2005/06

Kind ist dann mal kurz weg

Was hätten wir doch gerne UI-Cup gespielt im Sommer 2005. Aber es hat nicht sollen sein. Also auf ein Neues im Spieljahr 2005/06! Mit neuen Gesichtern, die auf dem Papier ganz ordentlich klangen. Mit Thomas Brdarić kehrte ein schlechter Sänger, aber guter Stürmer zurück an die Leine (war 2003/04 immerhin unser Toptorjäger mit 12 Saisontoren). Ebenfalls für viele Tore sollte Hubschrauber Vahid Hashemian sorgen. Gekauft wurde der Iraner vom FC Bayern, weil die ihn dort nicht gebrauchen konnten. Geholt hatten sie ihn allerdings, weil er zuvor in Bochum wie am Fließband traf (vorwiegend mit Köpfchen). Das Sturmproblem aus der abgelaufenen Saison war also bei 96 zumindest erkannt worden und mit Hanno Balitsch – hat immerhin schon mal den Bundesadler auf der Brust gehabt – kam ein weiterer gestandener Bundesligaprofi. Ergänzt wurde das namhafte Trio noch mit den vielversprechenden Talente Michael Delura und Chavdar Yankov, die auf Leihbasis an die Leine gelotst wurden. Alle fünf sollen zusammen ca. 5 Millionen Euro Ablöse bzw. Leihgebühr gekostet haben.

Fandemo in Frankfurt
Fandemo in Frankfurt

Ich gönnte mir im Sommer zunächst die WM-Generalprobe Confed Cup (inklusive großer, wichtiger und friedlicher Fan-Demo in FFM) und dann hieß es mit 96 nach ein paar Dorfkicks doch noch „Europa auswärts“. Denn über den gemeinsamen Hauptsponsor hatten der FC Twente Enschede und Hannover 96 zueinander gefunden. Aus Sicherheitsgründen war es uns zwar nicht möglich vorher die Stadt zu prüfen, aber auch solche Schikanen konnten rund 250 hannoversche Schlachtenbummler nicht davon abhalten mit vier Bussen in die Niederlande aufbrechen. Es waren natürlich zu 96% nur Leute aus dem harten Kern der Szene und das machte es umso geiler. Mit ziemlich viel schwarz-rot-gold wurde das Testspiel von unserer Seite noch mehr zum hochwichtigen internationalen Vergleich stilisiert und gesangstechnisch machten wir auch gut Attacke. Endstand war übrigens 1:1, falls es jemanden interessiert.

Die Szene auf dem Weg nach Enschede
Die Szene auf dem Weg nach Enschede

Unentschieden blieb nicht nur die Generalprobe, sondern auch der Saisonauftakt eine Woche später daheim gegen Hertha. Ebenso das erste Auswärtsspiel in Nürnberg. Zum Siegen brauchte es dann schon einen unterklassigen Sparringspartner wie die Reserve des 1. FC Köln. Die empfing in der 1. Runde des DFB-Pokals unsere 1. Mannschaft im Kölner Südstadion und unterlag dem Bundesligisten mit 0:4. Übrigens ein Kick, der wetterbedingt auf der Kippe stand. Denn trotz parallel stattfindendem Papstbesuch in Köln hatte Petrus ein kräftiges Unwetter in die Domstadt geschickt. Uns egal, wir zogen obenrum und – in einem Fall – sogar untenrum blank (was ein Pressefotograf nur zu gern für die Nachwelt festhielt).

In Köln bei Fortuna, aber gegen 1.FC Köln Amateure
In Köln bei Fortuna, aber gegen 1.FC Köln II

Danach versuchten wir alte Fankontakte nach Dänemark aufzuwärmen, die sich 1994 zu den Anhängern von Odense BK entwickelt hatten. Hintergrund war seinerzeit der Wechsel unseres Pokalhelds Michael Schjønberg zu Odense BK, der zu gegenseitigen Besuchen und Freundschaftsschals geführt hatte. Allerdings überlebte diese Kuttenfreundschaft die 90er Jahre nicht wirklich. Nichtsdestotrotz hatten wir in der Vorsaison mit einer Autobesatzung das Gastspiel von Odense BK beim FC København besucht und festgestellt, dass 96 in der Odenser Fanszene immer noch positiv besetzt ist. So wurden Kontaktdaten ausgetauscht und im August 2005 rollten wir nun mit zwei 9er-Bussen auf die Insel Fünen.

