur vier Zentimeter daneben (nein, er ist nicht 1,46 m). Der war mit seinen 29 Jahren auch der Routinier im Talentschuppen von Miedz und quasi an jedem Angriff beteiligt.

Pfarrkirche St. Johannes Baptist bei Sauwetter

Ungefähr fünf Minuten vor Spielende zog ich wieder von dannen und verpasste auch nach hinten heraus keine Tore. 17 Uhr sollte der nächste Kick meiner Agenda in 1,5 km Entfernung angepfiffen werden.

  • 01.09.2018
  • KS Konfeks Legnica – KS Legnickie Pole 2:5
  • Klasa Okregowa Grupa Legnica (VI)
  • Stadion Konfeks (Att: 54)

Über geflutete Straßen kämpfte ich mich in den Süden der Innenstadt zu Konfeks Legnica vor. Zwar nur 6.Liga (das ist in Polen quasi die höchste Liga eines Landkreises, also wie z. B. die achtklassigen Kreisligen in Niedersachsen), aber die Vorabrecherche ergab ein sehenswertes Stadion mit zwei großen Tribünen in einem teilweise ruinösen Zustand. Und ganz wichtig beim heutigen Wetter; es gab einen kleinen überdachten Bereich auf der Haupttribüne!

Mein Zufluchtsort

Kurz vor Anpfiff ließ ich mich dort nieder und bekam wenige Minuten später Gesellschaft von einem guten Dutzend mitgereister Anhänger der Gastmannschaft. Klassischer Fanclub eines Dorfclubs und natürlich nicht wirklich am supporten, aber es wurde viel gebrüllt und die älteren Semester zechten sich nebenbei ganz gut zu und brüllten dann noch mehr rum (im Internet fand ich übrigens sogar noch Bilder und Videos von Pyroaktionen der Jungs).

Die Teams präsentieren sich

Von den Groundhoppers von vorhin war übrigens keiner zu sehen. Die waren jetzt wahrscheinlich auf dem Weg zu Śląsk Wrocław vs. Wisła Kraków (Anstoß 18 Uhr) und hatten mit ihren Groundhopper Apps Miedz Legnica II – Stal Brzeg als verkehrsgünstigen Beifang entdeckt. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich meine Wahl Konfeks (über Śląsk vs. Wisła hatte ich auch kurz nachgedacht) viel besser fand.

Die Partie läuft

In jeden Fall sah ich ein flottes Fußballspiel. Konfeks, zwischen 1991 und 1994 immerhin Drittligist und damit damals die Nummer 2 der Stadt hinter Miedz, ging bereits in der 3.Minute per Strafstoß in Führung und in der 17.Minute musste der Gästetorwart mit der Rückennummer 96 abermals hinter sich greifen. Der Trainer der Gäste brüllte nun so einiges in Richtung Spielfeld und anscheinend waren das taktische Umstellungen. Jedenfalls reduzierte sich die Abwehrreihe gefühlt von vier auf zwei Mann und KS Legnickie Pole suchte sein Heil in der Offensive. Hätte nach hinten losgehen können, ging es aber nicht und zur Pause stand es 2:3.

Noch ein Match im Regen

In der Halbzeit hätte ich gerne eine wärmende Fettwurst namens Kiełbasa gegessen oder wenigstens ein Getränk erworben, aber wie schon beim ersten Spiel des Tages gab es keine Stadiongastronomie. Also wurde hungrig und durstig beobachtet wie Konfeks nach Wiederanpfiff den Offensivmotor anwarf und auf den Ausgleich drängte. Der Gästetorwart entpuppte sich jedoch als mit Sprungkraft und starken Reflexen gesegneter Vertreter seiner Zunft. In der 88.Minute konnten die Mannen aus Legnickie Pole jedoch per Strafstoß auf 2:4 stellen und damit war das Ding durch. In der Nachspielzeit gelang ihnen obendrein ein fünftes Tor, aber das nahm ich nur noch akustisch wahr, da ich schon zum Ausgang unterwegs war.

