Bratislava (Pressburg) 04/2016

  • 08.04.2016
  • Hertha BSC – HSV von 1896 2:2
  • 1.Bundesliga (I)
  • Olympiastadion (Att: 45.229)

Erst am 1.März terminierte die Deutsche Fußball Liga die Spieltage 26 bis 29 der 1.Bundesliga. Wieder mal mehr als knapp, da Spieltag Nr. 26 bereits ab dem 11.März steigen sollte. Aber interessant war für mich in erster Linie sowieso nur die 29.Spielrunde von Deutschlands Premiumliga, in der Hertha BSC den Hannoverschen SV empfangen sollte. Berlin funktioniert bekanntermaßen veritabel als Sprungbrett nach Osteuropa (bzw. das östliche Mitteleuropa) und sollte dort wieder einmal freitags gespielt werden, würde sich die Weiterfahrt nach z. B. Polen oder Tschechien regelrecht aufdrängen. Sah auch die DFL ein und bescherte uns den Leckerbissen HBSC vs. HSV am Freitag, den 8.April 2016. Als dann auch noch Flüge von Berlin nach Bratislava (Pressburg) fast verschenkt wurden, war klar, dass Berlin Zwischenstopp auf dem Weg in die Slowakei werden würde.

Mit dem Zug ging es für Ole, mich und meinen Bruder (den sogenannten Ziii) zu InterCityBergers ostniedersächsischem Arbeitsort, von wo wir nach seinem Feierabend per PKW weiter in die Bundeshauptstadt fuhren. Dort wurde unser Hotel in Waltersdorf (Schönefeld) angesteuert und nach dem fixen Check-In mit Öffis die Reise zum Olympiastadion fortgesetzt. Das war eine kleine 1,5 stündige Weltreise mit zwei Umstiegen und drei verschiedenen Verkehrsmitteln. Auf dem Weg sahen wir wenigstens, dass am Millionengrab BER tatsächlich gearbeitet wurde. Die erste Überraschung des Tages.

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Zu Gast im Olympiastadion

Die Zweite war, dass Hannover 96 unter Neu-Trainer Daniel Stendel wieder anders auftrat als in den letzten Wochen. Das frühe 1:0 in der 4.Minute (durch Vedad Ibisevic) steckte das Team gut weg und glich in der 18.Minute durch meinen Lieblingsstürmer Artur Sobiech aus. Thomas Schaaf muss man alleine dafür hassen, dass er seinen erst bei 18,96% seines Leistungsvermögen angekommenen Spezi Hugo Almeida wochenlang vorzog. Dieser König Lustlos wurde zum Glück sofort von Stendel aus dem Kader gestrichen und darf dann ab Sommer in irgend einer Operettenliga seine Rente aufbessern. Als dann auch noch der Rädelsführer gegen Thomas Schaaf, ein gewisser Manuel Schmiedebach, in der 58.Minute die Roten aus Hannover in Führung brachte, war endgültig Partystimmung im Gästeblock angesagt. Die Ultras und ihr Umfeld machten bereits den ganzen Abend vorbildlich Alarm, aber dank dieser unerwarteten Führung (und Biergebinden mit einem Liter Fassungsvermögen) kamen auch introvertierte Typen wie ich in Stimmung.

Maßvoll trinken

Am Ende reichte es aufgrund Salomon Kalous Ausgleich in der 72.Minute nur zu einem 2:2 im wunderschönen Olympiastadion, allerdings war es ein bisschen die Wiedergeburt eines totgeglaubten Patienten. Nur abgestiegen wird trotzdem und wenn eine Mannschaft plötzlich von 0 auf 100 aufdreht, weil der Trainer ausgetauscht wurde, hat der Ex-Trainer entweder voll versagt, der Neue ist ein Magier oder man hat wegen persönlicher Motive wochenlang nicht alles gegeben. Die Charakterfrage kann man schon stellen, neben der unumstößlichen Feststellung, dass Martin Kind mit seinem Wunschtrainer Thomas Schaaf voll ins Klo gegriffen hat. Ist in den letzten Jahren schon eine bemerkenswerte Serie von Fehlentscheidungen des „größten Präsidenten aller Zeiten“.