OB & 96
OB & 96

Wir wurden dort von zwei Dutzend mehr oder weniger gleichgesinnten Supportern von OB in einer Kneipe mit dem passenden Namen Stadion empfangen und gingen nach diversen Bieren und netten Gesprächen zusammen zum Spiel gegen den Aufsteiger SønderjyskE. Das verloren unsere Gastgeber mit 2:3 und auch wenn es dort ganz nett war, begeisterte uns die dortige Szene nicht für tiefergehende Kontakte.

Man muss für richtige Freundschaften wahrscheinlich nicht nur auf einer Wellenlänge funken, sondern auch fankulturell halbwegs auf einem Level sein. So wie UH und CFHH. Entsprechend stand das nächste 96-Spiel ganz im Zeichen einer mittlerweile gefestigten und funktionierenden Allianz. In Hamburg wurde gemeinsam gewohnt heftig gefeiert und der Anlass für das Partywochenende ging schiedlich-friedlich 1:1 aus. Trotz sportlicher Konkurrenz in einer gemeinsamen Liga ist die Freundschaft weiter gewachsen und strahlt mittlerweile auch auf viele Fans außerhalb der Ultraszenen ab.

UH & CFHH
UH & CFHH

Anschließend sollte gegen Eintracht Frankfurt endlich der erste Saisonsieg gefeiert werden. Tore von Štajner und Yankov – der sich in diesem Spiel übrigens den Penis brach – verdoppelten Hannovers Punktekonto nach dem 4. Spieltag und machten Martin Kind ein schönes Abschiedsgeschenk. Denn der „Große Vorsitzende“ von Hannover 96 hatte tatsächlich alle seine operativen Ämter niedergelegt. Als Vereinspräsident folgte der joviale Götz von Fromberg, Geschäftsführer der Profigesellschaft wurden hingegen Karl-Heinz Vehling und Ilja Kaenzig. Der größte Gesellschafter bei 96 hieß aber weiterhin Martin Kind und er behielt damit im Zweifel immer noch das letzte Wort. Nur das Tagesgeschäft sollten jetzt andere für ihn verantworten.

In der offiziellen Stellungnahme von Martin Kind hieß es: „Für mich sind damit die Herausforderungen der zum Teil schwierigen Vergangenheit im Wesentlichen ebenfalls erfolgreich abgeschlossen: Das vierte Jahr 1. Bundesliga, die Fertigstellung der AWD-Arena, die Übernahme des Eilenriedestadions, der Aufbau des Nachwuchsleistungszentrums und die Entwicklung der Vereins- und Unternehmensstrukturen von Hannover 96.“ In der Retrospektive muss ich insbesondere über die Stelle mit dem Nachwuchsleistungszentrum schmunzeln, denn dafür war selbst 10 Jahre später immer noch nicht der erste Spatenstich erfolgt. Aber trotz aller persönlichen Differenzen; Kind hatte bis dato weitgehend eine sportliche und wirtschaftliche Erfolgsgeschichte verantwortet. War also eigentlich ein guter Zeitpunkt für den Rückzug.

Heimspiel gegen die SGE
Heimspiel gegen die SGE

Spieltag Nr. 5 führte den roten Tross nach München. Pünktlich zum Beginn des 172. Oktoberfests. Nicht wenige Fans nutzten die Gelegenheit, um dieses größte Volksfest der Welt mal zu prüfen. Aber etliche Schlachtenbummler entschieden sich auch für den von der Fanszene organisierten Sonderzug (damals leider noch ohne Tanzwagen). Karten für das erste 96-Gastspiel im just eröffneten neuen Münchner Stadion fanden daher reißenden Absatz in Hannover. Allerdings konnte die graue Arena in der Einöde von München-Fröttmaning mein Herz nicht erwärmen. Zumal der Gästesektor obendrein in die hinterletzte Ecke des Stadions gepackt wurde, was in Kombination mit den ganzen Oktoberfest- und Arenatouristen für einen ziemlich bescheidenen Auswärtsauftritt unserer Szene sorgte. Das Spiel war nebenbei auch nicht fesselnd und wurde 1:0 von den Bayern gewonnen.

