- 14.07.2025
- Lanark United – Forth Wanderers 1:2
- Clydesdale Cup (Semi-final)
- Moor Park (Att: 172)
Am Montagmorgen war es vorerst wieder vorbei mit dem hochsommerlichen Wetter in Glasgow. Es regnete den ganzen Vormittag durch, was ich nach dem Frühstück im Ibis Styles Glasgow Centre (***) als Einladung für einen halben Bürotag verstand.

Doch ab den Mittagsstunden wurde es besser und dem geplanten Nachmittagsausflug stand nichts mehr im Wege. Für £ 9.90 (ca. 11,50 €) return ging es um 12:56 per Zug ins rund 45 km entfernte Lanark (ca. 9.000). Dort stand eine etwa 13 km lange Wanderung auf dem Programm, die mich zunächst vom zentral gelegenen Bahnhof hinunter zum Fluss Clyde führte.

Wie bereits zwei Tage zuvor (siehe Glasgow 07/2025), hatte ich es auf ein Teilstück des insgesamt 65 km langen Clyde Walkway abgesehen. Diesmal wahrscheinlich sogar auf das schönste. Denn auf meiner um 13:45 Uhr gestarteten Tour erwarteten mich mehrere Wasserfälle und eine von der UNESCO im Jahre 2001 zur Welterbestätte geadelte Baumwollspinnerei nebst Musterdorf aus dem 18. Jahrhundert.

Die Rede ist von New Lanark, wo ich nach 3,6 km bzw. 45 min eintraf. Eine im Auftrag des Glasgower Geschäftsmanns David Dale ab 1785 entstandene Industriesiedlung am Ufer des Clyde. Denn dessen Wasserkraft konnte seinerzeit prima zum Antrieb der Webstühle einer Baumwollspinnerei genutzt werden. Doch Dale wollte nicht nur eine Fabrik errichteten, sondern deren Arbeiter sollten mit ihren Familien auch gleich im direkten Umfeld leben können. Daher ließ er ebenso ein kleines Dorf mit u. a. einer Schule, einer Kirche und einem Kaufmannsladen erbauen.

Das war für die damalige Zeit schon ein ziemlich philanthropischer Ansatz. Doch Dales aus Wales stammender Schwiegersohn Robert Owen, der im Jahre 1800 die Geschäftsleitung übernahm, ging noch einen, wenn nicht gar etliche Schritte weiter. Denn anders als seine Zeitgenossen, hatte er die verrückte Idee, dass die Arbeiter keine Sklaven der Fabrikeigentümer sind und dass nicht mehr, sondern weniger Ausbeutung zu höherer Produktivität führen würde.

Um seine These zu beweisen, ergriff Owen einige im Kapitalismus bisher undenkbare Maßnahmen. Er verkürzte die Arbeitszeit von den damals üblichen 14 Stunden pro Tag auf 10,5 Stunden (später sogar 8 Stunden) und schaffte die Kinderarbeit in seinem Betrieb ab. Zugleich modernisierte er die Arbeiterwohnungen und verbesserte die hygienischen Bedingungen. Außerdem führte Owen eine Kranken- und Rentenversicherung für die Arbeiter ein und reformierte die Organisationsform seines Betriebs in Richtung einer Kooperative. Denn seine wohl revolutionärste Idee war, dass nicht nur der Eigentümer durch sein Unternehmen zu Wohlstand kommen soll, sondern auch die Arbeiter.

Da war es dann auch egal, dass die New Lanark Mills unter Owen tatsächlich zur produktivsten Baumwollspinnerei Großbritanniens geworden waren und sich sowohl Eigentümer von vergleichbaren Produktionsstätten, als auch Honoratioren und gekrönte Häupter aus halb Europa bei ihren Besuchen über die gesunden und motivierten Arbeiter erstaunt zeigten. Diese Menschen jedoch obendrein angemessen am von ihrer Arbeitskraft erwirtschaften Reichtum zu beteiligen, war Anfang des 19. Jahrhunderts ein regelrechtes Sakrileg. Demgemäß wurde Owen trotz seiner wirtschaftlichen Erfolge letztlich als gefährlicher Spinner abgekanzelt.

