- 26.04.2024
- Hertha BSC – Hannover 96 1:1
- 2. Bundesliga (II)
- Olympiastadion (Att: 59.192)
Die Woche rund um den 1. Mai 2024 hatte ich in meine Jahresurlaubsplanung einfließen lassen und hoffte anschließend sehr, dass das Auswärtsspiel des Hannoverschen SV bei Hertha BSC auf Freitag den 26. April terminiert wird. Denn einerseits wäre ich nach meinem Feierabend am Freitagmittag binnen zwei Stunden in Berlin und andererseits wäre die Hauptstadt am Samstagmorgen ein ideales Sprungbrett für eine Weiterreise ins östliche Mitteleuropa.

Die DFL meinte es gut mit mir und so ging es an jenem Freitag um 14:04 Uhr mit Sack und Pack per ICE (22,40 €) von der Leine an die Spree. Gegen 15:30 Uhr kam ich in Spandau an und checkte natürlich erstmal ins für die kommende Nacht gebuchte Ibis Berlin Spandau (**) ein (88 € ohne Frühstück). Danach hatte ich es auf den benachbarten Bierbrunnen abgesehen, um dort auf die Nachzügler Ole und Max zu warten. Aber dort war bei meiner Ankunft kein Tisch mehr frei.

Zum Glück hatte Ole im Vorfeld mit Zur Erholung noch eine zweite Spandauer Schankwirtschaft in den Ring geworfen. Eine echte Bilderbucheckkneipe, in der noch ausreichend Platz war. Dort wartete ich nun mit einem ersten Schultheiß auf die gegen 16:30 Uhr in Spandau eintreffenden Freunde. Eine gute Stunde wurde anschließend gemeinsam die gebotene Gemütlichkeit mit Bier und Knabberkram genossen, ehe es zwangsläufig weiter zum Olympiastadion gehen musste.

Wir trafen exakt 18 Uhr am Stadioneingang ein und es hätte keine Minute später sein dürfen. Erst 18:29 Uhr erreichte ich meine für 35 € gemietete Sitzschale auf der Gegengerade, wo mich bereits Jojo und sein Bruder erwarteten. Die Punktladung wollte ich sogleich mit einer Rutsche Bier feiern, aber die beiden Hannoveraner zu meiner Rechten lehnten die offerierten Literpötte ab. Glück für das durstige Hertha-Pärchen zu meiner Linken, weil alleine wäre das wohl zu viel des Guten für mich gewesen und obendrein schmeckt abgestandenes Bier auch nicht wirklich.

Beim meinerseits vorerst letzten Berauschen mit Berliner Kindl im Olympiastadion – nächste Saison werden leider Beck’s und Spaten ausgeschenkt – musste ich einen frühen Rückstand der Roten Riesen zur Kenntnis nehmen. Im Zuge eines Eckballs konnte Marc Oliver Kempf zum 1:0 für die Alte Dame einköpfen. Da es für beide Teams sportlich nicht mehr wirklich um etwas ging, erwartete ich nun einen offenen Schlagabtausch ohne viel Taktiererei. Tatsächlich übernahmen die von ca. 8.000 Schlachtenbummlern unterstützten Niedersachsen nach dem Gegentreffer erstmal das Zepter und spielten forsch nach vorn. Aber bei den aussichtsreichsten Gelegenheiten dieser Sturm-und-Drang-Phase trafen Gindorf (20.) und Schaub (42.) lediglich das Aluminium.

Im zweiten Durchgang flachte die bis dahin muntere Partie leider deutlich ab. Dank einer Einladung meines Kumpels Marc zum Blockwechsel und einem damit verbundenen gemeinsamen Bierchen, traf das auf meinen Pegel jedoch nicht zu. Nah am Gästemob erlebten wir in der Nachspielzeit schließlich sogar noch den nicht mehr für möglich gehaltenen Ausgleich. Enzo Leopold konnte eine Flanke von Halstenberg per Kopf verwerten und damit für die insgesamt 13. Punkteteilung von 96 in dieser Saison sorgen. Spitzenwert der Liga und zugleich ein Indikator, warum 96 der Sprung an die Tabellenspitze einfach nicht vergönnt war. Ein paar mehr Siege statt Remis und ein spannendes Saisonfinale würde aus hannoverscher Sicht drohen.

