Antalya (und Bremen) 03/2012

Im Frühjahr 2012 hatte ich ein paar Wochen berufliche Verpflichtungen in Langenhagen, nur wenige hundert Meter vom Flughafen entfernt. Das machte natürlich Lust mal kurz nach der Arbeit irgendwo hinzufliegen. Aber der Airport HAJ ist leider nicht bekannt für seine Flugschnäppchen. Dort hält man es nicht nötig den Low Cost Airlines Zugeständnisse zu machen und wirklich preiswert fliegt nur Germanwings von Hannover, allerdings mit sehr wenigen Destinationen. Da traf es sich gut, dass ein Reisevermittler gerade auf Neukunden-Fang war und einen 100€-Gutschein auf alle Pauschalreisen anbot. Und diverse Reiseveranstalter verhökerten in der Nebensaison günstig Restplätze für Reisen in die Pauschalhochburgen des Südens.

Ich fand einen Kurztrip von Freitag Nachmittag bis Samstag Abend nach Alanya. Fünf-Sterne-Hotel mit Halbpension und Wellness inklusive für 159€ im Einzelzimmer (also effektiv 59 €). Ich hätte also für 59 € zwei Flüge inklusive Mahlzeiten mit Tuifly, die Transfers, üppiges Abendessen und üppiges Frühstück im Hotel und natürlich eine Übernachtung bekommen. Dazu noch schön Sauna, Massage, Schwimmen etc. im Hotel und einen halben Tag Alanya erkunden. Ich schreibe im Konjunktiv, weil ich die Reise zwar buchte, aber doch noch kurzfristig umgestaltete. Mein Kumpel Manolo war nämlich gerade ein paar Monate für ein Projekt an der Universität Antalya tätig und ich dachte mir, wenn ich es schon nicht geschafft hatte ihn in Paraguay zu besuchen, könnte ich ihn wenigstens in der Türkei beehren. Der Flug ging schließlich von Hannover nach Antalya und zurück. Manolo war natürlich erfreut und bot mir eine Schlafgelegenheit in seiner WG an. Schaue ich mir halt Antalya statt Alanya an.

Flugzeug Fraß

Am Freitag brachte ich dann ein Reiseköfferchen mit ins Büro und spazierte mittags nach dem Feierabend rüber zum Flughafen. Dort nahm ich am Schalter des Reiseveranstalters meine Reiseunterlagen entgegegen. Sehr zu meiner Freude waren dort auch Zug-zum-Flug-Tickets drin (die ich dann Sonntag für eine ICE-Fahrt zum Auswärtsspiel nach Bremen nutzen kann) und auf den Tickets war die Klasse Economy Plus aufgedruckt. Gab also Freigetränke ohne Limit, viel Platz und keine direkten Sitznachbarn. Essend, trinkend und lesend wurden die dreieinhalb Stunden Flug auch alleine gut rumbekommen.

In Antalya suchte ich erstmal meinen Bustransfer auf, um dort abzusagen. Wichtige berufliche Verpflichtungen müssen mich bereits morgen früh mit der ersten Maschine nach Deutschland fliegen lassen… Dann stieg ich in die Buslinie, die Manolo mir nannte und fuhr zur Universität. In Antalyas Nahverkehrsbussen gab es keine Ansagen oder ein Display, was die nächste Haltestelle anzeigte. Man musste also wissen, wo man raus musste. Das wusste ich natürlich nicht so wirklich, aber die Einheimischen waren sehr hilfsbereit, trotz mangelnder Fremdsprachenkenntnisse. Und so stieg ich irgendwann an der Akdeniz Üniversitesi aus. Ich fragte mich schon die ganze Fahrt über, was dieser Akdeniz wohl für ein toller Typ gewesen sein muss. Überall auf der Fahrt fiel mir schon sein Name auf. Das war ja schlimmer als mit Otto von Guericke in Magdeburg. Nun war also auch noch die Universität nach diesem Akdeniz benannt.

Wer ist eigentlich dieser Akdeniz?

Von Manolo war weit und breit nichts zu sehen und das Schlimme; er hatte zur Zeit kein Telefon. Ich konnte ihn also nur per Email erreichen. Gut, ich war etwas später als angekündigt da, aber er wird wohl kaum nach Hause gegangen sein. Also erstmal warten. Nach einer Stunde dachte ich mir, dass er vielleicht doch wieder nach Hause ist. Ich hatte die Adresse und mir Kartenmaterial mitgenommen und versuchte nun das Haus zu finden. Weit von der Universität, deren Gelände so groß wie ein eigener Stadtteil war, schien die Bude nicht entfernt. Allerdings war das Wohngebiet rund um den die 75. Yil Caddesi (Hauptstraße die vom Uni-Gebiet nach Norden führte) extrem verwinkelt und die Strassen hatten nur vierstellige Nummern und die Häuser keine Hausnummern. Da war selbst ich mal orientierungslos.

