Bratislava (Pressburg) 06/2025

  • 14.06.2025
  • Real Federación Española de Fútbol – Federația Română de Fotbal 2:1
  • UEFA Under 21 Championship (Group Stage)
  • Národný futbalový štadión (Att: 10.023)

So’n Typ namens Milano Pete überzeugte mich im Frühjahr, dass ich ihn doch zur U21-EM in die Slowakei begleiten könnte. Da das von ihm ausersehene Wochenende beinahe das einzige zwischen meiner Polenreise im Mai und dem Sommerurlaub im Juli war, welches noch nicht für Feiern, Veranstaltungen oder anderweitige Verabredungen geblockt war, zögerte ich nur relativ kurz mit der Zusage. Gebucht wurde anschließend eine pro Kopf 101 € teure Zugreise nach Bratislava (Pressburg). Diese startete am 14. Juni um 5:19 Uhr am hannoverschen Hauptbahnhof, wohin uns zu so früher Stunde freundlicherweise Milanos Freundin Melina chauffierte.

Gemütlicher kann man kaum reisen

Nach Umstiegen in Kassel-Wilhelmshöhe und Würzburg und viel Zeit im Bordrestaurant, erreichten wir um 12:50 Uhr den Wiener Hauptbahnhof. Dort hatten wir nun fast eine Stunde Aufenthalt und dieser wurde für ein Mittagessen bei Leberkas-Pepi genutzt. Für um die 4 € pro Semmel – der Preis richtet sich nach der Fleischeinwaage – gab es für mich die Leberkäsesorten Chili-Käse und Pizza, während mein Begleiter sich an der Variante Spinat-Knoblauch labte.

Endlich wieder Leberkäs-Content

Um 13:45 Uhr startete dann unsere letzte und exakt einstündige Etappe von Wien nach Bratislava per Regionalzug. Unser Zielbahnhof war Petržalka (Engerau) im Süden der von rund 480.000 Menschen bewohnten slowakischen Hauptstadt. Von dort transportierte uns ein Stadtbus (1,20 €) in die ein paar Kilometer entfernte Altstadt. Wir stiegen unweit unseres Apartments am Kollárovo námestie (Kollár-Platz) aus und nutzten die Zeit bis zur vereinbarten Schlüsselübergabe um 16:30 Uhr für die ersten slowakischen Piva des Wochenendes. Sie wurden uns für 2,80 € pro Halbliterkrug im 1. Slovak Pub gezapft.

Die ersten slowakischen Humpen

Man gut, dass es erstmal nur zwei Runden Brauerzeugnisse der hiesigen Kláštorný Pivovar (Klosterbrauerei) auf der Terrasse dieses Lokals wurden. Denn der Bezug des Apartments verlangte noch sportliche Spitzenleistungen von uns, da sich die für zwei Nächte insgesamt 140 € teure Bude im nachträglich ausgebauten Dachgeschoss eines fünfstöckigen Altbaus befand.

Unsere Unterkunft hatte einen richtig guten Fitnessbereich

Nachdem die Zimmeraufteilung geklärt war und die Klimaanlage ihren Funktionstest bestanden hatte, ging es wieder hinunter auf’s Trottoir. Schließlich sollte bereits um 18 Uhr im 2019 eröffneten und bis zu 22.500 Zuschauer fassenden Národný futbalový štadión (Nationalstadion) der Anpfiff des EM-Vorrundenspiels Spanien vs. Rumänien erfolgen.

Pre-Match-Pivo

Das Stadion im Stadtteil Tehelné pole (Ziegelfeld) war rund 2,5 km von unserem Apartment entfernt. Eigentlich eine Spaziergangsdistanz. Aber bei 30° C Lufttemperatur entschieden wir uns doch lieber für die klimatisierte und ebenfalls 1,20 € teure Tram. Mit ihr erreichten wir unser Ziel eine Dreiviertelstunde vor Spielbeginn und gönnten uns vor Ort noch fix eine Runde Dosenbier aus einem nahen Supermarkt (gut gehopftes Franciáš der Brauerei Corgoň), ehe wir unsere 15 € teuren Tickets gegen 17:45 Uhr am Drehkreuz scannten.