Mustafas Gemüse Kebab

Die obigen Punkte (Kind, Bader, Schaaf, Mannschaft…) diskutierten wir angeregt und differenziert auf dem Weg nach Kreuzberg. Um das hohe Niveau zu senken und die Diskussionskultur zu begraben, half jetzt nur viel Alkohol. Zunächst wurde der punkige Schuppen The Clash aufgesucht, wo ein geschätztes Mitglied der Hertha-Fangruppe Harlekins seinen Geburtstag feierte. In der Nähe befanden sich außerdem die Touri-Hotspots Curry 36 und Mustafas Gemüse Kebab. Natürlich wurde bei beiden Imbissen der Hype auf die Probe gestellt. Der Kebab-Dealer hat eigentlich immer eine Schlange im annähernd dreistelligen Meterbereich und zu Stoßzeiten stehen die Menschen tatsächlich 30 Minuten oder länger an. Für eine Dönertasche mit gebratenem Gemüse anstatt Krautsalat und Co, die mit frischer Zitrone, Minze und geriebenem Feta abgeschmeckt wird. Geschmacklich wirklich fantastisch und mit 3,20 € fair bepreist. Aber das Rad neu erfunden hat der gute Mustafa auch nicht. Bei meinem libanesischen Shawarma-Wickler des Vertrauens bekomme ich daheim fast das Gleiche und Berlin hat eine so hohe Dichte von herausragenden Dönerbuden, dass man ohne Probleme an jeder Ecke leckere Alternativen ohne Wartezeit bekommt.

Jetzt wird gebechert

Dann wurde in einer Touri-Bar nebenan erstmal wieder Berliner Kindl und Berliner Luft genossen und den Vorbehalten des kiebigen Barkeepers gegenüber den ganzen Scheiss-Touristen gelauscht, die gegenüber echten Berlinern nur 1b-Menschen sind. Die ganzen Spanier, Briten, US-Amerikaner, Franzosen und Australier haben das sowieso nicht verstanden und sicherten dem Anti-Touri-Gastronom weiterhin vorzügliche Umsätze. Wir fanden seine Ausführungen zumindest interessant und blieben noch ein wenig, bevor Curry 36 rief. Deren Sauce zur Wurst war wirklich saulecker und die Berliner Variante der Currywurst goutiere ich sowieso sehr. Für 4,80 € gab es zwei Currywürste mit Kartoffelgerümpel anbei. Auch ein fairer Deal, der mit Kindl to go auf einem Fußmarsch Richtung Spree nachgespült wurde.

Curry 36’s Finest

Neues Ziel war der Kiez rund um das Schlesische Tor. Zielsicher steuerten wir eine inoffizielle Dependance der Kultmarke mit dem Totenkopf an, wo uns Touristen aus Glasgow (Celtic-Anhänger) für unseren Support im Stadion vollschleimten. Der Halbe Augustiner vom Fass war mit 3 € recht erschwinglich und das Flair des Oberbaumecks erinnerte an beliebte Kneipen in Linden. Nur die ganzen St.-Pauli-Aufkleber störten ein wenig. Zum Glück hatten ein paar Jungs aus unserer Reisegruppe mal ein Praktikum bei Tine Wittler gemacht und brachten beim Redesign von Theke und Tür neue Farbtupfer ins Spiel. Als die Äuglein jedoch am frühen Morgen zu schwer wurden, war es für unsere Reisegruppe sinnvoll das Hotel anzusteuern. Mit Umstiegen an der Warschauer Straße und am Ostkreuz, schaffte man es in etwas über einer Stunde von SO 36 nach Schönefeld, von wo uns ein Taxi die letzten Meter zum Hotel chauffieren durfte.

