- 09.06.2024
- VfL 08 Herzberg – FC Vatan Herzberg 3:0
- 2. Kreisklasse Nord (X)
- Domeyer-Stadion (Att: 220)
In den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 hatte ich an allen Wochenenden tatsächlich immer etwas vermeintlich Besseres zu tun, als meine Stempeljagd im Harz fortzusetzen. Am 9. Juni kam aber endlich eine Wandertour auf meine Agenda, die an jenem Sonntag obendrein mit einem kleinen, aber feinen Fußballspiel verbunden werden konnte.

Bereits um 7:14 Uhr verließ ich Hildesheim und steuerte per Bus und Bahn die Bergstadt Sankt Andreasberg an. Am dortigen Glockenberg (627 m ü. NN) startete ich um 9:20 Uhr eine knapp 20 km lange Wanderung nach Herzberg. Über Bergwiesen ging es als erstes zur ziemlich genau 1.000 m entfernten Roßtrappe. Kann nicht ganz mit dem berühmten Namensvetter bei Thale mithalten und darf sich auch leider nicht mit einem Stempelkasten schmücken, aber nett war der dortige Ausblick durchaus. Als der Harz noch mehr Bäume hatte, war es bestimmt sogar richtig schön hier.

Von der Roßtrappe musste ich dann zum Andreasberger Ortsteil Silberhütte hinuntersteigen (440 m ü. NN). Anstatt den etwas bequemeren Hüttenweg zu nehmen, entschied ich mich für einen unwegsamen Trail mit 15 bis 18 % Gefälle. Nachdem dieser gemeistert war, folgte sogleich ein knackiger Anstieg zum Nesseltalskopf (585 m ü. NN). Anschließend ging es bei moderater Steigung weiter zur Wegkreuzung Goedeckenplatz, wo nach den ersten 5,3 Wanderkilometern des Tages der erste Stempel des Jahres in mein Sammelbuch kam und außerdem bei einer ca. viertelstündigen Verschnaufpause das dortige Oberharzpanorama genossen wurde (siehe Titelbild).

Weitere 5,2 km trennten mich nun vom Gipfel des Großen Knollen (687 m ü. NN), den ich nach fast genau drei Stunden erreichte. Dort erwartete mich neben einem Stempelkasten auch ein 1904 eröffneter Aussichtsturm nebst einer bewirtschafteten Baude. Man hat hier einen tollen Ausblick auf die umliegende Bergwelt des Harzes, sowie ins Eichsfeld und – bei guter Sicht – bis zum Thüringer Wald. Gern genoss ich auch dieses Panorama einen Moment. Doch aufgrund des nahenden Anstoßes des heutigen Fußballspiels, rastete ich abermals nur eine knappe Viertelstunde.

Nach Herzberg existieren mehrere Wanderwege vom Großen Knollen. Ich entschied mich zunächst einmal zum 2,5 km entfernten Grimmberg auf 550 m ü. NN hinabzusteigen und von dort dem Lauf eines Bergbaches talwärts bis zu dessen Einmündung in die Sieber zu folgen. Jenen Fluss erreichte ich auf meinem heutigen Wanderkilometer 16,1 und an seinem Ufer marschierte ich schnellen Schrittes die fehlenden gut drei Kilometer bis zum Herzberger Domeyer-Stadion. Am Stadiontor bilanzierte ich kurz vor 15 Uhr eine 19,4 km lange Wanderung mit 430 „positiven“ und 810 „negativen“ Höhenmetern. Absolviert wurde diese Route in einer reinen Wanderzeit von fünf Stunden und sechs Minuten (exklusive insgesamt ca. 30 Minuten Pause).