Willkommen im slowakischen Nationalstadion

Auf den mit insgesamt 10.023 Zuschauern gefüllten Rängen waren wenige Spanier und viele Rumänen auszumachen. Entsprechend müssen wir beim Thema Tifo auch nur von einem der Fanlager reden. Dafür war dieses umso aktiver. Es gab hinter dem Tor sogar einen „Ultrablock“ unter Federführung der 2003 gegründeten Nationalmannschaftsfangruppe Honor et Patria, der nicht nur durchgehend akustische Stimmung produzierte, sondern auch etwas Pyrotechnik zündete.

Rumänische Rauchsäule

Treibende Kraft bei der Gründung dieser szeneübergreifenden Fangruppe für die rumänische Nationalmannschaft war übrigens seinerzeit der heutige rumänische Spitzenpolitiker George Simion. Die Vernetzung von patriotischen Fußballfans aus dem ganzen Land soll Simion in den Folgejahren sehr hilfreich für seine politischen Ambitionen gewesen sein. Diese mündeten 2019 in der Gründung der ultranationalistischen Partei Alianța pentru Unirea Românilor (Allianz für die Vereinigung der Rumänen) und hätten vor wenigen Wochen mit Simions Einzug in den rumänischen Präsidentenpalast* beinahe ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden.

Die Rumänen waren heute klar in der Überzahl

Das heutige Spiel hatte seinen vorläufigen Höhepunkt wiederum mit dem rumänischen Führungstreffer durch Louis Munteanu. Zwei Tage vor seinem 22. Geburtstag bekam der bei CFR Cluj unter Vertrag stehende Stürmer ein Zuspiel in Strafraumnähe und knallte die Kugel aus vollem Lauf in den rund 20 m entfernten Torwinkel. Ein echtes Traumtor von Munteanu bescherte Rumänien somit einen Traumstart.

Freude über die frühe Führung

Selbstbewusst behielt die rumänische U21-Auswahl anschließend den Hut auf und stellte Spaniens Defensive in den nächsten Minuten vor weitere Herausforderungen. Erst ein fragwürdiger Strafstoß in der 25. Minute schenkte den Iberern eine günstige Gelegenheit zurück ins Spiel zu finden. Doch sehr zur Freude der rumänischen Schlachtenbummler schoss Mateo Joseph (Leeds United) das Leder knapp neben das Gehäuse.

Mateo Joseph zielt daneben

Der bereits im Auftaktspiel nicht gänzlich überzeugende Turnierfavorit (3:2 Sieg gegen den Gastgeber Slowakei) schien auch heute nichts geschenkt zu bekommen. Aber da ging es Milano Pete und mir auch nicht viel besser. Denn ich staunte nicht schlecht, als meine Kreditkarte für die erste Runde Stadionbier mit 16 € belastet wurde. Okay, ich wurde schnell aufgeklärt, dass pro Plastikbecher stolze 3 € Pfand aufgerufen wurden. Aber 5 € für 0,5 l Šariš pivo waren natürlich auch alles andere als geschenkt. Na ja, immerhin Vollbier und was Nationales aus dem Zapfhahn.

Viel Gelb auf der Gegengerade

Nachdem Rumänien die Führung relativ ungefährdet bis zur Halbzeitpause verteidigen konnte, sahen wir nach dem Seitenwechsel eine forscher auftretende spanische Mannschaft. Es hatte Wechsel und taktische Umstellungen gegeben, die sich auf dem Feld deutlich bemerkbar machten. Nichtsdestotrotz blieb es für den U21-Rekord-Europameister (fünf Titel) schwierig durch die dicht gestaffelten Abwehrreihen der Rumänen durchzubrechen.