Da ich kein internetfähiges Mobilelefon dabei hatte, wurde die Geschichte ziemlich blöd. Ich versuchte mit meinem letzten Rest Akku Leute in Deutschland zu erreichen, die Manolo eine Email schreiben sollten, die er dann hoffentlich zeitnah liest. Der dritte Kumpel ging ran und kümmerte sich um die Sache. Er schrieb Manolo meine aktuelle Position und meine aktuelle Handynummer, die ich ihm blöderweise nicht gegeben hatte. Es verging noch ein wenig Zeit, aber dann hatte er die Email gelesen und wir konnten uns endlich konkret verabreden. Puh, doch nicht zurück in die Innenstadt, Devisen besorgen und ein Hotel suchen.

Es stellte sich heraus, dass ich eine Station hätte weiter fahren müssen und Manolo dort ziemlich lange wartete, bis er dann irgendwann anfing mich zu suchen. Aber da war ich schon auf der Suche nach seiner Wohnung, so dass er mich an den anderen Bushaltestellen rund um das Uni-Gelände nicht finden konnte. Er beschloss ins Institut zurück zu gehen und dort seine Emails zu checken. Dann kam es drei Stunden später als geplant endlich zum Treffen. Kaum plant man nicht alles minutiös, geht es gleich schief. Aber wenigstens konnte er mich aufklären, wer dieser Akdeniz ist. Das ist kein Typ, sondern das Mittelmeer. Okay, das hat Sinn.

Mahlzeit bei Manolo

In seiner Bude, die erwartungsgemäß nach westlichen Standards nicht sehr komfortabel war, briet Manolo erstmal Gemüse und Reis, den wir zusammen mit Tee und Joghurt auf dem Boden auf Kissen verzehrten. Na das war doch schon mal ein originäres türkisches Urlaubserlebnis. Viel war vom Abend nach der Odyssee nicht mehr übrig, so dass nach dem Essen das Nachtlager aufgeschlagen wurde. Noch schnell einen der beiden türkischen Mitbewohner kennengelernt, ihm den gewünschten Jägermeister übergeben (erfreut sich bei der türkischen Jugend großer Beliebheit, aber ist dort schwer zu kriegen bzw. sehr teuer) und dann schlief ich anstatt im 5-Sterne-Tempel auf einer Matratze auf dem Boden. Aber ich wollte das ja so und wusste vorher um große Gastfreundschaft, aber niedrigen Komfort.

Manolos Barrio am nächsten Morgen

Der nächste Morgen war sonnig und während Manolo zeitig zur Uni musste, fuhr ich mit dem Bus zum Meer runter. Bei Tageslicht war es kein Problem die richtige Station am Lunapark abzupassen. Heute war der erste Tag des Jahres, wo das Thermometer über 20 Grad kletterte. Da machte ein Spaziergang am Meer entlang zur Altstadt natürlich Spaß und nach ein paar Stunden hatte ich auch den ersten Sonnenbrand des Jahres.

Unterwegs am Mittelmeer

Antalyas Altstadt war von der Größe überschaubar. Die Stadt kann zwar auf über 2000 Jahre Geschichte zurückblicken, aber nach der endgültigen osmanischen Eroberung im 15.Jahrhundert verlor die Stadt an Bedeutung und war bis nach dem Zweiten Weltkrieg nur eine relativ unbedeutende Kleinstadt. Doch von 1950 bis heute stieg die Zahl der Einwohner rasant von 28.000 auf über 1,2 Millionen Menschen. Neben dem Tourismus sorgten auch die Universität und die Errichtung von Gewerbe- und Industriegebieten für den Bevölkerungsboom. Durch weiteren Zuzug und Eingemeindungen soll schon in wenigen Jahren die Marke von zwei Millionen Einwohnern durchbrochen werden.

Das Hadrianstor

Besonders sehenswert sind das Hadrianstor aus römischer Zeit (2.Jh. n. Chr.) und die Yivli-Minare-Moschee aus seldschukischer Zeit (13.Jh. n. Chr.). Bei letzterem Bauwerk deutet es der Name schon an, besonders beeindruckend ist das Minarett dieser Moschee. Insgesamt schön ist natürlich auch die Lage der Altstadt auf Felsen über dem Meer. Weniger schön sind die landestypischen Händler und Gauner. Irgendwo erwischte es auch mich und ein Taschendieb erleichterte mich um ca. 50 €. Ich nehme an beim Kauf von Apfelsinen oder einem Getränk griff der Schurke zu, als der Verkäufer mich weiter belaberte, aber ich das Portmonnaie noch offen in der Hand hatte. Respekt vor soviel Geschicklichkeit und besser so, als wenn einem das gleich das ganze Portemonnaie gestohlen wird.