Das 1952 eingeweihte Domeyer-Stadion betrat ich dann schließlich 96 Sekunden vor Anpfiff. Punktlandung zum letzten Punktspiel der Saison 2023/24. Es sollte heute im laut mehreren überstimmenden Quellen 5.000 Zuschauer fassenden Stadion zum Herzberger Stadtderby zwischen dem VfL 08 und dem FC Vatan kommen. Der VfL ging als Tabellenführer in dieses Spiel und der FC logierte punktgleich auf dem 2. Platz. Es war also ein richtiges Endspiel um die Staffelmeisterschaft.

Da die gerade mal elf Mannschaften starke Nordstaffel der 2. Kreisklasse Göttingen-Osterode jedoch zwei Aufsteiger stellen darf und beiden Herzberger Vereinen keine Gefahr mehr durch Verfolger droht, standen beide Teams bereits vor Anpfiff als Aufsteiger fest. Das machte das Duell etwas weniger brisant, aber aus Prestigegründen würden die Kontrahenten sicher trotzdem nichts abschenken.

Wichtiger als der Saisonausgang war für mich allerdings erstmal eine erhebliche Kalorienzufuhr. Erfreulicherweise hatten die beiden Vereine sich für ihr Fußballfest auf eine gemeinsame Bewirtung der Besucher geeinigt und entsprechend groß war die Auswahl an Speisen und Getränken. Bratwurst (2,50 €), Pommes frites (2 €), Bier (2 €), Softdrinks (1,50 €) oder auch Aperol Spritz (3,50 €) gab es dabei zu mehr als fairen Preisen. Mich interessierten aber zunächst vor allem ganzen orientalischen Gebäckspezialitäten aus dem Vatan-Lager, die für 1 bis 2 € pro Stück über den Tresen gingen. Am Ende entschied ich mich Poğaça (gefüllt mit Hack) und Gözleme (gefüllt mit Spinat und Schafskäse), die zusammen lediglich 3,50 € kosteten.

Von meinen kulinarischen Köstlichkeiten lenkte mich auf dem Rasen zunächst wenig ab. Doch kurz vor’m Pausenpfiff konnte der nominelle Hausherr die bisherigen Feldvorteile in Zählbares ummünzen. Max Steffahn brachte seinen in den drei letzten Derbys jeweils unterlegenen VfL in der 44. Minute in Führung. Psychologisch günstiger Zeitpunkt lautet die passende Binsenweisheit.

Nach dem Seitenwechsel sollte sich diese küchenpsychologische Fußballfloskel tatsächlich einmal mehr bewahrheiten. Der 1992 gegründete FC Vatan (zu deutsch: Heimat) blieb eine passende Antwort schuldig und stattdessen schnürte Steffahn in der 58. Minute einen Doppelpack. Mit seinem mittlerweile 13. Saisontor war für den Offensivspieler übrigens auch noch die Torjägerkanone zum Greifen nah. Noch treffsicherer war in der Staffel bis dato nur sein Mannschaftskamerad Safet Berisa (14 Tore). Da in der 90. Minute allerdings nicht dem Max, sondern dem Safet der dritte und letzte Treffer des Tages vorbehalten war, musste die Kanone letztlich doch nicht geteilt werden.

Nachdem das auch geklärt war, beendete der Unparteiische die Saison und die doppelte Aufstiegsparty konnte beginnen. Der Derbysieger feierte dabei zunächst etwas lauter und euphorischer, aber irgendwie konnten und sollten sich alle Akteure als Sieger fühlen. In der kommenden Saison bekommt der FC Vatan außerdem eine zeitnahe Chance auf Revanche. Nur eben eine Klasse höher.

Ich ließ Meister und Vizemeister dann trotz Freibier zeitnah allein, um 17:37 Uhr mit der Bahn die Heimreise anzutreten. War ein später, aber gelungener Auftakt meines Harzer Wanderjahres 2024. Ich werde im Juni und Juli wahrscheinlich noch mehrere Wochenenden für Harztouren nutzen, ehe im August mein Sommerurlaub und der Auftakt der Fußballsaison 2024/25 wieder für eine Verschiebung der Prioritäten sorgen werden.