Doch stattdessen hat die Leitl-Elf nur noch drei bessere Freundschaftsspiele vor der Brust, deren Ausgang höchstens ein bisschen Einfluss auf die Höhe der TV-Gelder und die Stimmungslage bei Martin Kind hat. Der hat nebenbei unter der Woche mal wieder den Vogel abgeschossen, als er den populistischen Aktionismus der niedersächsischen Innenministerin abfeierte. Als diese nun de facto für die kommende Saison Gästeverbote bei den Aufeinandertreffen der Erzrivalen aus Hannover und Braunschweig anordnete, ließ sich Kind regelrecht schwärmend in der hannoverschen Lokalpresse zitieren.

Martin Kind ist mittlerweile ein bekennender Fan von Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens, „das ist eine Politikerin, die nicht nur redet, sondern auch was macht“, lobt der 96-Profichef. Den aktuellen Vorstoß sieht Kind aber als Anfang. Ihm reicht es nicht, „dass es nur Maßnahmen in Braunschweig und Hannover gibt“.
HAZ und NP am 25. April 2024

In den Fanszenen hat Daniela Behrens mit ihrem Faible für Kollektivstrafen dagegen naturgemäß keine Zustimmung gewonnen. So gab es heute in Herthas Ostkurve beispielsweise folgende Grußbotschaft an die niedersächsische Innenministerin: „In Niedersachsen, Berlin und überall… Kollektivstrafen sind keine Option!“ Auch anderenorts war an diesem Spieltag ähnliches zu lesen. Aber ihr wird’s egal sein. Sie hat auf dem Rücken der Fußballfans erfolgreich bundesweite Aufmerksamkeit generiert. Das Playbook des Populismus ist eben mittlerweile in allen politischen Lagern sehr populärer Lesestoff geworden.

Mit wahrscheinlich bereits 1,312 Promille, bevorzugte ich hingegen nach Spielende den Fahrplan der S-Bahn als Lektüre. Gegen 22 Uhr war ich zurück in Spandau und hatte eigentlich nur noch einen Gute-Nacht-Kebab im Sinn. Aber am Ende der Bahnsteigtreppe lief ich den „falschen“ Leuten in die Arme und schon legte ich meinen Plan proaktiv ad acta. Zuerst in der Gastwirtschaft Gänsemarkt und anschließend noch in der Westend Pinte, wurde mit bekannten Nasen aus Berlin und Hannover auf alles mögliche angestoßen und eine alte Anekdote nach der anderen aufgewärmt. Wahrscheinlich sind auch genug neue Anekdoten hinzu gekommen, aber viel wichtiger war, dass ich irgendwann (so ca. 3 Uhr) doch noch ins Hotelbett gekommen bin.

Denn Samstag musste ich bereits 7:30 Uhr aus den Federn. Zwar sollte es erst am späten Vormittag weiter nach Polen gehen, aber zuvor war ich noch mit einer Wahlberlinerin aus Hildesheim zum Frühstück verabredet. Um 9 Uhr ging es gemeinsam in Friedsrichshain ins Kleines Sonntag, wo man leckere Bagel und guten Espresso bekommt. Allerdings muss man sich dort vor dreisten Spatzen in Acht nehmen, denen ein paar Körner vom Bagel nicht genug sind und die stattdessen ganze Kekse von den Untertassen klauen.

11:03 Uhr sollte es dann ohne Keks, aber mit dennoch deutlich verbesserter Gemütslage vom Ostbahnhof weiter nach Wrocław (Breslau) gehen. Kostete als Sparpreis in der 1.Klasse lediglich 44,90 € und weil die Auslastung sich obendrein in engen Grenzen hielt, kam ich vier Stunden später entspannt an meinem ersten Etappenziel der Polenwoche an. Aber über die Erlebnisse dort gibt es zeitnah gesonderte Berichterstattung.