Cardiff 08/2015

  • 17.08.2015
  • Cardiff City U21 – Sheffield Wednesday U21 3:0
  • Premier League Development 2 (II / U21)
  • Cardiff City Stadium (Att: 192)

Mein Sommerurlaub 2018 bot sich an, um zumindest die erste von zwei Wochen in Wales zu verbringen. Zusammen mit Ole wurde diesmal die Flybe-Direktverbindung von Düsseldorf nach Cardiff getestet und für sehr gut befunden. 120 € für Hin- und Rückflug waren fair und dank sommerlicher Preisoffensive der Deutschen Bahn wurde für 10,88 € pro Fahrt und Person im ICE von Hannover nach Düsseldorf gereist. Dazu kam mit der Dash 8Q-400 ein neues Muster in die Flugstatistik.

Willkommen an Bord

Cardiffs Airport befindet sich in Rhoose. Ein Ort 25 km westlich von Cardiff und mit Zug und Bus an die Hauptstadt von Wales angeschlossen. 40 Minuten dauerte der Bustransfer und nach einer ersten Stärkung im Pub Prince of Wales ging es zunächst in ein Hostel. Denn aufgrund von zahlreichen Events an diesem Wochenende (Ritterfest im Castle, Cymru Pride und irgend so ein Kirchentag) waren alle annehmbaren Hotels ausgebucht oder die noch verfügbaren Zimmer mit horrenden Raten bepreist. Also eine Nacht für stolze 25 € pro Bett im Dorm eines Hostels gebucht, während die folgenden sechs Nächte schließlich für ebenfalls 25 € pro Bett und Nacht im Ibis (***) verbracht werden sollte (die erste Nacht hätte dort beispielsweise mit 99 € p. P. zu Buche geschlagen).

Back in Cardiff

Also den Nie-Wieder-Hostel-Anspruch über Bord geworfen und den Schlafsaal mit einer Französin, einem portugiesischen Pärchen und einer nachmittags ihren Rausch ausschlafenden Dame unbekannter Nation geteilt. Mit diversen Ales in diversen Pubs der Stadt wurde anschließend ein gesunder mittlerer Pegel erreicht, der einen schnell einschlafen ließ, aber zugleich nicht vollends die Gesellschaftsfähigkeit gefährdete. Morgens wurde noch ein Blick auf das inkludierte Frühstück geworfen, aber der Konsum sogleich verworfen. Außer Cereals taugte nichts davon, doch die nutzen einem auch nichts, wenn die Milch sauer ist.

Large Traditional Breakfast

Also brachen wir zügig auf und stellten unser Gepäck schon mal ins Ibis. Ein anschließendes üppiges britisches Frühstück im Pub machte den Tag schnell zu unserem Freund und um 14 Uhr sollte bereits erstmals auf dieser Tour der Ball rollen. Zwar nur die Damenmannschaft von Cardiff City, aber sie boten zum einen mit dem International Sports Stadium ein nettes Stadion, welches aktuell lediglich von ihnen bespielt wird (sonst nur Leichtathletik) und zum anderen habe ich noch nie Frauenfußball gesehen. Wurde also Zeit.

International Sports Stadium

Blöd, dass das Spiel kurzfristig und ohne unsere Kenntnisnahme nach Caerphilly verlegt wurde. Leider war man somit umsonst raus nach Leckwith spaziert und konnte das International Sports Stadium, sowie das benachbarte Cardiff City Stadium lediglich von außen begutachten. Diese Niederlage am verschlossenen Stadiontor (Profis wäre das nicht passiert), wurde mit Premier League schauen und Ale trinken im Pub getröstet. Nach Abpfiff des zweiten und letzten Sonntagsspiels, bekam der angefangene Tag schließlich doch noch ungeahnte Dynamik. Aber kein Wunder, wenn der Prince of Wales diverse Biere für 0.99 £ raushaut.

Drinking a Stein instead of a wine

Endstation eines alkoholreichen Abends wurde der Bierkeller. Cardiffs neuer Stern am Nachthimmel, wo man German Gemütlichkeit richtig reudig imitierte. Genau das erwarteten wir auch und waren prächtig amüsiert. Der Plastik-Maßkrug hieß Stein und kostete heute gefüllt mit German Style Beer 5 £. In der bierseligen Atmosphäre war das Kennenlernen von neuen Leuten jedenfalls kein Problem und man machte sich gut als Botschafter deutscher Tanz- und Trinkkultur. The Welsh Girls loved the German Boys… Und die Welsh Boys waren begeistert, dass wir tatsächlich ihr Angebot annahmen, was vorsah, dass sie eine Jägerbomb auf Ex trinken und wir parallel einen Literkrug Bier. Am Ende waren alle Blicke auf mich gerichtet, aber auch ich versagte auf den letzten zwei bis dreihundert Millilitern.