Ein letzter Blick ins Stadion

Mannschaft und Fans konnten also gut gelaunt in ihr zehn Kilometer entferntes Dorf zurückkehren und als ich guckte, wo der Ort liegt, machte ich mir Gedanken über den Namen. Legnickie Pole müsste Liegnitzer Feld heißen und die Schlacht von Liegnitz lief mir schon vor vielen Monden im Geschichts-LK über den Weg (Gruß an Frau Dr. Bunselmeyer). 1241 traf dort ein deutsch-polnisches Herr auf eine mongolische Streitmacht der Goldenen Horde und wurde von den fernöstlichen Invasoren weitgehend vernichtet. Der Heerführer Herzog Heinrich II. von Schlesien fiel in der Schlacht und sein Kopf wurde auf einer Lanze als Trophäe während der folgenden (erfolglosen) Belagerung vor den Liegnitzer Stadtmauern präsentiert.

Land unter in Legnica

Die Tore zum Deutschen Reich standen den Mongolen nun sperrangelweit offen, doch trotz des Sieges stießen nicht weiter nach Nordwesten vor, sondern schwenkten durch die Mährische Pforte nach Süden ab. In Böhmen, Mähren, Ungarn und auf dem Balkan wüteten sie noch, ehe sie sich Ende des Jahres 1241 wieder aus Mitteleuropa zurückzogen. Vermutlich um in der Heimat nach dem Tod von Ögeidei Khan (wiederum Nachfolger vom viel besungenen Dschingis Khan) einen neuen Großkhan zu wählen.

Mir drohten schon Schwimmflossen

Im deutschen Sprachraum heißt der Ort Legnickie Pole übrigens nicht Liegnitzer Feld, sondern Wahlstatt (nicht zu verwechseln mit einem Fanzine aus den Kindertagen der hannoverschen Ultragruppierung Komplott Hannovera namens Walstatt), was ein altertümlicher deutscher Begriff für Schlachtfeld ist. Ich kämpfte mich derweil durch den Starkregen zum Hotel durch. Da meine Haut fast flächendeckend nass war, waren es die Klamotten erst recht und der Fön im Badezimmer durfte glühen (eine dritte Garnitur Kleidung hatte ich logischerweise nicht dabei). Nach einer heißen Dusche und in halbwegs trockenen Klamotten, wagte ich mich doch nochmal zwecks Nahrungssuche vor die Tür (das Hotelrestaurant hatte wegen einer Hochzeit blöderweise für Publikumsverkehr geschlossen).

Restaurant Tivoli

Zum Glück waren es nur 50 Meter bis zum nächstgelegenen Restaurant und das Tivoli sah dazu auch noch sehr gemütlich aus. Drinnen war allerdings tote Hose, also wirklich kein einziger Gast außer meine Wenigkeit anwesend. In meinem besten Polnisch fragte ich, ob (noch) geöffnet sei. Natürlich sei es das, ich solle mir doch bitte einen Platz suchen. Ich googelte fix die Öffnungszeiten. Bis 23 Uhr an Samstagen und es war nicht mal 21 Uhr. Dazu gute bis sehr gute Bewertungen und der Hinweis, dass das Restaurant seit 1957 am Platz ist. So viel können die also nicht verkehrt machen.

Zurek im Brotlaib

Die gähnende Leere muss wohl echt dem Wetter geschuldet gewesen sein (die Straßen der immerhin über 100.000-Einwohner-Stadt waren wie leergefegt an diesem Abend) und ich wurde kulinarisch tatsächlich nicht enttäuscht. Neben einem Mate Lemon Tea versuchte ich außerdem mit einer heißen Żurek im knusprigen Brotlaib dem vorgezogenen Herbstanfang zu trotzen. Gefolgt von einer panierten Hähnchenbrustroulade mit Käsefüllung nebst Beilagen. Alles vorzüglich. Satt und matt ging es 57 Złoty ärmer zurück ins schräg gegenüber liegende Hotel.