Blick auf die Haupttribüne

Erst in der Schlussphase überschlugen sich nochmal die Ereignisse. Da war zunächst ein Platzverweis für Rumäniens Vladislav Blănuţă (84.) und kaum in Überzahl, gelang den Spaniern durch den eingewechselten Mikel Jauregizar endlich der Ausgleich (85.). Danach wollten die Schützlinge von Trainer Santi Denia natürlich mehr und legten auch tatsächlich noch den Siegtreffer nach. Der ebenfalls eingewechselte Roberto Fernández avancierte in der 89. Minute zum Matchwinner. La Rojita geht damit als ungeschlagener Tabellenführer in den dritten und letzten Spieltag der Vorrunde, während Rumänien sich wie bei der Auftaktniederlage gegen Italien (0:1) teuer verkaufte, aber nun dennoch ohne Punkt am Tabellenende steht.

Der Spanier feiern den Ausgleich

Nach Anpfiff nahmen wir die erstbeste Tram zurück ins Zentrum und suchten für’s Abendessen die Terrasse des Bier- und Speiselokals Bratislavská Kozlovna auf. Nachdem am ersten Kozel aus dem Biertank genippt war (0,5 l für 2,40 €), hatten wir jeder etwas Vielversprechendes in der Speisekarte gefunden. Milano bestellte eine Schweinshaxe in Schwarzbiersauce, die von Brot, Meerrettich und Gewürzgurken begleitet wurde (16,90 €). Ich hingegen wählte die Kozlov švih (Ziegenschaukel), wohinter sich Schweinefiletstücke in einer pikanten Sauce mit Paprika und Chili verbargen, deren Beilage wiederum Kartoffelpuffer waren (13,90 €).

Mein Abendessen

Auf das Essen folgte noch eine weitere Runde Kozel, doch dann entscheiden wir uns für einen Tapetenwechsel. Unser Kumpel Fat Lo hatte uns nämlich den KGB Pub in der Obchodná (Schöndorfergasse) wärmstens an Herz gelegt. Grund seiner Empfehlung war die ganze kommunistische Memorabilia an den Wänden und Decken dieser Kellerkneipe. Allerdings war unser Besuch auch in Sachen Klima- und Lüftungstechnik eine echte Zeitreise. Daher hielten wir es zwischen Lenin und Stalin nur eine Bierlänge aus (Staropramen, 0,5 l für 3 €).

Der KGB Pub

Erholung fanden wir anschließend auf der Terrasse der nahen Bar Kollarko. Dort gönnten wir uns eine Rutsche American Pale Ale der Brauerei Lucky Bastard (0,5 l für 3,30 €), ehe zumindest die älteren 50 % der Reisegruppe nach 20 Stunden mit geöffneten Augen so langsam auf eine Rückkehr ins Apartment drängten.

Das letzte Bier des ersten Reisetages

Nach ausreichender Nachtruhe startete am nächsten Morgen um 9 Uhr ein kleiner touristischer Rundgang. Der führte uns zunächst vom Apartment zur Farský kostol sv. Alžbety (Pfarrkirche St. Elisabeth). Jene der mutmaßlich 1207 im heutigen Bratislava geborenen Heiligen Elisabeth von Ungarn geweihte Kirche wurde zwischen 1909 und 1913 nach den Plänen des ungarischen Architekten Ödön Lechner erbaut. Sie sticht gegenüber den anderen Sakralbauwerken der Stadt nicht nur durch ihre blaue Farbgebung, sondern auch durch eine verspielte Formensprache heraus. Daher ist sie wunderbares Beispiel für die ungarische Variante des Jugendstils (ungarischer Sezessionsstil).

Die Farský kostol sv. Alžbety darf bei keinem Bratislava-Rundgang fehlen

Anschließend ging es ein wenig durch die Altstadt und dem Erstbesucher Milano Pete gefiel sofort die architektonische Mischung. Mittelalterliche Gassen, gotische Kirchen, barocke Palais und stattliche Stadthäuser im Jugendstil teilen sich den historischen Kern und offenbaren in ihrer Gestaltung teils österreichische und teils ungarische Einflusse. Dazu versprühen diverse markante Bauwerke aus der sozialistischen Ära des 20. Jahrhunderts auch einen gewissen Charme und sorgen für eine kontrastreiche Architekturlandschaft.

