Białystok (Bjelostock) 05/2025

  • 04.05.2025
  • Jagiellonia Białystok – Górnik Zabrze 1:1
  • Ekstraklasa (I)
  • Stadion Miejski w Białymstoku (Att: 19.070)

Am Sonntagmorgen genoss ich gegen 8:30 Uhr mein drittes und letztes Frühstück im Ibis Styles Warszawa City (***). Anschließend wurde gepackt und 9:55 Uhr ging es per InterCity ins rund 200 km entfernte Białystok (Bjelostock). Für die Strecke hatte die PKP Intercity S.A. – Polens Pendant zur DB Fernverkehr AG – vor wenigen Wochen übrigens großartige Promopreise offeriert. Gerade einmal 14 Złoty (ca. 3,30 €) knöpfte man mir ab.

Sonntagsfrühstück

Ich erreichte meinen von ca. 290.000 Menschen bewohnten Zielort wie im Fahrplan vorgegeben um 11:48 Uhr und verließ den Bahnhof instinktiv durch das schöne und erst kürzlich renovierte Bahnhofsgebäude aus dem Jahre 1861. Auf dem Vorplatz stellte ich allerdings fest, dass die Architekten des Zaren das Gebäude ungewöhnlicherweise nicht auf der Innenstadtseite der Gleise gebaut hatten. Also wieder zurück in den Tunnel und an dessen anderem Ende erwarteten mich erstmal nur Plattenbauten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Ankunft in Białystok

Doch hinter den Häuserblöcken begann das historische Stadtzentrum, wo sich auch das Hotel Hampton by Hilton Białystok (***) befand. Dort hatte ich mich für 63,60 € eine Nacht (inklusive Frühstück) eingebucht. Ebenfalls hier untergebracht war übrigens die Mannschaft von Górnik Zabrze und einige der Spieler lungerten bei meiner Ankunft gerade in der Lobby rum. Aber ein Zufallstreffen mit Łukasz Józef Podolski war mir leider nicht vergönnt.

Mein Hotel und der Mannschaftsbus von Górnik Zabrze

Nachdem ich mein Gepäck los war, führte mich die Neugier selbstredend zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der 1437 erstmals urkundlich erwähnten Stadt bzw. damals noch Gemarkung. Denn die Stadtrechte bekam Białystok erst 1692 vom polnischen König verliehen. Knapp 30 Jahre zuvor hatte sich das Adelsgeschlecht Branicki dort niedergelassen und dafür gesorgt, dass aus der kleinen Siedlung eine schmucke Residenzstadt wird.

Das Torhaus der barocken Schlossanlage

Das entsprechende Residenzschloss Pałac Branickich stand nun natürlich ganz oben auf meiner Liste. Es wurde zwischen 1691 und 1697 im Stile des Barock errichtet und Architekt war der Niederländer Tylman van Gameren, der nebenbei unter den Königen Michał Korybut Wiśniowiecki (* 1640; † 1673) und Jan III. Sobieski (* 1629; † 1696) auch jahrzehntelang polnisch-litauischer Hofarchitekt war und zahlreiche Schlösser im ganzen Land verantwortet hat.

Das Corps de Logis des Schlosses

Das Schloss bekam schnell den Beinamen Versailles de la Pologne und der zum Großhetman* der polnischen Krone aufgestiegene Jan Kazimierz Branicki (* 1689; † 1771) machte es Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem der strahlendsten Höfe Osteuropas. Zusammen mit seiner Gemahlin Izabella Poniatowska (* 1730; † 1808) – ihres Zeichens Schwester des letzten polnischen Königs Stanisław II. August Poniatowski (* 1732; † 1798) – gegründete Jan Kazimierz ein Theater, ein Orchester und ein Ballett in Białystok. Ferner holte er namhafte Wissenschaftler und Künstler an seinen Hof und begrüßte regelmäßig Gäste des polnischen-litauischen und auch des ausländischen Hochadels.