Vom Strukturwandel im 20. Jahrhundert blieben allerdings auch die sich bis zuletzt Owenschen Prinzipien verpflichtet fühlenden New Lanark Mills nicht verschont. Als eine der letzten Baumwollspinnereien Großbritanniens musste man 1968 den Geschäftsbetrieb aufgeben. Es folgte eine Zeit des Verfalls, ehe der Denkmalschutz sich der Sache annahm und das historisch und kulturell wertvolle Gelände restauriert wurde. Es entstanden u. a. ein Besucherzentrum, ein gehobenes Hotel, weitere Ferienunterkünfte und ein Café. Außerdem leben auch noch rund 130 Menschen in den mittlerweile modernisierten Wohnungen der Siedlung.

Ein Argument dort heute noch zu wohnen, sind sicher die Naherholungsmöglichkeiten. Schon in Sichtweite der Wohnhäuser bietet der Clyde einen ersten kleinen Wasserfall namens Dundaff Linn. Nur 800 m flussaufwärts folgt wiederum der Corra Linn mit einer zweistufigen Fallhöhe von insgesamt stolzen 26 m. Dessen majestätisches Antlitz (siehe auch Titelbild) beeindruckt garantiert jeden Besucher und hat nebenbei mehrere Dichter und Maler zu neuen Werken inspiriert. Er gilt gemeinhin als der schönste Wasserfall Schottlands.

Etwa 1.100 m nach dem Corra Linn folgt der etwas kleinere (10 m Fallhöhe), aber ebenfalls sehr fotogene Bonnington Linn. Dieser markiert zugleich den Wendepunkt auf der empfohlenen Wanderroute. Aber man kann auch wie ich heute auf dem Bonington Linn Weir das Ufer wechseln und eine große Runde drehen. Weil die nächste Brücke erst wieder 5 km flussaufwärts kommt, sollen das allerdings nicht ganz so viele Wanderer machen und ich befürchtete weniger gepflegte Wege. Aber es ging eigentlich. Bis auf ein paar umgestürzte Bäume konnte man zunächst auch am anderen Ufer ganz gut wandern und bekam nochmal andere Ansichten der Wasserfälle geboten.

Außerdem gab es am anderen Ufer noch die bescheidenen Überreste einer mittelalterlichen Burg namens Corra Castle zu sehen, ehe auf ich auf meinem Wanderkilometer 7,9 nochmals an New Lanark vorbeikam. Die erhoffte neue Fotoperspektive blieb allerdings aufgrund der üppigen Vegetation aus. Schlimmer war jedoch, dass mich die nächsten gut zwei Kilometer nur Matsch erwartete und teilweise wieder über große gefallene Bäume geklettert werden musste. Einmal landete ich dabei leider mit dem Hosenboden auf diesem weichen, aber blöderweise auch sehr löslichen Untergrund.

So sah ich natürlich besonders ansprechend aus, als ich in Lanarks Vorort Kirkfieldbank wieder unter Menschen kam. Dort musste ich ein zweites Mal den Fluss queren und dann ging es auf einem historischen Pfad namens Jookers Johnnie hinauf in die Altstadt. Der diente den Menschen im Mittelalter als direkte Verbindung zum Fluss, sowie zu einer Trinkwasserquelle namens St Patrick’s Well und fiel den Flurbereinigungen der Neuzeit offenbar nicht zum Opfer.

Am Ende von Jookers Johnnie erwartete mich wieder der historische Stadtkern, dessen Durchstreifen ebenfalls lohnenswert war. Immerhin erhielt Lanark bereits im 12. Jahrhundert von der schottischen Krone den Status einer Royal Burgh verliehen. Dieser bedeutete besonderen königlichen Schutz und Handelsprivilegien. Die mittelalterliche Stadtanlage ist durch viele von der High Street abzweigenden Closes (Gassen) noch gut nachvollziehbar und ferner wird an mehreren Stellen an ein besonderes Ereignis im Jahre 1297 erinnert. Denn in den just begonnenen schottischen Unabhängigkeitskriegen (1296 – 1357) tötete ein gewisser William Wallace bei einem Aufstand den englischen Sheriff von Lanark. Anschließend folgte eine militärische Karriere, die einem größeren neuzeitlichen Publikum durch den der Dramaturgie zuliebe nur bedingt historisch authentischen Spielfilm Braveheart (1995) bekannt wurde.