Unterwegs in den Gassen der Altstadt

Das heterogene Stadtbild ist zugleich Zeugnis einer bewegten Geschichte. Hier an der Donau stießen in der Antike bereits die keltische und römische Welt aufeinander und im Frühmittelalter kamen im Zuge der Völkerwanderung schließlich slawische Stämme in diese Region. Zusammen mit der tschechischen Region Mähren war die heutige Slowakei dann ab dem späten 8. Jahrhundert das Kerngebiet des slawischen Mährerreichs.

Das 1370 erstmals urkundlich erwähnte historische Rathaus

Dieses Reich geriet im frühen 10. Jahrhunderts unter ungarischen Einfluss. In der Folgezeit entwickelte sich die Siedlung am Fuße der über der Donau thronenden und bereits von den Mährern errichteten Pressburg zu einer mittelalterlichen Stadt, in der sich auf Werben der ungarischen Krone auch viele deutschsprachige Handwerker und Kaufleute niederließen. Die deutschsprachige Volksgruppe stellte daher spätestens ab Mitte des 13. Jahrhunderts und bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein die Bevölkerungsmehrheit und war entsprechend prägend für weite Teile der Stadtgeschichte.

Das Michalská brána (Michaelertor) ist das letzte erhaltene Stadttor von Bratislava

Zwar hatte Pressburg (ungarisch Pozsony) im ungarischen Königreich nur eine Randlage, doch durch die Kriege der Magyaren mit den Osmanen sollte es im 16. Jahrhundert enorm an Bedeutung gewinnen. Denn 1526 verlor Ungarn in der Schlacht bei Mohács nicht nur seinen damaligen König II. Lajos (Ludwig II.), sondern im Anschluss fiel auch ein Großteil des Reichsgebiets an die auf dem Schlachtfeld siegreichen Osmanen. Ungarisch blieb im Wesentlichen nur das Gebiet der heutigen Slowakei (damals Oberungarn genannt) und im Ringen um die vakant gewordene Stephanskrone setzten sich die österreichischen Nachbarn aus dem nahen Wien durch. So ließ sich Erzherzog Ferdinand von Österreich in Preßburg zum neuen ungarischen König krönen und begründete damit Ungarns jahrhundertelange Zugehörigkeit zur Habsburgermonarchie.

Der mittelalterliche Martinsdom

Der zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert erbaute gotische Dóm svätého Martina (Martinsdom) fungierte daher noch bis 1830 als Krönungskirche der fortan ausnahmlos habsburgischen ungarischen Herrscher. Dazu stieg die hiesige Burg zur königlichen Residenz auf. Zwar regierten die Könige und Kaiser aus dem Hause Habsburg ihr Reich größtenteils von Wien aus, doch in Pressburg residierte zumindest immer ein Statthalter der Krone. Im Zuge dieses Bedeutungszuwachses erfuhr die mittelalterliche Burganlage im 16. Jahrhundert zunächst einen Um- und Ausbau im Stile der Renaissance. Für die bis heute größtenteils erhaltene barocke bzw. teilweise Rokokobaugestalt zeichnete sich Mitte des 18. Jahrhunderts wiederum die österreichische Erzherzögin und ungarische Königin Maria Theresia (* 1717; † 1780) verantwortlich.

Die Hauptburg der Bratislavaer Burganlage

Selbstverständlich erklommen wir auf unserem Rundgang den 85 m hohen Burgberg und genossen von dort die Aussicht über Bratislava (siehe Titelbild). Eine Besichtigung der Innenräume passte allerdings nicht in unseren heutigen Tagesplan. Stattdessen hatte ich noch ein paar Bauwerke jüngeren Datums auf der Liste. So steuerten wir nach einer kurzen Kaffeepause am Fuße der Burg u. a. noch das spätbarocke Palais Grassalkovich nördlich des historischen Stadtkerns an, welches ab 1760 für Graf Antal Grassalkovich I. (seines Zeichen Präsident der königlich-ungarischen Hofkammer) erbaut wurde und seit 1996 als Amtssitz des slowakischen Präsidenten fungiert.