Skulptur von Atlas in den Arkaden des Schlosses

Wie ich bei meinen 15 Złoty (ca. 3,50 €) teuren Schlossrundgang per Audioguide erfuhr, endete mit dem Untergang Polen-Litauens (1795) auch die Blütezeit des Pałac Branickich. Aus den u. a. im vorigen Bericht erläuterten historischen Umständen (Vgl. Warszawa 05/2025 II) wurde Białystok nun russisch und nach dem Tod der kinderlos gebliebenen Izabella fiel der Besitz der Branickis an den Zaren. Der machte aus dem Pałac Branickich ein Internat für Töchter des russischen Adels, ehe das Schloss im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) zum Lazarett umfunktioniert wurde.

Die Aula Magna im Pałac Branickich

Im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) wurde das Bauwerk leider fast vollständig zerstört, jedoch wurde es im Nachkriegspolen weitgehend rekonstruiert und ist nun bereits seit 1950 Sitz der in jenem Jahr gegründeten Medizinischen Universität Białystok. Ferner hat die Universität mittlerweile auch ein pharmazeutisches Museum im Pałac Branickich eingerichtet. Doch dessen ebenfalls 15 Złoty teure Visite sparte ich aus Zeitgründen aus.

Blick auf den Schlossgarten

Stattdessen spazierte ich nach meiner Besichtigung der Innenräume noch durch den barocken Schlossgarten und widmete mich anschließend dem historischen Stadtzentrum von Białystok. Dessen Mitte ist ein großzügig geschnittener Rynek (Marktplatz) mit einem barocken Rathaus aus dem 18. Jahrhundert. Gesäumt ist der Platz von unzähligen Bars und Restaurants, die alle über massig Außenplätze verfügen. Ich glaube im Sommer ist hier an einem Freitag- oder Samstagabend richtig gut was los, wovon ich mich hoffentlich nochmal bei einem weiteren Stadtbesuch vergewissern kann.

Gastronomie an der Westseite des Rynek

Am östlichen Ende des Rynek schließt sich außerdem die imposante neogotische Kathedrale des Erzbistums Białystok an. Jene Bazylika archikatedralna Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny (Erzkathedrale Basilika der Himmelfahrt der Heiligen Jungfrau Maria) wurde zwischen 1900 und 1905 errichtet und ist direkt an den kleinen Vorgänger aus der Renaissance (17. Jahrhundert) gebaut worden.

Das barocke Rathaus

Doch nicht nur die Katholiken haben sehenswerte Kirchen in Białystok. Durch die Nähe zu Belarus gibt es seit jeher auch eine große orthodoxe Gemeinde in der Stadt. Rund 10 % der Bevölkerung sollen orthodox sein und haben u. a. die repräsentative Sobór św. Mikołaja Cudotwórcy (St.-Nikolai-Kathedrale) aus dem Jahre 1846 als Gotteshaus im Stadtzentrum. Ferner gibt es in Podlachien schon seit Jahrhunderten eine tartarische (muslimische) Minderheit**, deren Vertreter in der Hauptstadt Białystok über eine Moschee und ein Kulturzentrum verfügen.

Die katholische Kathedrale der Stadt

Von den ehemals über 60 Synagogen der Stadt ist hingegen keine mehr übrig. Die Shoah der deutschen Okkupanten hat während des Zweiten Weltkriegs die einst riesige jüdische Gemeinde nahezu komplett ausgelöscht. Davor waren weit über 50 % der Einwohner Białystoks dieses Glaubens und der berühmteste jüdische Sohn der Stadt mag wohl Ludwik Lejzer Zamenhof (* 1859; † 1917) gewesen sein, der im späten 19. Jahrhundert die Plansprache Esperanto erschuf.