Lungern vor IKEA

Der nächste Morgen bzw. eher Mittag startete dann mit einem Aufstand der Hotel-Managerin, weil unser Zimmer etwas überbelegt war (früh morgens war die Rezeption leider nicht zum Nachbuchen besetzt). Zum Glück konnten wir uns gütlich einigen und schlurften ein wenig ärmer als geplant zum nahen IKEA. Ein paar Hot Dogs später sah die Welt schon wieder ganz in Ordnung aus und wir fuhren gut gelaunt zum Flughafen SXF, der schön abgeranzt daherkommt. Eine echt tolle Visitenkarte für die Hauptstadt einer Bonzenrepublik wie der BRD. Am Gate trafen wir nun überraschend drei Groundhopper aus Hannover (Bobob, BLZ und CTM), die sich auch diese Schnapper-Verbindung für ein verlängertes Wochenende in Bratislava ausgeguckt hatten. Zumindest am heutigen Sonnabend hatten wir deckungsgleiche Pläne (erst Slovan, dann Zechen) und waren fortan eine siebenköpfige Reisegruppe. Die All Girl Crew bei Ryanair sorgte derweil für einen angenehmen Flug und eine der Stewardessen ließ uns wissen, dass sie gerade geschieden ist und offen für was Neues. Hätten wir doch alle nur nicht solche schlimmen Bindungsängste…

  • 09.04.2016
  • Slovan Bratislava – MFK Ruzomberok 3:1
  • Super Liga (I)
  • Stadion Pasienky (Att: 1.367)

Im bewölkten, aber trockenen Bratislava kam man für schlanke 0,90 € mit dem Bus Nr. 61 vom Flughafen ins Stadtzentrum und die Linie hatte auch noch eine Haltestelle an unserem Hotel. Obendrein konnte das 60 Minuten gültige Ticket nach dem Check-In für die Weiterfahrt zum Stadion Pasienky genutzt werden, wo Freikarten für die Haupttribüne auf uns warteten. Besser geht es nicht. Okay, ein geiles Spiel und gute Stimmung wären noch schön gewesen, aber zumindest die ersten 45 Minuten wurde dieser fromme Wunsch beim vermeintlichen Kracher 2. (Slovan) gegen 4. (Ruzomberok) nicht erfüllt.

Auf zum Ground

Die Haupttribüne war nur spärlich gefüllt, der Fanblock von Slovan fast komplett leer und die restlichen Blöcke des circa 13.000 Zuschauer fassenden Stadions – welches früher Heimstatt des Ortsrivalen Inter war und nur Übergangslösung für Slovan ist – gar nicht erst geöffnet. 1.367 Zuschauer sollen die Stadiontore passiert haben, es sah jedoch nach weniger aus. Nicht so prall für einen einstigen Europapokalsieger der Poikalsieger (1969) und Rekordmeister (12x Slowakischer Meister) aus der Hauptstadt eines Staates. Aber gut, es gibt in der UEFA circa 30 Ligen, die sportlich hochwertiger als die slowakische Liga anzusiedeln sind und der Meisterzug ist diese Saison auch schon abgefahren. Denn den Titel wird sich der aktuelle Klassenprimus aus Trencin nicht mehr nehmen lassen.

Es ist angerichtet

Aus Ruzomberok (Rosenberg) kamen leider auch keine sichtbaren Anhänger mit, obwohl der Verein immerhin 2006 schon mal slowakischer Meister war (passend zum 100jährigen Vereinsjubiläum und ausgerechnet in der Saison wo Rekordmeister Slovan erst- und einmalig zweitklassig war). Ein gewisser Erik Jendrisek aus der Meistermannschaft wurde damals mit 21 Toren slowakischer Torschützenkönig und wechselte danach zu Hannover 96 in die Bundesliga. Dessen legitimer Erbe sollte ein gewisser Milos Lacny werden. Nach seinem Durchbruch spielte Lacny 2011 auch kurzzeitig für Slovan. Das war recht brisant, da Lacny zum einen in seinem letzten Spiel gegen Slovan mit einem Hattrick erzielt hatte und zum anderen medial gegen die Fans des Rekordmeisters gepöbelt hatte. Ein öffentlich inszenierter Bußgang durch das Stadtzentrum von Bratislava musste damals die Wogen glätten. Inzwischen spielt Lacny wieder für seinen Heimatverein MFK Ruzomberok und er tat heute wieder das, was er anscheinend am liebsten tut. Nämlich Tore gegen Slovan erzielen. Diesmal per Strafstoß in der 23.Minute, bei dem der slowakische Nationaltorhüter Jan Mucha machtlos war. Bis dahin war Slovan eigentlich die bessere Mannschaft gewesen, aber bei ihren Chancen war Muchas Pendant im Tim-Wiese-Gedächtnistrikot immer gut auf Zack.