Unsere Partymäuschen

Es war dann also wieder der unscheinbare Sonntag, der zu einer wilden Partynacht ausartete. Aber was hilft besser gegen einen Kater, als das Traditional Breakfast mit Würstchen, Eiern, Speck, Bohnen und Co? Höchstens noch frische Luft. Deshalb ging es nach dem Frühstück zur Burg Castell Coch und von dort per pedes weiter zum Caerphilly Castle. Mit einer schönen neuen Route, wurde diese bereits bekannte Wandertour doch recht abwechslungsreich und das Wetter spielte erfreulicherweise auch mit.

Castell Coch

In Caerphilly mussten wir uns erstmal mit einer Lasagne im Court House stärken, ehe wir das Castle touristisch in Angriff nahmen. Alles zwar schon ein paar Mal gesehen, aber die größte Burg von Wales ist immer wieder beeindruckend. Der Weg vom Castle zum Bahnhof wurde anschließend für einen kleinen Pub Crawl genutzt (drei Pubs säumten den Weg) und danach rief wieder der Fußballsport in Cardiff. Cardiff Citys U21 gegen die U21 von Sheffield Wednesday…

Caerphilly Castle

In Cardiff musste dann aufgrund von Zeitdruck ein Taxi als Transportmittel zum Stadion herhalten. Für die 2,5 km von der Central Station zum Cardiff City Stadium  wurden 5 £ veranschlagt, womit das Preisniveau der eigentlich angepeilten Bahnfahrt nicht mal überboten wurde. Vor’m Stadion drückte man uns Freikarten in die Hand und wir suchten uns gute Sitze auf der einzig geöffneten Haupttribüne (192 Zuschauer waren heute anwesend). Es fiel auf, dass Cardiff City seit meinem letzten Besuch 2013 nicht nur einen Oberrang auf die Gegengerade setzte, sondern auch das viele Grau im Bauch der Tribünen zum Teil einem blau-weißen Anstrich gewichen ist. Außerdem schmücken nun zahlreiche Bilder aus der Clubhistorie die Wände. Die Kehrtwende zu etwas mehr Traditionsbewusstsein war also nicht nur im neuen alten Logo und den blauen Heimtrikots zu erkennen. Sehr schön!

Cardiff City U21 vs. Sheffield Wednesday U21

Cardiff Citys Nachwuchs dominierte das Spiel von Beginn an sehr souverän. Sheffields lange Bälle nach vorne wurden fast immer abgefangen und zwischen Abwehr und Mittelfeld der Waliser zirkulierte der Ball sehr gut. Was allerdings kaum gelang, war aus der Überlegenheit Torchancen zu kreieren. Immer wenn der Ball den Sheffielder Strafraum erreichte, egal ob flach oder hoch, war Wednesdays Verteidigung zur Stelle. Der Ballbesitz von Cardiff dürfte so bei 75 % gelegen haben und auch 75 % der Spielzeit müsste der Ball sich in Sheffields Hälfte befunden haben. Dennoch vergingen die ersten 45 Minuten ohne hundertprozentige Torchance. Dementsprechend war auch wenig Szenenapplaus auf den Rängen zu vernehmen. Von Stimmung konnte erwartungsgemäß sowieso keine Rede sein.

Cardiff City Stadium

Nach dem Seitenwechsel hatte ausgerechnet Wednesday die erste richtige guten Torchance. Doch der Warnschuss schien bei City als Weckruf angekommen zu sein und läutete ab der 55.Minute eine Sturm- und Drang-Phase mit mehreren guten Chancen ein. Diese mündete in der 67.Minute im verdienten 1:0 für den CCFC. Eine Ecke ihres besten Manns (Matty Kennedy) erreichte einen frei stehenden Mitspieler (Theo Wharton), der nur per Kopf einnicken musste. Theo Wharton machte in der 74.Minute obendrein das hochverdiente 2:0. Ebenso zappelte der nächste City-Angriff in der 76.Minute im Netz (Torschütze: Rhys Healey). Jetzt war die Partie gelaufen und Cardiffs Matty Kennedy unterhielt uns fortan mit zahlreichen schönen Dribblings. Die Freiheiten nahm sich der Nachwuchs-Nationalspieler Schottlands einfach mal, wo die Pflicht erfüllt war. Am Ende blieb es beim 3:0 für die Hausherren. Ein verdienter Sieg, denn Sheffield Wednesday überzeugte höchstens defensiv und das nur eine Halbzeit lang.