Die orthodoxe Kathedrale

Aufgewachsen als Sohn eines Lehrers, der Deutsch und Französisch unterrichtete, in einer Stadt, in der die Bewohner u. a. Jiddisch, Russisch, Belarussisch, Polnisch oder Deutsch*** als Muttersprache hatten, entwickelte Zamenhof schon früh ein großes Interesse für Sprachen. Auf dem Gymnasium kam er außerdem mit Latein, Altgriechisch und auch Englisch in Berührung. Zugleich führte er die ethnischen Konflikte in seiner Heimat auf die unterschiedlichen Sprachen zurück und glaubte zumindest als Kind, dass sich alle Menschen im doppelten Wortsinn gut verstehen würden, wenn sie doch einfach die selbe Sprache sprechen würden.

Büste von Ludwik Lejzer Zamenhof in der Innenstadt von Białystok

Die neue Weltsprache, von der er träumte, sollte eine sehr einfache Grammatik haben und der Wortschatz sollte ebenfalls möglichst leicht zu erlernen sein. Daher inspirierte Zamenhof u. a. die regelarme Grammatik der englischen Sprache und beim Wortstamm bediente er sich zuvorderst bei Latein, bzw. den romanischen Sprachen, teilweise jedoch auch bei den germanischen und slawischen Sprachen. Fußball heisst auf Esperanto übrigens Futbalo und „Ich gehe heute ins Fußballstadion“ übersetzte mir eine bekannte KI mit Mi iras al futbala stadiono hodiaŭ.

Eines der Fußballwandbilder in Białystok

Die knapp vier Kilometer von der Innenstadt zum hiesigen futbala stadiono absolvierte ich heute mit dem Taxidienstleister Bolt. Beim in der App aufgerufen Preis von 13,69 Złoty (ca. 3,20 €) wäre zu Fuß gehen oder sich in den Stadtbus quetschen auch Irrsinn gewesen. Stattdessen kam ich nun schnell und bequem am 1972 eröffneten und zwischen 2010 und 2014 komplett modernisierten städtischen Stadion an, wo heute um 17:30 Uhr angepfiffen werden sollte.

Dieses Denkmal am Stadion erinnert an die Vereinsgründung im Jahre 1920****

Dort holte ich mir etwa 45 Minuten vor Spielbeginn meine Akkreditierung ab und auf den Presseplätzen realisierte ich sogleich, dass zumindest heimseitig nur wenige der insgesamt 22.386 Zuschauerplätze frei bleiben würden. Insgesamt 19.070 Besucher hatten heute die Drehkreuze passiert, wovon laut Presseinfo lediglich 565 der Gastmannschaft zugeordnet wurden. Jene Gästefans aus dem ziemlich genau 500 km entfernten Zabrze teilten im Nachgang wiederum mit, dass sie in Białystok freundschaftliche Unterstützung von 13 x GKS Katowice und 12 x Wisłoka Dębica hatten.

Die Gästefans aus Zabrze

Für einen Sonntag und die Distanz war das im Gästesektor eine passable Anzahl an Schlachtenbummlern. Zuvorderst interessierte mich allerdings die Heimkurve, die schon länger als eine der besten im ganz Land gilt und durch die sportlichen Erfolge der jüngeren Vergangenheit weiterhin regen Zulauf hat. Denn nachdem mit dem zweiten Abstieg aus der Ekstraklasa im Jahre 1993 erstmal sehr magere Zeiten begannen, hat man seit der Rückkehr ins Oberhaus (2008) große Erfolge feiern dürfen.

Gut gefüllte Gegengerade mitsamt politischer Botschaft*****

2010 gewann man mit dem polnischen Fußballpokal den ersten nationalen Titel der bis dahin 90 Jahre alten Vereinsgeschichte. Nach bereits zwei Vizemeisterschaften in den Saisons 2016/17 und 2017/18 gelang im Vorjahr außerdem der große Coup in der Ekstraklasa. Als polnischer Meister startete man im Sommer 2024 somit auch erstmals in der Qualifikation zur UEFA Champions League. Am Ende wurde man zwar doch in die UEFA Conference League durchgereicht, aber dort reüssierte Jaga sehr achtbar. Man überstand die Ligaphase, schaltete in K.O.-Spielen noch TSC Bačka Topola und Cercle Brugge aus, ehe sich Real Betis aus Sevilla vor wenigen Wochen im Viertelfinale als eine Nummer zu groß entpuppte.

