Basel 08/2015

  • 30.08.2015
  • FC Basel – FC Zürich 3:1
  • Super League (I)
  • St. Jakob Park (Att: 30.571)

Ich war diesen Sommer im Nachhinein ganz froh, mich gegen den Deutschland-Pass der DB entschieden zu haben und stattdessen auf Sparpreise und eine kostenlose Probe-BahnCard25 gesetzt habe. Denn auch nach Basel ging es heute für 10,88 € pro Relation. Zumindest bis zum Badischen Bahnhof kam man für diesen Spottpreis. Was auch ausreichend ist, wenn man sowieso den ganzen Tag in der Stadt ist und bei schönem Wetter gerne alles zu Fuß erkunden will. Und am heutigen Sonntag sollte die Sonne nochmal in der gesamten Germanosphäre alles geben.

Das malerische Basel

Die Bahnfahrt war zumindest bis Kassel entspannt. Dann wurde der benachbarte Vierer von vier älteren Frauen besetzt. Nach kleinen Kindern und Fußballfans bekanntlich die schlimmstmöglichen Mitreisenden. Vorbei war es mit der Nachtruhe! Ab Frankfurt war die Welt dann wieder in Ordnung (keine esoterischen Gesprächsthemen mehr nebenan) und der Umstieg in Mannheim klappte auch reibungslos. Basels Badischer Bahnhof wurde ebenso pünktlich erreicht und die größte Sorge war jetzt der Hunger. Selbstverständlich kann man sich als Deutscher in Basel Essen und Trinken nur leisten, wenn man überbezahlt wie ein 96-Spieler ist. Wir wollten dagegen nicht zu Gunsten einer Mahlzeit auf die nächste Urlaubsreise verzichten müssen, so dass es erstmal nach Weil am Rhein ging.

Anatolische Grillspezialitäten

Drei Minuten braucht der RegionalExpress von Basel ins deutsche Weil und eine Tripadvisor-Empfehlung trieb uns dort in ein türkisches Restaurant mit vorzüglichen Speisen vom Holzkohle-Grill. Das war nur 10 Minuten vom Weiler Bahnhof entfernt und servierte einen gemischten Grillteller (Lammkotelett, Lammspiess, Putenspiess und noch einen Lammhackspiess) mit Beilagen für akzeptable 16,90 €. Die Portion war reichlich genug, um bis zum späten Abend kein Hungergefühl zuzulassen. Da ich auch Weil am Rhein schon kenne und die touristischen Highlights nicht ganz mit der Nachbarstadt Basel mithalten können, brachen wir sofort nach dem Essen wieder auf.

The Rhine

So waren wir am späten Mittag wieder am Badischen Bahnhof und stolzierten Richtung Claraplatz. Was mir bisher unbekannt war, im charmanten Viertel rund um den Claraplatz (Altstadt Kleinbasel) war Basels Straßenstrich zu finden. Osteuropäische Damen in aufreizenden Fummeln winkten jedenfalls freundlich. Die Bars sahen jetzt nicht unbedingt nach Rotlicht aus, aber auf eine Einkehr oder eine Rast am Straßenrand verzichteten wir doch lieber. Das Rheinufer war ja nicht weit und an heißen Tagen (just waren es 38° C) gleicht es einem Freibad. So auch heute. Viele Menschen schwammen im Rhein (ja, das geht mittlerweile) oder sonnten sich in spärlicher Badekleidung am Ufer. In den umliegenden Straßen gehörten außerdem spazierende Menschen in Badekleidung zum Stadtbild, da der Basler anscheinend gleich badefertig von Zuhause losmarschiert. Pack die Badehose ein, hätte mal auch unser Motto sein sollen. Stattdessen ölten wir jetzt weiter in Basels Altstadtgassen. Ja, sehr schön da, aber die Idee auch noch zum Stadion weiter zu marschieren war blöd.

Altstadt Basel

Dort angekommen, waren wir echt fertig und niemand hatte Schweizer Franken. Jene Währung, die in ausschließlich barer Form für Erfrischungen akzeptiert wurde. Nichts mit Visa, AmEx oder MasterCard und somit nichts mit 0,4 l Softdrink für umgerechnet 4,60 € oder Döner für 8,50 €. Dafür nun Fußball von guten Plätzen im Oberrang einer der vier Stadionecken, mit bester Sicht auf Heim- und Gästefans (ca. 20 €). Die zündeten beidermaßen fröhlich Pyro zum Intro. Basel mit viel Rauch in rot, blau und gelb und roten Bengalos dazu. Zürich dagegen nur mit blauem und weißem Rauch, der zusammen eher grau wirkte. 1:0 für Basel, denn das war wirklich sehenswert. Und natürlich pfiff niemand im Stadion die Kurven aus. Trotz Strafen und Verbot.

Intro der Muttenzer Kurve

Auf dem Platz zeigte Basel auch schnell wer der Herr im Haus ist und ging bereits in der 5.Minute in Führung (Ecke Delgado, Kopfballtor Lang). Da brannte es auch gleich wieder in der Muttenzer Kurve, was erneut sehr hübsch anzusehen war. In der Folge kam der FCB zu einigen weiteren guten Chancen, z. B. wurde in der 10.Minute der Ball im Strafraum in aussichtsreicher Schussposition verstolpert und in der 20.Minute verfehlte ein guter Fernschuss das Zürcher Gehäuse nur knapp. In der 33.Minute feuerte Lang aus spitzem Winkel im Strafraum auf’s Tor. Dieser Schuss wurde zur Ecke geklärt, welche vor der Gästekurve ausgeführt werden musste.