Das Gwdihw

Nach Abpfiff kauften wir uns zunächst einmal Wegbiere für den bevorstehenden Spaziergang ins Zentrum. Wie gut, dass neben dem Stadion gleich ein Lidl war. Mit der Frage nach meinem Ausweis beim Bierkauf („You look younger than 25“), ließ die ebenfalls jünger als 25 aussehende Verkäuferin all ihren Charme mir gegenüber spielen und ich strotzte vor Selbstbewusstsein für den kommenden Abendausklang in Cardiffs Nachtleben. Nach Streicher-Livemusik und diversen Brains SA im erstbesten Pub (City Arms), ließ ich mich dann gerne in der Endstation Gwdihw von einer blonden Schönheit zum Tanz bitten. Das Gwdihw konnte außerdem mit guten Craftbieren und alternativer Atmosphäre punkten.

  • 18.08.2015
  • Merthyr Town F.C. – Stratford Town FC 3:0
  • Southern League Premier Division (VII)
  • Penydarren Park (Att: 511)

Für das Ziel des nächsten Tages, Merthyr Tydfil, gab es im Gwdihw übrigens noch eine Reisewarnung. Da könne man auch mal im falschen Pub landen, wo die Dorfjugend keine Fremden mag. Aber ob das Auswärtige Amt oder walisische Dreadlockträger; Reisewarnungen ignoriere ich grundsätzlich. Also ging es frohen Mutes nach Merthyr Tydfil in die Brecon Beacons. Der Ortsname preist übrigens eine Märtyrerin namens Tydfil. Eine Heilige aus Wales, die 480 n. Chr. von den heidnischen Angelsachsen wegen ihres christlichen Glaubens erschlagen wurde.

Cyfarthfa Castle

Im riesigen Tesco Extra am Bahnhof wurden wir wiederum von der Breite des Sortiments regelrecht erschlagen. Doch irgendwann war passender Proviant gefunden und dann ging es auf einem Teilstück des Wanderwegs Taff Trail zum Cyfarthfa Castle. Ein von weitläufigen und abwechslungsreichen Parklandschaften umsäumtes Herrenhaus aus dem frühen 19.Jahrhundert. Anschließend waren der alte Aquädukt und den Ruinen von Morlais Castle die nächsten Etappenziele. Landschaftlich bot der Trail nun u. a. ein steiniges Flusstal, kleine Wasserfälle und ab einer gewissen Höhe tolle Ausblicke (insgesamt 444 Höhenmeter wurden auf dieser Tour gemeistert).

Wandern auf dem Taff Trail

Am Morlais Castle Golf Club ging es dann unspektakulär durch Merthyrs Vororte zurück in die Stadt. Dort war am Abend im Penydarren Park Fußball angesagt. Jenes Stadion von Merthyr Town FC liegt auf einer Anhöhe nördlich von Merthyrs Stadtzentrum und verfügt über auf vier Tribünen über an die 5.000 Zuschauerplätze. Bis auf der nagelneue Kunstrasen war alles am Penydarren Park extrem Oldschool, aber gut gepflegt. Das hatte Charme und mit 511 zahlenden Zuschauern war ein mutmaßlich vernünftiger Zuspruch für die siebte englische Liga zu verzeichnen (Eintritt: 10 £ Vollzahler, 7 £ Studenten).

Erste Anhöhen der Brecon Beacons

Merthyr Town ist nämlich einer der fünf walisischen Clubs, die gegenwärtig im englischen Ligasystem zuhause sind. Man hat sich bereits kurz nach Vereinsgründung im Jahre 1908 über die Landesgrenze hinweg orientiert und in England ganz gut mitgehalten. Sportlich kann man die Jahre von 1920 bis 1930 als beste Zeit betrachten, als Merthyr Town Teil der Football League Division 3 kickte (damals Englands 3.Liga). Als die UEFA den in englischen Ligen kickenden walisischen Clubs noch ein Zwitterleben in zwei Fußballverbänden erlaubte, mischte man außerdem jedes Jahr im walisischen Pokal mit und konnte diesen 1987 gewinnen. Dadurch war man für Europapokal der Pokalsieger qualifiziert und bekam in der 1.Runde den italienischen Vizepokalsieger Atalanta BC zugelost (nach einem 2:1 Heimsieg und 3:1 Niederlage in Bergamo musste man sich denkbar knapp geschlagen geben).