Der Gästeblock zeigte heute viel Haut

Diese tolle Europareise hat bei Spielern und Fans sicher Lust auf mehr gemacht. Allerdings ist die neuerliche Teilnahme im internationalen Geschäft noch nicht in trockenen Tüchern. Man muss seinen aktuellen 3. Platz bis Saisonende verteidigen und darf demgemäß nur noch wenig bis keine Punkte liegen lassen. Ein heutiger Heimsieg gegen den gegenwärtigen Neunten aus Zabrze war also wichtig und das Publikum wollte seinen Teil zum Erfolg beitragen.

Torfreude nach dem 1:0

Akustisch gab man von Beginn an Gas und die Mannschaft startete ebenfalls druckvoll in die Partie. Nach bereits zwei Lattentreffern in den ersten zehn Spielminuten sollte schließlich das gerade einmal 16 Jahre alte Offensivtalent Oskar Pietuszewski für eine verdiente Führung der Hausherren sorgen (20.). Auf den Jubel folgte Mitte der 1. Halbzeit eine mehrteilige Choreographie in der Heimkurve, bei der zu Beginn ein Kind und ein alter Mann in Fankluft am Stadiondach hochgezogen wurden. Begleitet wurde das mit einem Banner mit der Aufschrift Infinite Passion am Zaun und einer Blockfahne der Gruppe Ultras Jagiellonia Białystok.

Erster Akt der Choreo

Unter der Blockfahne kamen alsbald etliche Vermummte in Maleranzügen hervor. Doch bevor die ihren Einsatz hatten, entstand zunächst noch ein Kurvenbild aus Papptafeln. Passend zur Aussage am Zaun bildete sich das mathematische Zeichen für Unendlichkeit a. k. a. die liegende Acht. Leider fiel während dieser Phase das 1:1 durch Kryspin Szcześniak (34.). Aber wer unendliche Leidenschaft für seine Farben und seinen Verein propagiert, lässt sich davon natürlich nicht beirren. Es folgte somit zeitnah das zweigeteilte pyrotechnische Finale der Kurvenshow. Los ging es mit Rauchsäulen in den Clubfarben rot und gelb (siehe Titelbild) und anschließend wurde auch noch ordentlich bengalisch gefackelt.

Zweiter Akt der Choreo

Die Jagiellończycy waren pünktlich zur Halbzeit durch mit ihrem heutigen Choreoprogramm und nebenbei erfuhr ich, dass es diese Saison bisher bei allen Heimspielen ähnliche Shows gegeben haben soll. Was choreographische Aktionen angeht ist die hiesige Fanszene wahrscheinlich zur Zeit nach Legia Warszawa die Nr. 2 im Land. Aber nicht nur deshalb herrscht eine große Rivalität zwischen den Fanszenen von Legia und Jagiellonia. Denn bei der geographischen Randlage von Białystok sind Spiele im nur 200 km entfernten Warszawa eben fast schon Lokalderbys. Außerdem grenzen die Einzugsgebiete der beiden Fanszenen aneinander und der Anhang von Jaga muss zu nahezu allen Auswärtsspielen via Warszawa reisen, wo Legia durchaus auch mal auf der Lauer liegt.