Um 18:20 Uhr war ich schließlich wieder zurück an meinem Ausgangspunkt und bilanzierte eine 13,1 Kilometer lange Wanderung mit 260 Höhenmetern. Einziger Wermutstropfen an der wirklich schönen Tour: Weil ich New Lanark länger als gedacht besichtigt hatte, war ich ein bisschen langsamer als ursprünglich kalkuliert gewesen und nun blieb mir vor dem Fußballspiel keine Zeit mehr für ein kleines Abendessen. Andererseits hätte ich mich in meinem verdreckten Zustand eh nirgendwo mehr guten Gewissens reinsetzen können.

Von daher auch egal, dass es sofort weiter zum 1.312 m vom Bahnhof entfernten Moor Park gehen musste, wo um 19 Uhr das Halbfinale des diesjährigen Clydesdale Cup angepfiffen wurde und es immerhin Scotch Pie für hungringe Stadiongänger gab. Nachdem ich am Eingangstor £ 8 (ca. 9,25 €) Eintritt entrichtet hatte, kaufte ich gerne noch eine dieser Fleischpasteten für £ 3 (ca. 3,50 €). Um wirklich satt zu werden, konnte ich außerdem auf übrig gebliebenen Wanderproviant (u. a. Studentenfutter) zurückgreifen.

Dann war vor 172 Zuschauern Fußball angesagt und Lanark United und die Forth Wanderers lieferten sich vielleicht kein hochklassiges, aber immerhin ein spannendes und intensives Spiel. Der jährlich im Sommer von den vier Fußballclubs aus Lanark und den Nachbargemeinden ausgespielte Clydesdale Cup ist eben ein typischer Lokalwettbewerb, wo man seinen „verhassten“ Nachbarn natürlich ungern triumphieren sehen will.

Das heutige Halbfinale fand obendrein auf einer ziemlichen charmanten Anlage statt, die bereits seit 1920 bespielt wird. Alte Stehtraversen auf allen vier Seiten und daran anschließende Graswälle dürften theoretisch Platz für eine mittlere vierstellige Zuschauerzahl bieten und der aus dem Jahr 1947 stammende historische Zuschauerrekord wird gar mit 10.000 angegeben. Außerdem existiert auf einer der Geraden eine kleine Stehhalle, falls das Wetter mal Kapriolen macht. Eine zweite, noch etwas größere überdachte Stehtribüne soll laut den Locals wiederum vor wenigen Jahren nach Sturmschäden abgerissen worden sein.

Das Duell zweier Ligarivalen aus der Second Division der West of Scotland Football League (Level 8) dominierte zunächst der Hausherr und ging in der 32. Minute in Führung. Allerdings konnten die Gäste aus dem 13 km entfernten Örtchen Forth (ca. 3.500 Seelen) in der 72. Minute ausgleichen und in einer spannenden Schlussphase gelang spät der umjubelte Siegtreffer (88.). Somit empfangen sie am kommenden Montag auf ihrer Anlage den Gewinner des morgigen zweiten Halbfinals zwischen den Carluke Rovers und den Lesmahagow Juniors.

Nach Spielende marschierte ich wieder schnurstracks zum Bahnhof zurück, wo um 21:18 Uhr der nächstbeste Zug nach Glasgow fuhr. Dort kam ich 49 Minuten später an und nachdem Klamotten und Körper noch rasch vom Dreck befreit wurden, ging es beseelt von einem weiteren wunderbaren Reisetag zu Bette.
- 15.07.2025
- St Johnstone FC – Dundee United FC 1:1
- Friendly
- McDiarmid Park (Att: 3.135)
Am Dienstag schien sich das Wetter gegenüber Montag genau umgekehrt zu verhalten. Morgens gab es herrlichen Sonnenschein, während es ab mittags in Glasgow heftig regnen sollte. Zwar ging es nach dem Frühstück um 10:41 Uhr für £ 20.80 (ca. 24 €) return per InterCity ins 96 km entfernte Perth, allerdings gab es für den eine Stunde später erreichten Zielort ähnlich trübe Aussichten.