Erstmals in Fröttmaning
Erstmals in Fröttmaning

Drei Tage später stand gleich der nächste Kick an. Wolfsburg gastierte dienstagabends vor rund 30.000 Zuschauern in Hannover. Die durch die VW-Spätschicht verhinderten Gästefans verpassten einen Auswärtssieg ihrer Konzerntochter (2:4). Das Wochenende darauf machte es 96 auf Schalke auch nicht besser und verlor torlos gegen die Knappen, die wiederum doppelt trafen. Von dem Ausflug blieb daher nur die vorherige Partynacht in Bielefeld positiv hängen, bei der eine dort studierende UH-Größe wieder mal seine WG als Schlafdomizil für circa 20 Hannoveraner zur Verfügung stellte. Wer dort mangels Alternativen auf der Herdplatte schlief, konnte am nächsten Morgen durch Aktivierung selbiger besonders sanft geweckt werden.

Nach drei Pleiten in Folge gastierte der Aufsteiger Meidericher SV im Niedersachsenstadion. Ein Pflichtsieg, so denn man sich nach durchwachsenem Saisonstart von der Abstiegszone absetzen will. Aber es reichte nur zu einem 1:1. Positiv blieb also wieder nur ein Ereignis neben dem Platz hängen, nämlich die Erstausgabe des Fanzines RIport. Der Rote Infarkt (est. 1999) füllte das große hannoversche Fanzinevakuum abseits der Notbremse und entwickelte sich die kommenden Jahre zum treuen Chronisten unseren Fanszene.

Unterwegs in Köln-Müngersdorf
Unterwegs in Köln-Müngersdorf

Eine Länderspielpause und Frust wegballern bei unterklassigen Testspielgegnern entpuppte sich danach als ideale Vorbereitung für den zweiten Saisonsieg. Der 1. FC Köln wurde auswärts durch Treffer von Tommy Brdarić (2 x), Jiří Štajner und Ricardo Sousa überdeutlich geschlagen (1:4).

Im nächsten Spiel gastierte der wenig geschätzte SV Werder in Hannover. Es gab noch so einige unbeglichene Rechnungen in beiden Fanlagern, aber eine Attacke Hannovers an der Stadionbrücke unterband die Polizei mit aller Härte, so dass etliche 96-Fans in der Waterloowache vergeblich die Ohren für einen Torjubel in Richtung Niedersachsenstadion spitzen durften. Denn der Nordvergleich endete 0:0. Dafür gab es ein fröhliches Spruchbandduell auf den Rängen. Die Nerds von der Weser machten auf Tapete deutlich, dass sie wieder mal das UH-Forum gehackt hatten. Daraufhin pinselte unser Block in der Halbzeit schnell den Konter „Ihr im Internet – Wir auf der Straße“. Ob nun in der virtuellen Welt oder auf dem harten Asphalt, die letzten Worte waren in dieser Fanrivalität noch lange nicht gesprochen. Nervig war lediglich, dass die zum Teil mittlerweile ins linksexotische Milieu abgedriftete Bremer Ultraszene ständig versuchte die UH in die rechte Ecke zu stellen, um ihre Gewaltakte gegen Andersdenkende – in dem Fall den „falschen“ Verein Liebende – moralisch zu rechtfertigen.

Ihr im Internet - Wir auf der Strasse! (gegen Werder)
Ihr im Internet – Wir auf der Strasse! (gegen Werder)

Fast so nervig wie Bremen war damals der fragwürdige Großsponsor AWD. Dessen Klinkenputzer-König Carsten Maschmeyer butterte privat Geld in 96 und seine Firma hatte bekanntlich auf dem Papier die Namensrechte an unserem Niedersachsenstadion erworben. Um den Grund und Boden unserer Heimstatt noch besser als Werbefläche zu missbrauchen, plante der AWD einen 80 Meter hohen Pylon neben das Stadion zu setzen. Breiter Protest sowohl in der Fanszene, als auch in der Lokalpolitik, ließen die Pläne zum Glück wieder in der Schublade verschwinden.