Vierter Akt der Choreo

Regional rivalisiert Jagiellonia außerdem noch mit den zwei weiteren halbwegs größeren Fanszenen in Podlachien (Łomżyński Klub Sportowy und Wigry Suwałki), hat seine Woiwodschaft aber ansonsten ziemlich geschlossen hinter sich und teilweise auch in den benachbarten Masuren Fuß fassen können. Insbesondere im Raum Ełk (Lyck), wo man obendrein seit 2019 eine Freundschaft mit der Fanszene von Mazur Ełk unterhält (deren Szene ist mehr oder weniger aus Fans von Jaga entstanden, die auch ihren Heimatclub in Ełk unterstützen wollten).

Freude über den Ausgleich

Im zweiten Durchgang wurde sich dann rein auf’s Akustische beschränkt, aber auch da hinterließ die Kurve von Jagiellonia einen guten Ersteindruck bei mir. Dazu muss ich nochmal das allgemeine Kurvenbild hervorheben. Fast alle tragen das markante rot-gelb-geringelte Heimtrikot oder andere Oberbekleidung in den Clubfarben und auf den anderen Tribünen sieht es optisch ähnlich aus. Einen Schal hat natürlich auch jeder dabei und teilweise konnte die Kurve andere Teile des Publikums gut in den Support einbinden.

Schalparade der Heimkurve

Allerdings sollte auf dem Rasen leider in den zweiten 45 Minuten nicht mehr ganz so viel passieren. Wurden vor dem Seitenwechsel stolze 20 Torschüsse von Jaga statistisch erfasst, kamen nun lediglich vier weitere hinzu. Einer davon landete in der 75. Minute zwar sogar im Netz der Górnicy, aber dem vermeintlichen Treffer vom kurz zuvor eingewechselten Stürmer Edi Semedo war eine Abseitsposition vorausgegangen.

Stattliche Zuschauerzahl

Nach der langen Saison mit Doppelbelastung schien den Pszczółki (Bienen) wirklich etwas die Kraft zu fehlen, während die Gäste aus em tabellarischen Niemandsland auch nicht mehr als nötig taten. Lediglich in der Nachspielzeit hatte der kurz vor Schluss für Podolski eingewechselte Kamil Lukoszek doch noch den Siegtreffer auf den Fuß. Doch bei Górniks einziger Topchance im zweiten Durchgang war Jagiellonias Tormann Abramowicz mit einer Glanzparade zur Stelle und rettete so das Remis.

Poldi bedankt sich bei den mitgereisten Fans

Sieht nun so aus, als wenn es in drei Wochen am letzten Spieltag zu einem echten Endspiel um die Europapokalteilnahme kommen könnte. Denn da gastiert der ärgste Verfolger Pogoń Szczecin in Białystok. Die haben aktuell nur drei Punkte weniger auf dem Konto, aber auch noch ein Nachholspiel in der Hinterhand. Meine polnischen Pressekollegen prognostizierten jedenfalls einen absoluten Hexenkessel bei der entsprechenden Tabellenkonstellation und wäre an dem Wochenende nicht auch der JGA eines sehr guten Freundes, hätte ich glatt über einen kurzfristigen Revisit bei Jaga am 24. Mai nachgedacht.

Die Stadionfassade in der Abendsonne

Nach Abpfiff griff ich aberfalls auf den Dienstleister Bolt zurück, um ähnlich günstig wie vor dem Spiel im PKW chauffiert zu werden. Zurück am Rynek hielt ich natürlich Ausschau nach einer Option für’s Abendessen. Die Wahl fiel letztlich auf das Lokal Zapiecek Podlaskie Jadło. Klang nach podlachischer Lokalküche und die Speisekarte offenbarte, dass der Podlache offenbar gerne mit Kartoffeln arbeitet.

Rosól wiejski

Zunächst umging ich die tolle Knolle zwar noch mit einer Rosól wiejski (Landbrühe mit Fadennudeln, Möhren und Hühnerfleisch). Doch anschließend ließ ich mich von der netten Kellnerin zu diversen kartoffeligen Deftigkeiten bewegen. Sie empfahl mir nämlich ihre zwei Lieblingsgerichte Babka ziemniaczana na chrupiaco z cebulka z sosem grzybowym podawana z surówka (knuspriger Kartoffelkuchen mit Zwiebel-Champignon-Sauce und Salat) und Kartacze na chrupiaco z sosem czosnkowym (gerösteter Kartoffelknödel mit Hack gefüllt nebst Knoblauchsauce).