Doch immerhin prognostizierte das Regenradar die ganz großen Niederschläge erst ab 14 Uhr, so dass ich die Zeit bis dahin für kleine Wanderung rund um Perth nutzen wollte. Dazu musste ich nach einem ersten Kilometer quer durch die Innenstadt den Fluss Tay überqueren. Am anderen Ufer erwartete mich der Stadtteil Bankhill, dessen Name bereits etwas über seine Topographie verriet. Ergo ging es ab hier bergauf und bald wichen die Häuser Wiesen und Wäldern.

Über 200 m Höhenmeter waren nun auf den nächsten zwei Kilometern zu überwinden, um die Aussicht vom Kinnoull Hill (222 m ü. NN) genießen zu können. Die war selbst an einem bewölkten Tag sehr schön. Unten im Tal schlängelt sich der Tay seiner ca. 40 km entfernten Mündung in die Nordsee entgegen, während am Horizont die Hügelketten der Lowlands für ein schönes Panorama sorgen.

Auf der anderen Seite des Gipfels kann hingegen ganz gut Perth überblicken. Dass die Wolken über Stadt noch dunkler geworden waren, ließ mich endgültig nicht mehr an der Prognose der Meteorologen zweifeln. Aber vielleicht würde ich die Wanderung wenigstens noch trockenen Fußes beenden können und in der Stadt gäbe es natürlich diverse Zufluchtsmöglichkeiten.

Ich wanderte nun direkt an den Klippen des Kinnoull Hill weiter zum Kinnoull Tower. Sah für mich erst wie eine mittelalterliche Burgruine auf einem Felsvorsprung aus, entpuppte sich jedoch als Aussichtsturm aus dem 18. Jahrhundert. Thomas Hay (* 1710; † 1787), seines Zeichens Earl of Kinnoull, war auf einer Europareise von den Burgen und Burgruinen am Rhein fasziniert und sah direkt vor seiner Haustür am Kinnoull Hill nicht ganz abtreitbare Ähnlichkeiten mit dem Mittelrheintal. So schuf er mit dem Kinnoull Tower sein kleines rheinischen Refugium.

Kurz hinter der Ruine machte der Klippenweg so langsam wieder einen Bogen gen Perth. Die ersten Häuser am östlichen Ende der 47.000-Einwohner-Stadt erreichte ich auf meinem Wanderkilometer 5,2. Mittlerweile war es 13:30 Uhr und erste Regentropfen perlten von meiner wetterfesten Kleidung ab. Nichtsdestotrotz konnte ich 45 Minuten später am Ende eines insgesamt 8,6 km langen Rundwegs noch halbwegs entspannt durch die Altstadt spazieren.

Da Perth wie das am Vortag besuchte Lanark im 12. Jahrhundert zur Royal Burgh erhoben wurde, kann man auch hier interessante Spuren aus rund 900 Jahren Stadtgeschichte entdecken. Zumal Perth – das im Mittelalter übrigens St John’s Toun hieß – unter allen mittelalterlichen schottischen Städten nochmal eine besonders hervorgehobene Position hatte. Denn weil vor den Toren der Stadt auf dem Stone of Scone die mittelalterlichen schottischen Könige gekrönt wurden, hatte es gewissermaßen den Status einer Königs- und Hauptstadt.

Den Stone of Scone raubten die Engländer übrigens 1296 bei ihrem Eroberungszug und krönten fortan ihre Könige und Königinnen in der Westminster Abbey auf diesem dafür eigens in ihren Thron eingearbeiten Stein. Das sollte nach der Unterwerfung Schottlands nochmals die Legitimät der englischen Herrschaft über das Nachbarkönigreich untermauern. Seit 2024 ist der Krönungsstein jedoch zurück in Perth und wird im hiesigen Stadtmuseum ausgestellt.