Ich hatte dieses Jahr übrigens auch wieder einen ganz besonderen Plan in der Schublade, nämlich sich über den DFB-Pokal für den Europapokal zu qualifizieren. Die zweite Hürde hieß dort Aachener TSV Alemannia. Deren Tivoli gehörte ganz klar zu meinen Lieblingsstadien in Deutschland und so buchte ich mich in den Doppeldecker-Bus der UH ein, der jedoch nur bis Bielefeld kam und dort plötzlich streikte wie französische Werktätige. Gott sei Dank erspähten wir am Pannenort nahe der A2 eine Bushaltestelle. Also fix über’s Feld rüber und mit dem nächsten Überlandbus nach Bielefeld rein. Von dort ging es mit dem ICE weiter und der Schaffner war nicht an Fahrkartenverkauf, sondern an einer Privatspende interessiert. Verhältnisse, die man sonst nur aus dem wilden Osteuropa kannte.

Gestrandet irgendwo bei Bielefeld
Gestrandet irgendwo bei Bielefeld

Eine pünktliche Ankunft war nicht mehr realisierbar, aber kurz vor Aachen hatten wir eine Live-Schalte aus dem Gästeblock ins Bordbistro und nach dem 1:0 für 96 in der 9. Minute drohte dieser ICE-Teil abgerissen zu werden. Wenige Minuten später purzelten wir alle auf den Bahnsteig des Aachener Hauptbahnhofs und sprangen in sämtliche verfügbaren Taxis, so dass wir etwa zur 40. Minute allesamt im Block waren und die Stimmung deutlich anhoben. Mit einem spannend zustande gekommenen 2:1 zog 96 ins Achtelfinale ein.

Siegreich in Aachen
Siegreich in Aachen

Das Wochenende darauf rief Ostwestfalens Perle Bielefeld. Natürlich wurde wieder bei UH-Größe Jannis B. genächtigt und von Samstag auf Sonntag Bielefelds Kneipenszene massiv gefördert. Verstärkt mit dem Rest-Mob und einem bewusst trashig gestalteten Bettlaken mit „Hauerclub ohne Ende“-Schriftzug (Reminiszenz an die 80er-Kultreportage Die sind eben so) ging es sonntags in die Bielefelder Ein-Euro-Bar. Für schmale Taler wurde hier zusammen mit unseren ostwestfälischen Freunden ein Pegel erreicht, der uns die desaströse 4:1-Niederlage gegen ihre Arminia ertragen ließ.

H.C.O.E.
H.C.O.E.

Hannover war nun nach elf Spielen zwei Punkte über’m Strich und es wurde verdammt eng für den uns durchaus sympathisch gewordenen Coach Lienen. Dessen Kredit war zumindest bei der breiten Masse ziemlich aufgebraucht und in Manager Kaenzig hatte er offenbar auch keinen Freund für’s Leben gefunden. Seine Ablösung nach dem kommenden 2:2 gegen Mainz 05 überraschte daher niemanden so wirklich.

Ersetzt wurde der medial gern als verbissen gezeichnete Lienen durch den lockeren Entertainer Peter Neururer, der in Hannover eigentlich noch Stadionverbot hatte (ausgesprochen am 31. Mai 1995 auf unbestimmte Zeit vom damaligen 96-Präsidenten Klaus-Dieter Müller). Kurz vor seinem SV hatte Neururer 96 allerdings zum Klassenerhalt geführt und daher zumindest bei den älteren Fans noch Retter-Reputation. Dazu kamen die recht frischen Erfolge in Bochum (Aufstieg und Europapokal-Qualifikation), wenngleich die Fans des VfL in Internetforen uns gegenüber den darauf folgenden sportlichen Absturz unter Neururer anmahnten.

H.C.O.E. Away-Banner in Stuttgart
H.C.O.E. Away-Banner in Stuttgart

Aber zunächst nahmen wir den Höhenflug dankend mit. Es gab zur Premiere beim Bundesliga-Sonntagsklassiker VfB Stuttgart versus Hannover 96 ein ordentliches 2:2 und sechs Tage später wurde Lautern mit 5:1 aus dem Niedersachsenstadion gefegt. Die hatten mit Wolfgang Wolf zwar auch just einen neuen Trainer verpflichtet, aber Peter und der Wolf endete wie das musikalische Märchen von Prokofjew zugunsten Peterchens. Mit endlich wieder offensiver Ausrichtung durften sich je zweimal Tarnat und Brdarić, sowie einmal Hashemian in die Torjägerliste eintragen.