Panierte Hähnchenbrustroulade mit Käsefüllung

Wenn ich schon gegen 22 Uhr einschlafe, muss ich mir für den nächsten Morgen natürlich keinen Wecker stellen. 6:08 Uhr zeigte das Ziffernblatt, als die Augen aufgingen und ich mich sehr ausgeschlafen fühlte. Dann man unter die Dusche und ran ans Frühstücksbüffet! Wie es sich für 4 Sterne gehört, wurde vernünftig aufgetischt (Frühstück war für Gäste von Hotel Gwarna und dem Sky Business Hotel natürlich identisch, da es nur ein Restaurant gab).

Deftiger Start in den Tag

Ziel war Energie für den ganzen Tag aufzunehmen und dazu wurde sich erstmal über die Warmtheke hergemacht. Kiełbasa in Scheiben, krosser Speck, Rührei, Würstchengulasch und Ratatouille kamen auf den Teller. Danach diverse Käsebrote mit Paprikagarnitur als zweiter Gang und schließlich noch eine Schale Obst für die Abwehrkräfte. Auch mit Kaffee und Orangensaft war ich nicht sparsam und dürfte so auf meine knapp 2.000 kcal gekommen sein.

Noch eine kleine Vitaminbombe

Energetisch aufgeladen hatte ich nun das Auswärtsspiel von Energetyk Siechnice bei Parasol Wrocław als sportlichen Aperitif für den späteren Leckerbissen in Legnica im Auge. Klar, das nächste sportlich und fantechnisch zweifelhafte Spiel an diesem Wochenende, aber es war gerade mal 8 Uhr morgens und die 7,5 Stunden bis zum Anpfiff von Miedz vs. Zagłębie meinte ich nicht nur mit Sightseeing in Legnica füllen zu können.

Die Kathedrale St. Peter und Paul

Für jenen Touri-Kram, der beim gestrigen Sauwetter keinen Platz fand, räumte ich jetzt zunächst zwei Stunden ein. Das war auch ehrlich gesagt nicht zu knapp bemessen. So riesig ist Legnica nicht und die Sehenswürdigkeiten sind im Stadtkern eng beieinander.

Die Heringsbuden

Schon am Vortag war mir aufgefallen, dass die Altstadt keine geschlossene historische Bebauung mehr hat. Für deutsche Städte (egal ob ehemalige oder aktuelle) ist das natürlich durch den Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) keine Besonderheit. Allerdings erfuhr ich, dass der hiesige historische Stadtkern diesen Krieg nahezu unversehrt überstanden hatte.

Haus zum Wachtelkorb mit seiner Sgraffito-Fassade

In den 1960er Jahren wurde jedoch das Meiste abgerissen und nur herausragende Bauwerke blieben verschont. Teilweise bekamen die nachfolgenden Plattenbauten noch Fassaden, die alte Gebäuden interpretierten. In den Nebenstraßen wurde jedoch ganz blank und trist auf Platte gesetzt.

Historisierende Plattenbauten in der Altstadt

So eine „Deutsche Altstadt“ hatte wohl für die polnischen Machthaber nicht den erhaltenswerten Status à la Warszawa (Warschau) oder Kraków (Krakau). Jedoch war der Trend die alten baulichen Zöpfe abzuschneiden und Platz für die Moderne zu schaffen kein exklusives Phänomen der Polen oder des Realsozialismus. In der BRD gibt es auch genug Beispiele, wo sich Rekonstruktionen auf kleine Inseln in den Innenstädten beschränkten oder relativ intakte historische Straßenzüge noch in der Nachkriegszeit dem modernen Städtebau weichen mussten.

Die Marienkirche (älteste Kirche der Stadt)

Nichtsdestotrotz könnte die Stadt Legnica sich wahrscheinlich touristisch als Alternative zu Wrocław (Breslau) oder in Kombination mit der großen Nachbarstadt viel besser vermarkten, wenn man das 1000jährige Erbe (erste urkundliche Erwähnung anno 1004) flächendeckend erhalten hätte. Und ich wäre nicht in gut 1,5 Stunden mit einem Stadtbummel durch gewesen, der wirklich jede Eile vermissen ließ.

