Valencia 12/2012

  • 06.12.2012
  • UD Levante – HSV von 1896 2:2
  • UEFA Europa League (Group Stage)
  • Estadio Ciudad de Valencia (Att: 14.000)

Das letzte Auswärtsspiel von Hannover 96 in der diesjährigen Gruppenphase der UEFA Europa League fand in Valencia statt. Hierfür war zum Glück genug zeitlicher Vorlauf, um einen Urlaubsantrag erfolgreich platzieren zu können (kurzfristiger, mehrtägiger Urlaub ist in meinem aktuellen Job leider nicht möglich). Nach ausreichender Recherche fanden wir obendrein sehr günstige Flüge von Brüssel nach Valencia (50 € pro Nase) und ebenfalls preiswert war Anfang Dezember ein großzügiges Appartement. Die modern eingerichtete und voll ausgestattete Unterkunft in der Innenstadt kostete bei einem beliebten Hotelportal für vier Übernachtungen gerade mal 70 € pro Person. Bei nur 120 € Grundkosten für den Trip hatten wir schnell eine größere Reisegruppe aus Hildesheim und Umgebung zusammen, für die wir in dem valencianischen Aparthotel gleich zwei nebeneinander liegende Wohnungen buchten.

Ich packe meinen Koffer

Die Wohngemeinschaft „Hildesheim / Cardiff“ startete am Dienstag den 4.Dezember in aller Früh zu fünft per PKW gen Belgien. Eine Frühstückspause gab es dann bei meiner Mutter in Aachen (zur Zeit als Expat im Rheinland) und mittags hob unsere Maschine in den Süden ab. In unserer Wohnung wartete bereits Schirm auf uns, der aus Cardiff angereist war und freundlicherweise den Kühlschrank bis oben hin mit Bier gefüllt hatte. Nach ein paar leichten Bieren im Wohnzimmer trafen wir uns mit anderen Hannoveranern in einer Bar namens Lizarran. Dort mussten die Biere (außer das erste) nicht bezahlt werden, sondern nur das Essen (Tapas) kostete. So genannte Groundhopper hätten jetzt sicher den ganzen Abend nichts gegessen oder es bei einem Tapa belassen, aber wir normalen Fußballreisenden hatten ein gutes Verhältnis zwischen Tapas und gezapften Mahou. Die Bedienungen sind immer mit Tabletts voll Tapas rumgelaufen und für jedes Tapa was man sich nahm, gab es einen Zahnstocher, anhand derer am Ende abgerechnet wurde. Schlussendlich hatten wir jeder so rund 15 € für zehn Bier und sechs oder sieben Tapas zu entrichten. Fairer Deal! Anschliessend lockten noch ein paar Altstadt-Bars, aber nach Mitternacht war dann auf einem Dienstag im Winter doch nicht so viel los in Valencia.

Einige wenige leichte Biere

Der nächste Morgen begann mit einem Katerfrühstück und wurde mit einem Stadtrundgang fortgesetzt. Valencia hat doch so einiges zu bieten für’s Touri-Herz. Die Stadt hatte im Spanischen Bürgerkrieg (1936 – 1939) schwere Schäden zu beklagen und anschließend wurde sie – als Hochburg des Widerstands geltend – vom faschistischen Franco-Regime sehr vernachlässigt. Mittlerweile sind aber wieder weite Teile der Altstadt restauriert und der Tourismus in der 785.000-Einwohner-Stadt nimmt zu. Besonders herausragende Bauwerke sind die Kathedrale (siehe Titelbild) und das mittelalterliche Stadttor Torres de Serranos. Außerdem besticht der einstige Flusslauf des Turia mit seinen ausgedehnten Park- und Sportanlagen. Der Fluss trat regelmäßig über seine Ufer und verrichte oft verheerende Hochwasserschäden in der Stadt, so dass die Stadtväter in den 1950er Jahren beschlossen den Fluss um die Stadt herum zu leiten. Und anstatt der geplanten Stadtautobahn im alten Flusslauf, wurde sich nach Bürgerprotesten für die Schaffung einer grünen Lunge entschieden, welche die Lebensqualität in Valencia nochmal verbesserte.