Die Friedensfontäne vor dem Präsidentenpalast

Damit sind wir thematisch ja eigentlich schon in der neuesten Neuzeit, in der die Slowakei am 1. Januar 1993 durch die Dismembration der Tschechoslowakei zu einem unabhängigen Staat wurde. Aber die Jahrzehnte zwischen dem Ende des Habsburgerreichs (1918) und dem Gründungsakt der Slovenská republika sind zu prägend für das Stadtbild und die Stadtgeschichte, als dass ich sie gänzlich unter den Tisch fallen lassen will.

Das Hotel Kyjev

Die Kurzversion: Das Habsburgerreich gehört zu den Verlierern des Ersten Weltkriegs und zerfällt in viele neue Staaten. Einer davon ist die Tschechoslowakei, da sich die sprachlich und kulturell sehr nahestehenden Tschechen und Slowaken zunächst für einen gemeinsamen Staat entscheiden. Dessen Hauptstadt wird Praha (Prag) im tschechischen Landesteil, während Pressburg amtlich in Bratislava** umbenannt wird und unter diesem Namen lediglich die Hauptstadt des slowakischen Landesteils ist. Den tschechoslowakischen Staat empfinden jedoch einerseits nicht alle Slowaken als Ideallösung und andererseits leben auch große deutsche und ungarische Minderheiten mit ebenfalls separatistischen Bestrebungen auf dem Staatsgebiet. Das destabilisiert die Tschechoslowakei, woraus ein aggressiver Nachbar am Vorabend des Zweiten Weltkriegs politisches Kapital schlägt.

Die Most Slovenského národného povstania (Brücke des Slowakischen Nationalaufstandes)

Das nationalsozialistische Deutsche Reich kann die Tschechoslowakei im Frühjahr 1939 de facto zur Auflösung zwingen und annektiert weite Teile ihres Staatsgebiets. Die Slowaken bekommen hingegen einen eng an das Deutsche Reich gebundenen eigenen Staat. Diese also nicht so wirklich unabhängige Slowakei nimmt dann an der Seite der Deutschen an den Kriegshandlungen und Verbrechen des Zweiten Weltkriegs teil. Aber wir wissen bekanntlich alle, wie das endet. Nach dem Krieg wird die Tschechoslowakei wiederhergestellt. Umgehend werden alle Deutschen aus dem Land vertrieben und anschließend wird den verbliebenen Tschechen und Slowaken (und Ungarn) von der Sowjetunion die Demokratie und die Marktwirtschaft ausgetrieben. Unter sowjetischem Einfluss entsteht eine realsozialistische Diktatur, der trotz diverser Krisen gute vier Jahrzehnte Lebensdauer beschieden sind.

Die Fontána Družba

Im nach 1945 fast nur noch von ethnischen Slowaken bewohnten Bratislava hinterließ diese Epoche wirklich unübersehbare Spuren. Einerseits wuchs die Stadt gewaltig durch riesige Plattenbausiedlungen (u. a. Petržalka am anderen Donauufer), andererseits wollten die kommunistischen Machthaber auch dem historischen Zentrum eine neue Note verpassen. Ein erstes Großprojekt war in den 1950er Jahren der Gottwaldovo námestie (Gottwaldplatz). Benannt nach Klement Gottwald (* 1896; † 1953), dem damaligen stalinistischen Diktator der Tschechoslowakei. Der Platz, der seit 1989 Námestie slobody (Freiheitsplatz) heißt, ist mit fünf Hektar der mit Abstand größte Platz in Bratislava. Er wird von mehreren mehrgeschossigen Verwaltungsgebäuden wie der 1952 fertiggestellten zentralen Postverwaltung eingerahmt und seine Mitte ziert seit 1980 der Springbrunnen Družba (Freundschaft).