Scultetus-Haus

Die Top 10 von Legnica ohne wertende Reihenfolge:

  • Die Kathedrale St. Peter und Paul (Katedra Świętych Apostołów Piotra i Pawła)
  • Das Alte Rathaus (Stary ratusz) am Markplatz (Rynek)
  • Die Heringsbuden (Kramy Śledziowe) am Marktplatz
  • Das Neue Rathaus (Nowy Ratusz) im Stile Neorenaissance
  • Das Piastenschloss (Zamek Piastowski)
  • Die Marien- oder Liebfrauenkirche (Kościół Marii Panny)
  • Die Ritterakademie (Akademia Rycerska)
  • Das Haus zum Wachtelkorb (Dom Pod Przepiórczym Koszem)
  • Die barocke Pfarrkirche St. Johannes Baptist (Kościół św. Jana Chrzciciela)
  • Das Scultetus-Haus mit seiner Sgraffito-Fassade
Die Bahnhofsschalter in Legnica
  • 02.09.2018
  • Parasol Wrocław – Energetyk Siechnice 1:3
  • Klasa Okregowa Grupa Wrocław (VI)
  • Stadion Sportowy Lotnicza (Att: 75)

10:06 Uhr saß ich schließlich für umgerechnet 3,50 € im Zug nach Wrocław und stieg am Vorstadtbahnhof Nowy Dwor wieder aus. Dieser war dem Stadion Sportowy Lotnicza am nächsten gelegen (zumindest auf der Bahnstrecke Legnica – Wrocław) und nach 20 Minuten Fußmarsch erreichte ich kurz nach Anpfiff gegen 11:05 Uhr die Spielstätte.

Slask-Streetart im Stadionumfeld

Parasol heisst übrigens Schirm und es handelt sich nicht um die Betriebssportgemeinschaft einer nahe gelegenen Schirmfabrik (obwohl hier Industriegebiete in der Nachbarschaft waren), sondern der Name soll ein Aufklärungsbataillon der Heimatarmee (Armia Krajowa) ehren. Über die polnische Armia Krajowa im Zweiten Weltkrieg habe ich bei meinem Warschau-Bericht schon etwas ausführlicher berichtet, da will ich jetzt nicht wieder in die Tiefe gehen. Aber ist schon wieder spannend, wo man zufällig Brücken schlagen kann. Denn das Parasol-Bataillon war natürlich auch am Warschauer Aufstand beteiligt.

Stadion Sportowy Lotnicza

Heute ist der Club eine kleine Talentschmiede im lokalen Fußballsport und kooperiert eng mit dem Erstligisten Śląsk Wrocław. Seit Jahren gibt es eigentlich immer mindestens einen Profi mit Wurzeln bei Parasol im Kader von Śląsk. Wer sich nicht für höhere Aufgaben bei Śląsk oder anderswo empfehlen kann, muss dann im Herrenbereich zur Zeit mit der 6.Liga vorliebnehmen. Die gastierenden Siechnicer Fußballer sind dagegen wirklich einem Betrieb entsprungen und der Name Energetyk bezieht sich auf das dortige Elektrizitätswerk. Inwieweit Club und Werk noch verbandelt sind, vermag ich nicht zu sagen, aber mehr Power hatten auf jeden Fall die Gäste und gingen in der 33.Minute verdient in Führung.

Parasol am Ball

Nach der Pause konnte Parasol ausgleichen, aber die schwarz-gelbe Gastmannschaft ließ sich davon nicht beeindrucken und konnte in der 74.Minute erneut in Führung gehen. Mit der Gewissheit, dass Energetyk gleich den ersten Saisonsieg feiern darf, verließ ich das Gelände vorzeitig, um bereits 13 Uhr wieder in einem Zug nach Legnica zu sitzen. Mein Gespür bestätigte sich und am Ende vermeldete der Ergebnisdienst sogar ein 1:3.