Das Museum stand heute auch auf meiner Liste. Aber als der Regen ab 15 Uhr so richtig peitschte, stand ich gerade vor einer sehr einladend wirkenden Teestube namens Effie’s of Perth. In einem fast schon zu kitschigen Ambiente mit unzähligen uralten Fotos und lauter Ephemera an den Wänden, ließ ich mir für £ 16.95 (ca. 19,60 €) Schinkensandwiches, einen Scone mit Clotted Cream, ein Stück Karottenkuchen und eine Kanne Darjeeling servieren. Alles auf schönstem Porzellan und alles sehr wohlschmeckend.

Nach der britischen Teezeremonie war 16 Uhr bereits durch und leider sollte das Museum in nicht einmal einer Stunde schließen. Daher strich ich den Stone of Scone endgültig von meiner heutigen Agenda und suchte die nächste Zuflucht im örtlichen Wetherspoon’s. Hier trank das Publikum lieber literweise Bier als Tee, aber auch in so einem Ambiente verbringe ich bekanntlich gerne meine Zeit. Ich studiere schließlich bereitwillig jedes Milieu, dass sich mir bietet.

Nach je £ 1.99 (ca. 2,30 €) teuren Pints John Smith’s Extra Smooth und Tennant’s Lager, konnte ich so langsam über den Aufbruch zum heutigen Fußballspiel nachdenken. Doch weil es am frühen Abend immer noch ordentlich schüttete, hatte mein Bewegungsdrang ausnahmsweise mal das Nachsehen. Es ging stattdessen kurz nach 18 Uhr für £ 4.50 (ca. 5,20 €) per Returnticket im Bus zum rund vier Kilometer entfernten Stadion.

Da am Ziel tatsächlich nochmal mal kurz die Sonne durch die Wolken brach und der Anpfiff eine Stunde in der Zukunft lag, wagte ich fix einen kleinen Spaziergang zum nahen Huntingtower Castle (eine relative intakte Burganlage aus dem 15. Jahrhundert). Nach dem Abstecher ging es für £ 10 (ca. 11,50 €) durch’s Drehkreuz des 1989 eröffneten und 10.673 Zuschauer fassenden McDiarmid Park. In der Heimstätte des nach dem mittelalterlichen Stadtnamen von Perth benannten St Johnstone FC schien wiederum freie Platzwahl auf der Haupttribüne zu herrschen, so dass ich es mir in einem gepolsterten VIP-Sitz bequem machte.

Eigentlich sollte bei diesem kurzfristig für heute Abend um 19:30 Uhr anberaumtem Freundschaftsspiel auch lediglich jene Haupttribüne geöffnet sein. Aber weil aus dem gerade einmal 35 km entfernten Dundee doch ein größerer Anhang als erwartet angereist war, wurde ein Teil von ihnen noch im etatmäßigen Away End untergebracht. Der Großteil der Fans des Dundee United FC saß allerdings zusammen mit den Heimfans und dem mutmaßlich einzigen Hopper auf der Haupttribüne. Ein Indiz dafür, dass das so genannte Tayside Derby zwischen den beiden Clubs nicht zu den 100 brisantesten Fußballansetzungen auf diesem Kontinent gehört.

Nach dieser Erkenntnis beschäftigte ich mich nochmal kurz mit der Historie beider Vereine. Dabei stellte sich mir u. a. die Frage, warum der 1884 gegründete St Johnstone FC in einem wesentlich jüngeren Stadion kickt. Die Antwort sorgte bei mir für eine Art Déjà-vu. Denn wie in Airdrie und Hamilton musste auch in Perth ein altehrwürdiges Stadion* einem Retail Park weichen. Das schien in Schottland echt ein landesweiter Trend in den 1980er und 1990er Jahren gewesen zu sein. Zumindest in so mittelgroßen Städten mit so mittelmäßig erfolgreichen Fußballlclubs.