Intro der FCZ Fans

Ein Feuerzeughagel prasselte nun auf den etatmäßigen Schützen Matias Delgado nieder, was den Schiedsrichter zu einer kurzen Spielunterbrechung bewegte. Das war bei der Bullenhitze eine nette Gelegenheit für eine kurze Trinkpause. Doch als beim zweiten Versuch eines Eckstoßes wieder Wurfgeschosse aus Kurve flogen, wurde es dem Unparteiischen zu bunt und die Mannschaften wurden in die Kabine geschickt. Reife Leistung des Gästeanhangs, der die Pause nutzte, um den Basler Nachbarblock fleißig zu provozieren. Blieb aber bei wilden Gesten am Zaun und jene Basler, die vereinzelt in Richtung Gästeblock marschierten, ließen sich mit guten Worten des Ordnungsdienstes wieder abdrängen.

Prächtig besuchtes Stadion

Nach 10 Minuten versuchte es der Schiedsrichter nochmal und diesmal hielt der Zürcher Anhang sich zurück. Zur Belohnung gab es ein paar Minuten später das 1:1. Buff durfte in der 42.Minute einen Freistoß auf den Kopf von Kecojevic zirkeln. Der Ausgleich, der nun den Gästeblock ein zweites Mal brennen ließ (diesmal Bengalfackeln und Rauch). Und als der Nebel wieder verzogen war, war auch schon Halbzeitpause.

Die Zürcher fackeln nach dem 1:1

Die 2.Hälfte sah erneut Basler Topchancen in kurzen Intervallen, aber es dauerte bis zur 71.Minute, ehe Gashi verdient zum 2:1 einschieben durfte. Ausgerechnet Gashi! Denn den gebürtigen Zürcher, der für die albanische Nationalelf stürmt, mochten sie im Gästeblock besonders ungern. Der begann seine Karriere zwar beim FCZ, schaffte den Durchbruch aber beim Zürcher Stadtrivalen Grasshopper Club und knipst nun wie am Fließband für den FCZ-Erzrivalen FC Basel. Er war jedenfalls der einzige Basler Spieler, der von den rund 1.000 Gästen persönlich und weit unter der Gürtellinie beleidigt wurde. Ansonsten galten ihre permanenten Hassbotschaften ganz allgemein Basel, dem FCB und dessen Anhängern.

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Inside St. Jacob Park

Die Gesamtzuschauerzahl belief sich heute übrigens auf 30.571 Zuschauer. Die sahen am Ende einen ungefährdeten Basler Sieg, der durch einen Janko-Elfmeter noch auf 3:1 ausgebaut wurde (natürlich wurde auch dieser Treffer mit Pyrotechnik gefeiert). Der 7.Sieg im 7.Ligaspiel für den FCB! Für die Zürcher sieht es dagegen nicht so rosig aus. Sami Hyypiä übernimmt nun den Posten des Cheftrainers und soll den FCZ wieder in ruhigeres Fahrwasser führen. Der letzte Platz, mit zur Zeit fünf Punkten aus sieben Spielen, ist jedenfalls nicht der Anspruch eines Vereins, der allein in den letzten 10 Jahren mehrfach Meister und Europapokalteilnehmer war (insgesamt 12x Meister und 8x Cupsieger seit 1896). In der jüngsten Dekade war man jedenfalls einer, wenn nicht der größte sportliche Herausforderer des FC Basel. Basel feierte übrigens bis dato insgesamt 18 Meisterschaften (davon 8 Titel seit 2005), sowie insgesamt 11 Cupsiege (Schweizer Rekordmeister ist dennoch GC Zürich mit 27 Meistertiteln + 19 Cupsiegen).

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Outside St. Jacob Park

Wir fuhren nach dem Abpfiff mit der Tram und vielen guten Eindrücken (tolle Stimmung auf beiden Seiten, nicht nur optisch) zurück ins Stadtzentrum. Das war zwar eine schreckliche Sauna, aber ein Fußmarsch wirkte noch unattraktiver auf uns. Der stand stattdessen im Zentrum an, nachdem Rivella mit Rhabarbergeschmack uns ins Leben zurückbrachte. Denn vor’m Spiel war die Kernstadt lediglich en passant begutachtet worden. Jetzt stand die große Tour an. Vom zentralen Barfüsserplatz ging es hoch zu Leonhardkirche und Lohnhof. Danach via Klosterberg und Tinguely-Brunnen weiter zum Basler Münster (siehe Titelbild). Über Rathaus und Spalentor endete die Tour nach drei Stunden wieder am Barfüsserplatz, wo wir im Coop noch ein paar Stärkungen für die Rückfahrt kaufen konnten, ehe die Tram uns von dort zum Badischen Bahnhof brachte.

Basler Rathaus

Dort referierte ich ausgiebig über die Funktion und Geschichte dieses Bahnhofs, insbesondere zur Zeit des Dritten Reichs. Zurück ging es mit dem CNL, der ans Ende auch eine IC-Kursgruppe gespannt hatte. Bei 2er-Belegung im 6er-Abteil konnte man da ganz gut schlafen, erst recht nach meinem Referat. Und der Zug raste zunächst wie Strelnikows Panzerzug die deutsch-französische Grenze entlang, ehe eine Vollbremsung alle Schlafenden irgendwo bei Karlsruhe aus den Träumen riss und es eine ganze Weile dauerte bis der Zug weiter rollte. Zum Glück wartete in Mannheim der ICE nach Hannover auf uns Anschlussreisende. Also keine unnötige Hotelnacht sponsored by Deutsche Bahn im unschönen Mannheim. Stattdessen noch ’ne weitere Mütze Schlaf im ICE 990, der Hannover leicht verspätet um 4:30 Uhr erreichte. Eine Stunde und ein nahrhaftes Frühstück später, konnte dann die Operation Restschlaf im eigenen Bett in Angriff genommen werden.

Song of the Tour: Basler Meisterschaftsrap von 2014.