Sie drehte trotz Fußballspiel ihre Runden

Am Bahnhof Nowy Dwor wartete ich zusammen mit behelmten Bullen und ein paar jungen Fanatikern von Śląsk Wrocław auf den Zug gen Legnica und in jenem waren logischerweise noch etliche weitere Jungs von Śląsk. Auch etwas älter und kräftiger ausschauende Kaliber. Schon nicht schlecht für Miedz, dass sie so einen mächtigen Verbündeten vor der Haustür haben, der enstprechend für das Derby der Freunde mobilisiert hatte und außerdem ebenfalls Zagłębie Lubin hasst.

Alte Hauptpost

Und während es am Morgen noch bewölkt, aber wenigstens schon mal trocken war, erwarte mich Legnica um 13:44 Uhr mit Sonnenschein. Mein großes Fressen am Abendbrots- und Frühstückstisch trug also Früchte. Wenn der Wettergott es endlich gut mit mir meinte, musste ich das ausnutzen und ging noch nicht sofort zum Stadion. Die Hälfte der knapp zwei Stunden bis Spielbeginn investierte ich für einen weiteren Stadtrundgang. Im Prinzip sollten nochmal alle Sehenswürdigkeiten bei schönem Wetter für das private Foto-Album geknipst werden.

Glogauer Turm

Vorbei am alten Hauptpostamt und dem Glogauer Tor der einstigen Stadtbefestigung, spazierte ich vom Bahnhof zum Piastenschloss. Eine der ersten gemauerten Burgen auf polnischem Staatsgebiet (11.Jahrhundert), die sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem Residenzschloss wandelte.

Das Piastenschloss

Von 1248 (also kurz nach der Schlacht von Liegnitz) bis 1675 residierten hier die Herzöge von Liegnitz (Adel aus der schlesischen Linie des polnischen Herrscherhauses der Piasten). Als die Linie erlosch, fiel das Herzogtum an Böhmen und somit an die Habsburger. Ehe sich 1742 ein junger preußischer Herrscher namens Friedrich II. dreisterweise den Großteil Schlesiens mittels eines Feldzuges raubte. Bis 1945 blieb Liegnitz als Teil der Provinz Schlesien preußisch bzw. deutsch.

Nördliches Schlossportal

Nach meinem zweiten Schlossrundgang des Tages, lagen die großen Kirchen der Stadt, die Rathäuser und der Marktplatz (mit den Heringsbuden und dem Haus zum Wachtelkorb) zwischen dem einstigen Adelssitz und dem Stadion. Also gelang es mir tatsächlich meine komplette Top 10 vor Spielbeginn bei schönem Wetter erneut abzuknipsen.

Die Ritterakademie
  • 02.09.2018
  • Miedz Legnica – Zagłębie Lubin 2:0
  • Ekstraklasa (I)
  • Stadion Miejski im. Orla Bialego (Att: 5.868)

Nach meiner Fototour schloss ich mich dem Strom blauer Trikotträger an und war gegen 14:45 am Stadiontor. Schnell die vorab schriftlich beantragte Akkreditierung abgeholt (bei manchen Spielen muss es hochoffiziell sein) und dann meinen Sitz im Pressebereich eingenommen. Die Fanbusse aus Lubin (Lüben) waren auch alle bereits eingetroffen (wahrscheinlich gab es Gästekarten nur in Kombination mit der organisierten Anreise) und der Block füllte sich langsam. Alle 670 Gästefans waren in orange (eine der Vereinsfarben) und ohne Frauen (aber mit je 20 Freunden von Falubaz Zielona Gora und Odra Opole) zum Derby gefahren, während der Heimanhang, bis auf ein paar grüne Śląsk-Inseln, vorwiegend blaue Shirts trug. Sah schon mal gut aus!