Torres de Serranos

Am Abend bezog auch die Wohngemeinschaft „Gemeinde Harsum“ die Nachbarwohnung und wir konnten nun gemeinsam um die Häuser ziehen. Kulinarisch war der Mittwoch schon wieder ’ne günstige Angelegenheit. Es gab am Plaza de la Reina eine bei uns Hannoveranern beliebte Sandwichbar (100 Montaditos), die so verlockende Angebote wie 100 kleine Bier und 100 Mini-Baguettes für 100 € hatte und mittwochs generell große Biere für 1 € verkaufte . Ebenso war die bereits aus Madrid bekannte so genannte Eimer-Bar La Surena günstig und gut frequentiert. Es zeichnete sich bereits am zweiten Abend ab, dass die 150 €, die ich mir als vorläufiges Taschengeld aus Deutschland mitnahm, nur schwer bis Samstag unter’s Volk zu bringen sein dürften. Da half es auch nichts, dass wenigstens im Café Negrito, wo auch unter der Woche ein DJ bis tief in die Nacht auflegte, endlich mal über 2 € für einen halben Liter Bier aufgerufen wurden.

Blick in unser Wohnzimmer

Und dann war auch schon Matchday… Am Morgen des 6.Dezembers stolperte ich mit ordentlich Restalkohol im Blut sogleich über eine Dose Bier in meinem Schuh. Da war mir der Nikolaus doch tatsächlich bis Valencia gefolgt, um mir seine Gaben zukommen zu lassen. Ein Hoch auf den Bischof von Myra! Das Frühstücksbier besiegelte eigentlich schon mein weiteres Schicksal für den Tag (es blieb ja nicht bei dem einem Konterbier). Ab Mittag hatte ich quasi durchgehend ein Bier in der Hand. Für Nachschub gab es schließlich zahlreiche Kioske oder alternativ fliegende Händler mit afrikanischen Wurzeln, die in den Baumkronen der Grünflächen ausreichend Bier zur Weiterveräußerung gelagert hatten. Außerdem hatte ich zeitweilig eine Schar von Straßenhunden im Schlepptau. Seit ich denen etwas von meinem Mittagessen abgegeben hatte, wollten diese zerzausten Vierbeiner nicht mehr von meiner Seite weichen. Ich glaube ich konnte sie erst abschütteln, als wir uns am großen hannoverschen Treffpunkt an der Kathedrale oszillierten.

Pool-Party am Plaza de la Virgen

Dort wurde der Mob von Stunde zu Stunde größer und jemand hatte die sehr gute Idee tonnenweise Waschpulver anzukarren, um im Brunnen des Plaza de la Virgen eine Pool Party zu feiern. Das kam sowohl beim Mob, als auch bei den Einheimischen gut an. Ebenso wurden der lokale Einzelhandel durch die Bierkäufe von hunderten Hannoveranern massiv gestärkt. Auch Uboot-Kopetsch und ich hatten gerade wieder eine neue Kiste Bier am Kiosk gekauft, als der Mob sich weit vor Spielbeginn in Bewegung setzte. Zum Glück konnten wir dank starken Trinkern wie Johnny Power und InterCityBerger das Gewicht der Kiste schnell reduzieren. Dennoch kam uns der 4 km lange Marsch zum Stadion ewig vor und die Kiste nervte irgendwann. Also wurden noch schnell ein paar Biere an durstige 96-Kutten veräußert und sich erstmal eine Pinte am Wegesrand gesucht.

Echte Fens (vom Alkohol)

Das Bier schmeckte auch dort vorzüglich und InterCityBerger und ich verloren ein bißchen die Zeit aus den Augen. Im Stadion machten sich die anderen schon Sorgen und spekulierten, ob ich am Einlass vielleicht Probleme hatte meine Hundeschar mit ins Stadion zu nehmen. Gut, pünktlich zum Anpfiff war ich zwar nicht drin, aber im Gegensatz zu manch anderem kam ich wenigstens ins Stadion und wir waren ja eigentlich nur zum Feiern hier und nicht wegen des heutigen „Testspiels“. Beide Mannschaften waren schließlich bereits für die nächste Runde qualifiziert und spielten hier nur noch um die Ehre und Platz 1 in der Gruppe. Folglich ließen auch beide Trainer ordentlich rotieren.