Delikates Steakbrötchen

Es blieb bis zur Pause bei 0:1 und so etwas wie Stimmung gab es die ersten 45 Minuten gar nicht. Dazu wurde es mit der Dämmerung wirklich arschkalt. Das preiswerte und leckere Bier für 1,50 € pro halben Liter taugte natürlich nicht zum Aufwärmen. Dafür musste bei meinen Mitstreitern die fettige Klobasa herhalten (auch 1,50 €) und ich gönnte mir derweil für 2,50 € zwei Schweinerückensteaks mit geschmorrten Zwiebeln im Brötchen. War die bessere Wahl und wir malten uns mampfend aus, wie Slovans Fanszene zur 2.Halbzeit mit Pyrofackeln in den Block marschiert und 45 Minuten Vollgas gibt. Als dann fünf, sechs Slovan-Typen mit Sturmhauben am Zaun des gähnend leeren Heimfanblocks posierten, dachten wir erst unsere Spinnereien werden tatsächlich Wirklichkeit. Aber sie taten nichts außer vermummt rumzustehen und wurden nominell auch nicht mehr. Welchen Auftrag die hatten blieb rätselhaft.

Nette Ostblockbude

In der 53.Minute hatten Ole, Berger und der Ziii genug gesehen und verabschiedeten sich in Richtung nächstbeste Pinte. Die drei richtigen Hopper CTM (Cheap Tours Megavalue), BLZ (Burgdorfs letzter Zecher) und Bobob waren zurecht fassungslos und ich war es auch. Sollte einer aus diesem Trio der Schande das Stadion Pasienky oder den Länderpunkt Slowakei in seine Statistik einfließen lassen, ziehe ich denjenigen eigenhändig vor’s Hoppertribunal! Wenigstens wurde der Langmut des restlichen Quartetts noch belohnt. Ab der 55.Minute gab es tatsächlich zaghaft etwas Support im Slovan-Block und in der 64.Minute fiel auch endlich ein Tor für die Hausherren. Ein Schuss gegen den Pfosten prallte von dort gegen den Bosnier Nermin Crnkic und von dessen Körper ins Netz. Nettes Billardtor für die Blauen.

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Stadion Pasienky

Und es blieb unterhaltsam. Ab der 70.Minute durfte der Ex-Nürnberger Robert Vittek binnen zwei Minuten zwei Strafstoßtore für Slovan schiessen. Jetzt sammelten sich tatsächlich 30 bis 40 Ultras hinter dem Hauptbanner in der Kurve und supporteten von dort. Das war schon recht merkwürdig. Ich mein, „Heute supporten wir nicht – oh, wir führen 3:1, lass doch in den Block gehen und supporten“ wäre schon eine komische Mentalität. Könnte mir vorstellen, dass sie gerade Ärger mit dem Verein oder anderen Institutionen haben. Jüngst, auswärts beim „ungarischen“ Team vom DAC (der slowakische Erstligist DAC kommt aus Dunajska Streda, einer Stadt die mehrheitlich von der ungarischen Minderheit bewohnt wird), gab es heftige Ausschreitungen. Gut möglich, dass wir heute Nachwirkungen davon erlebten, aber ein konsequenter Boykott (oder gar eine Blocksperre) würde eigentlich auch anders aussehen.

Später Mini-Mob von Slovan

Es blieb beim verdienten 3:1 für Slovan und nach Abpfiff hielt auch uns nichts mehr im Stadion, so dass wir mit einem Oberleitungsbus wir den drei Länderpunktversagern nachjagten. Die hatten sich in der Beer Arena unweit unseres Hotels platziert, wo Halblitergebinde Krusovice für 1,69 € über den Tresen gingen. Für Bratislava hochpreisig, für uns Touris aus Deutschland ein Schnäppchen. Auch die Burger wussten in dem Laden zu überzeugen und die charmanten Bedienungen sowieso.