Merthyr Town F.C.

Nach einer Pleite im Jahr 2010, musste Merthyr Town von den Fans neugegründet werden und der Restart erfolgte in der zehnten Ligastufe Englands. Just im Frühsommer feierte man immerhin den dritten Aufstieg binnen fünf Jahren und bekam es heute in der 7.Liga mit Stratford Town aus der Shakespeare-Stadt Stratford-on-Avon zu tun. Ebenfalls ein Aufsteiger und Merthyr Town hoffte dementsprechend auf eine sportlich lösbare Aufgabe.

Hintertortibüne im Penydarren Park

Doch bevor der Ball rollte, stärkten Ole und ich uns erstmal an der Imbissbude. Die Auswahl war groß, der Geschmack allerdings ungenügend. Doch mit viel Garlic Mayo und Chili Sauce bekamen wir die zu kurz frittierten Pommes und die labbrigen Fettwürste runter (kosteten zusammen 2.20 £). Außerdem spülten wir mit Cola (1 £) bzw. Carling (2.50 £) nach. So unterklassig darf man sogar noch auf der Tribüne zechen und entsprechend gerne holten wir in kommenden 90 Minuten noch Carling nach.

Merthyrs Version der Mantaplatte

Dann rollte der Ball und das tat er eindeutig besser in Merthyrs Reihen. Obwohl Stratford zehn Sekunden nach Anstoß fast das 1:0 gelungen wäre. Doch die Märtyrer waren anschließend hellwach und hatten fortan die Spielkontrolle. Mit schnellen Außenspielern und einem wuchtigen, schwer vom Ball zu trennenden Mittelstürmer (Ryan Prosser, laut Einheimischen seit Jahren der Top-Torjäger), strahlten sie stets Gefährlichkeit aus. Tore blieben dennoch in den ersten 45 Minuten Fehlanzeige.

Stehhalle im Penydarren Park

In der 52.Minute gelang Merthyr Town dann endlich das verdiente 1:0 durch Ian Traylor. Der Rückstand schien allerdings einen Nerv bei den Gästen getroffen zu haben und plötzlich zeigten diese erste Offensivbemühungen an diesem Abend. Binnen weniger Minuten bewahrte die Hausherren zweimal das Aluminium vor dem Ausgleich. Es war fortan ein munteres Spiel mit Chancen auf beiden Seiten und letztlich sorgte ein Kontertor von Merthyrs Offensivkraft Jaye Bowen in der 90.Minute für die Vorentscheidung. Und kaum war wieder angepfiffen, krönte Ryan Prosser seine gute Leistung mit dem 3:0 für Merthyr Town (90+1.Minute).

Merthyr Downtown

Nachdem dieser Doppelpack in der Schlussminute das Spiel gekrönt hatte, ging es gemütlich durch den netten Ortskern zurück zum Bahnhof. Für das Abendessen durfte sich heute der nochmal der 24 Stunden geöffnete Tesco Extra verantwortlich zeigen, bevor gegen 23 Uhr der letzte Zug nach Cardiff bestiegen wurde. Der transportierte uns binnen 60 Minuten zurück in die Hauptstadt und ging es diesmal schnurstracks ins Hotelbett. Rund 32 km Fußmarsch über Stock und Stein am heutigen Tage forderten einfach ihren Tribut.

  • 19.08.2015
  • Cardiff Met FC – Aberbargoed Buds 4:1
  • Welsh Football League Division 1 (II)
  • Cyncoed Campus Field 1 (Att: 52)

Mittwochmorgen zwickte es immer noch etwas in den Muskeln. Also doch nicht wie geplant eine Laufrunde am Meer, sondern lieber ein bisschen Bummeln in den Modeboutiquen der Stadt. Im Anschluss daran, gegen 11:30 Uhr, brauchte man auch nicht mehr an klassisches Frühstück denken und konnte sich gleich einen Half Pounder Cheeseburger zum Mittag gönnen. Der gab die nötige Energie für die heutige Wander-Etappe auf dem Taff Trail.