Estadio Ciudad de Valencia

Nichtsdestotrotz war es ein munteres Spiel, dem unsere Hannoveraner in der 1.Halbzeit den Stempel aufdrückten. Stindl in der 18. und Ya Konan in der 26.Minute schossen einen hochverdienten Vorsprung von 2:0 zur Pause heraus. Das eh schon stark feierwütige Fanvolk aus Hannover war nun noch mehr in Ballermann-Stimmung und sang die ganze Zeit „Una cerveza, por favor“. Ich glaube heute war bei 96 % der Gästefans zu viel Alkohol im Spiel. Weniger gut kamen bei den Heimfans und der Polizei dagegen die „Puta Levante“-Rufe aus unserem Block an. Die Knüppelgarde baute sich bedrohlich in der ersten Reihe des Blocks auf, aber es eskalierte zum Glück nicht. Ich persönlich schlängelte mich vom Brandherd mit mehrfachen „No tengo dinero“-Ausrufen und erhobenen Armen an der Polizei vorbei. Wem die Polizei kein Geld abknöpfen kann, der wird in Spanien auch nicht willkürlich verhaftet, dachte ich mir im Brausekopf. Insgesamt gab es wohl nur eine Festnahme wegen Beleidigungen gegenüber der Polizei. Hätte auch anders kommen können.

Gästeblock bei UD Levante

Die 2.Halbzeit des freundschaftsarmen Freundschaftsspiels war dann ein völliger Kontrast zu den ersten 45 Minuten. Levante schaffte in der 49.Minute durch Angel den Anschluss und spielte danach Hannover 96 an die Wand. Eine Mischung aus Zieler und Glück verhinderte bis kurz vor Schluss den längst überfälligen Ausgleich. Der fiel erst in der vierten Minute der Nachspielzeit, aber da waren InterCityBerger und ich schon wieder per Taxi unterwegs in die Stadt, da wir keinen Bock auf eine Blocksperre hatten. Die Sperre soll wohl dank stumpfer Gesänge ganz witzig gewesen sein. Aber es gab halt keinen Alkohol.

Den gab es dafür in Valencias Stadtzentrum immer noch im Überfluss. Und irgendwann war der Mob auch wieder vereint. Die Partynacht verlagerte sich zu später Stunde in die WG der „Gemeinde Harsum“ und wann sie endete, lässt sich eventuell anhand der Sonnenaufgangsdaten des 07.12.2012 für den Raum Valencia rekonstruieren. Da der Körper aber mit Alkohol im Urlaub ganz anders als daheim fertig wird, ging es schon mittags wieder vor die Tür.

Mestalla

Heute wollten wir nochmal das Meer sehen. Valencias Stadtstrand liegt gute 5.000 Meter von der Altstadt entfernt. Wir verdreifachten allerdings die Distanz, da wir zunächst einmal das wunderbare Estadio Mestalla von Levantes Ortsrivalen Valencia CF besichtigen wollten, was für einen schmalen Taler möglich war. Wäre saugeil dort auch mal ein Spiel zu sehen, gerade weil Valencias Nr. 1 dabei ist ein neues Stadion zu bauen und das Mestalla abgerissen werden soll. Zum Glück ist aktuell aufgrund finanzieller Probleme Baustopp, was das Zeitfenster eines möglichen Spielbesuchs ausdehnt.

Ciudad de las Artes y de las Ciencias

Nach der Stadion-Tour ging es den einstigen Turia-Flußlauf entlang, vorbei an der futuristischen Ciudad de las Artes y de las Ciencias, zum Hafen Valencias. Dort findet auch der Formel 1 Grand Prix von Valencia statt und von hier war es nur noch ein Katzensprung zum Playa de la Malvarrosa. Echt ein riesiger, europapokalwürdiger Sandstrand und zumindest die Füße sollten noch etwas Meerwasser bekommen. Zurück in die Altstadt ging’s zum Glück mit dem Taxi und abends verabschiedeten wir die WG „Gemeinde Harsum“, die bereits am Freitag abreiste.

Playa de la Malvarrosa

Der Sonnabend wurde nach der vormittäglichen Abgabe der Wohnungsschlüssel für einen letzten Stadtbummel genutzt und dabei mittags ordentlich in der tollen Markthalle Valencias geschlemmt. Den einen oder anderen Hannoveraner traf man auch heute noch in der Stadt, aber das Gros war natürlich schon am Freitag abgereist. In einem Supermarkt kauften wir uns nachmittags noch diverse Tapas und Brot und verzehrten diese im Turia-Park. Dort konnten wir nochmal ein paar Stunden Sonne tanken, ehe uns Belgien mit einer Temperaturdifferenz von 30° C und Schnee empfing. Möge uns die UEFA-Losfee kurz vor Weihnachten erneut etwas Sonniges für die nächste Runde schenken, z. B. einen portugiesischen Vertreter.

Song of the Tour: Der Songtitel war eine meiner meistgebrauchten Phrasen auf dieser Tour.