Die Kathedrale von Osten

Die Rivalität der Fanlager ist natürlich keine, die wie anderswo ihre Wurzeln bereits in grauer Vorzeit hat. Zum einen fand hier nach dem Zweiten Weltkrieg ein Bevölkerungsaustausch statt und die vertriebenen Deutschen wurden durch Polen ersetzt (vorwiegend selbst aus den polnischen Ostgebieten vertrieben, da diese sich die Sowjetunion geraubt hatte). Zum anderen war Lubin bis zum Zweiten Weltkrieg eine kleine Stadt mit unter 10.000 Seelen, während Legnica schon auf eine lange Geschichte als Kultur- und Residenzstadt zurückblicken konnte und 1939 knapp 80.000 Einwohner hatte. 1957 wurden jedoch große Kupfervorkommen im Raum Glogow-Legnica (Glogau-Liegnitz) entdeckt und besonders bei Lubin befanden sich erhebliche Reservoire, so dass dort 1961 das Bergbauunternehmen KGHM Polska Miedz gegründet wurde (Miedz ist das polnische Wort für Kupfer). Die rund 4.500 Nachkriegseinwohner von 1957 verzehnfachten sich binnen weniger Jahre und bis zur politischen Wende 1989 zählte Lubin über 80.000 Einwohner.

Der Gästeblock

Das Kupfer und der Konzern KHGM spielten fortan eine gewichtige Rolle im Fußballsport der Region. Miedz Legnica wurde 1971 als Club der Arbeiter der Kupferminen im Norden von Legnica gegründet und von Minenbetreiber KHGM gefördert. Viel umfangreicher unterstützte KHGM allerdings den Fußballclub am Unternehmenssitz Lubin; den 1946 von aus Lwiw (Lemberg) nach Lubin vertriebenen Polen gegründeten Verein OMTUR Lubin. Ab 1966 hieß der Club KHGM Zagłębie Lubin und wetteiferte mit Miedz Legnica in den 1970er Jahren im regionalen Fußball, während die mittlerweile in etwa gleichgroßen und nur 20 km entfernten Städte ebenfalls konkurrierten. Zum Beispiel um den Verwaltungssitz der Woiwodschaft, wo sich Legnica 1975 sehr zur Überraschung von Lubin durchsetzen konnte.

Für euch ist es nur Fußball, für uns der Sinn des Lebens

Lubin hatte mittlerweile über 60.000 Einwohner und empfand sich als moderne und aufstrebende Stadt, während Legnica als leicht heruntergekommen und als „Russenstadt“ verpönt war. Noch vor der Kupferschmelzhütte Legnica soll nämlich die große sowjetische Garnison die vielleicht wichtigste Säule der lokalen Wirtschaft gewesen sein. Legnica, wo sich auch die Kommandozentrale des Warschauer Pakts befand, wurde im Volksmund Klein Moskau (Mala Moskwa) getauft und die polnischen Bewohner, die logischerweise Handel mit den sowjetischen Soldaten trieben, galten als Russenfreunde.

Flutlicht am hellichten Tag

In den 1980er Jahren trennten sich die sportlichen Wege der Vorzeigeclubs beider Städte langfristig. 1985 stieg Zagłębie Lubin erstmals in die Ekstraklasa auf, etablierte sich dort schnell und gewann 1991 sogar die erste von zwei Landesmeisterschaften (Titel Nr. 2 folgte 2007). Fortan entwickelte sich eine große Rivalität mit Śląsk Wrocław um die sportliche Vorherrschaft in der Region, während Miedz Legnica in der 2. oder 3.Liga rumdümpelte (aber 1992 überraschend als Zweitligist den polnischen Pokal gewann!). Dass Miedz mit Śląsk ein Fanverbündnis einging, ließ ihre Aktien im Lubiner Fanlager natürlich nicht steigen. Außerdem sind im komplexen polnischen Fanatlas auch noch Feinde der Freunde von Miedz wiederum Freunde von Zagłębie.

Die Polizei war an allen Ecken und Enden

2014/15 kreuzte man erstmals seit den 1980er Jahren wieder regulär die Klingen (Zagłębie war in die 2.Liga abgestiegen), was die lange nur distanziert ausgelebte Rivalität neu befeuerte und heute sollte es endlich in der Ekstraklasa, in die Miedz diesen Sommer erstmalig aufgestiegen war, zum Derby kommen. Trotz der wenigen sportlichen Berührungspunkte in der Vergangenheit, war es ein Duell auf das beide Fanlager hinfieberten und welches auf dem Rasen und auf den Rängen klären soll, wer hier im Kupferbecken die Nr. 1 ist.