Minarett der Yivli Minare Moschee

Als ich in einem Supermarkt das fehlende Geld bemerkte, war meine Laune wieder ähnlich schlecht wie am Vorabend bei der schweren Geburt des Treffens mit Manolo. Zum Glück liefen in der Stadt genug Deutsche rum, die ich anschnorren konnte. Denn ich benötigte wenigstens noch Geld für den Bus zu Manolos Wohnung und für das Taxi zum Flughafen und hatte weder Euro noch EC-Karte dabei. Zum Glück waren meine Landsleute spendabel. Ironie des Schicksals war übrigens, dass eine junge Türkin vor mir ihr Portemonnaie aus der Hosentasche verlor und ich zufälligerweise gerade dort hinschaute. Die hatte das nicht gemerkt und war sehr erfreut über meine Aufmerksamtkeit.

Der Uhrturm

Als nächstes prüfte ich noch das (alte) Stadion von Antalyaspor (die übrigens das Minarett der Yivli-Minare-Moschee als Wappen führen), welches am Rande der Altstadt lag. Das Antalya Atatürk Stadi wurde jüngst vom Verein, der seit 2010 Medical Park Antalyaspor heisst (Medical Park ist Hauptsponsor des Clubs), verlassen und man kickt nun irgendwo im nirgendwo, rund 25 km vor den Stadttoren. Das Stadion auf der grünen Wiese heisst Mardan Antalyaspor Stadı und gehört dem Hotel Mardan Palace in Antalyas Nachbarort Aksu. Manolo war mal da und konnte den Stadionbesuch nicht weiterempfehlen. Es gibt Pläne in den nächsten Jahren eine moderne Arena in Antalya zu errichten. Dass dürfte gut für den Zuschauerzuspruch sein, denn ins Mardan Stadı, welches nur mit ’ner guten Stunde Busfahrt oder eigenem PKW erreichbar ist, sollen sich nur wenige Zuschauer verirren.

Unterwegs in der Altstadt

Am Nachmittag traf ich mich dann wieder mit Manolo, erzählte ihm von den Ereignissen des Tages und wir gingen noch lecker in eine Ocakbaşı (Grillrestaurant), wo es gegrillte Lammspieße mit Beilagen für unter 5 € gab und der Ayran nur ein paar Cent kostete. Als es dunkel wurde, musste ich mir dann ein Taxi zum Flughafen nehmen und bereits um 1 Uhr war ich wieder daheim. Ein interessanter Trip, wenn auch ohne Fußball und mit zwei Tiefpunkten in zwei Tagen. Aber für 60 € kann man so einen Kurztrip mal machen.

Happa Happa in der Ocakbasi
  • 11.03.2012
  • Werder Bremen – Hannover 96 3:0
  • 1.Bundesliga (I)
  • Weserstadion (Att: 41.500)

Sonntag schlief ich aus und bestieg mittags einen ICE nach Bremen (dem zweckentfrendetem Zug-zum-Flug-Ticket sei Dank). In Bremen traf ich meinen alten Kameraden Leutnant von Witzland, der zur Zeit in Hamburg stationiert ist. Wir bummelten ein bißchen durch Bremen, tranken ein paar leichte Biere und ließen uns gegen 15 Uhr am Weserstadion blicken.

Ausverkauftes Haus in Bremen

Hannover 96 begann nicht schlecht, aber ließ einiges an Chancen liegen. Das rächte Claudio Pizarro in der 31.Minute mit dem 1:0. Bis zur Pause versuchte 96 vergeblich auf den Ausgleich zu drängen. Nach dem Seitenwechsel machte Pizarro, der eigentlich wegen einer Tätlichkeit gegen Pogatetz hätte vom Platz fliegen müssen, das 2:0 in der 49.Minute. Als der Peruaner in der 56. noch Rosenberg das 3:0 auflegte, war die Messe gelesen. Dumm gelaufen für Hannover und die Chance heute an Werder auf Platz 6 vorbeizuziehen war vertan. Nichtsdestotrotz bleibt 96 aussichtsreich im Rennen um die EL-Plätze. Und an dieser UEFA Europa League wollen wir ja unbedingt nochmal teilnehmen.

Song of the Tour: Türkischer Hip Hop Klassiker.