Aber in der jüngeren Vergangenheit konnte der St Johnstone FC die traditionelle Mittelmäßigkeit mehrmals überwinden. So gewannen die Saints pünktlich zum 130. Vereinsgeburtstag im Jahre 2014 erstmals den schottischen Pokal. Vor 47.345 Zuschauern schlug man in Glasgow ausgerechnet den heutigen Gegner Dundee United FC mit 2:0. Außerdem stand man im Jahr 2021 erneut im Endspiel dieses prestigeträchtigten Wettbewerbs und bezwang diesmal den Hibernian FC mit 1:0. Allerdings unter Auschluss der Öffentlichkeit, weil damals bekanntlich eine Pandemie die Welt fest im Griff hatte. Dass 2021 obendrein zum bisher einzigen Mal der League Cup gewonnen wurde, soll ebenfalls nicht unter Tisch fallen.

Mittlerweile sieht’s es sportlich aber nicht mehr ganz so rosig aus. Man ist diesen Sommer aus der Premiership abgestiegen und somit vorerst nur zweitklassig unterwegs. Der 1909 gegründete und in der irisch-katholischen Community von Dundee verwurzelte Gastverein hat die Vorsaison hingegen als Vierter der Premiership abgeschlossen. Daher war das heute für Dundee United ein letzter Härtetest, bevor man kommende Woche gegen UNA Strassen aus Luxemburg in die Qualifikation zur UEFA Conference League einsteigt.

Die mutmaßliche A-Elf des einfachen schottischen Meisters (1983) und vierfachen Pokalsiegers (1925, 1929, 2020 & 2024) gab dem Trainerteam und den Fans zunächst keinen Anlass zur Sorge für die kommenden europäischen Aufgaben. Bert Esselink erzielte das 1:0 in der 18. Minute und anschließend gab es ein paar weitere gute, aber ungenutzte Gelegenheiten für eine höhere Pausenführung. Ab dem Seitenwechsel sah die Partie allerdings ausgeglichener aus und nachdem Dundee United in der 66. Minute die komplette Mannschaft getauscht hatte, bestimmte St Johnstone plötzlich das Spielgeschehen. Der Ausgleich lag in der Luft und fiel letztlich in der 86. Minute durch Makenzie Kirk.

Doch ich sollte davon nur in den Medien erfahren, da ich bereits in der 75. Minute den Abflug machen musste. Denn ich hatte in der Halbzeitpause geguckt, wann nach Abpfiff der nächste Bus in die Innenstadt fährt. Das Ergebnis dieser Recherche war 8:31 Uhr. Heute sollte der letzte Bus aus diesem Teil der Stadt dagegen bereits 21:10 Uhr fahren. Was hat die Autolobby dem St Johnstone FC wohl dafür gezahlt, dass erst 19:30 Uhr und nicht bereits eine halbe Stunde früher angepfiffen wurde?

Immerhin kommt man abends per Bahn noch ganz gut von Perth nach Glasgow. Ich bekam nun sogar einen früheren Zug als gedacht und lag ziemlich genau um 23 Uhr einmal mehr zufrieden im Hotelbett. Trotz Schmuddelwetter und unvollendetem Spielbesuch.
*Der St Johnstone FC kickte zunächst vier Jahrzehnte in den so genannten Recreation Grounds. 1924 zogen die Saints jedoch pünktlich zum 40. Vereinsgeburtstag in den eigens neu gebauten Muirton Park. Das Stadion erfüllte Ende der 1980er Jahre allerdings nicht mehr die Auflagen für den schottischen Profifußball und für eine Sanierung fehlten die Mittel. Da kam das Kaufangebot einer Einzelhandelskette genau zur richtigen Zeit. Im Rahmen dieses Deals finanzierte der Käufer den Neubau eines zeitgemäßen All-Seaters an anderer Stelle vor und als jener McDiarmid Park 1989 bezugsbereit war, wurde der Muirton Park abgerissen und von einem großen Einkaufszentrum beerbt.