Feierei im A-Treff nach dem 5:1 gegen Lautern
Feierei im A-Treff nach dem 5:1 gegen Lautern

Als die Woche darauf in Dortmund gewonnen wurde (0:2), war Peter Neururer spätestens wieder „der beste Mann“. Es folgten Unentschieden gegen Gladbach daheim (1:1) und in Leverkusen (0:0). Letzteres fungierte als Jahresabschlussfahrt der UH in einem mit Schnaps überladenen Linienbus aus dem Hause Lahrmann, inklusive der beliebten Tanzfläche in der Busmitte. Wären Tore gefallen, ich hätte mich an keine erinnern können. Dafür blieb hängen, dass der Busfahrer, der irgendwie unseriös wirkte, mitten auf der Autobahn die hintere Bustür öffnete. Wie gut, dass es gerade keinen Pogo auf der Tanzfläche gab.

Mit Lahrmann-Tours nach Leverkusen
Mit Lahrmann-Tours nach Leverkusen

Kurz vor Weihnachten versaute uns Bremen im DFB-Pokal leider den Traum von Berlin (und Europa), wohingegen sich ein anderer Fanwunsch in der Winterpause der Verwirklichung näherte. In Hannover sollte ein Fanhaus entstehen, wofür zwei Optionen zur Diskussion standen. Es gab das Modell „Fanhaus inklusive neue Räumlichkeiten für das Fanprojekt ins Stadion integriert“ oder das Modell „Containerdorf im Stadion und zugleich die Vereinsräumlichkeiten an der Clausewitzstraße zum Fanhaus umfunktionieren (ohne FP dabei)“. Nachdem der Rückrundenauftakt bei Hertha mit 1:1 endete, sollte im kommenden Heimspiel gegen den 1. FCN über das Fanhaus abgestimmt werden. 77 % votierten für die Clausewitzstraße. Die von mir und breiten Kreisen der UH favorisierte Variante, die sich jedoch in der Folgezeit mangels Entfaltungsmöglichkeiten doch nur als Übergangslösung entpuppte. Fußball wurde nebenbei auch gespielt und man trennte sich 1:1 vom 1. FC Nürnberg.

Rückrundenauftakt in Berlin
Rückrundenauftakt in Berlin

Es folgte ein Heimsieg gegen den Hamburger SV (2:1), der in der englischen Woche ohne die üblichen Partyeskapaden auskommen musste. Gefeiert wurde dafür nach dem nächsten Punktspiel in Frankfurt. Die SGE wurde 1:0 geschlagen und 96 kletterte auf Platz 6. Geht da vielleicht doch noch was in Richtung Europa? Peter Neururer, schalalalala!

Ein 1:1 daheim gegen den Tabellenführer aus München brachte eine Woche später sogar schon Platz 5. Ausgerechnet bei den abstiegsbedrohten Wolfsburgern – für die sich auf einem Samstagnachmittag noch sensationelle 15.000 Wolfsburger interessierten – bekam der Höhenflug mit einer Niederlage jedoch wieder einen Dämpfer. Außerdem endete auch das kommende Heimspiel gegen Schalke 04 ohne Punktgewinn, so dass das Tabellenmittelfeld uns wieder hatte.

Heimspiel gegen S04
Heimspiel gegen S04

Wie schön, dass nun ein besonderes Auswärtsspiel anstand. Aufsteiger MSV Duisburg rief und die Tour sollte wie zu Zweitligazeiten unter dem Motto „Wie falle ich am wenigsten in Duisburg auf?“ stehen. Was mehrere hundert Gästefans sich nun für Outfits zauberten, war schon gigantisch gut. Weniger gut war aber der erneute Wintereinbruch Mitte März, da ich wie viele nur einen dünnen Anzug aus Ballonseide am Leib hatte. Zum Glück war die Tarnung von mir und einigen Freunden heute so gelungen, dass wir in Duisburg der Einkesselung der Polizei mit anschließender Knüppelorgie entgehen konnten und noch eine wärmende Kneipe von innen gesehen haben. Unsere heitere Laune verflog allergings durch das grottenschlechte 0:0 gegen den MSV.

Wie falle ich am wenigsten in Duisburg auf?
Wie falle ich am wenigsten in Duisburg auf?

Eine Woche später reichte es mit Ach und Krach zu einem Heimsieg gegen den Tabellenletzten aus Köln (Tor des Tages: Vahid Hashemian) und danach setzte es ein derbes 0:5 in Bremen. Ein 0:1 im Heimspiel gegen Bielefeld und ein 0:0 in Mainz ließen den Europapokalzug diese Saison zu 96 % wieder ohne 96 abfahren. Und wenn dann im nächsten Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (wie immer sonntags) zwei klare Führungen (2:0 und 3:1) in einem 3:3 münden, steht man nach 30 Spielen auf einmal nur noch auf Platz 12. Neururers Effekte waren verpufft.