Shopping in Cardiff

Dabei ging es zunächst vom Cardiff Castle hoch nach Llandaff. Das Wetter spielte heute nicht so mit, aber die stärkste Regenphase konnte bei einem Pint des walisischen Bieres Cwrw im Pub Y Mochyn Du ausgesessen werden. Der Pub liegt übrigens direkt am SWALEC Stadium, wo Cardiffs Cricket-Club die Massen langweilen darf. Dementsprechend hängen im diesem alten Gemäuer viele Cricket-Devotionalien an den Wänden (insgesamt ein sehr uriger Pub). Dazu legt man hier besonders auf die walisische Identität wert, was sich im Speise- und Getränkeangebot und in der Sprache (Personal und Karte zweisprachig) niederschlägt. Lechyd da!

Y Mochyn Du

Bei etwas weniger Regen ging es dann weiter nach Llandaff. Eine eingemeindete Ortschaft, die Cardiffs große Kathedrale beherbergt. Das Stadtbild ist dort recht historisch und neben der Kathedrale von 1120, gibt es auch noch die Ruinen der bischöflichen Burg zu besichtigen. Die Llandaff Cathedral ist Bischofssitz von Wales größter Diözese und die Vorgängerkirche ist angeblich von einem der großen walisischen Heiligen (Sankt Teilo) im Frühmittelalter errichtet worden. Sie gab auch an einem verregneten Tag ein schönes Fotomotiv ab. Einzig, dass das massive Westwerk direkt an einen Hügel grenzte und somit schlecht fotografierbar war, erzürnte die Sektion Instagram.

Llandaff Cathedral

Von Llandaff ging es den Taff Trail wieder ein Stück zurück, um über den riesigen Cathay’s Cementary und durch den schönen Roath Park nach Cyncoed zu marschieren. In jenem Viertel sollte heute der Cardiff Met FC gegen die Aberbargoed Buds auf dem Sport-Campus der Cardiff Metropolitan University spielen (walisische 2.Liga). Jene Cardiff Metropolitan University verfügt über ein großes Sportangebot und Sportler und Mannschaften nehmen sowohl an studentischen Wettkämpfen teil, als auch an regulären nationalen Wettkämpfen. Daher spielt diese reine Studententruppe im Liga-System der Football Association of Wales mit, während eine weitere, noch hobbymäßigere Mannschaft in der überregionalen Uni-Liga spielt.

Roath Park

Der Kick fand nun im Schatten der großen Unisporthalle auf einem 1a-Kunstrasenplatz statt und man konnte entweder auf der Hallenseite unter dem ein Stück nach vorne ragenden Hallendach stehen oder gegenüber auf einer kleinen überdachten Sitzplatztribüne Platz nehmen. Dennoch, nichts was die Bezeichnung Stadion verdient (offizielle Kapazität: 1.000 Plätze). Der Eintritt betrug 3.50 £, es war kalt und nass (heute war November-Wetter im August) und es gab nicht mal Bier. Aber wenigstens mühten sich die Akteure redlich, um die 52 Zuschauer zu unterhalten.

Eine walisische Erstligaspielstätte

Gerade die Studenten spielten einen schnellen Ball auf dem 3G Pitch und das Spiel heute sah viel mehr nach Fußball aus, als das walisische Zweitligaspiel, welches ich jüngst im März gesehen hatte. Das 1:0 konnten die Buds noch egalisieren, aber richtig gefährlich wurden sie den Mets nicht mehr. Das 2:1 für die Nachwuchsakademiker fiel durch einen Schuss in den Torwinkel aus 30 Metern und die weiteren beiden Tore fielen im zweiten Durchgang durch gut kombinierte Angriffe. Trotzdem, sollte ich nicht plötzlich nochmal das Bedürfnis haben ein Sportstudium zu beginnen, wird mich dieses Gelände garantiert nie wieder sehen.