Das Budova Slovenského rozhlasu (Gebäude des Slowakischen Rundfunks)

Ebenfalls einen Abstecher wert waren uns das zwischen 1964 und 1973 erbaute und 65 m hohe Hotel Kyjev nebst angeschlossenem Einkaufszentrum und das zwischen 1967 und 1983 realisierte Budova Slovenského rozhlasu (Gebäude des Slowakischen Rundfunks), welches als auf dem Kopf stehende Pyramide auch eine besonders markante Landmarke darstellt. Und vom Burgberg hatten wir selbstverständlich die 1972 eröffnete und 430 m Most Slovenského národného povstania (Brücke des Slowakischen Nationalaufstands)*** in Augenschein genommen, die mit ihrem „Ufo“ eines der größten Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Unschöner Nebeneffekt dieses Projekts ist allerdings die parallel entstandene vierspurige Stadtautobahn, die an diese Brücke anschließend seit über 50 Jahren die Altstadt mittig durchschneidet.

Suppe in ihrer sättigendsten Darreichungsform

Unser Tourispaziergang endete nach ziemlich genau drei Stunden um 12 Uhr am just für uns öffnenden 1. Slovak Pub. Dort erfrischten uns zunächst Softdrinks wie Wasser (1,90 €) und Kofola (2 €) und dann orderten wir unisono die im Brotlaib servierte Knoblauchkäsesuppe (à 7,50 €). Zum Trinken folgten die nach wie vor 2,80 € teuren halben Liter der Kláštorný Pivovar, während Milano außerdem das Holzfällersteak mit Zwiebeln, Speck, Spiegelei und Kartoffelecken (14,50 €) bestellte und ich mir noch gegrillte Debrecziner mit Senf, Meerrettich und Brot (7,50 €) servieren ließ.

Debrecziner

Nach dem Essen ging es zum Frischmachen und Umziehen nochmal kurz ins Apartment, ehe wir um 16:30 Uhr einen Zug nach Dunajská Streda (Niedermarkt) bestiegen. Aber die dortigen Erlebnisse folgen im nächsten Bericht.

Song of the Tour: Ein Hit von Bratislavas mutmaßlich erfolgreichstem Popsänger

*Im ersten Wahlgang der diesjährigen Präsidentenwahl holte George Simion mit 41 % der Stimmen das mit Abstand beste Ergebnis aller elf angetretenen Kandidaten. Am 18. Mai 2025 ging es daraufhin in die Stichwahl mit dem parteilosen Kandidaten Nicușor Dan. Der politisch im konservativen bis liberalen Spektrum zu verortende Oberbürgerbürgermeister von București (Bukarest), der im ersten Wahlgang zunächst nur auf 21 % der Stimmen kam, vereinigte nun offenbar mehrere politische Lager und gewann so mit 53,6 % zu 46,4 % gegen Simion.

**Der slowakische Stadtname Bratislava ist eine Erfindung der Neuzeit. Denn eigentlich hieß Pressburg auf slowakisch Prešporok. Allerdings war den Slowaken dieser Name phonetisch zu nah an den deutschen und ungarischen Varianten des Stadtnamens. Daher entschied man sich 1919 für einen besonders schön slawisch klingenden neuen Namen, der sich mutmaßlich von einem mährischen Großfürsten aus dem 9. Jahrhundert namens Vratislav ableitet. Dem wird in manchen Annalen die Errichtung der hiesigen Burg zugeschrieben. Aber historisch gesichert ist das nicht.

***Die Benennung der Brücke bezieht sich auf den slowakischen Aufstand im Herbst 1944. Seinerzeit erhoben sich Teile der slowakischen Armee gegen die im Land stationierte deutsche Wehrmacht und das slowakische Kollaborationsregime. Allerdings konnten die Wehrmacht und ihre slowakischen Verbündeten den Aufstand nach 60 Tagen niederschlagen.