Babka ziemniaczana

Weil das Frühstück schon so lange her war, orderte ich außerdem noch Kartacze z sosem grzybowym (gekochter Kartoffelknödel mit Hackfüllung und Pilzsauce). Begleitet wurde alles von einer Flasche des Bieres Wilczy szlak, welches die Brauerei Markowy in der kleinen podlachischen Stadt Hajnówka im Stile eines American IPA braut. War alles köstlich und kostete in Summe 118 Złoty (ca. 28 €).

Kartacze z sosem grzybowym

Entsprechend zufrieden verabschiedete ich mich gegen 22 Uhr ins nahe Hotel und war dort nur noch eine Nachtruhe von der nächsten Reiseetappe nach Kielce (Keltz) entfernt. Doch dazu kommen wir im nächsten Bericht.

Song of the Tour: Sozusagen eine musikalische Würdigung von Ludwik Zamenhof

*Der Großhetman der polnischen Krone war während der polnisch-litauischen Personalunion der oberste Feldherr des Königreichs und zugleich Stellvertreter des Königs.

**Die ersten Tataren kamen im 14. Jahrhundert auf Einladung des Großfürsten Vytautas nach Litauen. Im 17. Jahrhundert warb der polnisch-litauische König Jan III. Sobieski außerdem Krimtararen als Söldner für seine Kriege an. Weil er den vereinbarten Sold jedoch nicht bezahlen konnte, entschädigte er die Tartaren mit Land in Podlachien. Die Nachfahren dieser Krimtartaren leben bis heute in Podlachien und in angrenzenden belarussischen Bezirken. Man schätzt ihre Zahl heute auf rund 10.000, wovon der Großteil weiterhin dem Islam angehört.

***In Białystok existierte früher auch eine deutschsprachige Minderheit. Zunächst sorgte eine kurze preußische Episode zwischen 1795 und 1807 für den Zuzug von deutschsprachigen Beamten und aber auch Kaufleuten und Handwerkern. Im 19. Jahrhundert warb der russsiche Zar außerdem gezielt deutschstämmige Fabrikanten an. So gründeten u. a. Ewald Hasbach und Eugeniusz Becker neue Textilfabriken in Białystok und brachten teilweise auch deutschsprachige Belegschaft mit.

****Der Verein wurde am 30. Mai 1920 als Klub Sportowy Batalionu Zapasowego 42 Pułku Piechoty (Sportverein des Reservebataillons des 42. Infanterieregiments) gegründet. Am 27. Januar 1932 kam es dann zur Fusion mit dem Lokalrivalen KS Związek Młodzieży Wiejski und seitdem fimiert man als Jagiellonia Białystok (benannt nach einem mittelalterlichen polnischen Königsgeschlecht).

*****Am 18. Mai ist der erste Wahlgang der polnischen Präsidentenwahl. Wie die Fanszene von Legia zwei Tage zuvor (siehe Warszawa 05/2025 I) gab es auch bei Jagiellonia eine Art Wahlempfehlung von Fans. Kandidatennamen oder Parteien fehlten zwar bei der auf Stoff gesprühten Botschaft „Rodzina, patriotyzm, chrześcijaństwo, tradycja, bezpieczeństwo, suwerenność. 18.05.: Wybierz normalną Polskę!“ (Familie, Patriotismus, Christentum, Tradition, Sicherheit, Souveränität. 18.05.: Wählt ein normales Polen!), aber ich glaube niemand wird es als Wahlempfehlung für Rafał Trzaskowski von der Regierungspartei Platforma Obywatelska (Bürgerplattform) empfunden haben.