Cyncoed Campus Field 1

Der Donnerstag war dann fußballfrei. Gut, der Ball wäre theoretisch gerollt. Aber so tief im Hopper-Sumpf steckte ich zum Glück nicht, dass ich mir die Reserve eines walisischen Zweitligisten in Risca anschaue. Stattdessen wurde die Cardiff Bay entlang gejoggt und an den dortigen Freiluft-Fitnessgeräten der Körper weiter aufgepumpt. Die ca. 1.500 verbrannten Kalorien wurden anschließend mit Chicken Balti zum Mittagessen wieder egalisiert. Danach folgte ein üppiger und somit ebenfalls nicht kalorienarmer Pub Crawl. Acht traditionelle Pubs erhielten die Ehre acht ihrer erlesenen Bier-Spezialitäten auszuschenken und als es dunkel wurde, sollte es noch auf einen Absacker ins Gwdihw gehen, wo heute Live-Musik angesagt war. 4 £ für angeblich fantastische Musiker wurden aufgerufen. Why not?

Chicken Balti

Die Musik war experimentell, teilweise etwas elektronisch und düster, aber viel bekamen wir davon im beheizten Biergarten eh nicht mit. Drinnen ging auch nicht gerade der Punk ab und die Leute saßen auf Stühlen lauschend vor der Bühne. Die Acts waren H O R S E S (mit so Smashhits wie „Sic“), Carw, 5th Spear und CITIES, falls jemand mal reinhören will. Wir chillten derweil draußen vor den Heizstrahlern und schliefen fast schon ein. Das Signal des Körpers so langsam ins benachbarte Hotel zu wechseln.

Making new friends @Gwdihw

Freitag war dann wieder Matchday, doch zunächst hatte der Kulturbeauftragte eine Reise ins St Fagans Museum of Welsh Life angesetzt. Dabei handelt es sich um ein großes Freilichtmuseum unweit von Cardiff, wo 40 historische Gebäude aus allen Teilen von Wales wieder Stein für Stein aufgebaut wurden. Das Ganze inklusive einem dort schon lange stehenden Schlosses, dem St Fagans Castle.

St Fagans Castle

Der Eintritt ist frei und dafür gibt es echt ’ne Menge zu sehen. Die Geschichte von Wales wird dort sehr erlebbar (da teilweise auch tatsächlich Handwerk betrieben und z. B. die Farm richtig bewirtschaftet wird). Von einem Fürstenhaus aus der Eisenzeit, über mittelalterliche Kirchen und Wohnhäuser, eine Hahnenkampf-Arena, ein Arbeiter-Institut, Minenarbeiter-Häuser u. v. m. wird ein breites Spektrum abgedeckt. Das Schloss lässt sich natürlich ebenfalls von innen und außen besichtigen. Da kann man theoretisch viele Stunden verbringen, aber es war ja Urlaub und keine Studienreise, also ging es nach zwei Stunden wieder zurück nach Cardiff, wo gute Katholiken sich heute an Fish & Chips labten.

  • 21.08.2015
  • Taff’s Well FC – Afan Lido 6:0
  • Welsh Football League Division 1 (II)
  • Rhiw Dda’r (Att: 125)

Mit den Codfathers im Magen, wurde am frühen Abend ein Zug nach Taff’s Well bestiegen. Dieser Vorort liegt nicht nur am malerischen Castell Coch und dessen Burgberg, sondern auch am Fuße des Garth. Ein rund 300 Meter hohen Berg, der mitsamt Taff’s Well Vorlage für den Film „Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam“ von Christopher Monger wurde. Ein nettes Filmchen (allerdings mit Hugh Grant in einer typischen Hugh-Grant-Rolle), in dem die Waliser natürlich filmisch überzeichnet, aber doch relativ treffend als liebenswertes Dickköpfe charakterisiert werden.

Cardiffer Parkromantik

Jene Waliser grenzen sich wie Schotten und Iren gern von den Engländern ab und haben sich ihr kulturelles keltisches Erbe teilweise bewahren können. Das nimmt man in Cardiff oft nur oberflächlich wahr (da zum Beispiel die walisische Sprache nur schriftlich, aber kaum mündlich präsent ist), doch auf dem Land spürt man diese eigene walisische Identität sehr deutlich. Dort, wo nahezu jeder Junge dem walischen Nationalsport Rugby nachgeht, die Zahl der Walisisch-Sprecher deutlich steigt (besonders je weiter man nach Norden kommt) und grundsätzlich mehr Schafe als Mesnchen leben.