Die Teams laufen auf

Erwartungsgemäß boten die beiden Kurven optisch noch nichts zu Spielbeginn, aber die Gesänge und Schlachtrufe waren aus beiden Lagern schön laut und auf der Haupttribüne und der Gegengerade lagen schon überall Glitzertafeln aus. Auf dem Platz fand erst einmal das in der Ekstraklasa etablierte Gästeteam besser ins Spiel und kam in der Anfangsphase zu ein, zwei Abschlüssen. Nach ungefähr 20 Minuten war schließlich die Glitzerchoreographie auf den Rängen zu bewundern. Der Reaktion nach zu urteilen, fand der Gästeanhang das genauso so wenig originell wie ich. Aber die Blockfahne im Zentrum der Fankurve verriet schon, dass das noch nicht alles gewesen sein konnte. Darunter würde jetzt das beliebte Umziehspiel starten und viele Augenpaare richteten sich gespannt zur Kurve.

Glitzerfolienchoreo

Doch zunächst lenkte das Spielgeschehen nochmal von den Fans ab. Der Spanier Marquitos brachte Miedz, nach Vorarbeit des Esten Artur Pikk, überraschend in der 23.Minute bei einem Konter in Führung. Der Jubel passte perfekt in den Ablauf der Choreographie, denn während ein paar Hundert Fans dank einer Blockfahne über ihren Köpfen das Tor verpasst haben, verschwand diese nun wieder.

Pyro bei Miedz

Jetzt entzündeten vermummte Fans ihre bengalische Feuer und bei der Rauchentwicklung, die neben den Fackeln zuvorderst auf einige Kilogramm Rauchpulver zurückzuführen war, kam der Unparteiische nicht umhin das Spiel aufgrund mangelhafter Sichtverhältnisse zu unterbrechen. Drei Minuten, die den Spielern als Trinkpause bei 25° C doch recht gelegen gekommen sein dürften.

UML-Blockfahne

Mittlerweile war der Nebel so weit verzogen, dass ich eine inzwischen am Tribünendach hochgezogene Blockfahne erkennen konnte. UML stand darauf (Ultras Miedz Legnica) und zwei große Hände hielten Feuerwerkskörper. Das Bild wurde aber sogleich wieder in Rauch gehüllt, was so aussah als würden die gemalten Feuerwerkskörper der Blockfahne qualmen. Und eine Leuchtrakete ging auch in den Himmel bzw. unter das Stadiondach und landete vor der Zaunfahne der Ultras Miedz Legnica.

Qualmerei

Die wurde von fleißigen Fanatikern in Maleranzügen schnell abgehangen. Ich hatte erst befürchtet sie hätte Feuer gefangen, aber anscheinend musste eh Platz gemacht werden, weil man selber kontrolliert ein paar Textilien abfackeln wollte. Eine Reihe von Fanschals der Lubiner und ihrer Freunde (u. a. Falubaz Zielona Gora) wurde in Brand gesteckt. Der Ordnungsdienst kam irgendwann zum Löschen dazu und der Fanblock war dadurch ein drittes Mal in Nebel gehüllt.

Feuerlöscherqualm

Auf dem Platz suchten die Männer in den orangefarbenen Trikots derweil nach Antworten auf den Rückstand. In der 35.Minute hatte Zagłębie durch Pawlowski nach einem Eckstoß nochmal eine große Chance zum Ausgleich. Doch sein strammer Schuss traf nur die Latte, so dass es mit 0:1 in die Pause ging, was nicht ganz den Spielanteilen gerecht wurde.