Burger in der Beer Arena

Gegen 23 Uhr sollte dann eine Kneipe mit Halben für 0,80 € aufgesucht werden, aber die hatte laut Beschilderung bereits eine Stunde zuvor die Pforten geschlossen. Also ging es Richtung Staré Mesto (Altstadt) und an einer Hauptstraße namens Štefánikova lud der Dungeon Pub uns auf weitere Pilsbiere ein. Der war, wie der Name schon suggeriert, in einem Keller untergebracht und hatte bequeme Sofas und lockeres Personal zu bieten. Das Publikum bestand aus langhaarigen Freunden von Heavy Metal und Fantasy, die zwar oft sonderbar wirken, aber ein sehr entspanntes Publikum sind und selten Konkurrenz beim Kampf um die Damenwelt darstellen. Als einer irgendwann wie ’ne Bahnschranke von seinem Barhocker fiel und nach dem Aufrichten durch das Personal sofort wieder zum Glas griff, hatte das Völkchen endgültig einen Stein bei uns im Brett.

Krusovicer Biergenuss

Offiziell sollte auch diese Kneipe um 24 Uhr schließen, aber das war ’ne glatte Lüge. Bis 4 Uhr ließen wir die Gläser klingen und tobten uns durch die ganze Getränkekarte. Dazu wurde noch eine Shisha gereicht und die uns zugeneigte weibliche Servicekraft hatte uns so lange von dem Absinth mit 80 % vol abgeraten, dass wir ihn unbedingt trinken mussten. Zumal; wer in Bratislava keinen Absinth trinkt, hat den Film Eurotrip nie wirklich geliebt! Sie stieß natürlich lieber mit Wodka an. Konnten wir nach dem Konsum unserer jeweils 5 cl von dem Teufelszeug nachvollziehen. Trotzdem waren wir jetzt verwirrt genug, um den Schnaps auch noch als Hauptzutat eines azurblauen Hauscocktails weiter zu konsumieren. Folglich waren wir bei Schließung der Kneipe am Ende unserer Zurechnungsfähigkeit, aber das Hotel war zum Glück nicht weit.

Motivierte Zecher

Die ganz Harten zauberten noch irgendwo eine Dose Corgon her. Dieses slowakische Bier gibt es wie einen ruhmreichen Sportverein aus Hannover seit 1896 und das Bier ist etwas, was Hannover 96 ab Sommer nicht mehr ist; erstklassig. Ich hatte allerdings genug und freute mich auf ein paar Stunden Schlaf im Hotel. Dort musste bereits 10 Uhr ausgecheckt werden. Blieben also noch gute fünf Stunden für Sightseeing und anderen Schabernack in Bratislava. 10:15 Uhr hätte man in einem kleinen Stadion im Ortsteil Raca 3.Liga gucken können, aber das überließen wir den drei Groundhoppern. Wir spazierten lieber runter in die Staré Mesto (Altstadt), vorbei am Palais Grassalkovich (Präsidentenpalast), in Richtung Michalská brána (Michaelertor, siehe Titelbild), dem für mich schönsten Bauwerk Bratislavas. Ansonsten ist die kleine, aber feine Altstadt schnell abgefrühstückt. Und apropos Frühstück, das gab es nun erstmal in einem Pub. Schinkenspeck, Spiegeleier und Brot waren genau das, was der Körper nach dem alkoholreichen Vorabend brauchte.

Wir brauchen Eier

Gut gestärkt ging der Marsch vom Hlavné námestie (Hauptmarkt) zur Katedrála svätého Martina (Bratislavas Martinsdom) weiter. Die gotische Hallenkirche (13.Jahrhundert) wirkt von außen jetzt nicht so spektakulär und das Schlimmste ist, dass zwei Meter vor dem Hauptportal schon die Leitplanken der Stadtautobahn verlaufen. Das war eine richtige Bausünde des Sozialismus. Man hat für die vierspurige Stadtautobahn den historischen Stadtkern zwischen Burg und Dom einfach zweigeteilt. Mit Fußgängerunter- und überführungen sind die Teile zwar noch verbunden, aber das ist schon eine sehr brutale Lösung des innerstädtischen Verkehrsproblems.