Heimspiel gegen Stuttgart
Heimspiel gegen Stuttgart

Also war die Saison Ende April sportlich gelaufen, so dass wir uns als Fanszene zum Saisonausklang auf Topleistungen am Glas konzentrieren konnten. Entsprechend war der Trip nach Kaiserslautern, der mit diversen 9ern bestritten wurde, trotz Niederlage (1:0 für den FCK) einer der feucht-fröhlichsten Trips in dieser Saison. Laut vertrauenswürdigen einheimischen Quellen gab es in dem Pfälzer Städtchen noch nie so eine hohe Quote von Alkoholleichen unter den Gästefans. Wie gut daher, dass das kommende Heimspiel gegen den BVB auf einem Dienstagabend angesetzt war und die Leber unter der Woche weitgehend geschont wurde. Nebenbei setzte es die nächste Niederlage (0:1).

Sek HI auf dem Weg nach Lautern
Sek HI auf dem Weg nach Lautern

Als am 33. Spieltag eine All-Inclusive-Fahrt der UH nach Mönchengladbach stattfand, hatten aber alle wieder genug Durst. Es wurde nochmal ein wilder Exzess, bei dem das 2:2 auf dem Rasen nur Nebensache war. Genau wie die Punkteteilung gegen Leverkusen am letzten Spieltag (ebenfalls 2:2) kaum noch interessierte. Das Spiel war im Rahmen der WM-Hysterie allerdings nochmal eine gute Gelegenheit, um mittels großer Choreographie unter dem Motto „Wir die Fans, die ihr nicht wollt!?“ auf die aktuelle Repressionswelle aufmerksam zu machen. Denn Meldeauflagen und Betretungsverbote für die Spielorte hatte es in Hannover zuhauf gegeben. Im Prinzip war jeder fällig, der mal irgendwo aufgeschrieben wurde und die rechtlichen Möglichkeiten dagegen vorzugehen waren arg begrenzt.

Choreographie zum Saisonabschluss
Choreographie zum Saisonabschluss

Kurz darauf goss man jedoch selbst Wasser auf die Mühlen der verantwortlichen Behörden und Verbände. BS II gastierte nach dem Ende der Bundesligasaison in Hannover bzw. Letter, wo im Leinestadion keine effektive Fantrennung durch Zäune o. ä. herrschte. Dazu hatte die zahlreiche, aber planlos agierende Polizei nichts im Griff. Das nutzte der gewaltbereite Teil der Fanszene aus und attackierte den Gästeblock. Das Spiel, welches übrigens 3:2 für 96 II endete, wurde aufgrund der Ausschreitungen für insgesamt 20 Minuten unterbrochen. Ein gefundenes Fressen für die Medien, um nochmals zu fragen, ob die Stadt Hannover und ihre Bürger die WM 2006 heil überstehen werden?

38 Punkte / Platz 12 / 5 Punkte auf Platz 16 / 14 Punkte auf Platz 5 / 43:47 Tore / Meiste Auflaufprämien kassiert: Jiří Štajner (33 x) / Meiste Torprämien kassiert: Thomas Brdarić (10 x) / Zuschauerschnitt: 38.419

Moin: Thomas Brdarić (VfL Wolfsburg), Vahid Hashemian (Bayern München), Hanno Balitsch (FSV Mainz 05), Chavdar Yankov (Slavia Sofia), Michael Delura (FC Schalke 04), Ricardo Sousa (De Graafschap), Mohammadou Idrissou (SM Caen), Jonas Troest (Silkeborg IF).

Tschüss: Leandro Fonseca (Grasshoppers), Daniel Haas (TSG Hoffenheim), Danijel Stefulj (SC Paderborn), Nebojša Krupniković (Arminia Bielefeld), Julian de Guzmán (Deportivo de La Coruña), Vladimir But (Shinnik Jaroslavl), Jiří Kaufman (Karlsruher SC), Roman Wallner (Austria Wien), Thomas Schneider (Karriereende), Veljko Paunović (FC Getafe), Ricardo Sousa (Boavista Porto), Tranquillo Barnetta (Bayer Leverkusen).