The Garth

Rugby ist auch in Taff’s Well der beliebteste Sport, aber immerhin 125 Zuschauer wollten heute Abend den Taff’s Well FC gegen Afan Lido aus Port Talbot sehen. Zunächst war jedoch ein Großteil der Zuschauer auf ein paar Biere ins reich mit Devotionalien geschmückte Clubhaus eingekehrt. Da ein Schild an der Theke darauf hinwies, dass Anschreiben nicht mehr geduldet wird, bezahlten auch wir unsere Pints direkt in bar und waren ganz froh ein wenig im Warmen und Trockenen zu sitzen. Denn nachdem tagsüber gutes Wetter war, regnete es jetzt abermals in Strömen. Auch typisch walisisch…

Welcome to Taffs Well F.C.

Der Ground verfügt, neben durchgehender Bande, über eine winzige überdachte alte Tribüne auf der einen Längsseite (ca. vier Auswechselbänke breit und zweireihig bestuhlt) und eine etwas größere Tribüne (mit immerhin rund 100 überdachten Sitzplätzen) auf der anderen Seite. Netter als die anderen bisher von mir besuchten Spielstätten der zweithöchsten walisischen Spielklasse.

Der Ground des Taff’s Well F.C.

Der heutige Gast Afan Lido war mir bereits von seinem Auftritt im März beim Caerau (Ely) A.F.C. bekannt und besser sind sie seitdem nicht geworden. Wie schon Ely, musste auch Taff’s Well den Bann mit einem Tor aus der Distanz brechen. Doch danach konnte eigentlich nichts mehr anbrennen, weil Afan Lido einfach keine Durchschlagskraft in der Offensive besaß. Am Ende stand jedenfalls ein in der Höhe verdientes 6:0 für den Taff’s Well FC, der sicher Grundlage für einen feucht-fröhlichen Freitagabend der Feierabendfußballer wurde.

D.I.S.C.O.

Wir wollten dem in nichts nachstehen und stürzten uns in Cardiff nochmal ins Nachtleben. Nach einem Alkoholleichen-Slalom vom Hotel zur Greyfriars Road, ging es erstmal ins Pryzm. Um 22:30 Uhr zwar noch gähnend leer, aber das änderte sich bis Mitternacht. Bei den Frauen liefen einmal mehr 50 % rum, als wollten sie zum Abschlussball, 40 % als gingen sie auf den Strich und 10 % waren vermutlich keine Waliserinnen. Den Preis für das sparsamste Outfit gewann Ally aus Pontypridd. Immerhin die Nippel waren bedeckt. Solange sie nicht tanzte…

Miss Cardiff 2015

Im Laufe der Nacht wurde dann nochmal ins Crockerton gewechselt, wo die Frauen reifer, aber nicht minder betrunken waren. Am besten gefielen mir die Muttis, die sich wie Hühner voreinander aufplusterten und dann ein Tanz-Battle veranstalteten. Ausklang findet so ein Cardiff Nightout dann traditionell in der Chip Alley (Caroline Street), wo alles frittiert wird, was frittierbar oder nicht frittierbar ist, die Speisen jedoch auf wundersame Weise einem Kater vorbeugen sollen.

Caroline Street Delikatesse

Den gab es am nächsten Morgen tatsächlich nicht, so dass ich nochmal an den Docks ’ne Runde Laufen ging, bevor kurz vor 12 Uhr Check-out angesagt war. Nun konnte man mit dem angefangenen Tag eigentlich nichts Sinnvolleres anfangen, als noch ein paar Stunden im Pub The Great Western bei Speis und Trank zu verbringen und dann zum Flughafen zu fahren, wo kurz vor 16 Uhr die Maschine gen Düsseldorf abhob. Als wir landeten, konnten sogleich die frischen Nachmittagsergebnisse der Bundesliga geprüft werden und bereits kurz nach 22 Uhr lag ich wieder im heimischen Bett. Denn Sonntag wollte ich gut ausgeruht und – nach diesem sportiven Wales-Trip – obendrein konditionell topfit 90 Minuten selbst gegen den Ball treten.

Hafenromantik

Mittlerweile übrigens mit der festen Überzeugung, dass es mit etwas mehr Training und in meinen besten Jahren (jetzt als ü30-Fettsack natürlich nicht mehr), bestimmt auch für die zweite oder gar erste walisische Fußballliga gereicht hätte. Und am Ende hätte ich dann vielleicht sogar mal international in einem UEFA-Wettbewerb gegen Teams aus San Marino oder Malta gekickt. Ich bin wohl leider (größtenteils) im falschen Land aufgewachsen.

Song of the Tour: When the coal comes from the Rhondda down the Taff Vale railway line, when the coal comes down the Rhondda, I’ll be there…