Martinsdom

Unweit des Doms erreicht man das Ufer der Donau, wo die Stadtautobahn mit der futuristischen Brücke des Slowakischen Nationalaufstandes die Altstadt mit dem sozialistischen Musterstadtteil Petrzalka verbindet. Dieser Teil Bratislavas (deutsch: Engerau) war während des Zweiten Weltkriegs sogar deutsches Staatsgebiet, während der überwiegende Rest der heutigen Slowakei in dieser unseligen Zeit einen „unabhängigen“ Vasallenstaat des Dritten Reichs mit Bratislava als Hauptstadt bildete. Einen Besuch war uns die Trabantenstadt aber nicht wert und so unterquerten wir die Stadtautobahn und stiegen den Burgberg hinauf. Die weiß angestrichene viertürmige Burg (Bratislavský hrad) ist das Wahrzeichen Bratislavas und thront hoch über der Altstadt. Von oben ist die Aussicht auf das Stadtbild natürlich sehr gut und Bänke an den Vormauern luden zum Verweilen ein.

Donau und Ufo-Brücke nach Petrzalka

Nach kurzer Rast meldete sich der Magen wieder. 14 Uhr war durch und das Frühstück fühlte sich einsam in Körper. Ich hatte nun eine Art Fleischpalast in der Nové Mesto (Neustadt) im petto, der ideal auf dem Weg zum Flughafen lag. Blöderweise hatte das Restaurant sonntags geschlossen. Also ging es noch ein Stück weiter in die richtige Richtung und in einer modernen und auch sonntags regulär betriebenen Shopping Mall war die gastronomische Auswahl riesig. Neben den üblichen globalen Giganten des Fast Foods, existiertem auch Imbisse mit Klassikern unseres Kulturraums.

Die Burg von Bratislava

Ich pfiff mir eine Schnitzelplatte rein, während Berger sich für Steaks mit Salat entschied (bessere Wahl) und Ole und Ziii das „Goldene M“ plünderten. Pappsatt wurde anschließend ein passender Bus zum Flughafen bestiegen und ’ne gute Stunde vor Abflug waren wir dort. Heute passte alles mal optimal und die Aufenthaltsdauer unseres Trips war zwar kurz, aber fast schon ausreichend, um alles Wichtige und Interessante in Bratislava kennenzulernen. Es ist eben nicht Wien, Prag oder Budapest, sondern nur ein bescheidener kleiner Bruder dieser Metropolen. Stadtbild nett, aber nicht überragend. Essen und Trinken gut und günstig. Fußball bescheiden. Für ein Partywochenende komme ich gerne mal wieder, aber in meine persönliche Top 10 schafft es die Hauptstadt der Slowakei nicht.

Schnitzels

Im Flieger erwartete uns wieder die lustige Crew vom Vortag und Mitarbeiterin Paula begrüsste uns herzlich im Namen von Pilot Luke Skywalker und dessen Co-Piloten Obi-Wan Kenobi. Und was noch schöner war, als die kuriosen Ansagen des Personals (am Vortag gaben sie sich übrigens alle Märchennamen wie Snow White oder Cinderella), war das Interieur des irischen Urlaubsbombers. Das war ein neues Design; weg von der obligatorischen Sardinenbüchse, hin zu ordentlich Bein- und Armfreiheit auf allen Plätzen. Ryanair wird langsam komfortabler und kundenfreundlicher, aber nicht teurer. Wo soll das noch hinführen? Wir trieben etwas Schabernack, in dem wir Berger im Schlaf mit Fruchtgummis fütterten und nach 60 Minuten waren wir schon wieder am Boden. Dank eines Fernsehers in Bergers PKW hatten wir eine kurzweilige Autofahrt und 2,5 Stunden nach Ankunft in Berlin waren wir pünktlich zu den Tagesthemen daheim. Drei Tage Spaß für wenig Geld (für alles knapp 150 €) waren leider vorüber, aber die nächsten Touren sind zum Glück schon gebucht.

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Bratislava Panorama

Die drei Groundhopper blieben übrigens noch bis Montag. In Raca und Trencin besuchten sie charmante Stadien und sahen auch den Tabellenführer der slowakischen Super Liga (FK AS Trencin). Fußballerisch soll es allerdings weiterhin bescheiden gewesen sein und eisige Winde machten das Unterfangen nicht angenehmer. Na ja, Groundhopping muss auch mal weh tun. Haben wir nichts Weltbewegendes verpasst, denn für uns war die Verlängerung des Trips eh nicht möglich. Urlaubstage wachsen schließlich nicht auf Bäumen.

Song of the Tour: Das Bratislava Symphony Orchestra hat noch lange nicht genug.