Gästeblock zu Beginn der 2.Halbzeit

Nach der Halbzeitpause kam Zagłębies Anhang mit Verzögerung wieder in den Block zurück und einige hatten sich vermummt. In der 50.Minute wurden zunächst die vielen mitgebrachten Schwenkfahnen gewedelt, was schon mal ganz nett aussah. Wenig später folgten etliche Fackeln, wovon auch einige den Weg auf den Platz fanden. Gleichbedeutend mit der nächsten Spielunterbrechnung. Spieler und Ordner sorgten jedoch schnell dafür, dass es weitergehen konnte.

Die nächste Pyro-Party

Zur 60.Minute ist der harte Kern des Lubiner Anhangs nochmal aus dem Block raus, um sich wieder umzuziehen bzw. eher auszuziehen. Denn ab ihrer Wiederkehr supporteten die Ultras und Hooligans der Gäste oberkörperfrei. Das geschlossene Auftreten polnischer Fanblöcke beeindruckt mich immer wieder. Wer sein Maul nicht aufkriegt oder nicht mit dem Mob mitzieht, sollte bei Auswärtsspielen besser zuhause bleiben.

Die nächste Unterbrechung

Auf dem Platz bewegte sich unterdessen Miedz in Richtung zweites Tor. Denn die Offensivbemühungen der Gäste erzielten keinerlei Wirkung und je weiter sie sich öffneten, desto mehr Kontergelegenheiten bekamen die Hausherren. In der 86.Minute sorgte der Finne Forsell beinahe mit einem kunstvollen Distanzschuss für das 2:0, doch Tormann Hladun konnte parieren.

Oberkörperfreie Lubiner

Dann halt aus kurzer Distanz, wird sich der Finne gedacht haben und schloss in der 90.Minute einen blitzsauberen Konter nach Zuspiel von Ojamaa (wieder ein Este) aus sieben Metern zum 2:0 ab. Natürlich die Entscheidung und in den fünf Minuten Nachspielzeit hatte Miedz gegen konsternierte Lubiner sogar noch zwei Großchancen auf das 3:0, scheiterte aber jeweils. Am Ende ein verdienter Sieg, weil Miedz gegen favorisierte Gäste wenig zugelassen hat und vor des Gegners Tor sehr effizient war.

Torfreude

Noch wichtiger als das Sportliche waren mir natürlich die Kurven und diese hatten mich nicht enttäuscht. Beides sicher nicht die Avantgarde Polens, aber sehr respektierte Szenen, die dem Derby einen würdigen Rahmen gaben. Inwieweit es nach dem Spiel störungsfrei blieb, entzieht sich dann meiner Kenntnis. Denn ich hatte mich zum Bahnhof zu sputen.

Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche

Ein Sprint war nicht von Nöten, aber trödeln war auch nicht drin. Denn der letzte Zug (der mich an diesem Tag noch nach Hause bringen konnte) rollte planmäßig um 17:57 Uhr ein. Dort hatte ich bis Berlin noch Gesellschaft von Florian, einem in Hamburg wohnhaften Enthusiasten der polnischen Szene. Der startete Freitagabend seine Tour ins Nachbarland und kam über Białogard, Gdynia und Elbląg (natürlich überall mit Spielbesuchen) nach Legnica. Dementsprechend hatten wir uns ein bißchen was zu erzählen bis Berlin.

Der ICE nach Hannover rollt ein

Nachdem in Cottbus beunruhigende 15 Minuten Verspätung auf der Uhr abzulesen waren, erreichte der Zug dennoch pünktlich bzw. nur noch mit fünf Minuten Verspätung den Osten der Hauptstadt und ich bekam meinen gebuchten Anschluss nach Hannover. Vor Mitternacht wieder in der Heimat zu sein, war natürlich wesentlich cooler, als nach Mitternacht. Die vorerst letzte Polen-Tour (andere Ziele werden die nächsten Wochen dominieren) behalte ich in guter Erinnerung und werde hoffentlich noch vor Jahreswechsel weitere Złoty im Nachbarland los.

Weitere (und bessere) Derbybilder:
Galerie 1
Galerie 2
Galerie 3

Song of the Tour: Im Gedenken an die große Schlacht 1241 auf dem Liegnitzer Feld

Hinterlasse einen Kommentar